TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/21 W283 2231630-5

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Veröffentlicht am 21.09.2020
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Entscheidungsdatum

21.09.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch

W283 2231630-5/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkannt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zur Zahl 831674004-200173676 zu Recht

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger von Afghanistan, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 13.11.2013 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid vom 26.04.2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab und erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.12.2019 abgewiesen wurde. Dieses Erkenntnis erwuchs am 17.12.2019 in Rechtskraft.

3. 3. Da der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam organisierte das Bundesamt seine Abschiebung für den 04.02.2020. Der Beschwerdeführer verließ am 03.02.2020 sein Grundversorgungsquartier und tauchte unter. Seine Abschiebung musste aus diesem Grund storniert werden. In weiterer Folge erließ das Bundesamt gemäß § 34 Abs. 3 Z. 1 BFA-VG einen Festnahmeauftrag den Beschwerdeführer betreffend.

4. Am 13.02.2020 versuchte der Beschwerdeführer unrechtmäßig nach Deutschland auszureisen, wobei er von der deutschen Polizei an der Grenze angehalten und ihm die Einreise nach Deutschland verweigert wurde. Am 14.02.2020 wurde der Beschwerdeführer nach Österreich zurückgewiesen und hier festgenommen. Im Zuge der Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er an keinen schwerwiegenden Krankheiten leide und keine Medikamente benötige. Er habe weder in Österreich noch in einem anderen Mitgliedstaat einen Wohnsitz, verfüge in Österreich weder über Familienangehörige noch über legal aufhältige Personen, bei denen er während des fremdenbehördlichen Verfahrens wohnen könne. An Barmittel verfüge er über EUR 649,50, es gebe keine Personen, bei denen er sich Geld ausleihen könne. Er habe in Deutschland am 13.02.2020 einen Asylantrag gestellt, der jedoch abgelehnt worden sei. Er wolle nunmehr in Österreich bleiben, um hier einen weiteren Asylantrag zu stellen. Nach Afghanistan wolle er nicht zurückkehren, da er dort um sein Leben fürchte.

Im Stande der Anhaltung stellte der Beschwerdeführer am 14.02.2020 einen Asylfolgeantrag und gab bei der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung an, dass seine Fluchtgründe seit dem Jahr 2013 gleich geblieben seien und er Angst habe, in Afghanistan umgebracht zu werden.

5. Mit Aktenvermerk vom selben Tag hielt das Bundesamt das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Anhaltung aufgrund des erlassenen Festnahmeauftrages gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG fest. Dieser Aktenvermerk wurde dem Beschwerdeführer persönlich ausgefolgt.

Mit Bescheid vom 14.02.2020 ordnete das Bundesamt über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer in weiterer Folge keine Beschwerde erhoben.

6. Am 18.02.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr.

7. Am 24.02.2020 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt im Asylverfahren einvernommen, wobei er im Wesentlichen angab, dass seine im ersten Asylverfahren genannten Fluchtgründe weiterhin aufrecht seien und er weder etwas hinzufügen noch abändern wolle. Er gehe fest davon aus, dass er abgeschoben werde, weshalb seine Ausreise nicht freiwillig sei, da er so oder so abgeschoben werde. Er habe sich für die freiwillige Ausreise angemeldet, da er verzweifelt gewesen sei und keinen Ausweg mehr gesehen habe. Eigentlich wolle er nicht freiwillig ausreisen, allerdings befürchte er abgeschoben zu werden, weshalb er sich für die freiwillige Ausreise angemeldet habe.

8. Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom 04.03.2020 wurde der dem Beschwerdeführer gemäß § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.03.2020 wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig war.

9. Am 06.03.2020 wurde der Beschwerdeführer einer afghanischen Delegation vorgeführt und in weiterer Folge für ihn am 11.03.2020 ein Heimreisezertifikat ausgestellt.

10. Die Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Stande der Schubhaft wurde für den 16.03.2020 vorbereitet, der gebuchte Flug fand jedoch auf Grund der COVID-19-Pandemie nicht statt.

11. Der Beschwerdeführer befand sich von 11.04.2020 bis 18.04.2020 in Hungerstreik, um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.

12. Am 25.05.2020 brachte der Beschwerdeführer wiederum einen Antrag auf freiwillige Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ein. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers war jedoch in der Folge wegen der andauernden pandemiebedingten Einschränkungen aufgrund von COVID-19 im internationalen Flugverkehr bisher nicht möglich.

13. Am 04.06.2020 teilte jener Verein, der den Beschwerdeführer bei seiner freiwilligen Ausreise unterstützte mit, dass sich der Beschwerdeführer umentschieden habe und nicht mehr freiwillig ausreisen wolle.

14. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.08.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 14.02.2020 vollinhaltlich wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt. Gleichzeitig wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde festgestellt, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise bestehe und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.08.2020 abgewiesen wurde.

15. Das Bundesamt führte am 10.03.2020, am 02.04.2020, am 30.04.2020 und am 26.05.2020 Schubhaftprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG durch. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnissen vom 15.06.2020, 02.07.2020, 29.07.2020 und 26.08.2020 fest, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.

16. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 11.09.2020 eine Stellungnahme zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor.

Im Zuge der Vorlage wurde vom Bundesamt nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass weiterhin aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf bestehe. Aufgrund des Untertauchens des Beschwerdeführers habe der für Februar 2020 gebuchte Abschiebetermin storniert werden müssen. Ein Heimreisezertifikat der afghanischen Vertretungsbehörde für den Beschwerdeführer liege vor. Aufgrund der Mobilitätsbeschränkungen aufgrund der COVID-19 Pandemie sei die Abschiebung in den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers im November 2020 geplant.

Am 15.09.2020 wurde die Niederschrift des Beschwerdeführers vom 14.09.2020 hinsichtlich der Schubhaftverlängerung über einen Zeitraum von sechs Monaten gemäß § 80 Abs. 4 Z 4 FPG vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 14.02.2020, somit länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft. Es ist gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG daher die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu prüfen und festzustellen, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Die letzte gerichtliche Haftüberprüfung erfolgte mit Erkenntnis vom 26.08.2020.

1. Feststellungen:

1.1. Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I.1. – I.16. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

1.2.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Afghanistans. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der Beschwerdeführer verfügt über kein Reisedokument, ein Heimreisezertifikat liegt vor.

1.2.2. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2.3. Der Beschwerdeführer wird seit 14.02.2020 in Schubhaft angehalten.

1.2.4. Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

1.3.1. Gegen den Beschwerdeführer wurde zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.08.2020 eine Rückkehrentscheidung erlassen, die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.08.2020 abgewiesen. Es liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

1.3.2. Da der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, bereitete das Bundesamt seine Abschiebung für den 04.02.2020 vor. Am 03.04.2020 verließ der Beschwerdeführer sein Grundversorgungsquartier und tauchte unter. Dadurch umging er seine Abschiebung, die vom Bundesamt storniert werden musste. Am 13.02.2020 versuchte der Beschwerdeführer nach Deutschland auszureisen um dort einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.

1.3.3. Am 14.02.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Asylfolgeantrag. Zu diesem Zeitpunkt lag die mit Bescheid des Bundesamtes vom 26.04.2016 erlassene und auf Grund des abweisenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.12.2019 rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor und wurde der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z. 1 BFA-VG angehalten. Der dem Beschwerdeführer auf Grund dieses Asylfolgeantrages zukommende faktische Abschiebeschutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.03.2020 aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.03.2020 wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes zu Recht erfolgt ist.

1.3.4. Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären oder substanziellen sozialen Kontakte in Österreich. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft.

1.3.5. Der Beschwerdeführer ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten weder vertrauenswürdig noch kooperativ. Der Beschwerdeführer befand sich von 11.04.2020 bis 18.04.2020 im Hungerstreik.

1.3.6. Es ist damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 jedenfalls innerhalb der Schubhafthöchstdauer soweit gelockert sind, dass Abschiebungen innerhalb dieses Zeitraumes durchführbar sind. Die Flugabschiebung ist für November 2020 in Aussicht gestellt.

1.3.7. Eine (relevante) Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft und des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes bzw. der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft hat sich seit der letzten gerichtlichen Überprüfung nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die vorangegangenen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend (Geschäftszahlen 2128258-1 und 2128258-2), in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend das bisherige Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers (Geschäftszahl 2231630-1 bis 4), in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1.    Zum Verfahrensgang:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem vorliegenden Gerichtsakt sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die Asylverfahren sowie die Schubhaftverfahren den Beschwerdeführer betreffend.

2.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

2.2.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes, insbesondere des für ihn erteilten Heimreisezertifikates. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers.

2.2.2. Aus dem Strafregister ergibt sich die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers.

2.2.3. Dass der Beschwerdeführer seit 14.02.2020 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei.

2.2.4. Es haben sich weder aus dem Verwaltungsakt noch aus der Anhaltedatei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass beim Beschwerdeführer eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder gar Haftunfähigkeit vorliegen würde, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war. Dass er Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

2.3.1. Die Feststellungen zu der mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.08.2020 erlassenen Rückkehrentscheidung ergeben sich aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen diesen Bescheid betreffend.

