TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/3 I403 2134983-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.10.2020
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Entscheidungsdatum

03.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §52 Abs3
StGB §83 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2134983-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. German BERTSCH, Saalbaugasse 2, 6800 Feldkirch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.06.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte erstmals nach illegaler Einreise mit dem Zug von Italien kommend am 28.06.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 29.08.2016, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.12.2019 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2020 zu Zl. I405 2134983-1 als unbegründet abgewiesen.

Am 04.03.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 Abs 1 AsylG. Dem Beschwerdeführer wurde von Seiten der belangten Behörde die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt, welche er allerdings nicht nützte. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.06.2020 wurde der Antrag gem. § 58 Abs 10 AsylG zurückgewiesen.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 27.07.2020 vorgelegt. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die Rechtssache am 01.10.2020 der Gerichtsabteilung I403 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist geschieden, hat eine Tochter (die sich vermutlich in Nigeria aufhält), ist Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der I(g)bo an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer gelangte schlepperunterstützt ausgehend von Nigeria über Niger und Libyen nach Italien. Er reiste am 28.06.2014 mit dem Zug von Italien kommend ins Bundesgebiet ein und stellte nach seiner fremdenpolizeilichen Festnahme einen Antrag auf internationalen Schutz. Er hält sich seit mindestens 28.06.2014 in Österreich auf.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft. So wurde er jeweils mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 06.10.2015 wegen §§ 83 Abs. 1, 15 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je EUR 4,--, davon 30 Tagessätze bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt; des Weiteren wurde er mit Urteil zu 18 U 124/2018l vom 26.06.2018 wegen § 136 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je EUR 4,-- rechtskräftig verurteilt.

Er geht in Österreich einer Beschäftigung als Zeitungsausträger bei der XXXX Verlag GmbH auf Werkvertragsbasis seit 24.09.2019 nach; der Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen von der staatlichen Grundversorgung und ist selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse besucht. Er hat jedoch keine qualifizierte Sprachprüfung abgelegt.

Der Beschwerdeführer ist trotz aufrechter Rückkehrentscheidung seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht nachgekommen, sondern hält sich weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Aus dem begründeten Antragsvorbringen des Beschwerdeführers gem. § 55 AsylG geht im Vergleich zur rezenten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 30.01.2020 ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gem. § 9 Abs 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gem. Art 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I geführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seinem fehlenden Familienleben in Österreich, seiner Glaubenszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit, seiner Einreise und seinem Aufenthalt in Österreich ergeben sich aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2020 zu Zl. I405 2134983-1. Dass es diesbezüglich bis zur gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Änderungen gekommen wäre, wurde nicht behauptet. Sowohl in einer dem Antrag beiliegenden Stellungnahme wie auch in der Beschwerde wurde nur auf Umstände Bezug genommen, die bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Asylantrag am 30.01.2020 vorgelegen waren. Dass der Beschwerdeführer selbsterhaltungsfähig ist und als Zeitungsausträger arbeitet, wurde etwa bereits im Vorverfahren berücksichtigt. Die bloße Verlängerung seines Aufenthaltes in Österreich um fünf Monate (die zwischen der Entscheidung vom 30.01.2020 und dem gegenständlichen Bescheid vom 25.06.2020 liegen) stellt keine wesentliche Sachverhaltsänderung dar, zumal der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, Österreich zu verlassen.

Die Feststellung über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Identität des Beschwerdeführers steht mangels Vorlage unbedenklicher identitätsbezeugender Dokumente nicht fest.

Dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht, ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.01.2020, Geschäftszahl: I405 2134983-1.

Die im nunmehrigen Verfahren vorgelegten Unterlagen wurden bereits im Verfahren, welches zur letztmalig ergangenen rechtskräftigen Rückkehrentscheidung führte, berücksichtigt. Ergänzend wurden nur die Wohnrechtsvereinbarung mit der Caritas sowie einige Monatsabrechnungen für die Tätigkeit als Zeitungsausträger vorgelegt. Damit wurden aber keine neuen Umstände aufgezeigt.

