Index
L65002 Jagd Wild Kärnten;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatpräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft Oberdraßnitzer Koflachalpe, vertreten durch Dr. Dieter Poßnig, Rechtsanwalt in Villach, Moritschstraße 5, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 7. Jänner 1997, Zl. Agrar11-420/14/96, betreffend Jagdgebietsfeststellung (mitbeteiligte Partei:
Agrargemeinschaft Draßnitzer Gmeinalpe, vertreten durch Dr. Peter S. Borowan und Dr. Erich Roppatsch, Rechtsanwälte in Spittal/Drau, Tiroler Straße 8), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der Darstellung der Vorgeschichte und der Rechtslage wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1994, Zl. 92/03/0157, verwiesen. Nach der mit diesem Erkenntnis ausgesprochenen Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom 2. April 1992 erging der Bescheid der belangten Behörde vom 22. Februar 1995, mit welchem der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 22. August 1991, "soweit Verfügungen im § 11 Kärntner Jagdgesetz 1978 getroffen werden," gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neues Bescheides an die erstinstanzliche Behörde verwiesen wurde. Im Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau erstattete der zum nichtamtlichen Sachverständigen bestellte ÖR Kurt Puck ein Gutachten, in dem er zusammenfassend zum Ergebnis gelangte, daß der Anschluß eines Teiles des Grundstückes 766/2 KG Draßnitz im Ausmaß von ca. 42,6 ha an die Eigenjagd der Beschwerdeführerin im Interesse eines geordneten Jagdbetriebes nicht notwendig sei. Aufgrund einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin veranlaßte die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau eine Ergänzung des Gutachtens des im ersten Rechtsgang beigezogenen nichtamtlichen Sachverständigen Ing. Albin Knafl. Dieser schlug die Abrundung durch Flächentausch vor, wie sie bereits im Beschluß der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 22. August 1991 verfügt worden war. Dies im wesentlichen deshalb, weil die Wahrscheinlichkeit, daß selbst tödlich getroffenes Wild aus dem Jagdgebiet der Beschwerdeführerin in das darunterliegende Jagdgebiet der mitbeteiligten Partei abrutschen und weidwund geschossenes Wild dorthin flüchten werde, sehr groß sei, und die Schwierigkeiten der Bergung und dem Abtransport von Wild aus Teilbereichen des Jagdgebietes der Beschwerdeführerin über das normale Maß hinausgingen. Aufgrund der durch die Abrundungen entstehenden Jagdgrenzen sei ein geordneter Jagdbetrieb als gesichert anzusehen. Mit Bescheid vom 5. Dezember 1995 stellte die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau die Jagdgebiete der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei wie in ihrem Bescheid vom 22. August 1991 fest. Dabei folgte sie dem Gutachten des Sachverständigen Ing. Knafl. Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Berufung. Nach Einholung eines Gutachtens des Amtssachverständigen Dr. Rudolf Köpf gab die belangte Behörde dieser Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid Folge. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wurde durch folgenden Spruch ersetzt:
"Gemäß § 9 Abs. 5 lit. a in Verbindung mit § 5 des Kärntner Jagdgesetzes 1978, LGBl. Nr. 76, in der geltenden Fassung, werden im Gemeindebereich Dellach im Drautal für die bis zum 31.12.2000 laufende Jagdpachtperiode folgende Jagdgebiete festgestellt:
1.
"Oberdraßnitzer Koflachalpe" (Zl. 1766/90), bestehend aus den Grundstücken Nr. 767/1, 767/2, 767/3, 769 und 774, einliegend in der EZ 40, KG Draßnitz, mit einem Flächenausmaß von 483,9225 ha.
Gemäß § 10 leg. cit. werden diesem Eigenjagdgebiet die Fremdgrundstücke Nr. 768/1, 768/2 und 768/3, KG Draßnitz, im Ausmaß von 3,0159 ha angeschlossen.
Somit ergibt sich für dieses Eigenjagdgebiet ein Gesamtflächenausmaß von 486,9384 ha.
Die Befugnis zur Eigenjagd (Eigenjagdberechtigte) steht auf diesem Jagdgebiet der Agrargemeinschaft "Oberdraßnitzer Koflachalpe" zu.
2.
"Gmeinalpe" (Zl. 1697/90), bestehend aus den Grundstücken Nr. 765, 766/1 und 766/2, einliegend in der EZ 23, KG Draßnitz, mit einem Gesamtflächenausmaß von 355,7987 ha.
Die Befugnis zur Eigenjagd (Eigenjagdberechtigte) steht auf diesem Jagdgebiet der Arargemeinschaft "Draßnitzer Gmeinalpe" zu."