2.3.2. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers für den 04.02.2020 organisiert wurde. Aus dem Grundversorgungsinformationssystem ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer am 03.02.2020 aus seinem Grundversorgungsquartier ausgezogen ist, ohne eine neue Adresse bekannt zu geben. Dass die geplante Abschiebung des Beschwerdeführers storniert wurde, ergibt sich ebenfalls aus dem Verwaltungsakt. Dass der Beschwerdeführer am 13.02.2020 versuchte nach Deutschland auszureisen steht auf Grund der schriftlich dokumentierten Einreiseverweigerung der deutschen Polizei sowie der Einvernahme des Beschwerdeführers durch eine Landespolizeidirektion am 14.02.2020 fest.

2.3.3. Dass der Beschwerdeführer am 14.02.2020 einen Asylfolgeantrag stellte ergibt sich insbesondere aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen den über diesen Antrag entscheidenden Bescheid vom 05.08.2020 betreffend. Aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen den Bescheid vom 26.04.2016 betreffend ergibt sich, dass zu diesem Zeitpunkt die mit diesem Bescheid erlassene Rückkehrentscheidung auf Grund des abweisenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.12.2019 rechtskräftig, durchsetzbar und durchführbar war. Die Feststellungen zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes auf Grund des Asylfolgeantrages beruhen auf dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes im Verfahren zur Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.

2.3.4. Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Kontakte in Österreich verfügt und in keiner Weise selbsterhaltungsfähig ist, ergeben sich aus der Aktenlage und den bisherigen Ausführungen des Beschwerdeführers in seinen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren, insbesondere aus seiner Befragung durch eine Landespolizeidirektion am 14.02.2020.

2.3.5. Dass der Beschwerdeführer nicht vertrauenswürdig ist, ergibt sich aus dem festgestellten und aktenkundigen bisherigen Verfahren des Beschwerdeführers, insbesondere der Missachtung seiner Ausreiseverpflichtung, der Verhinderung seiner Abschiebung durch Untertauchen und seinen Aufenthalt im Verborgenen, den Versuch, sich nach Deutschland abzusetzen, der Stellung eines Asylfolgeantrages während der auf Grund eines Festnahmeauftrages erfolgten Anhaltung sowie dem Verhalten während der Anhaltung in Schubhaft, insbesondere seinem Hungerstreik, um die Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.

Auch die vom Beschwerdeführer eingebrachten Anträge auf freiwillige Ausreise vermögen an dieser Einschätzung nichts zu ändern, zumal der Beschwerdeführer in seiner Befragung durch das Bundesamt am 24.02.2020 selbst angab, dass er trotz des gestellten Antrages auf freiwillige Ausreise nicht ausreisen wolle und er diesen Antrag nur gestellt habe, da er mit seiner Abschiebung rechne. Bei seiner Einvernahme am 14.09.2020 wiederholte der Beschwerdeführer, dass er nicht nach Afghanistan zurückkehren könne. Seinen am 25.05.2020 eingebrachten Antrag auf freiwillige Ausreise zog er de facto zurück, da jene Organisation, die den Beschwerdeführer bei der freiwilligen Ausreise zu unterstützen beabsichtigte am 04.06.2020 dem Bundesamt mitteilte, dass der Antrag gegenstandslos sei, da der Beschwerdeführer nicht freiwillig ausreisen wolle. Das diesbezügliche Schreiben liegt im Verwaltungsakt das Asylfolgeverfahren betreffend ein. Dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist, freiwillig aus Österreich auszureisen, zeigt sich insbesondere auch daran, dass er einen Asylfolgeantrag stellte, obwohl er – wie er in seinen Einvernahmen mehrfach angab – keinerlei neue Fluchtgründe vorzubringen habe. Er hielt diesen Antrag auch trotz des eingebrachten Antrages auf freiwillige Ausreise aufrecht und erhob gegen den über den Asylfolgeantrag absprechenden Bescheid Beschwerde.

2.3.6. Dass es aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt aktuell vorherrschenden COVID-19 Pandemie zu Verzögerungen hinsichtlich der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat wegen der vorherrschenden Mobilitätsbeschränkungen kommt, ist evident. Es ist aber davon auszugehen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 aufgrund der damit verbundenen massiven Belastungen für Privatpersonen und Wirtschaft realistischer Weise in absehbarer Zeit - jedenfalls innerhalb der Schubhafthöchstdauer - wieder substantiell gelockert werden und eine Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat dann erfolgen kann. Abschiebungen nach Afghanistan auf dem Luftweg sind bereits vor Ausbruch der COVID-19 Pandemie regelmäßig durchgeführt worden. Sobald der Flugverkehr nach Afghanistan wieder aufgenommen wird, steht einer Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat nichts entgegen, zumal auch schon von der afghanischen Vertretungsbehörde ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer ausgestellt worden ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch die Möglichkeit besteht, den Beschwerdeführer mittels Charterabschiebung nach Afghanistan zu verbringen, womit das Bundesamt nicht an die Wiederaufnahme der Linienflüge gebunden ist. Dass die Abschiebung des Beschwerdeführers voraussichtlich im November 2020 organisiert wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt sowie der Stellungnahme des Bundesamtes vom 11.09.2020. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich.

