TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/4 W165 2199580-1

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Veröffentlicht am 04.09.2020
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Entscheidungsdatum

04.09.2020

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4
FPG §11
FPG §11a

Spruch

W165 2199580-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 07.06.2018, GZ: Islamabad-ÖB/KONS/0784/2017, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 19.02.2018, GZ: Islamabad-ÖB/KONS/0784/2017, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Afghanistans, brachte am 02.03.2017 für sich und drei ihrer damals minderjährigen Kinder (zwei Töchter und ein Sohn, geboren 1999, 2000 und 2001), bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: ÖB Islamabad), Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 (im Folgenden: AsylG), ein.

Als Bezugsperson wurde der (angebliche) Ehegatte der BF und Vater der ebenfalls antragstellenden Kinder der BF angegeben, dem nach Asylantragstellung am 01.08.2014 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.11.2016, Zl. W124 2102892-1/26E, der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Dem Einreiseantrag der BF waren diverse Unterlagen in Kopie angeschlossen:

Unter anderem eine Reisepasskopie der BF, eine Tazkira der BF, der Konventionsreisepass der Bezugsperson, eine E-Card der Bezugsperson, ein Auszug aus dem ZMR betreffend die Bezugsperson.

Weiters war dem Antrag eine als „Marriage Certificate“ übertitelte Urkunde eines afghanischen Gerichtes in Originalsprache und englischer Sprache vom 30.01.2017 beigefügt, derzufolge drei namentlich genannte Zeugen in Anwesenheit zweier weiterer namentlich genannter Zeugen am 30.01.2017 vor Gericht erschienen seien und bestätigt hätten, dass sie die BF und die Bezugsperson gut kennen würden und die BF und die Bezugsperson am 23.12.1365 (= 14.03.1987), (ohne Ortsangabe), geheiratet hätten.

In ihrem Interview vor der ÖB Islamabad am 02.03.2017 gab die BF an, dass sie die zweite Ehefrau der Bezugsperson sei. Die Erstfrau der Bezugsperson habe keine Kinder bekommen können und lebe mit sechs Kindern der BF im Herkunftsstaat. Nach dem Alter ihres Ehemannes befragt, erklärte die BF, dass sie dieses nicht wisse. Sie stehe erst seit 16 Tagen, seit sie in Pakistan sei,mit ihrem Ehemann in Kontakt. Vor ihrer Ankunft in Pakistan habe sie zweieinhalb Jahre keinen, auch keinen telefonischen, Kontakt gehabt. Sie wisse nicht, in welcher Stadt ihr Ehemann in Österreich lebe und ob dieser in Österreich arbeite.

Zu dem von der ÖB Islamabad an das BFA samt Unterlagen weitergeleiteten Einreiseantrag, teilte das BFA der ÖB Islamabad mit Schreiben vom 18.12.2017 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die Ehe zwischen dem Antragsteller und der Bezugsperson habe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden, weshalb der Antragsteller kein Familienangehöriger im Sinne des 4. Hauptstücks des AsylG sei (§ 35 Abs. 5 AsylG).

In der der Mitteilung des BFA angeschlossenen Stellungnahme vom selben Tag, führte das BFA näher aus, dass sich im vorliegenden Fall gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinne vom § 35 Abs. 5 AsylG) Familienverhältnisses ergeben hätten. Aus dem Ermittlungsverfahren bzw. den niederschriftlichen Angaben ergebe, dass die Eigenschaft als Familienangehöriger im Sinne vom § 35 AsylG gar nicht bestehe. Eine gültige Ehe sei auch nach den Grundsätzen des Herkunftslandes nicht geschlossen worden, sodass eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich sei. Aus dem vorgelegten Heiratszertifikat ergebe sich offensichtlich eine nach der Ausreise der Bezugsperson, nämlich am 30.01.2017, beurkundete Eheschließung der Antragstellerin mit der Bezugsperson. Zum Zeitpunkt der Asylantragstellung der Bezugsperson habe somit keine offizielle Ehe bestanden. Die Bezugsperson habe in ihrem Asylverfahren angegeben, mit zwei Frauen traditionell verheiratet zu sein und die letzten vier Monate vor ihrer Ausreise alleine in Kandahar gelebt und auch keine Kenntnis gehabt zu haben, wo sich ihre Familie zum damaligen Zeitpunkt aufgehalten habe. Ein bestehendes Familienleben habe zum Zeitpunkt der Ausreise der Bezugsperson bereits längst nicht mehr bestanden.

