TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/24 95/12/0277

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Veröffentlicht am 24.09.1997
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
72/02 Studienrecht allgemein;
72/04 Studienrichtung Rechtswissenschaft;

Norm

AHStG §39;
AHStG §40 Abs12;
AHStG §40;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
RigO rechtswissenschaftliche staatswissenschaftliche Fakultäten 1872;
RigONov juristische 1936;
RigONov juristische 1972;
RwStudG 1978 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Mag. M in S, vertreten durch Dr. Rupert Wolff, Rechtsanwalt in Salzburg, Aignerstraße 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 4. September 1995, Zl. 68.111/24-I/B/15/95, betreffend Anerkennung eines italienischen akademischen Grades, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der in Bozen geborene, nunmehr in Salzburg wohnhafte Beschwerdeführer hat an der Universität Trient, Italien, von 1989 bis 1995 das Studium der Rechtswissenschaft absolviert.

Mit Eingabe vom 20. Juli 1995 beantragte er die Anerkennung der Gleichstellung seines an der Universität Trient erworbenen akademischen Grades "Dottore in Giurisprudenza" mit dem österreichischen akademischen Grad "Magister der Rechtswissenschaft". Ergänzend dazu ersuchte er mit Telefax vom 1. September 1995 seine "italienische Laurea" nicht nur als "Magister iur", sondern auch als "Dr. iur." anzuerkennen.

Darüber entschied die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid wie folgt:

"Gemäß dem Notenwechsel zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung weiterer akademischer Grade und Titel, BGBl. Nr. 304/1990, wird der von Ihnen am 21. Juni 1995 an der Universität Trient erworbene akademische Grad Laurea in giurisprudenza mit dem österreichischen akademischen Grad Magister der Rechtswissenschaften, lateinische Bezeichnung Magister iuris, abgekürzt Mag. iur., der Studienrichtung Rechtswissenschaften gemäß dem Bundesgesetz über das Studium der Rechtswissenschaften, BGBl. Nr. 140/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 99/1990, als voll gleichwertig anerkannt.

Ihr zusätzlicher Antrag vom 1. September 1995 auf Anerkennung als gleichwertig mit dem österreichischen akademischen Grad "Doktor der Rechte" wird gemäß dem zitierten Notenwechsel in Verbindung mit § 2 des Bundesgesetzes über das Studium der Rechtswissenschaften, BGBl. Nr. 104/1978, abgewiesen."

Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, mit der Feststellung der Gleichwertigkeit seines italienischen akademischen Grades habe der Beschwerdeführer alle Rechte, die nach Maßgabe der geltenden österreichischen Rechtsvorschriften mit dem Besitz des österreichischen akademischen Grades Magister der Rechtswissenschaften oder mit dem Abschluß des ordentlichen Studiums der Studienrichtung Rechtswissenschaften an einer Universität verbunden seien, erworben. Das Recht zur Führung des italienischen akademischen Grades bleibe dem Beschwerdeführer gemäß § 39 AHStG aber unberührt. Ergänzend werde noch darauf hingewiesen, daß bei der Anerkennung der Gleichwertigkeit eines akademischen Grades oder Titels für die Ausübung eines Berufes die Bestimmungen jenes Landes erfüllt werden müßten, in dem der Beruf ausgeübt werden solle.

