TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/13 L516 2137775-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.07.2020
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Entscheidungsdatum

13.07.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L516 2137775-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Dr. Martin ENTHOFER, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.10.2016, Zahl 1107349210-160340642/BMI-BFA_NOE_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.06.2020 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs 1 und § 8 Abs 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG stattgegeben und es wird festgestellt, dass gemäß § 9 BFA-VG die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig ist.

Gemäß § 55 Abs 1 AsylG wird XXXX der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

III. Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides wird ersatzlos aufgehoben.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und stellte am 04.03.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit Bescheid vom 03.10.2016 (I.) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG sowie (II.) des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG ab. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und sprach (IV.) aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Bescheid wird zur Gänze angefochten.

Das Bundesverwaltungsgericht führte in der Sache am 09.06.2020 eine mündliche Verhandlung durch.

1. Sachverhaltsfeststellungen:

[regelmäßige Beweismittel-Abkürzungen: S=Seite; AS=Aktenseite des Verwaltungsaktes des BFA; NS=Niederschrift; VS=Verhandlungsschrift; SN=schriftliche Stellungnahme; EG=Eingabe; OZ=Ordnungszahl des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes; ZMR=Zentrales Melderegister; IZR=Zentrales Fremdenregister; GVS= Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich; SD=Staatendokumentation des BFA; LIB=Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA]

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Lebensverhältnissen in Pakistan

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan und gehört der Volksgruppe der Awan sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Identität steht fest. (NS 07.03.2016, S 1; Kopie pakistanischer Reisepass AS 33; Kopie pakistanischer Personalausweis AS 157f; Kopie österreichischer Führerschein VS 09.06.2020, VS Beilage)

Der Beschwerdeführer stammt aus der Millionenstadt Rawalpindi in der Provinz Punjab und wuchs dort auch auf. Er hat in Pakistan acht Jahre die Schule besucht und arbeitete als Taxifahrer. Im Zeitraum von 2005 bis etwa 2012 hielt sich der Beschwerdeführer in Dubai auf und arbeitete auch dort als Taxifahrer. (NS 07.03.2016, S 1; NS 26.07.2016, AS 145; VS 09.06.2020, S 9)

Die Eltern, Brüder und eine Schwester des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Rawalpindi, dort, wo auch der Beschwerdeführer gelebt hat. Die Ehefrau und die Söhne leben teilweise bei den Eltern des Beschwerdeführers und teilweise bei den Schwiegereltern des Beschwerdeführers, welche ebenfalls in Rawalpindi wohnen. Eine Schwester ist verheiratet und lebt in Dubai, die Brüder arbeiten als Tischler. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie in Pakistan, es geht allen gut. (VS 09.06.2020, S 7/8)

Der Beschwerdeführer verließ Pakistan zuletzt ungefähr im September oder Oktober 2015 und reiste über den Iran und Griechenland weiter nach Österreich. (NS 07.03.2016, S 3, 4, 6; NS 12.09.2016, S 2)

1.2 Zu seiner Lebenssituation in Österreich

Im März 2016 reiste der Beschwerdeführer nach Österreich ein, wo er sich seither ununterbrochen aufhält. Seit Mai 2019 ist der Beschwerdeführer durchgehend nicht mehr auf Leistungen aus der Grundversorgung für hilfsbedürftige Fremde angewiesen. Er verfügt seit 11.04.2019 über eine Gewerbeberechtigung als Werbemittelverteiler. Seit April 2017 arbeitet er an sieben Tage der Woche, jeweils von 0 Uhr bis 4 Uhr als selbständiger Zeitungsauslieferer. Er verdient etwa EUR 2.000 brutto monatlich. Der Beschwerdeführer verfügt über einen österreichischen Führerschein für die Klassen A, B und M. Er ist sohin arbeitswillig, arbeitsfähig und selbsterhaltungsfähig. (NS 07.03.2016, S 4; GVS 08.06.2020; GISA 25.04.2019; VS 09.06.2020, S 5/8)

Er hat mittlerweile auch seinen Lebensmittelpunkt, seine Freunde, seine Bekannte und sein soziales Netz in Österreich. Er pflegt guten Kontakt mit mehreren Familien die er bereits mehrere Jahre seit seiner Einreise in Österreich kennt. Mit einem pensionierten Lehrer, der dem Beschwerdeführer Deutsch beigebracht hat, hat der Beschwerdeführer ebenfalls öfters Kontakt, wie auch mit einem Freund der den Beschwerdeführer darin unterstützte, den Gewerbeschein zu erlangen und die Angelegenheiten mit dem Finanzamt zu regeln. Weiters leben in der Nachbarschaft mehrere ältere Personen denen der Beschwerdeführer hilft, etwa beim Rasenmähen, bei der Müllentsorgung oder bei Besorgungen. In seiner Freizeit geht der Beschwerdeführer gerne Joggen, in der Stadt spazieren oder Kaffee trinken. Der Beschwerdeführer hat bisher zwar keine zertifizierte Deutschprüfung abgelegt, kann sich jedoch dennoch bereits sehr gut in deutscher Sprache verständigen. Er konnte die ihm in der mündlichen Verhandlung in deutscher Sprache gestellten Fragen sofort verstehen und darauf spontan, verständlich und in freier Erzählung auf Deutsch antworten. (VS 09.06.2020, S 5, 6, 8; VS 09.06.2020, VS Beilagen)

Er ist gesund. (VS 09.06.2020, S 4)

Er ist strafrechtlich unbescholten. (Strafregister der Republik Österreich 08.06.2020)

1.3 Der Beschwerdeführer brachte zur Begründung seines gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz zusammengefasst im Wesentlichen vor:

Im Rahmen der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.03.2020, die in der Sprache Urdu durchgeführt wurde, gab der Beschwerdeführer an, er sei mit Freunden nach Swat gefahren und sei dort von den Taliban entführt worden. Etwa 24 bis 25 Tage seien sie eingesperrt worden. Danach seien sie von den Taliban aufgefordert worden, ihnen beizutreten. Ein Mitglied der Taliban habe dann irrtümlicherweise die Türe offengelassen, woraufhin der Beschwerdeführer und seine Freunde nach Rawalpindi geflohen seien. (NS 07.03.2020, S 5)

