Entscheidungsdatum
15.07.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L503 2197091-2/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 17.05.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A.) Die Beschwerde wird gemäß § 8 Abs 1 AsylG, § 57 AsylG, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG iVm § 52 Abs 2 Z 2 FPG und § 52 Abs 9 iVm § 46 FPG als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 55 Abs 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 8 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrenshergang
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch kurz: "BF"), eigenen Angaben zufolge ein Staatsangehöriger von Georgien, brachte nach illegaler Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 18.09.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als nunmehr belangte Behörde (in weiterer Folge auch „bB“) einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Am 18.09.2017 wurde der BF einer Erstbefragung vor Beamten der PI Traiskirchen-EASt unterzogen (AS. 1 ff) und gab zusammengefasst an, dass er Georgien verlassen habe, weil er und seine Frau an einer lebensbedrohlichen Krankheit leiden würden und sie sich die Behandlung in Georgien nicht leisten könnten.
2. Am 17.04.2018 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA, Außenstelle Graz.
Auf die Frage, aufgrund welcher Flucht- und Asylgründe der BF Georgien verlassen habe, gab der BF an, dass der Hauptgrund für seine Ausreise seine Krankheit sei. Er sei ein Dialysepatient und habe einen suprapubischen Katheter, welcher gewechselt werden müsse. Der BF sei wegen seiner Nierenkrankheit vor seiner Ausreise in Georgien bereits 3 Jahre lang in Behandlung gewesen. Außerdem habe seine Frau, welche kurz nach der Ankunft in Österreich verstorben sei, an Brustkrebs gelitten und habe ebenfalls dringend eine Behandlung benötigt (AS. 43 ff).
Zu seiner Lage im Herkunftsstaat Georgien gab der BF an, dort noch Verwandte zu haben. So würden unter anderem seine drei volljährigen Kinder noch in Georgien leben, zu denen er auch noch Kontakt habe. Seine Tochter lebe mit seinem Sohn in einem Haus, beide Söhne seien arbeitslos und würden durch das Einsammeln von Schrott bzw. mit der Produktion von Joghurt durch eine Kuh etwas Geld verdienen. Die Tochter arbeite ebenfalls nicht, jedoch deren Mann (AS. 47).
Der BF gab des Weiteren an, dass er vor seiner Krankheit und der seiner Frau in Georgien in normalen Verhältnissen gelebt habe, er aber zur Deckung der Behandlungskosten sein Vermögen wie Autos, Kühe und Schafe veräußern habe müssen (AS. 46). Der BF habe auch für seine Behandlungen zum Teil privat bezahlen müssen. Eine genaue Summe könne er nicht nennen. In Georgien sei die Behandlung zudem schlechter gewesen als in Österreich. So sei seine Niere hier in Österreich bereits wieder dabei, sich zu regenerieren, während der BF in Georgien viele Ärzte konsultieren habe müssen, um überhaupt die richtige Diagnose zu erhalten. In Österreich sei zudem neben der Dialysebehandlung auch eine Prostataoperation geplant.
Im Falle einer Rückkehr fürchte der BF, in Georgien eine schlechte Behandlung zu erhalten und zu sterben. Zudem könne er sich eine Behandlung auch nicht mehr leisten. Weitere Fluchtgründe außer seiner Krankheit brachte der BF nicht vor (AS. 48 ff).
Auf die Frage zu seiner Situation in Österreich gab der BF an, dass es schwierig sei, den ganzen Tag alleine ohne Deutschkenntnisse zu sein und dass er die meiste Zeit zu Hause verbringe (AS. 51).
In weiterer Folge wurden für den BF die Länderfeststellungen des BFA zur Lage in Georgien auf das Kürzeste zusammengefasst und wurde dem BF vorgehalten, dass Georgien als sicherer Herkunftsstaat gelte und das bedeute, dass die Bevölkerung nicht von staatlicher Seite verfolgt werde und auch Schutz vor privater Verfolgung bestehe. Zudem gebe es einen Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen. Der BF gab dazu an, dass es schon ein Rechtssystem gebe, die armen Menschen jedoch unterdrückt würden und die medizinische Versorgung keine gute wäre. Bei einer guten Versorgung wären er und seine Gattin nicht in die jetzige Lage geraten und sie nicht gestorben (AS. 50).
3. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BFA vom 04.05.2018 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Republik Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Der Beschwerde wurde gem. § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass die Ausreisegründe des BF keine Verfolgung im Sinne der GFK darstellen würden und den ärztlichen Befunden keinerlei Informationen eines lebensbedrohlichen Zustandes zu entnehmen seien. Es gebe in Georgien eine Dialysebehandlung und auch das Wechseln des Katheters sei möglich. Aus diesem Grund werde dem BF weder Asyl noch der Status eines subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt.