Mit Schreiben der ÖB-Islamabad vom 03.01.2018 wurde der BF unter Anschluss der Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 18.12.2017 die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

Mit E-Mail der Vertreterin der BF vom 10.01.2018 wurde eine Stellungnahme eingebracht, in der zusammengefasst wie folgt vorgebracht wurde:

Die BF habe am 02.03.2017 für sich und ihre minderjährigen Kinder bei der ÖB Islamabad Einreiseanträge gestellt, um ihrem Ehemann nach Österreich nachzuziehen. Während den Einreiseanträgen der Kinder stattgegeben worden sei, sei beabsichtigt, den Einreiseantrag der BF mit der Begründung abzulehnen, dass die Ehe mit der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinne des 4. Hauptstücks des AsylG sei. Die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson sei 1987 traditionell geschlossen worden und seit damals als rechtsgültig anzusehen. Es sei in Afghanistan weder üblich noch notwendig, Eheschließungen gerichtlich registrieren zu lassen. Die Bezugsperson habe in Kandahar bis zu ihrer Flucht zusammen mit der BF im gemeinsamen Haushalt gelebt. Weshalb die Behörde zu der Auffassung komme, dass die Bezugsperson ohne ihre Familie, alleine in Kandahar gelebt habe, sei nicht ersichtlich. Feststehe, dass die Bezugsperson 2013 für eine Anstellung von Kabul nach Kandahar gezogen sei. Ihre Ehegattin und die gemeinsamen Söhne hätten ihn begleitet, während ihre erste Ehefrau mit den unverheirateten Töchtern in Kabul verblieben sei. Als leiblicher Mutter der minderjährigen Kinder der Bezugsperson, denen die Einreise gewährt worden sei, sei der BF die Einreise zu ermöglichen. Ein andernfalls vorliegender Eingriff in Art. 8 EMRK könnte es geboten erscheinen lassen, der BF einen Einreisetitel zu gewähren, selbst wenn ihre Ehe mit der Bezugsperson nicht als gültig erachtet werde. Im vorliegenden Fall stehe außer Frage, dass die Einreise der BF nach Österreich, die von beiden Elternteilen und gemeinsamen Kindern gleichermaßen gewünscht sei, im Sinne des Art. 8 EMRK und speziell im Sinne des Kindeswohles, geboten sei.

Nach Erhalt der Stellungnahme der BF vom 10.01.2018 teilte das BFA der ÖB Islamabad mit, dass an seiner negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde. Die Ehegatteneigenschaft habe nicht bereits vor der Einreise der Bezugsperson nach Österreich bestanden (§ 35 Abs. 5 AsylG). Bei der BF handle es sich um die Zweitfrau der Bezugsperson und liege damit eine ordre-public-widrige Doppelehe vor. Zu den Kindern der BF sei dargelegt, dass derzeit nur mehr zwei der drei Kinder, denen die Einreise gewährt worden sei, minderjährig seien und der derzeit noch minderjährige Sohn am 01.11.2019 seine Volljährigkeit erreichen werde. Mit den minderjährigen Töchtern, denen ebenfalls die Einreise gewährt worden sei, habe vor Ausreise kein Familienleben bestanden, da die Töchter der BF, wie in der Stellungnahme der BF ausgeführt, von der ersten Ehefrau der Bezugsperson betreut worden seien. Aus diesem Grund könne sich die BF nicht auf ein schützenswertes Familienleben in Bezug auf ihre Töchter beziehen, um eine Gewährung der Einreise zu erwirken, da ein solches vor der Ausreise gar nicht bestanden habe. Eine Zuerkennung des Asylstatus im Rahmen des Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG komme von vornherein nicht in Betracht, da die Eigenschaft als Familienangehöriger hinsichtlich der in Österreich aufhältigen Bezugsperson bei der BF nicht gegeben sei. Aber auch eine Zuerkennung, abgeleitet von den minderjährigen Kindern, komme aufgrund der Bestimmungen des § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG nicht in Frage, da die minderjährigen Kinder der BF ihren rechtlichen Status in Österreich im Falle der Einreise ihrerseits von der Bezugsperson ableiten würden.

Mit Bescheid der ÖB Islamabad vom 19.02.2018 wurde der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen.