Bei der Einvernahme vor dem BFA am 26.07.2016, die in der Sprache Punjabi durchgeführt wurde, führte er dazu – zusammengefasst – aus, er sei im Februar 2013 mit Freunden nach Swat gefahren um dort 15 Tage Urlaub zu machen. Ein Mann habe sie öfter besucht und ihnen die Berge gezeigt. Schließlich habe dieser die Männer den Taliban übergeben. Sie seien 20 Tage dort festgehalten worden und man habe ihnen den Umgang mit Waffen beibringen wollen, was die Männer aber abgelehnt hätten. Die Taliban hätten aber auch Leute für die Putzerei oder die Küche gebraucht. Die Taliban hätten alle Daten des Beschwerdeführers gehabt, da sie ihm seinen Personalausweis abgenommen hätten. Schließlich sei dem Beschwerdeführer und seinen Freunden die Flucht gelungen und sie seien nach Hause nach Rawalpindi gefahren. Dort sei ihnen dann berichtet worden, dass die Taliban in die Stadt gekommen seien und nach ihnen gefragt worden sei. Die Taliban seien dann zum Beschwerdeführer nach Hause gekommen und hätten gesagt, dass er und seine Freunde für sie arbeiten sollten, aber der Beschwerdeführer habe das abgelehnt. (NS 26.07.2016, AS 147-151)

Im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA am 12.09.2016, die in der Sprache Punjabi durchgeführt wurde, gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass die Taliban bei den Nachbarn gefragt hätten, wo der Beschwerdeführer und seine Freunde wohnen würden. Die Adresse sei zwar am Personalausweis, den die Taliban gehabt haben würden, vermerkt, es sei aber nicht so einfach mit der Adresse, da auf dem Haus keine Hausnummer gestanden habe. Als die Taliban das dritte Mal nach den Männern gefragt hätten, habe sie der Beschwerdeführer in sein Wohnzimmer eingeladen und es sei ein Gespräch geführt worden. Die Taliban hätten dem Beschwerdeführer Geld angeboten er sei von den Taliban aufgefordert worden, sich ihnen anzuschließen. (NS 12.09.2016, AS 179)

In der mündlichen Verhandlung am 09.06.2020, welche in der Sprache Punjabi durchgeführt wurde, zu seiner aktuellen Rückkehrbefürchtung befragt, gab der Beschwerdeführer– zusammengefasst – an: die Taliban würden glauben, dass er aufgrund seiner Arbeit in Dubai sehr viel Geld haben würde, woran die Taliban sehr interessiert seien. Nach der Rückkehr aus Dubai sei der Beschwerdeführer mit Freunden nach Swat gefahren um eine gute Zeit zu haben, aber dann seien er und seine Freunde dort von den Leuten den Taliban übergeben worden. Diese hätten unterschiedliche Sachen gewollt, einmal hätten sie für die Taliban arbeiten sollen, dann hätten die Taliban das ganze Geld haben wollen, dann wieder hätten der Beschwerdeführer und seine Freunde die Wäsche waschen sollen. Viele Tage seien vergangen und eine Person dort habe Mitleid mit den Männern gehabt. Diese Person habe ihnen dann geholfen, damit sie wieder nachhause konnten. Zuhause angekommen habe der Beschwerdeführer nach etwa zehn Tagen bemerkt, dass Personen nach ihm fragen würden. Persönlichen Kontakt mit den Taliban habe der Beschwerdeführer in Rawalpindi nicht gehabt. Er sei dann weg von dort und über Belutschistan und den Iran bis nach Europa gereist. Bei einer Rückkehr würden die Probleme mit den Taliban erneut beginnen. (VS 09.06.2020, S 9, 10)

1.4 Zur Glaubhaftigkeit der vorgebrachten Antragsgründe und Rückkehrbefürchtung

Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren, wonach er von Taliban festgehalten worden sei, ist nicht glaubhaft. Es ist somit nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer aufgrund dieser Entführung einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung von erheblicher Intensität ausgesetzt gewesen sei oder er bei einer Rückkehr zum gegenwärtigen Zeitpunkt einer solchen Gefährdung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bzw der Verfolgung durch Taliban ausgesetzt wäre.

1.5 Zur Lage in Pakistan

Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa. Die FATA (Federally Administered Tribal Areas / Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) sind nach einer Verfassungsänderung im Mai 2018 offiziell in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert worden. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von GilgitBaltistan und Azad Jammu & Kashmir, dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie (“Line of Control”) zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet und sind in Teilen autonom. Das Hauptstadtterritorium Islamabad (“Islamabad Capital Territory”) bildet eine eigene Verwaltungseinheit (AA 1.2.2019a).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament (Nationalversammlung und Senat). Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt für fünf Jahre gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, 10 weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert (AA 1.2.2019a). Die reservierten Sitze werden von den Parteien gemäß ihrem Stimmenanteil nach Provinzen besetzt, wobei die Parteien eigene Kandidatenlisten für diese Sitze erstellen. (Dawn 2.7.2018).

Bei der Wahl zur Nationalversammlung (Unterhaus) am 25. Juli 2018 gewann erstmals die Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI: Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit) unter Führung Imran Khans die Mehrheit (AA 1.2.2019a). Es war dies der zweite verfassungsmäßig erfolgte Machtwechsel des Landes in Folge (HRW 17.1.2019). Die PTI konnte durch eine Koalition mit fünf kleineren Parteien sowie der Unterstützung von neun unabhängigen Abgeordneten eine Mehrheit in der Nationalversammlung herstellen (ET 3.8.2018). Imran Khan ist seit Mitte August 2018 Premierminister Pakistans (AA 1.2.2019).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von Parlament und Provinzversammlungen gewählt. Am 9. September 2018 löste Arif Alvi von der Regierungspartei PTI den seit 2013 amtierenden Präsidenten Mamnoon Hussain (PML-N) Staatspräsident regulär ab (AA 1.2.2019a).

Sicherheitslage allgemein

Die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt zentrales Problem für die innere Sicherheit des Landes (AA 1.2.2019a; vgl. USDOS 19.9.2018). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2009, zurückgegangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018, USDOS 19.9.2018). Konflikte mit dem Nachbarland Indien werden gelegentlich gewaltsam ausgetragen (EASO 10.2018 S 16).

Die Taliban und andere militante Gruppen verüben Anschläge insbesondere in Belutschistan und in Khyber-Pakhtunkhwa (AA 21.8.2018), aber auch in Großstädten wie Karatschi (AA 1.2.2019a). Über 90 % der terroristischen Anschläge sowie Todesopfer entfielen 2018 auf die zwei Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten, sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie die Sufis (AA 1.2.2019a).