4. Mit Verfahrensanordnung vom 04.05.2018 wurde dem BF für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Rechtsberater amtswegig zu Seite gestellt (AS. 133).
5. Mit Schriftsatz vom 28.05.2018 erhob der BF gegen den Bescheid des BFA fristgereicht Beschwerde (AS. 149 ff) und machte eine unrichtige Sachverhaltsdarstellung, eine mangelhafte Begründung, eine unrichtige rechtliche Beurteilung sowie das Vorliegen von Verfahrensmängeln geltend. Im Wesentlichen führte der BF aus, dass der Staat Georgien seine Behandlungskosten nur zum Teil übernehmen würde und er sich dies nicht leisten könne.
6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.06.2018, Zl. L515 2197091-1/4Z (AS. 175 ff) wurde die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I des angefochtenen Bescheides gem. § 28 Abs. 1 VwGVG und § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Die Spruchpunkte II – V des bekämpften Bescheides wurden gem. § 28 Abs. 3 VwGVG mit Beschluss behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Der Beschwerde wurde gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung amtswegig zuerkannt.
Zur Begründung führte das BVwG aus, dass dem BF kein Asylstatus zuzuerkennen sei, da keine Hinweise auf eine asylrelevante Verfolgung des BF bestünden. Zur Behebung und Zurückverweisung der weiteren Spruchpunkte führte das BVwG aus, dass der BF angab, dass er seine finanziellen Ressourcen erschöpft habe und er sich keine weitere Behandlung in Georgien mehr leisten könne. Da auf dieses Vorbringen von der Behörde im erlassenen Bescheid nicht eingegangen worden sei und der BF an einer schweren Krankheit leide, die ohne Behandlung zum Tod führen würde, habe die Behörde in Bezug auf die individuellen Behandlungschancen des BF die entsprechenden Ermittlungen nachzuholen.
7. Am 31.01.2019 fand eine ergänzende Einvernahme des BF vor dem BFA, Außenstelle Graz, statt (AS. 217 ff).
Auf die eingangs gestellte Frage, ob der BF bereits überlegt habe, die Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr in Anspruch zu nehmen, antwortete der BF, dass er in Dialysebehandlung sei und auch seine Prostata nicht gut aussehe. Außerdem sei es möglich, dass er wegen seiner Prostata eine Operation benötige und er deshalb noch gerne in Österreich bleiben würde, bis es ihm gesundheitlich wieder besser gehe, dann würde er auch freiwillig nach Georgien zurückkehren. Zudem gab der BF an, dass ihm und seiner Frau in Georgien die Ärzte nicht geholfen und nur Geld genommen hätten (AS. 219).
Zu seiner aktuellen medizinischen Behandlung in Österreich gab der BF an, dass er ursprünglich dreimal die Woche zur Dialyse habe müssen, dann nur noch zweimal und mittlerweile funktioniere es schon wieder so gut, dass er nur noch einmal pro Woche ambulant eine Dialyse erhalte (AS. 220).
Befragt, wie der BF in Georgien behandelt worden war und wie seine finanzielle Situation bei einer Rückkehr nach Georgien aussehen würde, gab der BF Folgendes an: Er habe nach einer Woche auf der Intensivstation auch in Georgien in R. dreimal die Woche ambulant eine Dialyse erhalten, jedoch habe er alles selber zahlen müssen. Zudem bekräftigte der BF nochmals, dass er noch seine Prostatabehandlung beenden möchte und dann freiwillig zurückkehren würde.
In Georgien habe er einen Pensionsanspruch von umgerechnet ca. 60,- EUR. Mit diesem Geld könne sich der BF die Behandlung bzw. die nötigen Medikamente nicht leisten.
Sollte der BF nach Georgien zurückkehren, würde ihn sein Sohn, welcher in der Nähe von R. wohne, bei sich aufnehmen. Auch seine restliche Familie sei bereit, ihm zu helfen, sie würden aber selbst nicht viel Geld besitzen. In R. gebe es auch ein Krankenhaus und eine Apotheke, vom Wohnort seines Sohnes bis dorthin seien es ca. 7 – 10 km. Ein Busticket würde ca. 50 Cent pro Fahrt kosten. Welche Behandlungskosten der BF nun konkret zu tragen hätte, wisse er nicht, er gehe aber davon aus, dass er seine Medikamente jedenfalls zu bezahlen habe (AS 221 ff).
Eine Nierentransplantation würde der BF nicht mehr machen, dafür sei er schon zu alt. Weitere Fluchtgründe bis auf die geltend gemachte Krankheit habe er nicht (AS. 223).
8. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 17.05.2019 wurde dem BF gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Republik Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Der Beschwerde wurde gem. § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Im Rahmen der Begründung stellte das BFA zunächst den bisherigen Verfahrensgang einschließlich der niederschriftlichen Angaben des BF dar.
