TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/27 W198 2222103-2

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Veröffentlicht am 27.08.2020
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Entscheidungsdatum

27.08.2020

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §15 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W198 2222103-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse vom 28.04.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die vormalige Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse, im Folgenden: ÖGK) hat mit Bescheid vom 14.01.2019, Zl. XXXX , festgestellt, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) als Geschäftsführer der XXXX (im Folgenden: Beitragsschuldnerin) der ÖGK gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm § 83 ASVG die zu entrichten gewesenen Beiträge s.Nbg. aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Jänner 2015 bis September 2016 und weitere bis Dezember 2018 von
€ 93.658,76 zuzüglich Verzugszinsen in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, das sind ab 16.01.2019 3,38% p.a. aus € 84.912,00 schuldet.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beitragsschuldnerin aus den Beiträgen für oben genannte Zeiträume € 93.658,76 und weitere Verzugszinsen schulde. Sämtliche Einbringungsmaßnahmen seien erfolglos geblieben. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH habe der Vertreter des Dienstgebers darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Behörde eine schuldhafte Verletzung anzunehmen habe.

2. Gegen diesen Bescheid der ÖGK hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 31.01.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben.

3. Im Verfahren über die Beschwerde erließ die belangte Behörde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 07.06.2019 datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert wurde, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm § 83 ASVG für die von der Beitragsschuldnerin zu entrichten gewesenen Beiträge s.Nbg. für die Zeiträume Februar 2016 bis Oktober 2016 in Höhe von € 24.726,01 zuzüglich Verzugszinsen in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, das sind ab 07.06.2019 3,38% p.a. aus
€ 19.779,91 schuldet.

4. Am 11.07.2019 langte bei der belangten Behörde ein mit 01.07.2019 datiertes Schreiben, bezeichnet als „Einspruch Beschwerdevorentscheidung“ ein. Dieses Schreiben wurde als Vorlageantrag gewertet.

5. Mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid vom 28.04.2020, Zl: XXXX , wies die ÖGK den als Vorlageantrag gewerteten Einspruch vom 01.07.2019 gemäß § 15 Abs. 3 VwGVG als verspätet eingebracht zurück.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdevorentscheidung vom 07.06.2019 dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 18.06.2019 zugestellt worden sei. Die zweiwöchige Frist für die Einbringung eines Vorlageantrages habe somit am 02.07.2019 geendet. Der Vorlageantrag sei am 09.07.2019 zur Post gegeben worden und sei am 11.07.2019 bei der ÖGK eingelangt. Er sei daher verspätet eingebracht worden.

6. Gegen diesen Bescheid vom 28.04.2020 erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20.05.2020 fristgerecht Beschwerde. Begründend führte er aus, dass er der ÖGK den Einspruch (gemeint: Vorlageantrag) am 01.07.2019 per Fax zukommen habe lassen. Als Beweis lege er die Faxbestätigung bei. Nach telefonischer Vorauskunft sei ihm versichert worden, dass die Zusendung per Fax als fristgerechte Einreichung gelte. Da er zu diesem Zeitpunkt sehr krank gewesen sei, sei es ihm nicht möglich gewesen, das Schreiben bis 01.07.2019 mit der Post zu verschicken. Er habe dies dann sicherheitshalber am 09.07.2019 zusätzlich getan. Dieses per Post eingebrachte Schreiben sei auch mit 01.07.2019 datiert, da er – wie bereits erwähnt – dieses am 01.07.2019 per Fax an die zuständige Bearbeiterin gesendet habe.

7. Die Beschwerdesache wurde unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 03.06.2020 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:  

Der Beschwerdeführer hat gegen den Bescheid der ÖGK vom 14.01.2019, mit welchem festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin für die von der Beitragsschuldnerin zu entrichten gewesenen Beiträge s.Nbg. aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Jänner 2015 bis September 2016 und weitere bis Dezember 2018 von € 93.658,76 zuzüglich Verzugszinsen schuldet, fristgerecht Beschwerde erhoben.