Die Operationen der Rangers [siehe dazu Abschnitt 5] in Karatschi (ab 2013), Militäroperationen in Nord-Wasiristan und der Khyber Agency [Stammesbezirke der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Anm.], sowie landesweite Anti-Terror-Operationen als Teil des National Action Plan (NAP) trugen dazu bei, den rückläufigen Trend bei der Zahl der Vorfälle und der Opfer auch 2018 aufrecht zu halten (PIPS 7.1.2019 S 20; vgl. EASO 10.2018 S 18). In den ehemaligen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas – FATA) konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden (AA 21.8.2018), die Militäraktionen gelten als abgeschlossen (Dawn 29.5.2018). Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 21.8.2018).

Sicherheitslage - Punjab und Islamabad

Die Bevölkerung der Provinz Punjab beträgt laut Zensus 2017 110 Millionen. In der Provinzhauptstadt Lahore leben 11,1 Millionen Einwohner (PBS 2017d). Islamabad, die Hauptstadt Pakistans, ist verwaltungstechnisch nicht Teil der Provinz Punjab, sondern ein Territorium unter Bundesverwaltung (ICTA o.D.). Die Bevölkerung des Hauptstadtterritoriums beträgt laut Zensus 2017 ca. zwei Millionen Menschen (PBS 2017d).

Die Sicherheitslage in Islamabad ist besser als in anderen Regionen (EASO 10.2018 S 93). Die Sicherheitslage im Punjab gilt als gut (SAV 29.6.2018). Mehrere militante Gruppierungen, die in der Lage sind, Anschläge auszuüben, sind im Punjab aktiv (EASO 10.2018 S 63-64; vgl. SAV 29.6.2018). In großen Städten wie Lahore und Islamabad-Rawalpindi gibt es gelegentlich Anschläge mit einer hohen Zahl von Opfern, durchgeführt von Gruppen wie den Tehreek-i-Taliban Pakistan (TTP), Al Qaeda oder deren Verbündeten (ACLED 7.2.2017); beispielsweise wurden bei einem Bombenanschlag durch die TTP-Splittergruppe Hizbul-Ahrar auf Polizeieinheiten vor einem Sufi-Schrein in Lahore am 8.5.2019 zehn Personen getötet. (Guardian 8.5.2019; vgl. Reuters 8.5.2019). Der Südpunjab gilt als die Region, in der die militanten Netzwerke und Extremisten am stärksten präsent sind (EASO 10.2018 S 63-64).

Für das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen und für den Punjab zwei terroristische Angriffe mit zwei Toten (Aggregat aus: PIPS 6.2.2019. PIPS 7.3.2019, PIPS 10.4.2019). Im Jahr 2018 wurde von PIPS im Hauptstadtterritorium kein terroristischer Angriff gemeldet. Im Punjab gab es vier terroristische Anschläge mit 20 Todesopfern. Zwei davon waren Selbstmordsprengangriffe durch die pakistanischen Taliban (PIPS 7.1.2019 S 49). Im Jahr 2017 kamen im Punjab bei 14 Anschlägen 61 Personen ums Leben, davon fanden sechs Vorfälle mit 54 Toten in Lahore statt. Das Hauptstadtterritorium verzeichnete drei Anschläge mit zwei Todesopfern (PIPS 7.1.2018).

Polizei

Die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte variiert von Bezirk zu Bezirk und reicht von gut bis ineffizient (USDOS 13.3.2019). In der Öffentlichkeit genießt die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei kein hohes Ansehen. So sind u.a. die Fähigkeiten und der Wille der Polizei im Bereich der Ermittlung und Beweiserhebung gering. Staatsanwaltschaft und Polizei gelingt es häufig nicht, belastende Beweise in gerichtsverwertbarer Form vorzulegen. Zum geringen Ansehen der Polizei tragen die extrem hohe Korruptionsanfälligkeit ebenso bei wie häufige unrechtmäßige Übergriffe und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam genommenen Personen. Illegaler Polizeigewahrsam und Misshandlungen gehen oft Hand in Hand, um den Druck auf die festgehaltene Person bzw. deren Angehörige zu erhöhen, durch Zahlung von Bestechungsgeldern eine zügige Freilassung zu erreichen, oder um ein Geständnis zu erpressen. Die Polizeikräfte sind oft in lokale Machtstrukturen eingebunden und dann nicht in der Lage, unparteiische Untersuchungen durchzuführen. So werden Strafanzeigen häufig gar nicht erst aufgenommen und Ermittlungen verschleppt (AA 21.8.2018).

Die Polizeikräfte versagen oftmals dabei, Angehörigen religiöser Minderheiten – wie beispielsweise Ahmadis, Christen, Schiiten und Hindus – Schutz vor Übergriffen zu bieten. Es gibt jedoch Verbesserungen bei der Professionalität der Polizei. Einzelne lokale Behörden demonstrierten die Fähigkeit und den Willen, unter großer eigener Gefährdung Minderheiten vor Diskriminierung und Mob-Gewalt zu schützen (USDOS 13.3.2019).

Grundversorgung und Wirtschaft

Pakistans Wirtschaft hat wegen einer günstigen geographischen Lage, Ressourcenreichtum, niedrigen Lohnkosten, einer jungen Bevölkerung und einer wachsenden Mittelschicht Wachstumspotenzial. Dieses Potenzial ist jedoch aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, periodisch wiederkehrender makroökonomischer sowie politischer Instabilität und schwacher institutioneller Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Als größte Wachstumshemmnisse gelten Korruption, ineffiziente Bürokratie, ein unsicheres regulatorisches Umfeld, eine trotz Verbesserungen in den letzten Jahren relativ teure bzw. unzureichende Energieversorgung und eine – trotz erheblicher Verbesserung seit 2014 – teils fragile Sicherheitslage (AA 5.3.2019).

Der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan ist der Dienstleistungssektor (Beitrag zum BIP 59 %; der Sektor umfasst u. a. auch den überproportional großen öffentlichen Verwaltungsapparat). Auch der Industriesektor ist von Bedeutung (Beitrag zum BIP 21 %). Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche. Einen dem Industriesektor vergleichbaren Beitrag zum BIP (20 %) leistet die Landwirtschaft, in der jedoch 42 % der arbeitenden Bevölkerung tätig ist. Etwa 60 % der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört unter anderem bei Getreideanbau und Viehzucht zu den weltweit größten Produzenten (AA 5.3.2019; vgl. GIZ 2.2019a).