Sodann traf das BFA Feststellungen zur Person des BF: Zusammengefasst stellte das BFA fest, dass die Identität des BF nicht feststehe. Der BF leide an einer Prostataerkrankung und sei Dialysepatient. Die Ehefrau des BF sei bedauerlicherweise gestorben, allerdings habe der BF noch Kinder in Georgien. Eine besondere Integrationsverfestigung habe nicht festgestellt werden können.
Zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaats stellte das BFA fest, dass der BF Georgien ausschließlich aufgrund seiner Erkrankung verlassen habe.
Zu seiner Situation im Fall seiner Rückkehr stellte das BFA fest, es könne nicht festgestellt werden, dass der BF in Georgien in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würde. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände könne auch nicht festgestellt werden, dass er im Falle einer Rückkehr nach Georgien einer realen Gefahr des Todes, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Bestrafung oder Behandlung oder der Gefahr der Folter ausgesetzt sei bzw. sein Leben auf sonstige Weise gefährdet wäre.
Bezüglich der Versorgungssituation des BF im Hinblick auf seine Erkrankung stellte die Behörde fest, dass sich der BF, wenn auch unter erschwerten Umständen, eine Behandlung leisten könne.
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt sei, auf seinem von der georgischen Zentralregierung kontrollierten Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritter wirksam zu schützen. Ebenso sei in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf den BF ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert sei, im Falle der Bedürftigkeit die Übernahme der Behandlungskosten durch den Staat auf Antrag möglich sei, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau bestehe, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet sei, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen hätten und in die Gesellschaft integriert würden. Ebenso bestehe ein staatliches Rückkehrprogramm, welches ua. materielle Unterstützung für bedürftige Rückkehrer, darunter auch die Zurverfügungstellung einer Unterkunft nach der Ankunft in Georgien, biete.
Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das BFA in Bezug auf die Krankheit des BF und deren Behandlungsmöglichkeiten aus, dass es glaubhaft sei, dass der BF Georgien aus medizinischen Gründen verlassen habe. Der BF könne aber nicht plausibel und nachvollziehbar schildern, dass es für ihn in seinem Herkunftsstaat Georgien keine adäquaten Behandlungsmöglichkeiten gibt. In diesem Zusammenhang verwies das BFA nochmals auf die Länderfeststellungen, welche die Behandlungsmöglichkeiten und deren Kostenübernahme durch den Staat schildern würden.
Rechtlich begründete die belangte Behörde die Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt I.) – näher ausgeführt – im Wesentlichen damit, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass der BF bei einer Rückkehr nach Georgien einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wäre.
Die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG (Spruchpunkt II.) begründete das BFA – näher ausgeführt – damit, dass die entsprechenden Voraussetzungen (insb. Duldung nach § 46a Abs. 1 Z 1 oder 1a FPG, Zeuge oder Opfer von Menschenhandel, Opfer von Gewalt) nicht vorliegen würden.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.) begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der BF über keine Angehörigen oder Verwandten in Österreich verfügen würde und dass in seinem Fall jedenfalls anzunehmen sei, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet zu kurz sei, als dass ein Eingriff in das Privatleben anzunehmen wäre. Zudem hätte keine relevante Integration festgestellt werden können und habe der BF in Georgien noch Familienmitglieder und auch den Großteil seines Lebens dort verbracht.
Die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG, dass die Abschiebung des BF nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt IV.), begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass bereits unter Spruchpunkt II. dargelegt worden sei, dass keine entsprechende Gefährdung des BF im Sinne der EMRK ersichtlich sei.
Die mangelnde Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.) begründete das BFA damit, dass eine solche nicht zu gewähren sei, wenn die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gem. § 18 BFA-VG – wie im vorliegenden Fall – aberkannt wird. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (Spruchpunkt VI.) begründete das BFA damit, dass der Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z 1 (der Asylwerber stammt aus einem sicheren Herkunftsstaat – Georgien) erfüllt sei.
9. Gegen den genannten Bescheid wurde innerhalb offener Frist mit Schreiben seiner Vertretung vom 12.6.2019 Beschwerde erhoben (AS. 403 ff).
Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass der BF Georgien wegen seiner Krankheit und der seiner Frau verlassen habe müssen. Der BF habe Probleme mit den Nieren und der Prostata. Sie hätten in Georgien keine ausreichend medizinische Versorgung erhalten, während in Österreich die Behandlung eine ordentliche sei. So müsse der BF hier in Österreich weniger oft zur Dialyse als es anfangs notwendig gewesen sei und er werde „auch bezüglich seiner Probleme mit Prostata“ medizinisch behandelt.
Zudem führte der BF aus, dass in den Länderfeststellungen stehe, dass die Behandlungskosten nur teilweise vom Staat übernommen werden und sich der BF nicht einmal diesen Teilbetrag leisten könne. So könne er nicht die Behandlungskosten und die Kosten für die Medikamente alleine tragen, auch die Busfahrt in das nächstgelegene Krankenhaus sei für ihn sehr teuer.