2.3.7. Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit der letzten amtswegigen gerichtlichen Haftprüfung am 26.08.2020 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen. Die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ist weiterhin gegeben – es gibt auch in dieser Hinsicht keinerlei Hinweis für diesbezügliche Änderungen. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken. Es sind keine Hinweise hervorgekommen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhafthaftdauer nicht möglich ist.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Fortsetzungsausspruch

3.1. Gesetzliche Grundlagen

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.

drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.

sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

§ 80 Abs. 4 FPG idF der Novelle BGBl. I Nr. 70/2015 lautete (Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht):

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1.

weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2.

weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3.

weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

3.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.3. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Gegen den Beschwerdeführer liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Das durchgeführte Verfahren hat ergeben, dass die Überwachung der Ausreise des Beschwerdeführers notwendig erscheint und gilt daher die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft gemäß § 76 Abs. 5 FPG als zur Sicherung der Abschiebung als verhängt. Es wurde bereits ein Heimreisezertifikatsverfahren durchgeführt und ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer ausgestellt. Die Abschiebung des Beschwerdeführers ist für November 2020 in Aussicht gestellt.

3.4. Fluchtgefahr

Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Nach negativem Abschluss des ersten Asylverfahrens hat sich der Beschwerdeführer seiner Abschiebung bereits entzogen, war untergetaucht und versuchte nach Deutschland weiterzureisen. Er stellte zur Verhinderung seiner Abschiebung einen unbegründeten Folgeantrag. Der faktische Abschiebeschutz wurde aufgehoben. Eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme liegt vor. Das Verfahren hat darüber hinaus ergeben, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit weder kooperativ war, noch vertrauenswürdig ist. Die Flugabschiebung ist im November 2020 geplant.

Fluchtgefahr ist dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG ist bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert.

Seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylantrages in Österreich bestand eine Ausreiseverpflichtung. Dieser leistete der Beschwerdeführer keine Folge, sondern tauchte unter, um seine Abschiebung zu verhindern und versuchte in weiterer Folge nach Deutschland weiterzureisen. Nachdem der Beschwerdeführer durch sein Untertauchen und für das Bundesamt nicht greifbar war, hat der Beschwerdeführer seine Abschiebung verhindert, weshalb der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt ist.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige, durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und er untergetaucht ist, um sich einer Abschiebung zu entziehen, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z 4 FPG ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr zu berücksichtigen, ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 34 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt.

Die Aufhebung des faktische Abschiebeschutzes wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.03.2020 als rechtmäßig bestätigt, weshalb auch Z 4 leg. cit. gegenständlich vorliegt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z 5 FPG ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr zu berücksichtigen, ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde.

Der Beschwerdeführer stellte am 14.02.2020 aus dem Stande der Anhaltung einen Asylfolgeantrag. Zu diesem Zeitpunkt war die Rückkehrentscheidung bereits durchsetzbar, bzw. durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2019, nach Zustellung am 17.12.2019 rechtskräftig. Es ist daher im vorliegenden Fall auch der Tatbestand der Z 5 des § 76 Abs. 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3, Z 4, Z 5 und Z 9 FPG vor.

3.5. Sicherungsbedarf

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Der Beschwerdeführer ist nach rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens untergetaucht und war für die Behörde nicht greifbar und hat versucht nach Deutschland weiterzureisen. Dadurch hat er seine Abschiebung vereitelt. Nachdem ihm die Einreise nach Deutschland verweigert wurde stellte er in Österreich einen Asylfolgeantrag um seine Abschiebung zu verhindern. In der Schubhaft versuchte er durch Hungerstreik seine Freilassung zu erzwingen und stellte Anträge auf freiwillige Ausreise, obwohl er nicht bereit war, freiwillig auszureisen. Es liegt eine den Beschwerdeführer betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme sowie ein Einreisverbot vor und sein Folgeantrag wurde rechtskräftig zurückgewiesen. Die Flugabschiebung ist für November 2020 geplant. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