Die pakistanische Wirtschaft wächst bereits seit Jahren mit mehr als vier Prozent. Für 2018 gibt der Internationale Währungsfonds (IWF) sogar ein Plus von 5,6 Prozent an. Das Staatsbudget hat sich stabilisiert und die Börse in Karatschi hat in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebt. Erreicht wurde dies durch einschneidende Reformen, teilweise unterstützt durch den IWF. In der Vergangenheit konnte Pakistan über die Jahrzehnte hinweg jedoch weder ein solides Wachstum halten noch die Wirtschaft entsprechend diversifizieren. Dies kombiniert mit anderen sozioökonomischen und politischen Faktoren führte dazu, dass immer noch etwa ein Drittel der pakistanischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt (GIZ 2.2019a).

Das Programm Tameer-e-Pakistan soll Personen bei der Arbeitssuche unterstützen (IOM 2018). Das Kamyab Jawan Programme, eine Kooperation des Jugendprogrammes des Premierministers und der Small and Medium Enterprises Development Authority (SMEDA), soll durch Bildungsprogramme für junge Menschen im Alter zwischen 15 und 29 die Anstellungsmöglichkeiten verbessern (Dawn 11.2.2019).

Sozialbeihilfen

Der staatliche Wohlfahrtsverband überprüft an Hand spezifischer Kriterien, ob eine Person für den Eintritt in das Sozialversicherungssystem geeignet ist. Die Sozialversicherung ist mit einer Beschäftigung im privaten oder öffentlichen Sektor verknüpft (IOM 2018). Das Benazir Income Support Program und das Pakistan Bait-ul-Mal vergeben ebenfalls Unterstützungsleistungen (USSSA 3.2017).

Pakistan Bait-ul-Mal ist eine autonome Behörde, die Finanzierungsunterstützung an Notleidende, Witwen, Waisen, Invalide, Kranke und andere Bedürftige vergibt. Eine Fokussierung liegt auf Rehabilitation, Bildungsunterstützung, Unterkunft und Verpflegung für Bedürftige, medizinische Versorgung für mittellose kranke Menschen, der Aufbau kostenloser medizinischer Einrichtungen, Berufsweiterbildung sowie die finanzielle Unterstützung für den Aufbau von selbständigen Unternehmen (PBM o.D).

Das Benazir Income Support Programme zielt auf verarmte Haushalte insbesondere in abgelegenen Regionen ab. Durch Vergabe von zinsfreien Krediten an Frauen zur Unternehmensgründung, freie Berufsausbildung, Versicherungen zur Kompensation des Verdienstausfalles bei Tod oder Krankheit des Haupternährers und Kinderunterstützungsgeld sollen insbesondere Frauen sozial und ökonomisch ermächtigt werden (ILO 2017).

Die Edhi Foundation ist die größte Wohlfahrtstiftung Pakistans. Sie gewährt u.a. Unterkunft für Waisen und Behinderte, eine kostenlose Versorgung in Krankenhäusern und Apotheken, sowie Rehabilitation von Drogenabhängigen, kostenlose Heilbehelfe, Dienstleistungen für Behinderte sowie Hilfsmaßnahmen für die Opfer von Naturkatastrophen (Edih o.D.).

Die pakistanische Entwicklungshilfeorganisation National Rural Support Programme (NRSP) bietet Mikrofinanzierungen und andere soziale Leistungen zur Entwicklung der ländlichen Gebiete an. Sie ist in 70 Distrikten der vier Provinzen – inklusive Azad Jammu und Kaschmir – aktiv. NRSP arbeitet mit mehr als 3,4 Millionen armen Haushalten zusammen, welche ein Netzwerk von ca. 217.000 kommunalen Gemeinschaften bilden (NRSP o.D).

Medizinische Versorgung

In Islamabad und Karatschi ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem hohen Niveau und damit auch teuer (AA 13.3.2019). In modernen Krankenhäusern in den Großstädten konnte – unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit – eine Behandlungsmöglichkeit für die am weitesten verbreiteten Krankheiten festgestellt werden. Auch die meisten Medikamente, wie z. B. Insulin, können in den Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden und sind für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich (AA 21.8.2018).

In staatlichen Krankenhäusern, die i.d.R. europäische Standards nicht erreichen, kann man sich bei Bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen. Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Allerdings trifft dies auf schwierige Operationen, z.B. Organtransplantationen, nicht zu. Hier können zum Teil gemeinnützige Stiftungen die Kosten übernehmen (AA 21.8.2018).

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land sowie uneingeschränkte internationale Reisen, Emigration und Repatriierung (USDOS 13.3.2019). Die Regierung schränkt den Zugang zu bestimmten Gebieten der ehemaligen FATA und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019, HRCP 3.2019). Es gibt einzelne rechtliche Einschränkungen, Wohnort, Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu wechseln (FH 1.2019).

Rückkehr

Unter gewissen Voraussetzungen verstoßen Pakistani mit ihrer Ausreise gegen die Emigration Ordinance (1979) oder gegen den Passport Act, 1974. Laut Auskunft der International Organization for Migration (IOM) werden Rückkehrende aber selbst bei Verstößen gegen die genannten Rechtsvorschriften im Regelfall nicht strafrechtlich verfolgt. Es sind vereinzelte Fälle an den Flughäfen Islamabad, Karatschi und Lahore bekannt, bei denen von den Betroffenen bei der Wiedereinreise Schmiergelder in geringer Höhe verlangt wurden. Rückkehrende, die nicht über genügend finanzielle Mittel verfügen um Schmiergelder zu zahlen, werden oft inhaftiert (ÖB 10.2018).

Zurückgeführte Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen der Stellung eines Asylantrags nicht mit staatlichen Repressalien zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter ist nicht festzustellen. Die Rückführung von pakistanischen Staatsangehörigen ist nur mit gültigem pakistanischem Reisepass oder mit einem von einer pakistanischen Auslandsvertretung ausgestellten nationalen Ersatzdokument möglich, nicht aber mit europäischen Passersatzdokumenten (AA 21.8.2018).