Auch sein soziales Netz, allen voran seine Familie, könnte seine Behandlungskosten nicht für ihn bezahlen, da seine Kinder keine Arbeit hätten. Sie würden ihn zwar gerne unterstützen und sein Sohn würde ihn auch bei sich aufnehmen, allerdings könne der Sohn sich die Behandlungskosten des Vaters nicht leisten.
Im Falle einer Rückkehr müsste der BF daher qualvoll sterben.
Bezüglich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BFA führte der BF aus, dass das BFA bei einem ordentlichen Ermittlungsverfahren feststellen hätte müssen, dass dem BF zumindest subsidiärer Schutz zukommen würde. Sollte der Beschwerde des BF keine aufschiebende Wirkung zukommen, laufe der BF Gefahr, in seinen Herkunftsstaat abgeschoben zu werden ohne, dass die von ihm geltend gemachten Rechtsverletzungen berücksichtigt worden wären.
Der BF beantrage daher die Zuerkennung von subsidiärem Schutz und dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt werde.
10. Mit Beschluss des BVwG vom 24.06.2019, Zl. L503 2197091-2/3Z, wurde der Beschwerde gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht ausgeschlossen werden könne, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in die Republik Georgien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde. Der BF führe konkret schwerste gesundheitliche Probleme an, die jedenfalls dem Grunde nach im Sinne von Art 3 EMRK relevant sein könnten; damit werde aber der Ausgang des Verfahrens in keiner Weise vorweggenommen, sondern könne eine Gefährdung des BF im Rahmen einer Grobprüfung nicht ausgeschlossen werden.
11. Mit Schreiben des BVwG an die Vertretung des BF vom 18.5.2020 wurde der BF aufgefordert – sofern der BF aktuell weiter in ärztlicher Behandlung steht -, dem BVwG binnen drei Wochen allfällige vorliegende, aktuelle medizinische Unterlagen (z. B. Befunde) vorzulegen; dies betreffe insbesondere auch die nunmehr vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte (und von ihm nicht näher spezifizierte) Erkrankung der Prostata.
Dieses Schreiben wurde der Vertretung des BF nachweislich am 18.5.2020 im elektronischen Rechtsverkehr zugestellt.
12. Eine Stellungnahme bzw. Dokumentenvorlage erfolgte nicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
1.1. Zur Person des BF werden folgende Feststellungen getroffen:
Der BF trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Die Identität des BF steht nicht fest.
Der BF stammt aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten und von der Zentralregierung kontrolliertem Gebiet und bekennt sich zum Mehrheitsglauben des Christentums.
Familienangehörige leben nach wie vor in Georgien, so auch die Kinder des BF.
Der BF hat in seinem Herkunftsstaat Georgien einen Pensionsanspruch in Höhe von umgerechnet ca. EUR 60,- monatlich.
1.2. Zum Privat- und Familienleben des BF in Österreich werden folgende Feststellungen getroffen:
Der BF hält sich seit zumindest 18.09.2017 im Bundesgebiet auf. Er reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein. Der BF lebt von der Grundversorgung und hat keinen Deutschkurs besucht. Er ist strafrechtlich unbescholten.
Der BF hat in Österreich keine Verwandten und lebt auch sonst mit keiner nahestehenden Person zusammen. Die Ehefrau des BF, mit welcher der BF nach Österreich kam, verstarb kurz nach ihrer Ankunft infolge einer Erkrankung. Der BF möchte in Österreich das österreichische Gesundheitssystem in Anspruch nehmen und hier wegen seiner Krankheit medizinisch behandelt werden.
1.3. Zu den vom BF vorgebrachten Fluchtgründen bzw. Rückkehrbefürchtungen wird festgestellt:
Der BF leidet an erheblichen Problemen mit den Nieren. Zur Behandlung dieser Nierenprobleme benötigt der BF regelmäßig eine Dialyse. Darüber hinaus besteht der Verdacht auf eine bösartige Erkrankung der Prostata.
Der BF befand sich bereits in Georgien wegen seiner Nierenprobleme bis zu seiner Ausreise ca. 3 Jahre lang in Behandlung.
Festgestellt wird, dass der BF Georgien ausschließlich aufgrund seiner Erkrankung und der Krankheit seiner Frau verlassen hat und zwecks einer medizinischen Behandlung nach Österreich eingereist ist.
Der BF leidet dessen ungeachtet an keiner Krankheit, die in Georgien nicht behandelbar wäre und es steht dem BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien das georgische Gesundheitssystem offen. Zudem würde der Sohn des BF diesen bei sich zuhause aufnehmen.
