TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/4 W155 2233438-2

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Veröffentlicht am 04.09.2020
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Entscheidungsdatum

04.09.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77

Spruch

W155 2233438-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. KRASA über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA Algerien, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Am 15.08.2015 reiste der Beschwerdeführer in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 25.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, der am 21.04.2016 abgewiesen wurde. Die Abschiebung wurde vorübergehend ausgesetzt und der Beschwerdeführer bis 20.12.2016 in Deutschland geduldet. Die Gültigkeit der Duldung wurde über diesen Zeitpunkt hinaus nicht verlängert. Ab 22.02.2017 galt er als unbekannt verzogen. Zur Person des Beschwerdeführers liegen in Deutschland drei nationale Fahndungsnotierungen vor.

Der Beschwerdeführer reiste nach seinen Angaben 2016 in das österreichische Bundesgebiet ein. Er wurde straffällig, am 27.09.2017 festgenommen und über ihn die Untersuchungshaft verhängt.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 30.10.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 129 (1) Z 1 2. Fall, 130 (2) 2. Fall StGB, § 15 StGB; § 269 (1) 1. Fall StGB; § 229 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt, verurteilt. Das Urteil erwuchs am 03.11.2017 in Rechtskraft.

Auf Grund des in Deutschland vorliegenden, aber negativ entschiedenen Asylverfahrens wurde ein Konsultationsverfahren mit den deutschen Behörden eingeleitet und am 27.11.2017 die Zustimmung zur Rückübernahme des Beschwerdeführers erteilt.

Mit Bescheid vom 26.03.2018 erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, ordnete die Außerlandesbringung an, erklärte die Abschiebung nach Deutschland als zulässig. Dieser Bescheid blieb unangefochten.

Der Beschwerdeführer befand sich bis 27.03.2018 in Strafhaft.

Der Beschwerdeführer wurde abermals straffällig, am 08.06.2018 festgenommen und über ihn die Untersuchungshaft verhängt.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 03.07.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 129 (1) Z 1, 130 (2) StGB, § 241e (1) 1.Fall StGB und § 229 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Das Urteil erwuchs am 03.07.2018 Rechtskraft.

Aufgrund fehlender Dokumente beantragte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Heimreisezertifikat für Algerien. Der Beschwerdeführer wurde am 18.10.2018 schriftlich seitens der algerischen Botschaft als algerischer Staatsangehöriger identifiziert und die Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) erteilt.

Die Überstellungsfrist nach Deutschland lief unter Berücksichtigung einer Verlängerung am 28.11.2018 ab, der Beschwerdeführer befand sich auch zu diesem Zeitpunkt in Strafhaft.

Am 26.02.2019 wurde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt, nachweislich übernommen, aber keine Stellungnahme abgegeben.

Am 26.03.2020 wurde dem Beschwerdeführer abermals die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme zum weiteren Verfahrensverlauf (Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) übermittelt. Mit Schreiben vom 06.04.2020 nahm der Beschwerdeführer Stellung.

Mit Bescheid vom 08.04.2020 erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot für die Dauer von 10 Jahren. Es stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien zulässig ist, gewährte keine Frist für eine freiwillige Ausreise und erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab. Dieser Bescheid blieb unangefochten.

Mit Bescheid vom 08.04.2020, XXXX ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an.

Nach Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am 08.04.2020 wurde er am 08.04.2020, 11:00 Uhr in Schubhaft genommen. Vom 12.04.2020 bis 22.04.2020 befand sich der Beschwerdeführer im Hungerstreik. Am 25.04.2020 erfolgte eine Maßnahmenmeldung.

In der Folge legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27.07.2020 den Verwaltungsakt zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der Anhaltung in Schubhaft über den 4. Monat hinaus samt Begründung vor. Außerdem wurde ausgeführt, dass eine Zustimmung zur Ausstellung eines HRZ vorliege, nach Wiederöffnung der Botschaft mit der Ausstellung des HRZ bei Mitteilung der Flugdaten an die algerische Botschaft gerechnet werden könne. Die Aufhebung der Flugbeschränkungen sei mit 05.08.2020 wahrscheinlich und eine Außerlandesbringung des Beschwerdeführers im September geplant.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2020, W155 2233438-1, wurde festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorgelegen sind und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig gewesen ist.