[Ungeachtet anderer Bedrohungslagen; vgl. andere relevante Abschnitte des LIB; Anm.] hält die Österreichische Botschaft Islamabad fest, dass es bei oppositioneller Betätigung im Ausland bislang zu keinen ha. bekannten Problemen bei der Rückkehr gekommen ist. Dasselbe gilt für im Ausland tätige Journalist/innen und Menschenrechtsaktivist/innen. Auch der im Rückkehrbereich langjährig tätigen International Organization for Migration (IOM) liegen keine diesbezüglichen Fälle vor (ÖB 10.2018).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen, auch für zurückkehrende, alleinstehende Frauen und unbegleitete Minderjährige, sind in Pakistan nicht vorhanden. Rückkehrer erhalten keinerlei staatliche Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen. EU-Projekte, wie z. B. das European Reintegraton Network (ERIN), sollen hier Unterstützung leisten (AA 21.8.2018).

Das Rückkehrprogramm ERIN wird von der pakistanischen NGO WELDO mit Finanzierung von AMIF und zahlreichen EU-Staaten durchgeführt (WELDO o.D.b). In 113 Bezirken werden Leistungen zur Reintegration und Unterstützung bereitgestellt. Die Programme sollen Rückkehrer wieder in den Arbeitsmarkt integrieren. Das Ausbildungsprogramm wird dem Bedarf am Arbeitsmarkt und der jeweilige Person angepasst. Gegenwärtig liegt der Fokus der Organisation in der nachhaltigen Integration von pakistanischen Staatsangehörigen nach ihrer Rückkehr (freiwillig oder unfreiwillig) aus den Partnerländern. Beratung und Unterstützung in der Zielregion wird in verschiedenen Sprachen geboten. Es gibt verschiedene Programme für verschiedene vulnerable Personengruppen (WELDO o.D.a).

Die der Österreichischen Botschaft in der Vergangenheit seitens der im Rückkehrbereich tätigen NGO WELDO mitgeteilten Probleme – wie etwa angespannte Familiensituation aufgrund finanzieller Notlagen, schleppende Berufsreintegration und unzureichendes Einkommen oder Fehlen psychosozialer Betreuung – wurden in einem rezenten Gespräch mit Vertretern der International Organization for Migration (IOM) nicht bestätigt. Auch das von WELDO kritisierte Fehlen psychosozialer Betreuung der Rückkehrenden bestehe laut IOM nicht (ÖB 10.2018).

IOM bietet im Rahmen ihres Programmes Assisted Voluntary Return & Reintegration (AVRR) die folgenden Leistungen an (Laufzeit von einem Jahr; entsprechendes Monitoring inkludiert): Betreuung bei Ankunft am Flughafen (Islamabad, Lahore); Unterbringung bis zur Fahrt nach Hause; Berufs- bzw. Bildungsberatung und in der Folge entsprechende Unterstützung; medizinische Hilfeleistungen; besondere Unterstützungsleistungen für vulnerable Personengruppen (alleinstehende Frauen, minderjährige Kinder) (ÖB 10.2018; vgl. IOM o.D.).

IOM führt in seinem Länderinformationsblatt für Pakistan mit Bezug auf pakistanische Rückkehrer an, dass diese bei der Arbeitssuche auch Unterstützung durch das Tameer-e-Pakistan Programm – einer Armutsbekämpfungsmaßnahme mit Ziel Arbeitsplätze im Land und Einkommensquellen für Armutsbevölkerung zu schaffen – erhalten können (IOM 2018).

Zur aktuell vorherrschenden Pandemie aufgrund des Coronavirus (Covid-19, SARS-CoV-2)

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Europäischem Zentrum für die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) haben das höchste Risiko für eine schwere Erkrankung durch SARS-CoV-2 Menschen im Alter von über 60 Jahren sowie Menschen mit Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Atemwegserkrankungen und Krebs. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

(Beweisquelle: www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/; www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus.html; www.oesterreich.gv.at/)

In Pakistan wurden bei rund 200 Millionen Einwohner laut Situation Report 139 der WHO bis zum 07.06.2020 insgesamt 98.943 von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 2.002 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden.

(Beweisquelle: www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports)

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen stützen sich auf den Verwaltungsverfahrensakt des BFA, den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes und das Ergebnis der durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die konkreten Beweismittel sind bei den Sachverhaltsfeststellungen bzw in der Beweiswürdigung jeweils in Klammer angeführt und umfassen im Wesentlichen die Niederschriften und die Verhandlungsschrift zur Befragung des Beschwerdeführers, die Beschwerde des Beschwerdeführers und die von ihm vorgelegten Bescheinigungsmittel sowie die vom Bundesverwaltungsgericht beigeschafften und dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachten Länderinformationen.

2.1 Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Lebensverhältnissen in Pakistan (1.1)

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Staatsangehörigkeit und Herkunft, die er im Zuge des Verfahrens vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, waren auf Grund seiner Orts- und Sprachkenntnisse nicht zu bezweifeln. Die Identität steht aufgrund des vorgelegten österreichischen Führerscheines (VS 09.06.2020, VS Beilage) fest (zur Identitätsfeststellung mittels eines österreichischen Führerscheins siehe VwGH 16.11.1988, 88/02/0113). Name und Geburtsdatum des Beschwerdeführers sind am österreichischen Führerschein, auf der Kopie des pakistanischen Reisepasses und des pakistanischen Personalausweises übereinstimmend angegeben.

Seine Ausführungen zu seiner pakistanischen Schulbildung, zu seiner beruflichen Tätigkeit in Pakistan und in Dubai, zu seinen Familienangehörigen in Pakistan sowie zu seiner Ausreise über den Iran und Griechenland nach Österreich waren kohärent, schlüssig und widerspruchsfrei, sodass auch dieses Vorbringen als glaubhaft erachtet werden konnte.

2.2 Zu seinen Lebensverhältnissen in Österreich und zu seinem Gesundheitszustand (1.2)

Seine Angaben zu seinem Aufenthalt in Österreich, zu seiner aktuellen Lebenssituation, zu seiner Gewerbeberechtigung, seiner selbständigen Tätigkeit als Zeitungsauslieferer, zu seinem Einkommen, zu seinem nunmehrigen Lebensmittelpunkt, seinen sozialen Kontakten und Freundschaften sowie seinen Unterstützungstätigkeiten für seine Nachbarn erwiesen sich als umfassend, detailreich und widerspruchsfrei, sie wurden durch die von ihm vorgelegten Bescheinigungen zum Nachweis seiner bereits gesetzten Integrationsschritte (Gewerbeanmeldung, Kontoauszug der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, öst. Führerschein, Vereinbarung mit Auftraggeber, persönliche Unterstützungsschreiben AS 287, 289) auch belegt und stehen auch im Einklang mit den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszügen aus den behördlichen Datenregistern. Auch wenn der Beschwerdeführer bisher keine Deutschkurse absolvierte, so konnte er trotzdem in der mündlichen Verhandlung die ihm auf Deutsch gestellten Fragen auch auf Deutsch verständlich beantworten. Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem unverdächtigen Strafregisterauszug. Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand beruhen auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung; Zweifel daran kamen nicht hervor.