Es kann unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel nicht festgestellt werden, dass eine Rückkehr des BF nach Georgien eine reale Gefahr einer Verletzung der EMRK bedeuten oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall einer Rückkehr nach Georgien in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde. Der BF hat in Georgien eine – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherte Existenzgrundlage.
1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat Georgien
Das BFA legte seiner Entscheidung umfassende Länderfeststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat bzw. zur Situation des BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien zugrunde, auf welche von Seiten des erkennenden Gerichtes verwiesen wird. Eine entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Lage in Georgien im Sinne einer Verschlechterung der Lage ist seit der behördlichen Entscheidung nicht eingetreten (zur aktuellen COVID-19-Pandemie siehe sogleich).
In Bezug auf die beschriebene asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an, welche sich ausführlich mit der medizinischen Versorgung und möglichen Behandlungskosten im Herkunftsstaat Georgien auseinandersetzten.
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.
Ergänzend sei festgestellt, dass Georgien von der aktuellen COVID-19-Pandemie vergleichsweise weniger stark – auch weniger stark als die meisten europäischen Länder – betroffen ist. Der Höhepunkt war mit etwa 300 Infizierten Anfang Mai 2020 erreicht. Die Zahl der Neuinfektionen bewegt sich derzeit (Stand: 15.7.2020) im einstelligen Bereich.
2. Beweiswürdigung
2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt (§ 37 AVG) ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in den dem BVwG vorgelegten Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend unter anderem die Niederschriften der Erstbefragung und der Einvernahme des BF vor dem BFA sowie den Beschwerdeschriftsatz einschließlich der darin zitierten Länderberichte sowie durch Einsicht in die vom BFA in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des BF, die dem BVwG von Amts wegen vorliegen.
Darüber hinaus wurde dem BF seitens des BVwG mit Schreiben vom 18.5.2020 Parteiengehör im Hinblick auf seine aktuellen medizinischen Behandlungen gewährt bzw. er zur Vorlage aktueller Unterlagen aufgefordert, wobei keine Stellungnahme einlangte.
2.2. Zur Person des BF und zum Privat- und Familienleben des BF in Österreich:
Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich des BF ergeben sich – vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie seinen Sprach- und Ortskenntnissen.
Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des BF nicht festgestellt werden. Soweit diese namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des BF als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der tatsächlichen Identität etwa im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.
Die Feststellungen zur Religionszugehörigkeit sowie zu den familiären und privaten Verhältnissen des BF gründen sich auf dessen in diesen Punkten ebenso glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren.
2.3. Zu den Länderfeststellungen im Hinblick auf den Herkunftsstaat Georgien:
Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden (Länderinformationsblatt), ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges, handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.
Der BF trat den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass Österreich die Republik Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Georgiens auszugehen ist.
Was die – hier letztlich einzig relevanten – Berichte zu den medizinischen Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankungen des BF bzw. zur Finanzierung der Behandlungen anbelangt, siehe sogleich im Anschluss.
2.4. Die oben getroffenen Feststellungen zu den Fluchtgründen bzw. Rückkehrbefürchtungen des BF beruhen auf folgenden Erwägungen:
2.4.1. Zu den für den BF relevanten Behandlungsmöglichkeiten in Georgien:
Das BFA ist in seinen Feststellungen ausdrücklich auf die medizinische Versorgung in Georgien und insbesondere auf die Behandlungsmöglichkeiten bei Nierenkrankheiten eingegangen. Aus den dazu eingeholten Länderfeststellungen ergab sich, dass es in Georgien eine – umfassende - Behandlung von Nierenkrankheiten und in diesem Zusammenhang auch eine Dialysebehandlung gibt, wobei dies vom BF dem Grunde nach auch unbeanstandet blieb. Auch gibt es den unbeanstandet gebliebenen Ermittlungen des BFA zufolge in der vom BF nächstgelegenen Stadt R. ein Krankenhaus und auch Apotheken, welche mit dem Bus gut erreichbar sind. Das BFA kam hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten zu folgendem Ergebnis:
„Behandlungsmöglichkeiten: Nierentransplantation und Dialyse
Patienten müssen einen Antrag bei der Social Service Agency einbringen, um auf die Warteliste für die Dialyse gesetzt zu werden. Bei einer anstehenden Nierentransplantation muss zuerst im Krankenhaus, welches sich am staatlichen Programm beteiligt, angesucht werden, bevor die nötigen Personaldokumente der Social Service Agency unterbreitet werden. Sollten die nötigen Identitätsdokumente, die u.a. die georgische Staatsbürgerschaft nachweisen, nicht vorgelegt werden können, so gibt es für bestimmte Personengruppen eine Ausnahmeregelung. Dies sind: Kinder ohne Betreuung, Insassen von Haftanstalten und Einwohner der besetzten Gebiete [Abchasien, Südossetien].