Vor Ablauf einer weiteren Frist von 4 Wochen (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Verwaltungsakt am 27.08.2020 dem Gericht zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vor und führte ua. aus, dass auf Grund COVID-19 die kommerziellen Flüge nach Algerien eingestellt seien und keine Informationen darüber bestünden, wann reguläre Flüge wieder stattfinden werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

Der Beschwerdeführer ist volljährig und Staatsangehöriger der Republik Algerien. Er ist weder österreichischer Staatsbürger, noch Asylberechtigter, noch subsidiär Schutzberechtigter und auch sonst nicht aufenthaltsberechtigt. Er hat in der Bundesrepublik Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der abgewiesen wurde. Er hat kein Aufenthaltsrecht mehr in Deutschland und ist vollziehbar ausreisepflichtig.

Gegen den Beschwerdeführer liegt in Österreich eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor.

Er wird seit 08.04.2020 in Schubhaft angehalten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ordnete diese Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung mit Bescheid vom 08.04.2020 an. Der gegenständliche Schubhaftbescheid ist nicht in Beschwerde gezogen worden.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig und hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor.

Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

Der Beschwerdeführer weist in Österreich strafgerichtliche Verurteilungen eines Landesgerichtes auf. Er wurde am 30.10.2017 und am 03.07.2018 u.a. wegen §§ 127, 129 (1) Z 1, 130 (2) StGB zu einer Freiheitstrafe von 18 Monaten (12 Monate bedingt) und einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Er hält sich in Österreich illegal auf und konnte bisher nicht dauerhaft Außerlandes gebracht werden.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz, er war bislang nur in Justizanstalten und im Polizeianhaltezentrum meldeamtlich erfasst. Er ging in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Er verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung. In Österreich leben keine Familienangehörige. Seine Mutter lebt in Frankreich. Sonstige Bindungen an Österreich liegen nicht vor, er ist ledig und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Auch eine strafgerichtliche Verurteilung konnte ihn nicht zu rechtskonformen Verhalten bewegen. Er hat sich in Österreich überwiegend in Strafhaft/Untersuchungshaft aufgehalten. Dazwischen ist er untergetaucht. Er versuchte sich bei einer rechtmäßigen Amtshandlung durch Flucht mittels Gewaltausübung zu entziehen. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer erneut untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten um sich einer Abschiebung zu entziehen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat bereits 2018 zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats (HRZ) für den Beschwerdeführer mit der algerischen Botschaft eingeleitet und wurde einer Ausstellung eines HRZ zugestimmt. Haftbedingt und nunmehr COVID-19 bedingt ist es zu Verzögerungen gekommen. Es ist zu erwarten, dass die algerische Vertretungsbehörde das HRZ bei Vorliegen von Flugdaten binnen drei Wochen ausstellt. Derzeit kommt es aufgrund der COVID-19-Pandemie zu Einstellungen im Flugverkehr nach Algerien. Es ist jedoch mit der Wiederaufnahme des Flugverkehrs innerhalb der höchstzulässigen Dauer der Schubhaft zu rechnen.

Eine (relevante) Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft und der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2020, wonach die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vorliegen, hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

Aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ergibt sich, dass der Beschwerdeführer keine österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter ist. Die Staatsangehörigkeit Algeriens ergibt sich aus den Feststellungen der algerischen Botschaft.

Die Feststellungen zum Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland ergeben sich aus diesbezüglichen Korrespondenz mit den deutschen Behörden.

