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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §73 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, in der Beschwerdesache der I in L, vertreten durch Dr. Elizabeth Pira-Stemberger, Rechtsanwalt in Salzburg, Marx Reichlichstraße 1, gegen das Personalamt beim Vorstand der Post- und Telekom Austria AG wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit der Verbesserung der Einstufung eines Arbeitsplatzes nach dem PT-Schema, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Auf Grund der vorliegenden Beschwerde und der angeschlossenen Beilagen geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:
Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; sie wird bei der Post- und Telekom Austria AG im Direktionsbereich Linz verwendet.
Nach ihrem Vorbringen hatte sie bereits in den Jahren 1992 und 1994 bei ihrer ehemaligen Dienstbehörde ein Ansuchen um Aufwertung ihres Arbeitsplatzes gestellt. Sie meint, die Zuständigkeit zur Entscheidung in ihrer Angelegenheit sei durch Nichterledigung durch die Unterbehörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG auf die "nunmehr belangte Behörde" übergegangen, weil ein entsprechender Antrag bei der Oberbehörde (dem Personalamt beim Vorstand der Post- und Telekom Austria AG) letztlich am 16. Dezember 1996 (- nach den vorgelegten Beilagen handelt es sich um ein Schreiben der Post- und Telekom Austria AG, Direktion Linz, Profit Center Hochbau -) gestellt worden sei. Weiters verweist die Beschwerde auf spätere Schreiben der Rechtsvertreterin vom 10. März und vom 14. Mai 1997, mit denen die Anträge auf Übergang der Entscheidungspflicht und bescheidmäßige Erledigung in dieser Angelegenheit wiederholt worden seien. Da seit Anrufung der obersten Behörde im Verwaltungsverfahren mehr als sechs Monate vergangen seien, erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Sachentscheidung verletzt und erhebt Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, bzw. der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.
Nach § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörde oder der unabhängige Verwaltungssenat verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen, den Bescheid zu erlassen. Wird der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt, so geht nach Anordnung des Abs. 2 dieses Paragraphen auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über.
Eine Säumnisbeschwerde kann daher im Anwendungsbereich des nach § 1 Abs. 1 DVG vorliegendenfalls anzuwendenden AVG zulässig erst dann erhoben werden, wenn auch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, an die im Wege der Devolution die Zuständigkeit zur Entscheidung übergeht, ihre Entscheidungspflicht verletzt hat.
Eine Beschränkung des Instanzenzuges hindert nicht den Übergang der Zuständigkeit im Devolutionsweg gemäß § 73 AVG. Als oberste Instanz ist im Anwendungsbereich des AVG nicht nur die Berufungsbehörde, sondern auch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde anzusehen, an die im Wege der Devolution die Zuständigkeit zur Entscheidung übergeht oder die durch Ausübung des Weisungs- bzw. Aufsichtsrechtes den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können. Die Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof setzt mithin voraus, daß der Beschwerdeführer von der bestehenden Möglichkeit eines Antrages nach § 73 AVG ohne Erfolg Gebrauch gemacht hat (vgl. dazu beispielsweise die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1996, Zl. 96/12/0202, und vom 27. November 1996, Zl. 96/12/0271; sowie die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 211 ff wiedergegebene Rechtsprechung).
Ausgehend davon, daß die vorliegende Säumnisbeschwerde die Verletzung der Entscheidungspflicht der "Oberbehörde" Personalamt beim Vorstand der Post- und Telekom Austria AG rügt und ungeachtet der Frage, ob im Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde der Übergang der Entscheidungspflicht an die belangte Behörde überhaupt schon bewirkt war, kann im Sinne der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung die Verletzung der Entscheidungspflicht beim Verwaltungsgerichtshof erst dann geltend gemacht werden, wenn die oberste Behörde, die durch Ausübung des Weisungs- bzw. Aufsichtsrechtes den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können, erfolglos angerufen worden ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluß vom 30. September 1996, Zl. 96/12/0247, ebenfalls in einem Einstufungsverfahren im PT-Schema eingehend begründet dargelegt, daß dem Personalamt beim Vorstand der Post- und Telekom Austria AG zwar nach § 17 Abs. 2 des Poststrukturgesetzes die Funktion einer obersten Dienstbehörde zukommt, daß aber der Vorsitzende des Vorstandes in dieser Funktion an die Weisungen des Bundesministers für Finanzen gebunden ist. Das Personalamt beim Vorstand der Post- und Telekom Austria AG ist eine selbständige Behörde, ihr kommt nicht die Stellung bloß eines Hilfsapparates des Bundesministers für Finanzen zu. Daraus folgt weiters, daß bei Säumigkeit der belangten Behörde (sei es als Berufungsbehörde, als mit Devolutionsantrag angerufene oberste Dienstbehörde im Falle der Säumigkeit einer nachgeordneten Dienstbehörde oder als Dienstbehörde erster Instanz) der Bundesminister für Finanzen wegen seiner Weisungsbefugnis nach § 17 Abs. 2 letzter Satz des Poststrukturgesetzes sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist, der im Devolutionsweg nach § 73 AVG vor Einbringung einer Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anzurufen ist.
Schon aus diesen Erwägungen ergibt sich daher, daß die gegen das Personalamt beim Vorstand der Post- und Telekom Austria AG gerichtete Säumnisbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen ist.
Schlagworte
Anrufung der obersten BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997120234.X00Im RIS seit
20.11.2000