TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/19 96/19/0608

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Veröffentlicht am 19.09.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des L M in Wien, geboren 1970, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 23, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Dezember 1995, Zl. 304.132/4-III/11/95, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i.A. einer Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Dezember 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Oktober 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen. Mit diesem Bescheid war - soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevant - der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung mit der maßgeblichen Begründung abgewiesen worden, daß bei Rechtswidrigkeit eines Zustellvorganges, d.h.

Rechtsunwirksamkeit einer Zustellung, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht der zum Ziel führende Rechtsbehelf sei, weil mangels Beginnes des Laufes der Berufungsfrist auch keine Frist versäumt werden könne.

Die belangte Behörde führte begründend - nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen - aus, daß der Beschwerdeführer seinen Wiedereinsetzungsantrag damit begründet habe, ihm sei trotz regelmäßiger Anwesenheit an der Abgabestelle und regelmäßiger Kontrolle des Postkastens der angefochtene Bescheid niemals zugangen bzw. er habe eine Hinterlegungsanzeige nie vorgefunden. Nach den durchgeführten Recherchen beim zuständigen Postamt werde festgestellt, daß der in Frage stehende Bescheid am 26. Jänner 1995 im Hausbrieffach des Beschwerdeführers hinterlegt und die Zustellung mit Beginn der Abholfrist am 27. Jänner 1995 "rechtskräftig" geworden sei. Ergänzend werde bemerkt, daß der Beschwerdeführer sonst keine Beweise angeführt habe, die die vom Gesetz aufgestellte Vermutung der ordnungsgemäßen Zustellung und Hinterlegung zu widerlegen geeignet erscheinen ließen. Aufgrund der vorangeführten Feststellungen schließe sich die belangte Behörde der erstinstanzlichen Entscheidung in vollem Umfang an.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

§ 71 Abs. 1 AVG lautet:

"Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1.

die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2.

..."

Der Beschwerdeführer hat in seinem Wiedereinsetzungsantrag vorgebracht, sich regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten und den Postkasten auch kontrolliert zu haben. Eine Hinterlegungsanzeige sei ihm jedoch niemals zugangen bzw. habe er eine derartige niemals im Postkasten oder sonst wo an seiner Abgabestelle aufgefunden. Dieses "unerklärliche Verschwinden der Hinterlegungsanzeige" habe für ihn daher ein unerwartetes und unabwendbares Hindernis an der Erhebung eines Rechtsmittels dargestellt. Die belangte Behörde unterließ es, auf dieses Vorbringen, das - seine Glaubhaftmachung vorausgesetzt - nicht von vornherein ungeeignet erscheint, einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darzustellen, auch nur mit einem Wort einzugehen. Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist - auch im Zusammenhang mit dem erstinstanzlichen Bescheid, auf den verwiesen wird - nicht zu entnehmen, daß die belangte Behörde die Rechtsansicht vertreten habe, dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen. Die Ausführungen der belangten Behörde, ein Zustellmangel sei nicht vorgelegen, übersehen, daß dahingehende Behauptungen vom Beschwerdeführer gar nicht aufgestellt wurden. Der belangten Behörde fällt daher ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes kann ein Ersatz weiterer Kosten unter dem Titel von Umsatzsteuer nicht zugesprochen werden. Ein Ersatz von Stempelgebühren gebührte nur in der Höhe von S 240,-- (Beschwerde in zweifacher Ausfertigung) zuzüglich S 30,-- für eine Ausfertigung des bekämpften Bescheides.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996190608.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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