Die belangte Behörde hat mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.06.2019 den Bescheid vom 14.01.2019 abgeändert. Die Beschwerdevorentscheidung vom 07.06.2019, welche eine richtige Rechtsmittelbelehrung beinhaltet, wonach die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags zwei Wochen ab Zustellung beträgt, wurde dem Beschwerdeführer am 18.06.2019 durch Hinterlegung zugestellt. Die zweiwöchige Frist zwecks Erhebung eines Rechtsmittels endete sohin am 02.07.2019.

Der Vorlageantrag wurde erst am 09.07.2019 zur Post gegeben und langte am 11.07.2019 bei der ÖGK ein und erweist sich daher als verspätet eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verfahrensakt der ÖGK und jenem des Bundesverwaltungsgerichts.

Der Umstand, dass die Beschwerdevorentscheidung dem Beschwerdeführer am 18.06.2019 zugestellt wurde, geht aus dem im Akt befindlichen Zustellnachweis unzweifelhaft hervor und wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

Der Umstand, dass der Vorlageantrag erst am 09.07.2019 zur Post gegeben wurde und am 11.07.2019 bei der ÖGK einlangte, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Akteninhalt und wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Der Beschwerdeführer bringt jedoch vor, dass er den Vorlageantrag bereits am 01.07.2019 per Fax an die belangte Behörde geschickt habe; die spätere Einbringung per Post sei als zweite Einbringung nur mehr sicherheitshalber erfolgt. Diesem Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer den Vorlageantrag bereits am 01.07.2019 per Fax übermittelt habe, kann jedoch nicht gefolgt werden, dies aus folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführer hat seiner Beschwerde vom 20.05.2020 eine Faxbestätigung angeschlossen, aus welcher ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer am 01.07.2019 um 12:05 ein Fax gesendet hat. Die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde zitierte Faxnummer ist auf dem Sendebericht jedoch nicht ersichtlich und kann sohin nicht nachvollzogen werden, wohin der Beschwerdeführer dieses Fax tatsächlich gesendet hat. Des Weiteren ist zu bemerken, dass auf dem im Akt befindlichen Faxauftragsprotokoll der belangten Behörde, auf dem sämtliche Fax-Eingänge und Fax-Ausgänge abgebildet sind, kein Faxeingang vom 01.07.2019 um 12:05 Uhr aufscheint. Der Beschwerdeführer hat sohin nicht glaubhaft machen können, dass er am 01.07.2019 den Vorlageantrag per Fax an die ÖGK gesendet hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG ist die Entscheidung über Beitragshaftungen gemäß § 67 ASVG nicht von einer Senatsentscheidung umfasst, sodass die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter obliegt.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages, der gegenständlich nicht vorliegt, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007,
Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu A.) Abweisung der Beschwerde:

Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer die Beschwerdevorentscheidung der ÖGK vom 07.06.2019 am 18.06.2019 durch Hinterlegung zugestellt.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Gemäß § 33 Abs. 2 AVG ist, fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages beträgt – wie auch in der Rechtsmittelbelehrung der Beschwerdevorentscheidung vom 07.06.2019 richtig ausgeführt wurde – zwei Wochen. Im gegenständlichen Fall begann die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags daher am 18.06.2019 (Tag der Zustellung durch Hinterlegung) zu laufen und endete gemäß § 33 Abs. 2 AVG am 02.07.2019.

Der Vorlageantrag wurde erst am 09.07.2019 zur Post gegeben und langte am 11.07.2019 bei der ÖGK ein und erweist sich daher als verspätet.

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass sich der am 11.07.2019 bei der ÖGK eingelangte Vorlageantrag als verspätet eingebracht erweist. Das AMS hat daher mit Bescheid vom 28.04.2020 den Vorlageantrag zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Die Beschwerde gegen diesen Bescheid vom 28.04.2020 war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist Verspätung Vorlageantrag Zurückweisung Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W198.2222103.2.00

Im RIS seit

26.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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