In der Begründung stellte die belangte Behörde den Gutachten der Sachverständigen Dr. Köpf und Puck folgend im wesentlichen fest, daß alle Jagdgebietsteile der Eigenjagd der Beschwerdeführerin auf Eigengrund erreicht werden könnten. Die Gefahr des Abgleitens tödlich getroffenen Schalenwildes in das darunterliegende fremde Jagdgebiet sei keineswegs in jedem Fall gegeben. Die Belastungen bei der Bergung und dem Abtransport von Wild aus dem Jagdgebiet der Beschwerdeführerin gingen nicht über das normale, in Hochgebirgsrevieren auftretende Maß hinaus. Die von der Beschwerdeführerin beantragte Abrundung sei daher im Interesse eines geordneten Jagdbetriebes nicht notwendig.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und mitbeteiligte Partei erwogen:
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Beiziehung des Amtssachverständigen Dr. Köpf. Diese sei im Hinblick auf die schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Ing. Knafl im Verfahren erster Instanz überflüssig und daher rechtlich verfehlt gewesen. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Heranziehung des Amtssachverständigen Dr. Köpf schon im Hinblick auf das mit dem Gutachten des Sachverständigen Ing. Knafl in Widerspruch stehende Gutachten des Sachverständigen Puck im Sinne des Grundsatzes der Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 37 AVG) und der Amtswegigkeit des Verfahrens (§ 39 Abs. 2 AVG) nicht als überflüssig angesehen werden kann. Im übrigen stünde nach dem im § 46 AVG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel auch der Verwertung eines aufgrund eines an sich nicht erforderlichen Beweises erzielten Beweisergebnisses kein rechtliches Hindernis entgegen.
Die Beschwerdeführerin bekämpft die Schlüssigkeit des Gutachtens des Amtssachverständigen Dr. Köpf hinsichtlich der vom Sachverständigen verneinten Frage der Notwendigkeit der beantragten Abrundung zum Erreichen der nördlichen Teile ihres Jagdgebietes. Die sogenannten "Birstwände" stellten eine "Barriere" in ihrem Jagdgebiet dar, die ein Erreichen der nördlich gelegenen Revierteile verhindere. Dem Sachverständigen sei eine "nachvollziehbare Darlegung" von nach seiner Aussage in Spuren vorhandenen ehemaligen Steigen nicht möglich gewesen. Er habe seine Feststellungen getroffen, ohne die Birstwände zu durchqueren. Hiezu habe sich die Beschwerdeführerin auf die Vernehmung des Zeugen Gerhard Feistritzer berufen, die jedoch unterblieben sei. Beim Ortsaugenschein am 26. November 1996 hätten keine Hinweise für die Möglichkeit einer Überwindung der Birstwände gefunden werden können. Da dieser Ortsaugenschein wegen der Schneelage und der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit ergebnislos gewesen sei, habe die Beschwerdeführerin einen weiteren Ortsaugenschein zum Beweis dafür beantragt, daß die nördlich der Birstwände gelegenen Revierteile ihrer Eigenjagd nicht erreichbar seien. In der Unterlassung der Durchführung dieses Beweismittels liege ein wesentlicher Verfahrensmangel. Während die Aussagen des Amtssachverständigen hinsichtlich der Erreichbarkeit der nördlichen Revierteile durch keine Lichtbilder oder kartographischen Aufnahmen untermauert seien, zeigten die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Lichtbilder eindeutig, daß in diesem Gebiet keine Steige vorhanden seien, welche ein Erreichen der nördlichen Revierteile ermöglichen würden. Der angefochtene Bescheid sei in Bezug auf die Erreichbarkeit der nördlichen Revierteile entlang des Verlaufes der Parzelle 766/2 in sich widersprüchlich. Er stelle - unrichtig - fest, daß in keinem Abschnitt des Grenzverlaufes der genannten Parzelle ein Felsabbruch durchklettert werden müßte, führe aber gleich im darauffolgendem Satz aus, vorhandene Steige seien aus diesem Grund zum Erreichen des nördlichen Teiles der Eigenjagd der Beschwerdeführerin aus fachlicher Sicht nicht relevant, und ende schließlich mit der Forderung, daß zur Erhaltung eines geordneten Jagdbetriebes entsprechende Steige geschaffen und erhalten werden müßten. Die Beschwerdeführerin habe mehrfach vorgebracht, daß dies in dieser Felsregion gar nicht möglich sei.
