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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags hinsichtlich einer Bestimmung über die begünstigte Rückzahlung eines öffentlichen Wohnbaudarlehens mangels Legitimation; Anrufung des Zivilgerichts zumutbarSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit ihrem auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehrt die Antragstellerin, §73 Abs1 letzter Satz des Wr. Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes (WWFSG 1989), LGBl. 18/1989 idF LGBl. 42/1990 kostenpflichtig als verfassungswidrig aufzuheben.
2.a) Die Antragstellerin war Eigentümerin einer nach den Bestimmungen des WWFSG 1989 geförderten Wohnung; diese verkaufte sie. Voraussetzung für den Verkauf der Wohnung war unter anderem die Rückzahlung des öffentlichen Wohnbaudarlehens, wobei die §§70ff. WWFSG 1989 dafür die Möglichkeit der "begünstigten Rückzahlung" vorsehen. Gemäß §73 Abs1 letzter Satz leg.cit. (das ist die bekämpfte Bestimmung) kann der Antrag auf eine solche begünstigte Rückzahlung erst 5 Jahre nach Genehmigung der Endabrechnung eingebracht werden. Obwohl die Antragstellerin ihren Aussagen zufolge das Wohnobjekt durch mehr als 12 Jahre hindurch bewohnt hatte, wurde ihr die begünstigte Rückzahlung des Wohnbaudarlehens nicht gewährt, weil sich aufgrund der Insolvenz des seinerzeitigen Wohnungseigentumsorganisators und Bauträgers die Erstellung der Endabrechnung zwischen dem Land Wien und der Konkursmasse verzögerte und somit der Zeitraum zwischen der Genehmigung der Endabrechnung durch das Land Wien und dem Zeitpunkt der Antragstellung auf begünstigte Rückzahlung des Wohnbaudarlehens durch die nunmehrige Antragstellerin unter der Fünfjahresgrenze des §73 Abs1 letzter Satz WWFSG 1989 lag.
Die Antragstellerin hält das Abstellen auf den Zeitpunkt der Genehmigung der Endabrechnung durch das Land Wien für die Gewährung einer begünstigten Rückzahlung eines Wohnbaudarlehens in §73 Abs1 letzter Satz WWFSG 1989 aus näher dargelegten Gründen für verfassungswidrig.
2.b) Zur Antragslegitimation bringt die Antragstellerin vor:
"Das aufgezeigte mag so klar erscheinen, daß auf die Idee verfallen werden könnte, ich bräuchte doch das Land Wien bloß zu klagen, es habe mir die 'vorenthaltenen' rund S 297.000,- zu zahlen; der Anwendung der verfassungswidrigen landesgesetzlichen Bestimmung würden die Rechtsmittelgerichte doch wohl ausweichen, indem gemäß Art140 B-VG ein Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung der mehrfach genannten Bestimmung als verfassungswidrig gestellt wird.
Ich finde allerdings, daß mir der Weg über eine zivilrechtliche Klage nicht zugemutet werden kann, da nicht sicher ist, daß der Zivilprozeß zu einem Gesetzesprüfungsverfahren auch wirklich führt, bei Unterlassung eines solchen ich den Prozeß aber ohne jeden Zweifel verlieren müßte, und mir dann Prozeßkosten in einer Höhe beschert wären, die die ganze Zielsetzung meiner Entschuldung durch den Wohnungsverkauf vernichten würde!
Beim Streitwert von S 296.264,12 würde dem beklagten Land in erster Instanz unter der - unrealistisch optimistischen - Unterstellung, daß es bloß zur Erstattung der Klagebeantwortung und zu zwei Streitverhandlungen zu kommen braucht, bevor das Urteil geschöpft wird, ein Kostenersatzanspruch von schon drei Mal S 5.082,-, also S 15.246,-, vermehrt um 'Einheitssatzbeträge' iSv §25 RATG in Höhe von S 10.164,- und Umsatzsteuer von S 5.082,-- gegen mich entstehen. Schon die Summe dieser Posten, S 30.492,-, wäre für mich unerschwinglich. Dabei unterstelle ich, daß ich an die Kosten die 'auf meiner Seite' entstünden, nicht zu denken bräuchte, weil mir die Beigabe eines Verfahrenshelfers bewilligt würde, sowie auch, daß ich die Entrichtung der gerichtlichen Pauschalgebühr nachgesehen bekäme, was auch nicht so ganz sicher wäre. Ginge das Verfahren in die 2. Instanz, käme der 2.-instanzliche Kostenersatzanspruch des Landes hinzu, der nicht weniger als zumindest weitere S 22.871,- betrüge; die Einschaltung auch der 3. Instanz brächte das Risiko weiterer S 13.725,- als Mindest Kostersatzbetrag.
Er erscheint mir unzumutbar, vorerst auf dem zivilprozessualen Weg die mir zustehende 'Gerechtigkeit', also Zubilligung dessen, was dem verfassungstreu vorgehenden Landesgesetzgeber als zu gewähren vorschweben hätte müssen, anstreben zu sollen, zumal ja niemand im Falle des Mißerfolges und einem dann doch nachfolgenden Erfolg vor dem angerufenen hohen Verfassungsgerichtshof mir Ersatz für meine Kosten gewähren bräuchte und würde. Die Kosten wären diesfalls sogar noch um die meiner Vertretung durch den Verfahrenshelfer höher, als vorne vor Augen geführt, weil ich diese Vertretungskosten ja aus dem letztlich ersiegten bestreiten könnte und mir deshalb im Erfolgsfall die Verfahrenshilfe rückwirkend entzogen würde!"
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11684/1988, VfGH 27.9.1994 G215/94).
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes stellen Wohnbauförderungsdarlehen Rechtsverhältnisse des Zivilrechts dar; Streitigkeiten daraus fallen als bürgerliche Rechtssachen in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte.
Die Antragstellerin räumt selbst ein, daß die Möglichkeit der Anrufung des Zivilgerichtes zur Erlangung einer gerichtlichen Entscheidung gegeben ist; sie vertritt lediglich die Auffassung, daß ihr dies aufgrund des Prozeßrisikos und der damit verbundenen Kosten nicht zugemutet werden kann.
In ähnlich gelagerten Fällen hat der Verfassungsgerichtshof bereits die Meinung vertreten, daß die Beschreitung des Zivilrechtsweges, um auf diese Weise zur Prüfung der maßgeblichen Norm zu gelangen, an sich zumutbar ist, wobei die finanziellen Verhältnisse der Antragsteller für die Beantwortung dieser Frage nicht heranzuziehen sind. Ein grundsätzliches Abstellen auf das Prozeßrisiko und die damit verbundenen Kosten hätte zur Folge, daß die in Art140 Abs1 B-VG enthaltene Einschränkung "sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung ... für diese Person wirksam geworden ist" ihren hauptsächlichen Anwendungsbereich verlöre (vgl. dazu VfSlg. 10785/1986, 11015/1986).
3. Der Antrag war daher mangels Legitimation der Antragstellerin gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, WohnbauförderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:G61.1995Dokumentnummer
JFT_10048989_95G00061_00