Das Programm umfasst u.a.
a) Die Durchführung von Blutdialysen
b) Die Durchführung von Bauchfelldialysen
c) Die Bereitstellung und Verteilung von Materialien und Medikamenten, um eine Blutdialyse und Bauchfelldialyse durchführen zu können
d) Die Durchführung von Nierentransplantationen
e) Die Bereitstellung von Immunsuppressivmedikamenten für Transplantatempfängerlnnen
Die Leistungen, die von diesem Programm angeboten werden, sind vollständig abgedeckt und benötigen keine Zuzahlung durch den Patienten (SSA o.D.f).
Laut gesetzlicher Regelung kommt für jeden georgischen Staatsbürger, beliebigen Alters, der an einer terminalen Niereninsuffizienz erkrankt ist, das staatliche Programm zur „Dialyse und Nierentransplantation“ zur Anwendung. Wenn erforderlich werden eben im Rahmen dieses Programms auch Nierentransplantationen durchgeführt und die anschließend notwendigen medizinischen Versorgungen (Immunsuppressiva) der Patienten gewährleistet. Die Kosten einer Nierentransplantation werden dabei nach den tatsächlich entstandenen Kosten, bis zu einer Höhe von maximal GEL 20.000 (dzt. ca. € 6.500) ersetzt. Die erforderlichen Medikamente werden für die betroffenen Patienten zur Gänze vom staatlichen Programm abgedeckt und eine Zuzahlung durch den Patienten ist nicht erforderlich. Ob sich eine Person als Spender eignet, egal ob Verwandte oder Freunde, wird durch eine entsprechende Untersuchung, die verpflichtend durchzuführen ist, festgestellt. Die dafür entstehenden Kosten in der Höhe von ca. GEL 3.000 (dzt. ca. € 970) müssen vom Patienten erlegt werden. Es besteht die Möglichkeit bei der zuständigen Gemeinde, bzw. beim Gesundheitsministerium einen Antrag um finanzielle Unterstützung bzw. Refundierung dieser Kosten zu stellen. Als Zeitrahmen für die gesamten Untersuchungen und bis zur Vorlage der Bewilligung (sofern die Dokumentation vorhanden ist) wurden ca. 3-4 Wochen angegeben.
Nach geltender Rechtslage und Rechtsprechung gibt es in Georgien keine Organdatenbank. Die gesetzliche Regelung in Georgien sieht nicht vor, dass der Staat bzw. das Gesundheitsministerium, für das Besorgen eines Transplantats verantwortlich zeichnet (VB 23.1.2018).
Die für die Dialyse-Behandlungen in Georgien verwendete Spezialausrüstung und Geräte wie zum Beispiel Filter sind von guter Qualität und von den Zentren in der Regel in westeuropäischen Ländern oder den USA gekauft. Es gibt in Bezug auf die Qualität der Dialyse-Behandlungen aber Unterschiede in den verschiedenen Zentren des Landes. Die Hygiene ist in der Regel aber ungenügend und das Risiko, sich mit Hepatitis zu infizieren, sehr hoch (SFH 25.2.2016).
Es besteht eine Kontrollstelle, die sowohl registrierungs- und ausstattungstechnische Kontrollen als auch die Hygienekontrollen in den Spitälern und Polykliniken durchführt. Dabei handelt es sich um eine staatliche Regulierungsagentur (JPÖR), an die auch Beschwerden und/oder festgestellte Missstände sowohl individuell als auch von befugten juristischen Personen gerichtet werden können. Laut Auskunft des zuständigen Ministeriums vom 31.12.2017 gab es bei insgesamt fünf überprüften stationären Anstalten für Dialyse Mängelfeststellungen betreffend der Hygiene. Diese Anstalten wurden mit entsprechenden Auflagen und Verpflichtungen zur Behebung der Mängel beauftragt (VB 21.12.2017).
Quellen:
Schweizerische Flüchtlingshilfe (25.2.2016): Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 25. Februar 2016 zu Georgien: Dialyse-Behandlung Zugang und Qualität, http://www.ecoi.net/file upload/4765 1468915976 160225-geo-dialyse.pdf, Zugriff am 20.4.2018
SSA Social Service Agency (o.D.f): Dialysis and kidney transplantation, http://ssa.gov.ge/index.php?lang id=ENG&sec id=820&info id=918, Zugriff 20.4.2018
VB des BM.I für Georgien und Aserbaidschan (23.1.2018): Bericht des VB per Email
VB des BM.I für Georgien und Aserbaidschan (21.12.2017): Bericht des VB per Email“
Der Vollständigkeit halber sei auch an dieser Stelle nochmals erwähnt, dass dem BF seitens des BVwG mit Schreiben vom 18.5.2020 Parteiengehör im Hinblick auf seine aktuellen medizinischen Behandlungen gewährt bzw. er zur Vorlage aktueller Unterlagen (insb. Befunde) aufgefordert wurde, wobei keine Stellungnahme einlangte, sodass diesbezüglich von der bisherigen Aktenlage auszugehen ist.