In dem im Spruch genannten Notenwechsel sei zusätzlich zum österreichischen akademischen Grad "Magister der Rechtswissenschaften" auch der akademische Grad "Doktor der Rechte" als gleichwertig mit dem italienischen akademischen Grad "Laurea in giurisprudenza" angeführt. Dies sei erforderlich gewesen, um Absolventen des österreichischen Doktoratsstudiums der Rechtswissenschaften, die ihr Studium nach alten Vorschriften ohne vorherige Absolvierung eines Diplomstudiums abgeschlossen gehabt hätten, eine Anerkennung in Italien zu ermöglichen. Umgekehrt komme die Anerkennung als "Doktor der Rechte" nur jenen Absolventen des entsprechenden italienischen Studiums zugute, die dieses Studium zu einem Zeitpunkt begonnen hätten, zu dem in Österreich auf Grund der damals geltenden Studienvorschriften das Diplomstudium der Rechtswissenschaften noch nicht eingerichtet gewesen sei, und die ihr Studium ohne Unterbrechung beendet hätten. § 2 des Bundesgesetzes über das Studium der Rechtswisenschaften, in Kraft getreten mit 1. Oktober 1978, habe aber das Diplomstudium der Rechtswissenschaften und den akademischen Grad "Magister der Rechtswissenschaften" eingeführt. Die rechtswissenschaftliche Studienordnung, BGBl. Nr. 148/1979, sei mit 6. April 1979 in Kraft getreten. Danach seien an allen rechtswissenschaftlichen Fakultäten die Studienpläne erlassen worden; der akademische Grad "Doktor der Rechte" habe nur mehr auslaufend verliehen werden können (Ende des Auslaufzeitraumes sei gemäß § 15 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Studium der Rechtswissenschaften der 30. September 1995).

Da der Beschwerdeführer sein Studium in Italien erst im Jahre 1989 begonnen und am 21. Juni 1995 abgeschlossen habe, habe ihm der akademische Grad "Doktor der Rechte" nicht mehr verliehen werden können. Dem Zusatzantrag des Beschwerdeführers sei daher nicht stattzugeben gewesen.

Gegen diesen Bescheid - soweit mit ihm dem Antrag des Beschwerdeführers nicht stattgegeben worden ist - richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung seines italienischen akademischen Grades als gleichwertig mit dem österreichischen akademischen Grad "Doktor der Rechte" verletzt. Er bringt im wesentlichen vor, die Entscheidung der belangten Behörde widerspreche dem "Notenwechsel", weil in diesem zusätzlich zum österreichischen akademischen Grad "Magister der Rechtswissenschaften" auch der akademische Grad "Doktor der Rechte" als gleichwertig mit dem italienischen Grad "LAUREA IN GIURISPRUDENZA/DOTTORE IN GIURISPRUDENZA" angeführt sei. Dieser Notenwechsel könne - insbesondere bei verfassungskonformer Interpretation - nur so verstanden werden, daß beide österreichischen akademischen Grade, nämlich der Magister- und Doktorgrad, als voll gleichwertig mit dem italienischen "laurea in giurisprudenza" anerkannt werden müßten. Daraus könne aber nicht der Schluß gezogen werden, daß die italienische "LAUREA IN GIURISPRUDENZA/DOTTORE IN GIURISPRUDENZA" in Österreich nur mit dem österreichischen akademischen Grad Magister der Rechtswissenschaften, abgekürzt Mag. iur., anerkannt werden könne und nicht auch mit dem österreichischen akademischen Grad "Doktor der Rechte". Insofern, als die belangte Behörde die Anerkennung des ialienischen akademischen Grades "DOTTORE IN GIURISPRUDENZA/LAUREA IN GIURISPRUDENZA" unter Verweis auf die rechtswissenschaftliche Studienordnung BGBl. Nr. 140/1978 abgewiesen habe, verletze sie das Recht des Beschwerdeführers auf volle Anerkennung seines Studienabschlusses, da der genannte Notenwechsel keinerlei Verweis auf diese Studienordnung enthalte und diese Studienordnung nicht zum Inhalt des zwischenstaatlichen Abkommens erhoben worden sei. Es wäre weiters eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, würde ein österreichischer "Mag. iuris" zwar in Italien als "Dottore in giurisprudenza" anerkannt werden, ein "Dottore in giurisprudenza" aber in Österreich nur als "Mag. iur".

Soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt, ist in Österreich die Führung akademischer Grade im V. Abschnitt des AHStG, BGBl. Nr. 177/1966, unter der Überschrift "Akademische Grade" geregelt. Nach § 39 AHStG ist jedem Träger eines von einer anerkannten ausländischen Hochschule verliehenen akademischen Grades in Österreich gestattet, seinem Namen den erworbenen akademischen Grad, und zwar mit dem im Verleihungsdekret enthaltenen Wortlaut und unter Beisetzung der ausländischen Hochschule, die den akademischen Grad verliehen hat, im Verkehr mit Behörden und im privaten Verkehr beizufügen. Ausländische akademische Grade und Studienabschlüsse sind nach § 40 AHStG von den Universitäten (Hochschulen) unter bestimmten Voraussetzungen zu nostrifizieren. Nach § 40 Abs. 12 AHStG werden aber dadurch zwischenstaatliche Vereinbarungen nicht berührt.