2.3 Zur Begründung des Antrages auf internationalen Schutz und zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit (oben 1.3 und 1.4)

2.3.1 Die Ausführungen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen beruhen auf seinen protokollierten Aussagen im Zuge der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Einvernahme vor dem BFA sowie im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und auf seiner Beschwerde.

2.3.2 Die Feststellungen, wonach es nicht glaubhaft ist, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus Pakistan aufgrund einer Festhaltung durch Taliban einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung von erheblicher Intensität ausgesetzt gewesen sei oder er bei einer Rückkehr zum gegenwärtigen Zeitpunkt einer solchen Gefährdung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre, waren aufgrund der folgenden Erwägungen zu treffen:

Zunächst war der Beschwerdeführer nicht dazu in der Lage, den Zeitpunkt der von ihm vorgebrachten Reise mit seinen Freunden nach Swat und der dabei erfolgten Entführung im Laufe des Verfahrens annähernd konsistent zeitlich einzuordnen. Während er in der zeitlich am nächsten zu seiner Einreise in Österreich gelegenen Einvernahme vor dem BFA am 26.07.2016 angegeben habe, dass sich dies im Jahr 2013, glaublich im Februar 2013, ereignet habe, brachte er bei der nachfolgenden Einvernahme vor dem BFA am 12.09.2016 vor, dass dies im Mai oder Juni 2015 gewesen sein soll. (NS 26.07.2016, S 4; NS 12.09.2016, S 3) In der Einvernahme am 26.07.2016 gab er an, dass er von 2005 bis Ende 2012 in Dubai gearbeitet habe und nur zum Urlaub nach Pakistan zurückgekehrt sei (NS 26.07.2020, S 3, 4). Davon abweichend gab er in der Einvernahme am 12.09.2016 an, er habe im November 2012 geheiratet und sei im November 2013 nach Dubai geflogen, wo er bis Februar 2014 gewesen sei (NS 12.09.2016, S 3). In der mündlichen Verhandlung am 09.06.2020 gab er schließlich an, dass er von Dubai 2012 zurückgekehrt sei und er 2012 oder 2013 mit seinen Freunden ins Swat-Tal gefahren sei (VS 09.06.2020, S 9, 10). Auch wenn nicht zu erwarten ist, dass nach mehreren Jahren ein Ereignis zeitlich präzise eingeordnet oder datiert werden kann und dabei auch Fehler passieren können, so ist doch zu erwarten, dass jedenfalls die diesbezüglichen Angaben im Laufe eines Verfahren jedenfalls annähernd gleichbleibend erstattet werden, was vom Beschwerdeführer jedoch nicht gemacht wurde. Eine Erklärung für seine diesbezüglichen Angaben bot der Beschwerdeführer nicht an. Diese unterschiedlichen Angaben des Beschwerdeführers sprechen gegen die Glaubhaftigkeit der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Festhaltung durch Taliban.

Des Weiteren brachte der Beschwerdeführer in der Verhandlung am 09.06.2020 an, dass er nach seiner Flucht aus dem Taliban und seiner Rückkehr nach Rawalpindi persönlich keinen Kontakt mehr zu den Taliban gehabt habe, nur von Personen bei Nachbarn nach ihm gefragt worden sei (VS 09.06.2020, S 9, 10). Dazu in Widerspruch stehend hatte der Beschwerdeführer bei der Einvernahme vor dem BFA am 26.07.2016 angegeben, dass die Taliban nach seiner Flucht und Rückkehr nach Rawalpindi dort zu ihm nach Hause gekommen seien und gesagt hätten, dass er für sie arbeiten solle, was er abgelehnt habe. (NS 26.07.2016, S 6) Auch in der Einvernahme vor dem BFA am 12.09.2016 führte der Beschwerdeführer aus: „Beim dritten Mal haben wir sie in unser Wohnzimmer eingeladen und haben ein Gespräch mit ihnen geführt, was sie von uns wollen, und sie sagten, sie würden uns Geld geben und wir sollen uns ihnen anschließen.“ ... „wir sagten den Nachbarn, das nächste Mal sollen sie sie zu uns bringen. Wir haben dann mit den Mitbewohnern und den Taliban gesprochen und wir sagten denen, dass wir nicht wollen. Sie sagten uns, wir können Geld haben so viel wir wollen, aber wir sagten nein.“…. „ich weiß nicht wieso sie uns ausgesucht haben, wir sagten, wir wollen nicht, und sie gingen wieder. Sie haben uns bedroht und sagten, sie würden uns wiederfinden und dann mitnehmen.“ (NS 12.09.2016, S 4, 5). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer ein persönliches Gespräch mit den Taliban im „Wohnzimmer“ in Rawalpindi vergessen hätte, hätte ein solches tatsächlich stattgefunden. Auch zu diesem widersprüchlichen Vorbringen gab der Beschwerdeführer keine Erklärung an. Diese unterschiedlichen Angaben des Beschwerdeführers sprechen daher ebenso gegen die Glaubhaftigkeit der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Bedrohung durch Taliban.

Es erweist sich zudem als lebensfremd, dass die Taliban, den Beschwerdeführer noch ein weiteres Mal zur Zusammenarbeit überreden hätten wollen, nachdem er von diesen bereits einmal entführt und während seiner Entführung geschlagen worden sei und er dann aus deren Gefangenschaft geflohen sei, wie der dies in der Einvernahme vor dem BFA am 12.09.2016 vorgebracht hat (wie zuvor auszugsweise zitiert; NS 12.09.2016, S 4, 5). Auch dies trägt zur Unglaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers bei.