Weder aus der Antragsbegründung des nunmehr begehrten Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG, noch aus den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz kann daher ein (maßgeblich) geänderter Sachverhalt gewonnen werden, der eine neuerliche meritorische Prüfung des Antrages erforderlich machen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Anwendbare Rechtsnormen:

§ 58 Abs. 10 AsylG bestimmt:
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß §9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. […]

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1803 BlgNR 24. GP 50) legen zur Bestimmung des § 58 Abs 10 AsylG Folgendes dar:

„Der neue (Abs. 10) entspricht im Wesentlichen § 44b NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011. Mit der Neuerrichtung des Bundesamtes und der damit einhergehenden Verfahrensvereinfachung und organisatorischen Umstrukturierung ist die Einbindung der zuständigen Sicherheitsdirektion entfallen. Die Beurteilung bzw. Prüfung erfolgt nun durch das Bundesamt. Dementsprechend sind Anträge als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes hat sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass – im Rahmen einer Neubewertung – wenn ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, ein Aufenthaltstitel zu erteilen sein wird.“

§ 10 Abs. 3 AsylG lautet:

„(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

§ 52 Abs. 3 FPG lautet:

„(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.“

Die zur Vorgängerregelung des § 58 Abs. 10 AsylG (also zu § 44b Abs. 1 NAG) ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auf die Auslegung des § 58 Abs. 10 AsylG zu übertragen (dazu VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101). Nach dieser Rechtsprechung liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufweisen, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten würde. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101 mit Hinweisen auf VwGH 22.07.2011, 2011/22/0127; 05.05.2015, Ra 2014/22/0115).

Da der Zurückweisungsgrund gemäß § 58 Abs. 10 AsylG (vormals § 44b Abs. 1 Z 1 NAG) der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) nachgebildet ist, können die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, auch für die Frage herangezogen werden, wann eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 58 Abs. 10 AsylG vorliegt. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides (bezogen auf § 58 Abs. 10 AsylG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Für diese Prognose ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/22/0161; 09.09.2013, 2013/22/0215, mwN).

Anwendung im Beschwerdefall:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zu der durch das VwGVG neu geschaffenen Rechtslage ausgesprochen (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002-0003; 26.02.2015, Ra 2014/22/0152- 0153; 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; 16.09.2015, Ra 2015/22/0082-0083; 12.10.2015, Ra 2015/22/0115), dass - wenn die Behörde in erster Instanz den Antrag zurückgewiesen hat - das Verwaltungsgericht lediglich befugt ist, darüber zu entscheiden, ob die von der Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist, dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Aus diesem Grund war auf den in der Beschwerde gestellten Antrag des Beschwerdeführers, das Bundesverwaltungsgericht möge „dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 04.03.2020“ nicht einzugehen, weil ein solcher Ausspruch den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten würde.

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, dass er sich gut in Österreich integriert habe: Er habe keine Verwandten hier, doch viele österreichische Freunde, er sei selbsterhaltungsfähig und habe begonnen Deutsch zu lernen. Damit zeigt er aber keine Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes gegenüber dem Sachverhalt, der dem Erkenntnis vom 30.01.2020 zugrundegelegt worden war, auf. Es wurde in keiner Weise dargelegt, welche entscheidungsrelevante Änderung in den fünf Monaten, die zwischen den beiden Entscheidungen liegen, eingetreten sein sollte.

Im Übrigen hat der Beschwerdeführer seine bereits in der rechtskräftigen Entscheidung vom Jänner 2020 berücksichtigten Schritte zur Integration in Österreich während der folgenden Monate einfach fortgesetzt, dies obwohl ihm gegenüber nunmehr eine rechtskräftige Ausreiseverpflichtung bestand; diese Schritte erfolgten insofern daher weiterhin vor dem Hintergrund eines unsicheren Aufenthaltsstatus. Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung zurückweist, dass "keine maßgebliche Sachverhaltsänderung“ stattgefunden hat. Die geltend gemachten Umstände weisen von vornherein keine solche Bedeutung auf, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten würde bzw. wurden gegenständlich gar keine neuen Umstände vorgebracht.