Zwischen der Republik Österreich und der italienischen Republik bestehen seit Jahrzehnten (vgl. BGBl. Nr. 270/1954, 491/1974 u.a.) bilaterale Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von akademischen Graden und Titeln. Das letzte derartige Abkommen, auf dem der angefochtene Bescheid aufbaut, ist im BGBl. Nr. 304/1990 verlautbart.

Demnach sind die akademischen Titel und Grade, deren Gleichwertigkeit von der österreichisch-italienischen Expertenkommission in ihrer 8. Sitzung vom 6. November 1986 festgestellt wurde, ohne Zusatzprüfung gegenseitig anzuerkennen (Beilage A).

Die Gesamtliste (Beilage B), die alle akademischen Grade und Titel enthält, die in den Notenwechseln vom 24. Juli 1972 und vom 19. Februar 1976 in Wien und vom 31. Mai 1978 und vom 29. Oktober 1980 in Rom sowie jene akademischen Titel und Grade, die von der österreichisch-italienischen Expertenkommission in ihrer 8. Sitzung als gleichwertig anerkannt wurden, ist integrierender Teil gegenständlicher Note, die ein Gesamtbild für die Handhabung anbieten und vor allem als Grundlage der gegenseitig anerkannten akademischen Titel und Grade dient. Diese Gesamtliste bildet in Hinkunft die alleinige Grundlage für die Gleichwertigkeit österreichischer und italienischer Titel.

Sind in einem internationalen Abkommen akademische Grade und Studienabschlüsse als "voll gleichwertig" erklärt, so unterliegen sie nicht mehr der Nostrifizierung gemäß § 40 AHStG; zur Bescheiderlassung ist vielmehr der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung zuständig (vgl. Langender-Strasser, Österreichische Hochschulrecht, AHStG, Anm. 30 zu § 40).

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß in der Anlage zu dem Notenwechsel BGBl. Nr. 304/1990 als dem "Laurea italiana in Giurisprudenza" entsprechender österreichischer akademischer Grad sowohl der "Doktor iuris" als auch der "Magister iuris" genannt sind. Der "Doktor iuris" ist aber nach der Vorspalte mit dem Studium der "Rechte" und der "Magister iuris" mit dem Studium der "Rechtswissenschaften" verbunden. Die Determinierung erfolgt daher ausschließlich durch die Angabe des Studiums in Verbindung mit dem jeweiligen akademischen Grad. Aus der Bezeichnung des für die Erlangung des Doktor iuris in Österreich erforderlichen Studiums der Rechte folgt, daß darunter das Studium nach der Rigorosenordnung für die rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultäten, RGBl. Nr. 57/1872, in der Fassung der juristischen Rigorosenordnung, BGBl. Nr. 48/1936, und des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 282/1972 gemeint ist. Der "Magister iuris" ist in Verbindung mit der seit 1. Oktober 1978 in Kraft befindlichen Neuregelung über das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, BGBl. Nr. 104/1978, zu sehen.

Ungeachtet dessen, daß in Italien auf Grund des vom Beschwerdeführer absolvierten Laureatsstudiums der Titel "Dottore" auch für diesen Studienabschluß verwendet wird, entspricht der Studienabschluß des Beschwerdeführers dem österreichischen Magisterdiplom.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch keine Unsachlichkeit darin erkennen, daß bei Juristen, bei denen zum Zeitpunkt ihres Studienbeginnes in Österreich nur die seinerzeitige Rigorosenordnung in Geltung stand, im Hinblick auf die von der belangten Behörde aufgezeigte Übergangsproblematik bei sonst gleichen Voraussetzungen die Gleichstellung mit dem vom Beschwerdeführer begehrten Titel "Doktor iuris" vorgesehen ist.

Auf Grund dieser Überlegungen zeigt sich, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt; die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995120277.X00

Im RIS seit

07.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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