Entscheidungsdatum
03.07.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L504 2201424-1/13E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX geb., StA. staatenlos, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2018, Zl. 1183148906-180214331, beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrenshergang
Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 02.03.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Es handelt sich dabei um einen Mann, welcher seinen Angaben aus Jordanien stammt.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.
Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Jordanien nicht zuerkannt.
Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Jordanien gemäß § 46 FPG zulässig sei.
Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Dagegen wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Vom Bundesamt wurde mitgeteilt, dass die bP seit 11.10.2018 nicht mehr meldeamtlich im Bundesgebiet erfasst ist und dass sich diese in Belgien aufhalte. Mit Belgien wurde vom Bundesamt ein Konsultationsverfahren geführt und hat das Bundesamt der Rückübernahme mit Schreiben vom 23.11.2018 zugestimmt. Die Überstellungsfrist endete am 23.05.2019. Belgien hat die bP nicht binnen dieser Frist überstellt und ergab sich auch keine Verlängerung der Überstellungsfrist. Das Bundesamt geht davon aus, dass die Zuständigkeit zur Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz nunmehr bei Belgien liegt.
Mit Schriftsatz vom 28.05.2020 hat das BVwG die bP über ihre Vertretung (ARGE) aufgefordert, binnen einer Woche ihren aktuellen Aufenthaltsort samt konkreter Wohnadresse bekannt zu geben.
Mit Schreiben vom 03.06.2020 hat die Vertretung mitgeteilt, dass die bP in Belgien lebe. Ein genauer Aufenthaltsort sei nicht bekannt und werde die Vollmacht hiermit zurückgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde sowie durch die von den Parteien übermittelten Schreiben.
1. Feststellungen (Sachverhalt)
Die bP hat zu oa. Zeitpunkt in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wurde dieser vom Bundesamt abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Die bP hat während des anhängigen Beschwerdeverfahrens Österreich verlassen und lebt aus eigenem Antrieb seit 2018 in Belgien. Eine konkrete Wohnanschrift wurde dem BVwG nicht bekannt gegeben.
Die Zuständigkeit für die Prüfung dieses Antrages auf internationalen Schutz ist mit 23.05.2019 auf Belgien übergegangen.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei aus der Aktenlage bzw. den vom Bundesamt übermittelten Dublin- Unterlagen sowie einem Mail der bP, wonach sie selbst bekannt gibt, dass sie sich in Belgien aufhält.
3. Rechtliche Beurteilung
Zuständigkeit eines anderen Staates
§ 5 AsylG
(1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Dublin III-VO
Art 29 Modalitäten und Fristen
(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme — oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.
Wenn Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen, stellt der Mitgliedstaat sicher, dass sie in humaner Weise und unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde durchgeführt werden.
Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat dem Antragsteller ein Laissez-passer aus. Die Kommission gestaltet im Wege von Durchführungsrechtsakten das Muster des Laissez- passer. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass die betreffende Person eingetroffen ist oder dass sie nicht innerhalb der vorgegebenen Frist erschienen ist.
(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.
(3) Wurde eine Person irrtümlich überstellt oder wird einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung oder der Überprüfung einer Überstellungentscheidung nach Vollzug der Überstellung stattgegeben, nimmt der Mitgliedstaat, der die Überstellung durchgeführt hat, die Person unverzüglich wieder auf.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere für den Fall, dass Überstellungen verschoben werden oder nicht fristgerecht erfolgen, für Überstellungen nach stillschweigender Annahme, für Überstellungen Minderjähriger oder abhängiger Personen und für kontrollierte Überstellungen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Das BVwG hat hier die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu berücksichtigen.
Mit Schreiben vom 23.11.2018 hat sich Österreich gegenüber Belgien zur Wiederaufnahme der bP als zuständiger Staat für die Prüfung des Asylantrages bereiterklärt. Die Überstellungsfrist ist mit 23.05.2019 ungenützt abgelaufen und lebt die bP nach wie vor in Belgien. Gem. Art 29 Abs 2 Dublin III-VO ist Österreich somit nicht mehr zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme der bP verpflichtet und die Zuständigkeit ist auf Belgien als ersuchenden Staat übergegangen. Hinweise für eine Verlängerung der Frist ergaben sich nicht.
Gem. § 5 Abs 1 AsylG ist ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-VO zur Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Gegenständlich hat sich ergeben, dass die bP aus eigenem Antrieb in Belgien lebt und ergab sich durch Fristablauf die Zuständigkeit dieses Staates zur Prüfung des offenen Antrages auf internationalen Schutz.
Mangels Zuständigkeit Österreichs ergibt sich somit auch eine Unzuständigkeit des BVwG zur Prüfung dieser Beschwerde gegen den abweislichen Bescheid des Bundesamtes über einen Antrag auf internationalen Schutz.
Die Beschwerde war daher gem. § 5 AsylG als unzulässig zurückzuweisen.
Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Dublin III-VO Unzuständigkeit Zurückweisung ZuständigkeitsübergangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L504.2201424.1.00Im RIS seit
25.11.2020Zuletzt aktualisiert am
25.11.2020