Gegen den Bescheid wurde am 22.03.2018 fristgerecht Beschwerde eingebracht, worin im Wesentlichen wie bisher vorgebracht wurde. Ergänzend brachte die BF vor, dass durch die negative Entscheidung ihr Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 EMRK verletzt werde, zumal nach der Rechtsprechung des EGMR das geschützte Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt entstehe, nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden könne und das Auflösen einer Hausgemeinschaft von Eltern und Kindern alleine jedenfalls nicht zur Beendigung des Familienlebens isd Art. 8 Abs. 1 EMRK führe. Ihre Töchter seien lediglich für die Dauer von vier Monaten in die Obhut einer Vertrauensperson gegeben worden und würden mittlerweile wieder in einem gemeinsamen Haushalt mit ihr leben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.06.2018 wies die ÖB Islamabad die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Am 13.06.2018 wurde ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG bei der ÖB Islamabad eingebracht.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 28.06.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 29.06.2018, wurde der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

Den Einreiseanträgen der zum Antragszeitpunkt minderjährigen Kinder der BF war am 23.12.2017 stattgegeben worden. In weiterer Folge war dem Sohn der BF von der ÖB Islamabad am 19.04.2018 ein Visum D zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG ausgestellt und diesem nach Asylantragstellung vom 12.06.2018 mit Bescheid des BFA am 23.08.2018 der Status eines Asylberechtigten (im Familienverfahren) zuerkannt worden. Die beiden Töchter der BF, deren Einreiseanträge ebenfalls mit 23.12.2017 positiv beschieden worden waren, ließen sich keine Visa D zur Einbeziehung in das Familienverfahren ausstellen, reisten niemals in das Bundesgebiet ein und stellten hier keine Asylanträge.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt werden zunächst der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.

Der Bezugsperson war nach Asylantragstellung vom 01.08.2014 mit Erkenntnis des BVwG vom 16.11.2016 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden.

Die BF gab im verfahrensgegenständlichen Einreiseverfahren an, die Ehegattin der Bezugsperson (Zweitfrau) zu sein.

Eine vor der Einreise der Bezugsperson nach Österreich erfolgte Eheschließung der BF und der Bezugsperson kann nicht festgestellt werden.

Den Einreiseanträgen der im Antragszeitpunkt minderjährigen Kinder der BF (zwei Töchter und ein Sohn, geboren 1999, 2000 und 2001), die gleichzeitig mit dem Einreiseantrag der BF gestellt wurden, wurde am 23.12.2017 stattgegeben.

In der Folge hat sich nur der Sohn von der ÖB Islamabad am 19.04.2018 ein Visum D zur Einbeziehung in das Familienverfahren (nach seinem Vater) ausstellen lassen und am 12.06.2018 einen Asylantrag gestellt, der am 23.10.2018 in erster Instanz positiv beschieden wurde.

Die beiden Töchter der BF haben sich keine Visa D zur Einbeziehung in das Familienverfahren ausstellen lassen, sind niemals in das Bundesgebiet eingereist und haben keine Asylanträge gestellt.

Es besteht keine behördliche Meldung der Töchter der BF im Bundesgebiet und hat eine solche niemals bestanden.

Die drei im Zeitpunkt der Einbringung ihrer Einreiseanträge minderjährigen Kinder der BF sind mittlerweile volljährig.

Der nunmehr volljährige Sohn der BF lebt seit 14.06.2018 in Österreich mit seinem asylberechtigten Vater im gemeinsamen Haushalt.

Ein Abhängigkeitsverhältnis des Sohnes der BF zur BF bzw. vice versa kann nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt der ÖB Islamabad, den einliegenden Unterlagen und den Angaben der BF.

Die Feststellung, dass sich lediglich eines der drei gleichzeitig mit der BF antragstellenden, damals minderjährigen Kinder der BF (Sohn), deren Einreiseanträge positiv beschieden wurden, ein Visum D zur Einbeziehung in das Familienverfahren ausstellen lassen hat, in das Bundesgebiet eingereist ist und hier einen Asylantrag gestellt hat, der positiv beschieden wurde, folgt aus aktuellen IZR- Auszügen.

Die Feststellung, dass die Töchter der BF keine behördliche Meldung im Bundesgebiet aufweisen und eine solche niemals bestanden hat, erfolgt aus ZMR-Auszügen.

Die Feststellung, dass der in Österreich asylberechtigte Sohn der BF seit 14.06.2018 im gemeinsamen Haushalt mit seinem asylberechtigten Vater lebt, ergibt sich ebenfalls aus ZMR-Auszügen.

Die Feststellung, dass die drei Kinder der BF nunmehr volljährig sind, gründet sich auf die im Akt einliegenden Unterlagen, auf die IZR- und ZMR- Auszüge und wurde auch von der BF nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:

Familienverfahren im Inland

§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und kommt dieser diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des BFA steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Wie nachstehend ausgeführt wird, ergibt diese Überprüfung jedoch, dass der Einreiseantrag durch die Botschaft im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde:

Die Behörde hat die Familienangehörigeneigenschaft der BF mangels Vorliegen einer rechtsgültigen Ehe der BF mit der Bezugsperson im Herkunftsstaat verneint. Die Ehe sei erst im Nachhinein, nach Ausreise der Bezugsperson, beurkundet worden.