Der Beschwerdeführer gab einerseits gegenüber dem BFA an, dass die Taliban ihm Geld geben hätten wollen, damit er sich ihnen anschließe (NS 12.09.2106, AS 179). Demgegenüber brachte er in der Verhandlung vor, dass es die Taliban auf sein Geld, das er in Dubai durch seine Tätigkeit als Taxifahrer verdient habe, abgesehen hätten (VS 09.06.2020, S 9). Diese beiden Vorbringen erweisen sich insofern als inkonsistent, als man einerseits vom Beschwerdeführer Geld hätte haben wollen und andererseits ihm selbst Geld angeboten habe.

Der Beschwerdeführer erstattete schließlich auch ein inkonsistentes Vorbringen zum unmittelbaren Fluchtvorgang. So gab er bei der Erstbefragung am 07.03.2016 an, dass ein Mitglied der Taliban „irrtümlicherweise die Türe offen gelassen“ habe (NS 07.03.2016, S 5). Demgegenüber brachte er in der Verhandlung am 09.06.2020 vor, dass eine Person Mitleid mit dem Beschwerdeführer und seinen Freunden gehabt habe. Diese Person habe zu den Männern gesagt, dass sie „ja nur Urlaub machen“ haben wollen und jetzt hier „feststecken“ würden. Die Männer hätten Geld gehabt und die Person habe ihnen dann geholfen, damit sie wieder nach Hause haben können (VS 09.06.2020, S 9). Auch wenn sich die Erstbefragung im Asylverfahren nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, so ist zumindest zu erwarten, dass die tatsächlich erstatteten Angaben im Laufe des gesamten Verfahrens annähernd gleich vorgebracht werden oder nachvollziehbare Gründe dargelegt werden können, um unterschiedliche Angaben zu erklären. Dies wurde jedoch vom Beschwerdeführer unterlassen.

Der Beschwerdeführer konnte die von ihm vorgebrachte Festhaltung und Bedrohung durch die Taliban aufgrund der soeben dargestellten Widersprüche und Unschlüssigkeiten bei einer Gesamtbetrachtung nicht glaubhaft machen und er konnte damit auch nicht glaubhaft machen, dass er vor seiner Ausreise aus Pakistan einer Bedrohung und Verfolgung von erheblicher Intensität ausgesetzt war und er einer solchen Gefahr bei einer Rückkehr nach Pakistan zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

Zur allgemeinen Lage in Pakistan ist auszuführen, dass fallbezogen der Beschwerdeführer aus keiner der regionalen Problemzonen, sondern aus dem nördlichen Punjab stammt. Auf Grundlage der getroffenen Länderfeststellungen (oben 1.5) kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht von einer solchen extremen Gefährdungslage in Pakistan und insbesondere in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers gesprochen werden, dass gleichsam jede Person, die sich dort aufhält oder dorthin zurückkehrt, einer unmittelbaren Gefährdung ausgesetzt ist. Ebenso kann auf Grundlage dieser Feststellungen die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse als zumutbar angenommen werden. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt an, dass das Leben in Pakistan teilweise von Korruption geprägt ist und eine wirtschaftlich und sozial durchaus schwierige Situation besteht, in der sich die Beschaffung der Mittel zum Lebensunterhalt auch als schwieriger darstellen könnte als in Österreich, zumal auch die Arbeitsplatzchancen als nicht befriedigend bezeichnet werden können. Es geht jedoch aus den Länderfeststellungen keinesfalls hervor, dass die Lage für alle Personen ohne Hinzutreten von besonderen Umständen dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre. Es ist somit auch aus diesem Umstand keine unmittelbare persönliche Existenzbedrohung des Beschwerdeführers in Pakistan ersichtlich, zumal er auch noch relativ jung und arbeitsfähig ist.

Vor dem Hintergrund der hier insgesamt getroffenen Ausführungen hat der Beschwerdeführer somit nicht glaubhaft dargelegt und es ergibt sich auch sonst nicht, dass er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Pakistan einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt wäre.

2.4. Zur Lage in Pakistan (oben 1.5)

Die Feststellungen zur Lage in Pakistan ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zu Pakistan vom Mai 2019. Die Staatendokumentation des BFA berücksichtigt im Länderinformationsblatt Berichte verschiedener staatlicher Spezialbehörden, etwa des Deutschen Auswärtigen Amtes und des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder des US Department of State, ebenso, wie auch Berichte von Nichtregierungsorganisationen, wie etwa von ACCORD, Amnesty international, Human Rights Watch oder der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Angesichts der Ausgewogenheit und Seriosität der genannten Quellen sowie der Schlüssigkeit der weitestgehend übereinstimmenden Aussagen darin, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Auch der Beschwerdeführer ist diesen ihm vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 19.05.2020 zur Kenntnis gebrachten Länderinformationen nicht entgegengetreten. Die Feststellungen betreffend die Lage zur Pandemie aufgrund des Coronavirus basieren auf den Informationen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, des Sozialministeriums und der Weltgesundheitsorganisation.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Spruchpunkt I

Zum Status eines Asylberechtigten (§ 3 AsylG 2005)

3.1 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (VwGH 02.09.2015, Ra 2015/19/0143).

Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Entscheidend ist, dass der Asylwerber im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl VwGH 27.06.2019, Ra 2018/14/0274).

Die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs 1 AsylG 2005 iVm Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (VwGH 28.03.2019, Ra 2018/14/0428).

Zum gegenständlichen Verfahren

3.2 Fallbezogen gehört der Beschwerdeführer der Volksgruppe der Punjabi und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Er kommt aus der Stadt Rawalpindi in der Provinz Punjab und er reiste 2016 in Österreich ein.

3.2.1 Ausgehend von der festgestellten Ländersituation in Pakistan gilt die Sicherheitslage in der Provinz Punjab, der Herkunftsregion des Beschwerdeführers, als gut. Der Beschwerdeführer gehört keiner religiösen oder ethnischen Minderheit an die einem erhöhten Gefährdungsrisiko hinsichtlich bewaffneter Übergriffe oder unterdrückter Verhältnisse ausgesetzt ist. Die Ehefrau, die Kinder, Eltern, Schwiegereltern und Geschwister leben nach wie vor dort von wo der Beschwerdeführer vor einigen Jahren ausgereist ist und allen Familienmitgliedern geht es gut.