Das Bundesverwaltungsgericht ist auch der Auffassung, dass die im angefochtenen Bescheid gewählte Vorgangsweise, die Zurückweisung nicht mit einer neuerlichen Rückkehrentscheidung zu verbinden, rechtens war. Zwar sieht der Gesetzeswortlaut eine Verbindung sowohl einer Ab- als auch einer Zurückweisung des Antrags nach § 55 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung vor (und zwar gemäß § 52 Abs. 3 FPG unterschiedslos, nach § 10 Abs. 3 AsylG jedoch - im Widerspruch zu § 52 Abs. 3 FPG - "nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegt."). Das Gericht geht davon aus, dass der Gesetzgeber bei diesen Regelungen den Fall der Zurückweisung wegen bereits durch ergangene Rückkehrentscheidung entschiedener Sache nicht bedacht hat und dass der Regelungsgehalt des § 52 Abs. 3 FPG und des § 10 Abs. 3 AsylG vor dem Hintergrund des Normzwecks (keine neuerliche Entscheidung bei bereits entschiedener Sache, gerade angesichts dessen, dass über alle Aspekte, die bei einem Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG relevant sind, bei Erlassung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung bereits entschieden wurde) für Fälle der Zurückweisung nach § 58 Abs. 8 AsylG nicht zum Tragen kommt. Die bisher dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist - soweit ersichtlich - für diesen Fall nicht einschlägig, sondern betraf andere Arten der Zurückweisung, z.B. wegen Nichtmitwirkung im Verfahren gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG; vgl. VwGH, 14.04.2016, Ra 2016/21/0077 [=VwSlg. 19.347 A/2016]; 17.11.2016, Ra 2016/21/0200 [=VwSlg. 19.482 A/2016]; 17.05.2017, Ra 2017/22/0059; 21.09.2017, Ra 2017/22/0128).

Zudem würde eine allfällige Säumnis in Bezug auf die Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht zur Rechtswidrigkeit des Ausspruchs über den Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach Art. 8 EMRK führen. Dieser hängt nämlich nicht von der Rückkehrentscheidung ab (VwGH, 12.12.2018, Ra 2017/19/0553).

Das BFA ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen war und die Beschwerde war demnach spruchgemäß vom Bundesverwaltungsgericht abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

In der Beschwerde wurde zwar ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, das Bundesverwaltungsgericht konnte sich aber auf vom Beschwerdeführer unbestrittene Annahmen stützen. Die Beschwerde läuft letztlich darauf hinaus, dass die - unstrittige - Sachlage vom Verwaltungsgericht rechtlich anders gewürdigt werden soll als von der belangten Behörde. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ("Die Verhandlung kann entfallen, wenn ... der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei ... zurückzuweisen ist") kann das Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Diese Bestimmung ist auch in den vom Anwendungsbereich des BFA-VG erfassten Verfahren anwendbar, weil § 21 Abs. 7 BFA-VG nur hinsichtlich von § 24 Abs. 4 VwGVG eine Spezialregelung trifft, im Übrigen aber die Anwendung von § 24 Abs. 1 bis 3 und 5 VwGVG unberührt lässt (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017; VwSlg. 18.966 A/2014).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Asylgründen und zur Relevanz des Privat- und Familienlebens und der Aufenthaltsdauer bei Rückkehrentscheidungen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltstitel Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Bindungswirkung entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung entschiedene Sache erhebliche Unterschiedlichkeit geänderte Verhältnisse Geldstrafe Identität der Sache Integration Interessenabwägung Körperverletzung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Straftat Vorstrafe Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2134983.2.00

Im RIS seit

24.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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