Entscheidungsdatum
24.07.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W165 2184670-3/3Z
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.07.2020, Zl. 1078840108-200205608, beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans brachte am 20.07.2015 nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein. Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 18.12.2017, Zl. 1078840108-150896686, abgewiesen, eine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und wurde ein Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF zulässig sei. Weiters wurde eine 14-tägige Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt.
Gegen den Bescheid des BFA brachte der BF eine Beschwerde ein, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.05.2019, Zl. W161 2184670-1, als unbegründet abgewiesen wurde und ist dieses Erkenntnis in Rechtskraft erwachsen. Die Behandlung einer beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluss des VfGH vom 03.09.2019 abgelehnt und die Beschwerde zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Mit Beschluss des VwGH vom 11.12.2019 wurde die Revision zurückgewiesen.
In weiterer Folge begab sich der BF nach Frankreich, wo dieser am 14.01.2020 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Am 21.02.2020 wurde der BF im Rahmen eines Verfahrens nach der Dublin III-VO von Frankreich nach Österreich rücküberstellt und brachte im Bundesgebiet am 21.02.2020 abermals einen, den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag), ein.
Mit Schriftsatz vom 08.05.2020 brachte der BF einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des BVwG vom 20.05.2019, W161 2184670-1, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens beim Bundesverwaltungsgericht ein. Es seien neue Beweismittel hervorgekommen, die im Verfahren ohne Verschulden des BF nicht geltend gemacht werden hätten können und die ein im Hauptinhalt des Spruchs anderes lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten. Über den Antrag auf Wiederaufnahme wurde seitens der zuständigen Gerichtsabteilung W161 bis dato nicht entschieden.
Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 02.07.2020 wurde der Folgeantrag des BF hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei und dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Zudem wurde ein befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm § Abs. 2 FPG für die Dauer von zwei Jahren erlassen (Spruchpunkt VII.) und dem BF die Unterkunftnahme in der BS EAST Ost AIB Traiskirchen aufgetragen (Spruchpunkt VIII.)
Gegen diesen Bescheid brachte der BF in vollem Umfang fristgerecht Beschwerde ein. Mit der Beschwerde wurde angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG zuzuerkennen.
Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass die Behörde feststellen hätte müssen, dass der BF vom Islam abgefallen und kein Moslem mehr sei. Die Behörde hätte feststellen müssen, dass der BF aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert und es glaubwürdig sei, dass dieser ein christliches Leben führen wolle. Die Behörde habe sich mit den vorgelegten Beweismitteln zur Konversion des BF nicht substantiiert auseinandergesetzt und keine Zeugeneinvernahme durchgeführt. Weiters hätte die Behörde feststellen müssen, dass der BF aufgrund seiner westlichen Orientierung, seiner Lebensweise und seiner politischen Überzeugung von den Taliban als politischer Gegner angesehen würde und ihm auch deswegen gravierende Verfolgungshandlungen drohen würden. Weiters, dass sich die Situation in Afghanistan insofern entscheidungsrelevant verändert habe, als aufgrund der Verschlechterung der Sicherheits- und Versorgungslage in Verbindung mit den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in Afghanistan mehr bestehe. Schließlich hätte die BF festzustellen gehabt, dass sich der BF überdurchschnittlich gut in Österreich integriert habe und ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK mit seinen österreichischen „Eltern“ führe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist, jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten. Vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Im vorliegenden Fall hat der BF Gründe für die Annahme einer Bedrohung angeführt, die erst nach Rechtskraft des letzten rechtskräftig entschiedenen Verfahrens entstanden sind, die zumindest einen belegbaren Kern des Vorbringens aufweisen und denen bei einer abstrakten Prüfung eine Asylrelevanz nicht von vornherein abzusprechen ist.
Angesichts des Vorbringens des BF während des Verfahrens vor dem BFA, wie auch des Vorbringens in der Beschwerde, kann nach der dem BVwG zum derzeitigen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Aktenlage - nach Durchführung einer Grobprüfung - eine Verletzung der genannten, durch die EMRK garantierten Rechte bei einer Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat Afghanistan angesichts der kurzen Entscheidungsfrist nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.
Somit war der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W165.2184670.3.00Im RIS seit
26.11.2020Zuletzt aktualisiert am
26.11.2020