Gemäß § 16 Abs. 2 IPR-G ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Im vorliegenden Fall ist somit die Gültigkeit der behaupteten Ehe nach afghanischem Recht zu beurteilen.

Die maßgeblichen Bestimmungen des afghanischen Zivilgesetzbuches (Madani Qanun) vom 05.01.1977, Amtsblatt der Republik Afghanistan Band 19 (1977) Nr. 353, lauten in der unverändert in Geltung stehenden Stammfassung folgendermaßen:

Der Eheschließungsvertrag wird nach der Registrierung der in Art. 46 dieses Gesetzes vorgesehenen zuständigen Personenstandsbehörde mitgeteilt. Wenn die Registrierung des Eheschließungsvertrages in dieser Weise nicht möglich ist, findet sie in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise statt.

Nach Art. 61 Abs. 2 afghanisches Zivilgesetzbuch ist demnach für die Gültigkeit des Eheschließungsvertrages dessen Registrierung vorgeschrieben, und zwar zumindest "in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise". Ohne den Nachweis durch eine öffentliche Urkunde ist die Ehe nach staatlichem afghanischem Recht ungültig (vgl. Bergman/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Loseblattsammlung, Afghanistan, 1990, S. 16). Nur bei registrierten Ehen handelt es sich um nach staatlichem Recht gültige Ehen.

Eine traditionelle Eheschließung - selbst diese wurde gegenständlich nicht nachgewiesen - vor entsprechender staatlicher Registrierung vermag keine Rechtswirkungen zu entfalten. Die Rechtsfolgen der Eheschließung werden erst durch Eintragung in das Zivilregister durchsetzbar, sodass nur der staatlichen Registrierung der Ehe Bedeutung beigemessen werden kann.

Gegenständlich fehlt es jedoch bereits an der auch nach afghanischem Recht für die Rechtsgültigkeit einer Eheschließung erforderlichen staatlichen Registrierung der Ehe. Die vorgelegte Heiratsurkunde eines afghanischen Gerichtes enthält nämlich lediglich die Aussage, dass drei namentlich genannten Zeugen am 30.01.2017 vor Gericht erschienen seien und in Anwesenheit zweier weiterer namentlich genannter Zeugen ausgesagt hätten, dass die BF und die Bezugsperson am 23.12.1365 (14.03.1987) - ohne Angabe einer Örtlichkeit der Eheschließung - geheiratet hätten.

Eine rechtsgültige Ehe der BF mit der Bezugsperson, die bereits vor deren Einreise bestanden hätte, liegt somit nicht vor. Im Hinblick darauf erübrigen sich auch Ausführungen zur grundsätzlichen ordre-public-Widrigkeit einer Mehrfachehe.

Im Übrigen dürfte auch ein aufrechtes Familienleben der BF mit der Bezugsperson nicht mehr bestanden haben. So war die BF in ihrem Interview vor der Botschaft am 02.03.2017 nicht einmal in der Lage, das (ungefähre) Alter ihres vorgeblichen Ehemannes anzugeben und räumte selbst ein, dass sie zweieinhalb Jahre – somit nach Ausreise der Bezugsperson aus Afghanistan – nicht einmal telefonischen Kontakt gehabt habe. Ein Kontakt bestehe erst wieder seit 16 Tagen, seitdem sie sich in Pakistan befinde.