In Österreich befinden sich keine engen familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.6. Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Er hat in Österreich bereits zwei Anträge auf internationalen Schutz gestellt, die rechtskräftig negativ entschieden wurden. Er versuchte auch durch die Stellung eines Asylfolgeantrages, bei dem er vor dem Bundesamt angab, dass er keinerlei neuen Fluchtgründe vorzubringen habe, seine Abschiebung zu verhindern. Er ist in der Vergangenheit untergetaucht, um seiner Abschiebung zu entgehen. Die Dauer der Schubhaft ist auf die mit der COVID-19-Pandemie verbundene vorübergehende Verzögerung bei der Durchführung der geplanten Abschiebung auf dem Luftweg zurückzuführen. Die damit verbundenen Reisebeschränkungen mindern die Fluchtgefahr nicht und ist auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft in Erwartung einer Lockerung der Reisebeschränkungen aufrecht zu erhalten (vgl. VwGH vom 12.05.2020, Ra 2020/21/0094-8).

Aufgrund der derzeitigen COVID-19-Pandemie kommt es auch weiterhin zu Verzögerungen im internationalen Flugverkehr. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand – kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt – mit wenigen Monaten einzustufen. Mit einer Abschiebung innerhalb der Höchstdauer der Schubhaft ist jedenfalls zu rechnen und aktuell im November 2020 in Aussicht genommen. Es ist auch damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit Covid-19 zumindest weiter gelockert und Abschiebungen zunehmend leichter durchführbar sein werden. Die Reaktivierung des touristischen Flugverkehrs ist ferner keine Voraussetzung für die Durchführbarkeit von Abschiebungen. Hinsichtlich COVID-19 ergaben sich auch keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer einer COVID-19 Risikogruppe angehören könnte.

Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers, der keine engen Kontakte und keine engen Familienbande in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers.

3.6.1. Fortsetzung gemäß § 80 Abs. 4 FPG

Eine Verlängerung der Schubhaft über den Zeitraum von sechs Monaten gemäß § 80 Abs. 2 Z 2 FPG ist im vorliegenden Fall, mangels Anwendbarkeit von § 80 Abs. 3 und Abs. 5 FPG nur unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 zulässig.

Für das Vorliegen einer der Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 Z 1 bis 3 FPG haben sich bisher im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben.

Zu prüfen ist daher, ob die Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 Z 4 gegeben sind.

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass in jenen Fällen, in denen sich der Fremde bereits einmal dem Verfahren entzogen hat, die Schubhaftdauer verlängert werden kann. Die Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 84/2017, geben den Willen des Gesetzgebers wieder: „Die vorgeschlagene Neuregelung des § 80 vereinfacht einerseits die Regelung der Schubhaftdauer, indem sie die Maßgeblichkeit der Durchrechnungszeiträume entfallen lässt, und schöpft andererseits die von der Rückführungs-RL gebotenen Möglichkeiten deutlicher aus, indem sie die zulässige Höchstdauer der Schubhaft auf sechs bzw. – in den in § 80 Abs. 4 definierten Ausnahmefällen – auf 18 Monate anhebt.“ (RV 1523 BlgNR XXV. GP 4).

Der Beschwerdeführer hat sich, wie den Feststellungen unter Punkt 1.3.2. zu entnehmen ist, in der Vergangenheit der Außerlandesbringung durch Untertauchen entzogen:

Der Beschwerdeführer war für die Behörde nicht greifbar, er war untergetaucht. Diesen Umstand hat der Beschwerdeführer auch im gesamten Verfahren nie bestritten. Wenn sich ein Fremder dem Verfahren entzieht, kommt es nicht auf die Dauer des Entzuges, sondern lediglich darauf an, ob der Fremde sich dem Verfahren überhaupt entzogen hat. § 80 Abs. 4 Z 4 FPG liegt daher vor.

3.6.2. Kenntnis gemäß § 80 Abs. 7 FPG

Der Beschwerdeführer wurde nach einer Anhaltung von sechs Monaten gemäß § 80 Abs. 7 FPG am 14.09.2020 davon in Kenntnis gesetzt, dass er aufgrund Schubhaftverlängerung nach § 80 Abs. 4 Z 4 FPG angehalten wird. Nachdem sich in der Niederschrift allerdings ein offenkundiger Tippfehler befindet, wonach dem Beschwerdeführer mitgeteilt wurde, dass gemäß § 80 Abs. 4 FPG die Schubhaft 10 Monate – anstatt wie im Gesetz vorgesehen 18 Monate – aufrechterhalten werden könne, wird das Bundesamt diesen Fehler im Hinblick auf ein allfälliges Überschreiten von 10 Mo

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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