Mit diesen Ausführungen vermag die Beschwerdeführerin keine wesentlichen Verfahrensmängel aufzuzeigen. Dem Verwaltungsgerichtshof erscheint es von maßgeblicher Bedeutung, daß das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der mangelnden Erreichbarkeit der nördlichen Revierteile von keinem der drei dem Verfahren beigezogenen Sachverständigen - auch nicht vom Sachverständigen Ing. Knafl - bestätigt wurde. Den Sachverständigen, deren Befundaufnahmen Revierbesichtigungen zugrundelagen, muß aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz zugebilligt werden, auch die Frage der Erreichbarkeit von Teilen eines Jagdgebietes beurteilen zu können; dies ohne daß es einer "Untermauerung durch Lichtbilder oder kartographischer Aufnahmen" bedürfte. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Lichtbilder lassen keine konkreten Anhaltspunkte zur Entkräftung der Schlußfolgerungen der Sachverständigen Puck und Dr. Köpf erkennen. Da der Sachverständige Dr. Köpf nie behauptet hat, die Birstwände "durchquert" zu haben, - der Sachverständige spricht von einer Umgehung der Parzelle 766/2 KG Draßnitz im Bereich steiler Grasmatten anläßlich der Begehung am 16. September 1996 - geht der von der Beschwerdeführerin gestellte Beweisantrag auf Vernehmung des Zeugen Gerhard Feistritzer ins Leere. Im Hinblick darauf, daß im gegenständlichen Verwaltungsverfahren ohnedies schon mehrere Ortsaugenscheine - auch unter Beiziehung der Parteien - stattgefunden haben, kann in der Unterlassung der Durchführung des von der Beschwerdeführerin beantragten weiteren Ortsaugenscheines vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens kein wesentlicher Verfahrensmangel erblickt werden. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß der angefochtene Bescheid - wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht - in sich widersprüchlich wäre. Der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Köpf folgend davon ausgeht, daß es für die Frage der Erreichbarkeit eines Revierteiles nicht auf das Vorhandensein von Steigen, sondern darauf ankommt, ob das Gelände - allenfalls im Wege der Anlegung von Pirschsteigen - begehbar ist. Für die Behauptung, daß die Schaffung und Anlegung von Pirschsteigen "in dieser Felsregion nicht möglich" sei, bleibt die Beschwerdeführerin jegliche nähere Begründung schuldig.
Ferner bringt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde hätte prüfen müssen, ob die Bringung von Wild ohne die Abrundungsflächen möglich sei. Dabei hätte sie zum Schluß kommen müssen, daß eine Bringung von Wild aus den nördlich der Birstwände gelegenen Teilen ihrer Eigenjagd ohne die Abrundungsfläche nicht möglich sei. Auch der Jagdschutz sei während eines großen Teiles des Jahres mangels Erreichbarkeit der Gebiete nicht gewährleistet. Bei diesem Vorbringen wird übersehen, daß sich der Sachverständige Dr. Köpf auch mit diesen Fragen befaßt hat und zum Ergebnis gekommen ist, daß bei der Bergung und dem Abtransport von Wild keine über das normale Maß in Hochgebirgsrevieren hinausgehenden Belastungen gegeben seien. Es sei nur der nördliche Teil des Jagdrevieres schwieriger zu erreichen. In dieser Hochgebirgs- bzw. Karregion sei allerdings fast ausschließlich nur mit Gamswild zu rechnen. Gamswild werde in der Regel über Pirschsteige zu Tale getragen. Die Bejagung von Rotwild erscheine im südlichen Teil der Eigenjagd der Beschwerdeführerin, wo sich auch ausgedehnte Almflächen und Weideflächen befänden, durchaus möglich. Desgleichen sei der Abtransport von Rotwild nach entsprechendem Zerteilen des Wildbrets als zumutbare Belastung anzusehen. Da wesentliche Teile des Hochgebirgsrevieres erreichbar seien, sei auch die ordnungsgemäße Ausübung des Jagdschutzes möglich. Diesen nicht als unschlüssig zu erkennenden Ausführungen schloß sich die belangte Behörde an.
Des weiteren rügt die Beschwerdeführerin, daß die im hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1994, Zl. 92/03/0157, geforderte Klärung, "wie sich die Probleme (Wildfolge, Bergung, Abtransport des erlegten Wildes in der Vergangenheit gestaltet haben und wie sie gelöst wurden," unterblieben sei. Dem ist zu entgegnen, daß die Notwendigkeit der Klärung dieser Fragen nur in bezug auf das dem damals angefochtenen Bescheid zugrundegelegte Gutachten des Sachverständigen Ing. Knafl bestanden hatte und, da dieses Gutachten nicht zur Stützung des nunmehr angefochtenen Bescheides herangezogen wurde, nicht mehr gegeben ist.
Zusammenfassend kann der belangten Behörde somit nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die beantragte Abrundung als im Interesse eines geordneten Jagdbetriebes nicht gerechtfertigt erachtete. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Erörterung der Gleichwertigkeit der von der Beschwerdeführerin angebotenen Tauschfläche.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Beweismittel Sachverständigengutachten Gutachten Beweiswürdigung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997030055.X00Im RIS seit
20.11.2000