Was darüber hinaus die vom BF in seiner Beschwerde lapidar erwähnten – und nicht näher spezifizierten - „Probleme mit der Prostata“ betrifft, so ist anzumerken, dass den im Akt befindlichen Unterlagen der Verdacht auf eine bösartige Erkrankung der Prostata zu entnehmen ist. Insbesondere auch aus diesem Grunde wurde der BF mit Schreiben des BVwG vom 18.5.2020 konkret aufgefordert, diesbezüglich aktuelle Unterlagen vorzulegen, was jedoch nicht erfolgte.
Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass den vom BFA herangezogenen Berichten zu entnehmen ist, dass Chemotherapien sowie die notwendigen Medikamente in Georgien verfügbar sind; lediglich die neueren und in der Regel wirksameren Medikamente sind in Georgien wegen ihrer hohen Preise nicht erhältlich.
2.4.2. Zur Leistbarkeit der Behandlungen in Georgien:
Wenn der BF nun vorbringt, dass er sich die Behandlungen nicht leisten könne, muss auch hierzu auf die vom BFA getroffenen Feststellungen verwiesen werden. Der BF gibt an, EUR 60,- im Monat Rente zu bekommen und bei seinem Sohn wohnen zu können. Die medizinische Behandlung könne er sich allerdings nicht leisten und auch seine Familie nicht. Die vom BFA vorgelegten Länderfeststellungen erläutern, dass für alle georgischen Staatsbürger eine staatlich finanzierte Grundversorgung offensteht, auch Rückkehrer sind automatisch versichert, sofern sie die georgische Staatsbürgerschaft besitzen.
Bezüglich der Kostenübernahme wird festgehalten, dass nicht stationäre Behandlungen, wie es eine Dialyse ist, grundsätzlich zu 100% von der Versicherung übernommen werden und auch die Medikamente im Zusammenhang mit einer Nierenerkrankung in vollem Umfang vom Programm für nierenkranke Personen abgedeckt sind. Nach diesen Feststellungen kommt der georgische Staat vollumfänglich für die Dialyse und die im Zusammenhang mit der Nierenkrankheit nötigen Medikamente auf. Zudem gibt es auch ein Programm, welches die Kosten von Medikamenten, welche der Patient selbst übernommen hat, unter gewissen Umständen rückerstattet. Weiters erhalten Pensionisten einen Zuschuss zu medizinischen Behandlungskosten. Bezüglich einer Nierentransplantation, welche laut den Länderfeststellungen eventuell höhere Kosten verursachen könnte, hielt der BF ausdrücklich fest, dass diese in seinem Fall nicht in Betracht komme. Auch in den Befunden fanden sich keine Hinweise auf eine nötige Nierentransplantation, sodass diese Kosten im Fall des BF nicht relevant sind. Wenn der BF eine eventuelle Prostataoperation in seiner Einvernahme vorbringt, so ist anzuführen, dass es keine Hinweise gibt, dass eine solche nicht auch in Georgien durchgeführt werden könnte.
Weiters reicht bloßes Leugnen oder eine allgemeine Behauptung für eine Glaubhaftmachung nicht aus (VwGH 24.2.1993, 92/03/0011; 1.10.1997, 96/09/0007). Aus dem Wesen der Glaubhaftmachung ergibt sich auch weiters, dass die Ermittlungspflicht der Behörde durch die vorgebrachten Tatsachen und angebotenen Beweise eingeschränkt ist (VwGH 29.3.1990, 89/17/0136; 25.4.1990, 90/08/0067). Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlungspflicht geht nicht so weit, dass sie in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als konkrete Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei (VwSlg 13.227 A/1990) dazu Veranlassung geben (VwGH 4.4.2002, 2002/08/0221).
Umgelegt auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass der BF, welcher immerhin bis zu seiner Ausreise aus Georgien in seinem Herkunftsstaat nachweislich behandelt worden ist, glaubhaft machen muss, warum er sich in seinem konkreten Fall die Behandlungskosten nicht leisten könne bzw. er Kosten zu tragen habe. Hierzu braucht es ein substantiiertes Vorbringen, welche Kosten im Fall des BF nicht übernommen werden und den Grund hierfür. Wie bereits oben erörtert worden ist, ist beispielsweise nicht nachvollziehbar, weshalb die staatliche Versicherung die Dialysebehandlung des BF nicht übernehmen sollte. Es ist dem ho. Gericht bewusst, dass es dem BF nicht möglich ist, eine genaue Auflistung aller in Zukunft anfallenden Behandlungen und deren Kosten anzuführen, allerdings ist es dem BF zuzumuten, den behördlichen Feststellungen konkret entgegenzutreten. Die bloße Behauptung, dass sich der BF die Behandlungskosten nicht leisten könne, reicht hierzu nicht aus, um glaubhaft darzutun, weshalb sich im Fall des BF die Situation anders darstellt, als es in den Länderfeststellungen angegeben wird. So hat es der BF auch unterlassen, konkrete Ausführungen zu den vor seiner Ausreise entstanden Behandlungskosten zu tätigen und diese etwa durch Rechnungen zu bescheinigen. Auch konnte der BF keine sonstigen Bescheinigungsmittel vorlegen, aus denen hervorgehen würde, dass der BF eine Behandlung aufgrund des Umstandes, dass er sich diese nicht leisten könne, nicht erhalten würde.