Es haben sich weder aus dem Verwaltungsakt noch aus der Anhaltedatei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass beim Beschwerdeführer eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder gar Haftunfähigkeit vorliegen würde, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war. Dass er Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

Dass der Beschwerdeführer seit 08.04.2020 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Die Feststellung zu der behördlichen Anordnung der Schubhaft ergibt sich zudem aus der oben zitierten Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister sowie aus den in den Gerichts- und Verwaltungsakten einliegenden Urteilen ergeben sich die Feststellungen zu den strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.

Die Feststellung zum fehlenden gesicherten Wohnsitz ergibt sich aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister und den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 06.04.2020, in der er angibt, illegal bei Freunden gewohnt zu haben.

Der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers, die Feststellungen zu den fehlenden finanziellen Mittel und einer legalen beruflichen Tätigkeit sowie die Feststellung zu Familienangehörigen in Österreich bzw. Frankreich ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus seiner Stellungnahme vom 06.04.2020.

Dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen (straffälligen, illegalen) Verhalten des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu den Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ergeben sich aus dem Behördenakt und den Begleitinformationen der behördlichen Aktenvorlage.

Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten wird. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern wird.

Die Dauer der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft, welche die höchstzulässige Dauer im Entscheidungszeitpunkt nicht erreicht, resultiert aus der Notwendigkeit der Sicherung der Abschiebung.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife der Sache nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A)

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel:

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

„Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.“

Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungs-bedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Er ist in Österreich weder sozial noch beruflich verankert, er verfügt über keinen gesicherten Wohnsitz und über kein gesichertes Einkommen.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose ergeben beim Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf. Mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit kann erwartet werden, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Er hat sich durch Untertauchen und Weiterreise nach Österreich einem Abschiebeverfahren in Deutschland nach einem negativen Asylverfahren entzogen.

Zur Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft hat der Beschwerdeführer keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan bzw. haben sich aus dem Prüfungsverfahren solche nicht ergeben, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde.

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörige in Österreich, er verfügt über keinen nennenswerten Grad der sozialen und beruflichen Verankerungen sowie über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Es besteht beim Beschwerdeführer eine hohe Fluchtgefahr, er achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen. Insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der Beschwerdeführer wurde einschlägig (u.a. Einbruchsdiebstähle, Widerstand gegen die Staatsgewalt) strafrechtlich verurteilt und wurde zuletzt zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren unbedingt verurteilt. Bemerkenswert ist hier vor allem, dass der Beschwerdeführer nicht einmal durch eine rechtskräftige Verurteilung von der Begehung weiterer einschlägiger strafbarer Handlungen abgehalten werden konnte. Allein aus diesen Erwägungen besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung – zumal der Beschwerdeführer immer wieder gezeigt hat, dass er die österreichische Rechtsordnung missachtet und auch keine Anhaltspunkte vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändern wird. Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt überdies die Anordnung gelinderer Mittel aus.

Die Zustimmung der algerischen Vertretungsbehörde zur Ausstellung eines HRZ liegt vor und ist mit der Ausstellung bei Vorliegen der entsprechenden Flugdaten zu rechnen. Unter Berücksichtigung der COVID-19 Pandemie und der unterschiedlichen Maßnahmen besteht eine realistische Möglichkeit der Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer der Schubhaft, die im Falle des Beschwerdeführers gemäß § 80 Abs. 4 Z 2 FPG 18 Monate beträgt.

Bei einer im Sinne des § 80 Abs. 4 Z 2 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund, dass sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates umfassend bemüht, die Aufrechterhaltung der seit 08.04.2020 bestehenden Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft nach wie vor verhältnismäßig.

Entsprechend der Judikatur des VwGH ist es trotz der Einschränkungen im Flugverkehr fallbezogen noch vertretbar eine Schubhaft in Erwartung einer Lockerung der Reisebeschränkungen vorerst aufrecht zu erhalten (VwGH vom 12.05.2020, Ra 2020/21/0094).

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Heimreisezertifikat öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft Untersuchungshaft Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W155.2233438.2.00

Im RIS seit

26.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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