TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/19 96/19/1673

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Veröffentlicht am 19.09.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des am 12. Juli 1945 geborenen DM in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Eisserer, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Jörgerstraße 14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. April 1996, Zl. 303.666/3-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 26. April 1995 die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. August 1995 wurde dieser Antrag gemäß § 4 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer erfolgte am 22. August 1995.

Mit einer am 8. September 1995 zur Post gegebenen Eingabe erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Berufung.

Eingangs dieses Schriftsatzes heißt es:

"Dieses Schreiben erreicht Sie deshalb verspätet, da ich

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erstens über die Ablehnung meines (bisher immer problemlos angenommenen) Antrages sehr verwundert war,

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zweitens zunächst versucht habe, mir bei Ihrem Amt telefonisch Klarheit zu verschaffen, und mich

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drittens Ihr ablehnender Bescheid zwang, vor weiteren Schritten eine rechtliche Beratung einzuholen."

In einem Antrag vom 20. November 1995 stellte der Beschwerdeführer klar, daß diese Eingabe als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu werten sei.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 19. Februar 1996 wurde dieser Antrag gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, gemäß § 71 Abs. 1 AVG setze die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (unter anderem) voraus, daß die Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten. Ein solches unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, welches den Beschwerdeführer daran gehindert hätte, rechtzeitig Berufung zu erheben, habe er nicht dargetan.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid am 13. März 1996 (Datum der Postaufgabe) Berufung. Mit dem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. April 1996 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Gesetzeswortlautes aus, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung vorgebracht, die abweisende Entscheidung sei für ihn nicht zu verstehen gewesen. Er hätte den Bescheid für einen Irrtum gehalten und daher nicht sofort schärfste rechtliche Gegenmaßnahmen ergriffen. Auch mit diesem Vorbringen mache er kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis geltend.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

§ 71 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 AVG lautet:

"§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft oder

2. ...

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden."

Dem Wiedereinsetzungswerber obliegt es, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 1985, Zl. 95/18/0347). Daraus folgt, daß das erstmals in der am 13. März 1996, also nach Ablauf der Frist des § 71 Abs. 2 AVG, zur Post gegebenen Berufung gegen die Abweisung seines Wiedereinsetzungsantrages erstattete Vorbringen, er habe den erstinstanzlichen (in der Sache nach dem AufG ergangenen) Bescheid "für einen Irrtum" gehalten, infolge Verfristung unbeachtlich ist.

Für die Beurteilung, ob dem Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. August 1995 zu bewilligen war, ist allein maßgeblich, ob er mit seinem Vorbringen in der am 8. September 1995 zur Post gegebenen Eingabe dargetan hat, durch ein unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Einbringung der Berufung gehindert gewesen zu sein. Dies ist schon deshalb nicht der Fall, weil es der Beschwerdeführer unterließ vorzubringen, aus welchen Gründen ihn die behaupteten Umstände (Verwunderung über die Ablehnung seines Antrages; Versuch, sich bei der Behörde erster Instanz telefonisch Klarheit zu verschaffen; Notwendigkeit der Einholung einer rechtlichen Beratung) an der rechtzeitigen Berufungseinbringung hinderten. Der psychologische Zustand der "Verwunderung" steht der Möglichkeit - hier im Sinne der Erhebung einer Berufung - zu handeln, nicht entgegen. Auch ein Anruf bei der erstinstanzlichen Behörde bzw. die Aufsuchung einer rechtskundigen Person ist innerhalb der vierzehntägigen Berufungsfrist in aller Regel - eine Ausnahmesituation wird nicht behauptet - möglich.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996191673.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

14.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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