Was die drei seinerzeit mit der BF gleichzeitig einreiseantragstellenden Kinder der BF betrifft, haben diese nunmehr alle unstrittig ihre Volljährigkeit erreicht. Abgesehen davon ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die beiden Töchter der BF, wie den IZR- und ZMR- Auszügen zu entnehmen ist, ungeachtet der seinerzeitigen Stattgebung ihrer Einreiseanträge, keine Visa D zur Einbeziehung in das Familienverfahren (nach ihrem Vater) ausstellen lassen haben, niemals nach Österreich eingereist sind und auch hier niemals Asylanträge gestellt haben. Sofern man der BF nicht unterstellen will, dass sie hievon ohnehin Kenntnis erlangt haben dürfte, und, dessen ungeachtet, die gegen die Ablehnung ihres Einreiseantrages eingebrachte, insbesondere mit einem nach Art. 8 EMRK zu schützenden Familienleben mit ihren drei Kindern begründete Beschwerde aufrechterhalten hat, gibt dies Anlass zu folgender Bemerkung. Sollte die BF über diesen nicht unwesentlichen Umstand tatsächlich nicht im Bilde gewesen sein, muss daraus zwangsläufig geschlossen werden, dass sich auch der Kontakt mit ihrem in Österreich lebenden vorgeblichen Ehemann und ihrem bei diesem (seinem Vater) lebenden Sohn nicht allzu intensiv gestaltet haben kann bzw überhaupt nicht vorhanden war. Andernfalls wäre es wohl nicht denkbar, dass die BF nicht von ihrem in Österreich lebenden Ehemann bzw. von ihrem bei seinem Vater lebenden Sohn informiert worden wäre, dass die beiden Töchter bzw Geschwister niemals in das österreichische Bundesgebiet eingereist sind, hier offenkundig nicht aufhältig sind und dies auch niemals waren.

Die BF bringt in ihrer Beschwerde vor, dass durch die negative Entscheidung das Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 EMRK verletzt werde, zumal nach der Rechtsprechung des EGMR das geschützte Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt entstehe und nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden könne und das Auflösen einer Hausgemeinschaft von Eltern und Kindern alleine jedenfalls nicht zur Beendigung des Familienlebens isd Art. 8 Abs. 1 EMRK führe. Hiezu ist festzuhalten, dass Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte grundsätzlich nicht unter dem Begriff des „Familienlebens“ des Art. 8 EMRK fallen, außer im Falle, dass weitere Faktoren einer Abhängigkeit, die über normale Gefühlsbande zwischen solchen Familienangehörigen hinausgesehen, festgestellt werden können (EGMR 13.12.2017; Emonet und andere/Schweiz, Nr. 39051/03, Abs. 35 und EGMR 07.11.2000, Kwakye-Nti und Dufie/Niederlande Nr. 31519/96). Diesfalls müssen bestimmte Voraussetzungen einer hinreichend stark ausgeprägten Nahebeziehung, wie unter anderem gegenseitige finanzielle Abhängigkeit, ein gemeinsamer Wohnsitz sowie sonstige Abhängigkeit, wie beispielsweise gegenseitige Pflege, erfüllt sein.

Solche Faktoren der Abhängigkeit sind der Aktenlage jedoch auch in Bezug auf den - nach dem Gesagten ohnehin allein in Betracht zu ziehenden - in Österreich lebenden erwachsenen Sohn der BF nicht vorhanden. Wie bereits erwähnt, dürfte zwischen der BF und ihrem in Österreich lebenden Sohn zumindest seit der Trennung keine bzw. keine nennenswerte Bindung bestanden bzw. aufrechterhalten worden sein, wenn die BF nicht einmal Kenntnis gehabt hätte, dass ihre beiden Töchter niemals nach Österreich eingereist sind und sich offenkundig niemals in Österreich befunden haben. Es liegen auch keinerlei Anhaltspunkte in Richtung eines allfälligen Abhängigkeitsverhältnisses im Verhältnis der BF zu ihrem Sohn vor. Die BF ist von ihrem erwachsenen Sohn nunmehr jedenfalls seit mehr als zwei Jahren dauerhaft räumlich getrennt. Ein allfälliger, in der Vergangenheit bestehender gemeinsamer Haushalt besteht daher seit Langem nicht mehr. Die im Herkunftsstaat lebende BF und deren in Österreich lebender erwachsene Sohn haben ihren Alltag räumlich getrennt offenbar bisher auch in jeder Hinsicht selbstständig und problemlos gemeistert, ohne auf die Hilfestellung des jeweils anderen Familienangehörigen angewiesen zu sein. Auch sind der Aktenlage keinerlei Hinweise zu entnehmen, dass die BF etwa in gesundheitlicher Hinsicht auf die Unterstützung ihres in Österreich lebenden Sohnes im Sinne eines Pflegebedarfes angewiesen wäre oder ein solcher auf Seiten Ihres Sohnes bestehen würde.

Zusammengefasst kann daher nicht davon gesprochen werden, dass die von der Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK für das Vorhandensein eines schützenswerten Privatlebens und deren erwachsenen Kindern entwickelten Kriterien erfüllt wären.

Im Hinblick darauf, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 11 a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des VwGH die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das BVwG auf eine ständige Rechtsprechung des VwGH beziehungsweise auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Ehe Einreisetitel Familienangehöriger Gültigkeit Nachweismangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W165.2199580.1.00

Im RIS seit

24.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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