Entscheidungsdatum
14.07.2020Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
L524 2115769-4/3Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch RA Mag. Nuray TUTUS-KIRDERE, Herrengasse 6-8/4/1, 1010 Wien und RA Mag. Leonhard KREGCJK, Florianigasse 1/12, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2020, Zl. 139638210/180684133, zu Recht:
A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Feststellungen:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 25.05.2020, Zl. 139638210/180684133, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdige Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt VI.).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde.
II. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem angeführten Bescheid und der Beschwerde.
III. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Ersatzlose Behebung des Spruchpunktes V.:
1. Über die gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG erhobene Beschwerde ist mit Erkenntnis zu entscheiden (vgl. VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0224).
2. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
§ 18 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
„Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde
§ 18. (1) …
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
(3) …
(4) …
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“
3. Die belangte Behörde stützt die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides auf § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es zur Begründung der Notwendigkeit der sofortigen Ausreise nicht, dafür auf eine – die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende – Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (vgl. VwGH 28.05.2020, Ra 2020/21/0128, Rn. 18; 16.01.2020, Ra 2019/21/0360, Rn. 18; 04.04.2019, Ra 2019/21/0053, Rn. 12).
Derartige Umstände, die nicht nur ein öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung begründen, sondern darüber hinaus ihren sofortigen Vollzug erfordern, hat das BFA nicht aufgezeigt.
Das BFA verweist zur Begründung der Notwendigkeit der sofortigen Ausreise auf die Begründung zur Rückkehrentscheidung und zur Erlassung des Einreiseverbots. Diese Begründung erfüllt jedoch nicht die gesetzlichen Anforderungen.
Weiters führt das BFA aus, dass der Beschwerdeführer keiner ordentlichen Beschäftigung nachgehe und deshalb zur befürchten sei, dass er wieder in sein altes Schema der Spielsucht verfalle, weshalb eine sofortige Ausreise notwendig sei, um weitere einschlägige Verurteilungen zu verhindern. Angesichts der weiteren Ausführungen des BFA im Bescheid, dass es nach der Haftentlassung des Beschwerdeführers von 2015 bis 2019 weder zu einer Anzeige noch zu einer Verurteilung gekommen ist (Seite 114), ist die Begründung des BFA hinsichtlich der Notwendigkeit der sofortigen Ausreise nicht schlüssig.
Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergeben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer so großen Gefährdung, dass die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers gerechtfertigt wäre.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und Spruchpunkt V. ersatzlose zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung ersatzlose TeilbehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2115769.4.00Im RIS seit
25.11.2020Zuletzt aktualisiert am
25.11.2020