3.2.2 Etwaige aktuelle persönliche Gefährdungsmerkmale ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht: seine Furcht, bei einer Rückkehr individuell bedroht und verfolgt zu sein, wurde im Rahmen der Beweiswürdigung als nicht glaubhaft erachtet. Er hat damit nicht glaubhaft gemacht und es ergibt sich auch sonst nicht, dass er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat, zu seinen Familienangehörigen, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in Pakistan einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung von erheblicher Intensität ausgesetzt wäre.

3.3 Es liegt somit im Falle des Beschwerdeführers keine Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sind damit nicht gegeben.

3.4 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides des BFA wird daher als unbegründet abgewiesen.

Zum Status eines subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs 1 AsylG 2005)

3.5 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Hinblick auf das Vorliegen einer allgemein prekären Sicherheitslage - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung von EGMR und EuGH - zum Vorliegen eines reales Risikos iSd Art 3 MRK ausgesprochen, dass diese Voraussetzung nur in sehr extremen Fällen ("in the most extreme cases") erfüllt ist. In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen ("special distinguishing features"), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen (VwGH 30.09.2019, Ra 2018/01/0068).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert sich der Tatbestand einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in § 8 Abs 1 Z 2 Asyl 2005 an Art 15 lit c der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) und umfasst - wie der EuGH erkannt hat - eine Schadensgefahr allgemeiner Art, die sich als "willkürlich" erweist, also sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann. Entscheidend für die Annahme einer solchen Gefährdung ist nach den Ausführungen des EuGH, dass der den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson liefe bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dabei ist zu beachten, dass der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist. (VwGH 30.09.2019, Ra 2018/01/0068)

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art 2 oder 3 MRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko der Verletzung von Art 2 oder 3 MRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bereits in der Kombination der prekären Sicherheitslage und der besonderen Gefährdungsmomente für die einzelne Person begründet liegen (VwGH 31.01.2019, Ra 2018/14/0196).

Zum gegenständlichen Verfahren

3.6 Die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse kann aus den Feststellungen zur Lage in Pakistan als gesichert angenommen werden (siehe oben 1.5). Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Es ist daher nicht erkennbar, warum er in eine aussichtslose Lage geraten sollte oder ihm eine Existenzsicherung in seinem Heimatland nicht zumutbar sein sollte, zumal auch aus den Länderfeststellungen keinesfalls hervorgeht, dass die Lage für alle Personen (ohne Hinzutreten von besonderen Umständen) dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre.

Es ergeben sich aus den Länderfeststellungen auch keine Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse).

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der aktuell vorherrschenden Pandemie aufgrund des Coronavirus: Der Beschwerdeführer ist gesund und gehört zu keiner Risikogruppe; es besteht daher für den Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan kein "real risk" einer Verletzung von Art 3 EMRK im Sinne der Rechtsprechung des EGMR und des EuGH.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063), liegt somit nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat möglicherweise schlechter sein wird, als in Österreich; aus den getroffenen Ausführungen ergibt sich aber eindeutig, dass der Schutzbereich des Art 3 EMRK nicht tangiert ist.

3.7 Der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers befindet sich auch nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes – derartiges kann trotz der in manchen Landesteilen regional und temporär angespannten Sicherheitslage vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nicht angenommen werden. Es kann daher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht (vgl VwGH 30.09.2019, Ra 2018/01/0068).

Aufgrund der getroffenen Feststellungen kann ferner auch nicht davon gesprochen werden, dass praktisch jedem, der nach Pakistan oder in den Punjab abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße droht, sodass die Abschiebung im Lichte des Art 3 EMRK unzulässig erschiene (vgl VwGH 31.01.2019, Ra 2018/14/0196). Etwaige persönliche Gefährdungsmerkmale sind im gegenständlichen Verfahren nicht glaubhaft hervorgekommen.

3.8 Zusammenfassend finden sich somit keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 8 AsylG 2005 ausgesetzt wäre.

3.9 Gemessen an den zuvor dargestellten Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes kann daher fallbezogen dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt werden, weshalb auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides abgewiesen wird.

Spruchpunkt II

Zu einem Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 57 AsylG)

3.10 Fallbezogen liegen nach dem festgestellten Sachverhalt die gesetzlichen Voraussetzungen des § 57 AsylG für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels nicht vor. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist weder seit einem Jahr geduldet noch ist eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen zu erteilen; schließlich hat der Beschwerdeführer auch nicht glaubhaft gemacht, Opfer von Gewalt geworden zu sein sowie, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

3.11 Die Beschwerde gegen die mit Spruchpunkt III Satz 1 ausgesprochene Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erweist sich daher als unberechtigt.

Zur Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan (§ 52 FPG; § 9 BFA-VG)

3.12 Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG 2014 (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).

3.13 Folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - stellen Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025; E 18. Oktober 2012, 2010/22/0136; E 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. E 23. Mai 2012, 2010/22/0128; (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) E 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. E 18. März 2014, 2013/22/0129; E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. E 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. E, 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365) (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).

Zum gegenständlichen Verfahren

3.14 Fallbezogen sprechen zunächst gegen den weiteren Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich und für die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die Umstände, dass der Beschwerdeführer im März 2016 unrechtmäßig in Österreich eingereist ist, sein Aufenthaltsstatus grundsätzlich ein unsicherer war und ihm dieser Umstand bewusst sein musste. Für den Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich spricht demgegenüber nach dem festgestellten Sachverhalt, dass sich der Beschwerdeführer bereits seit über vier Jahren und drei Monaten in Österreich befindet, wobei sein Aufenthalt in dieser Zeit, obgleich auch auf das Asylgesetz gestützt, so doch rechtmäßig war. Am Verfahren hat er stets mitgewirkt und sämtlichen Ladungen Folge geleistet, weshalb ihm die bisherige Verfahrensdauer nicht anzulasten ist. Er ist durchgehend seit Mai 2019 nicht mehr auf Leistungen aus der Grundversorgung für hilfsbedürftige Fremde angewiesen. Er ist gesund. Er ist bereits seit April 2017 erlaubt als Zeitungszusteller selbstständig. Sein aktuelles monatliches Einkommen beträgt etwa EUR 2000. Er ist sohin auch arbeitswillig, arbeitsfähig und selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer hat bisher zwar keine zertifizierte Deutschprüfung abgelegt, kann sich jedoch dennoch bereits sehr gut in deutscher Sprache verständigen. Er konnte die ihm in der mündlichen Verhandlung in deutscher Sprache gestellten Fragen sofort verstehen und darauf spontan auf Deutsch flüssig und vers

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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