Der BF ist somit seiner Obliegenheit zur Mitwirkung bzw. zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens nicht nachgekommen, indem er dieses bloß behauptete, bzw behördliche Feststellungen bestritt. Umgekehrt führte das BFA im Rahmen des Vorbringens des BF konkrete Ermittlungen zur Leistbarkeit und Übernahme der Behandlungskosten der vom BF angegeben Krankheit durch und blieb der BF schuldig, konkret bekannt zu geben, warum sich die Situation in seinem Falle anders darstellt und welche Sachverhaltselemente einer weiteren Aufklärung bedürften. Auch in der Beschwerde ist der BF den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat nicht entgegengetreten.
2.5. Zu COVID-19 in Georgien:
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass aus einer Vielzahl aktueller (Nachrichten-)Quellen gleichlautend hervorgeht, dass Georgien von der aktuellen COVID-19-Pandemie vergleichsweise weniger stark – auch weniger stark als die meisten europäischen Länder – betroffen ist. Der Höhepunkt war mit etwa 300 Infizierten Anfang Mai 2020 erreicht; die Zahl der Neuinfektionen bewegt sich derzeit im einstelligen Bereich (so etwa die Reise- und Sicherheitshinweise des Deutschen Auswärtigen Amtes zu Georgien, Stand 15.7.2020, abgerufen am 15.7.2020 unter https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/ georgiensicherheit/201918). Aktuell (Stand 12.7.2020) gibt es in Georgien 999 bestätigte Infektionen, wovon allerdings 870 Personen genesen sind; es sind bislang 15 Todesfälle zu verzeichnen (Quelle: https://www.georgia-insight.eu/reiseinfos/infos-zum-coronavirus, Abruf am 15.7.2020). Damit stellt sich die diesbezügliche Lage in Georgien auch deutlich besser dar als etwa in Österreich.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, anzuwendendes Verfahrensrecht, sicherer Herkunftsstaat
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat.
Zu A)
3.2. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien
3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:
„§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1.
der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2.
…
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 … zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
…“
Art. 2 EMRK lautet:
„(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
…
Art. 3 EMRK lautet:
„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“
3.2.2. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 leg. cit. offen steht.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der VwGH hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, 95/18/0049; VwGH 05.04.1995, 95/18/0530; VwGH 04.04.1997, 95/18/1127; VwGH 26.06.1997, 95/18/1291; VwGH 02.08.200098/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).
Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; VwGH 25.01.2001, 2000/20/0438; VwGH 30.05.2001, 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen.
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; VwGH 20.06.2002, 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; VwGH 13.11.2001, 2000/01/0453; VwGH 09.07.2002, 2001/01/0164; VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr („real risk“) - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137).
3.2.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 im vorliegenden Fall nicht gegeben sind:
Da sich der Herkunftsstaat des BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein.
Zur individuellen Versorgungssituation des BF wurde bereits festgestellt, dass dieser in Georgien über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Beim BF handelt es sich um einen georgischen Staatsbürger, welcher in Georgien über einen Pensionsanspruch verfügt und der auch noch Verwandte, welche sich um ihn kümmern würden, in Georgien hat. Der Sohn des BF würde ihn bei sich zu Hause aufnehmen und den BF auch Verpflegung zur Verfügung stellen. Einerseits stammt der BF aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört der BF keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf seine individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Der BF stammt aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und kann der BF daher, wie er auch selbst angibt, Unterstützung durch seine Familie erwarten.
Darüber hinaus ist es dem BF unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden oder das georgische Unterstützungsprogramm für Rückkehrer in Anspruch zu nehmen.
Vor diesem Hintergrund kann auch nicht erkannt werden, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur „Schwelle“ des Art. 3 EMRK), hat doch der BF selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung nach Georgien jegliche Existenzgrundlage – im Sinne des bereits zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059 – fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.
Soweit der BF seinen Gesundheitszustand thematisiert, wird festgehalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. die Beschlüsse des VwGH vom 21. Februar 2017, Ro 2016/18/0005 und Ra 2017/18/0008 bis 0009, unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien; auch Beschluss des VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038; siehe auch Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“]; Erk. d. VfGH 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9). Bloß spekulative Überlegungen über