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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §68 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher und Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des B A, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2020, L507 2219298-1/4E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, beantragte am 15. Juni 2018 die Ausstellung eines Fremdenpasses. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19. Oktober 2018 wurde dieser Antrag gemäß § 88 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 FPG abgewiesen. Begründend führte das BFA aus, der Revisionswerber habe angegeben, dass sein türkischer Reisepass abgelaufen sei und nicht verlängert werden könne. Weiters habe der Revisionswerber ausgeführt, ein Interesse Österreichs an der Ausstellung eines Fremdenpasses liege vor, weil er in der Türkei politisch verfolgt werde, ein Haftbefehl gegen ihn vorliege und er einen Fremdenpass für die Ausübung seiner Arbeit als Seelsorger benötige. Mit diesem Vorbringen habe der Revisionswerber ein Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses iSd § 88 Abs. 1 FPG nicht nachgewiesen.
2 Ein weiterer Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Fremdenpasses vom 28. Februar 2019, gestützt auf § 88 Abs. 1 Z 4 FPG, wurde mit Bescheid des BFA vom 17. April 2019 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Weiters sprach es gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das BVwG aus, der Revisionswerber halte sich seit Oktober 2012 in Österreich auf, sei als Imam tätig und habe über einen bis zum 4. April 2020 gültigen Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit (Seelsorger)“ verfügt. Auf Grund eines Verlängerungsantrages halte sich der Revisionswerber gemäß § 24 Abs. 1 NAG rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
5 Seinen ersten Antrag habe er damit begründet, dass sein türkischer Reisepass abgelaufen sei, er diesen aber nicht verlängern könne und er deshalb einen Fremdenpass für die Durchführung seiner Arbeit benötige. Konkret organisiere er Reisen sowie Ausflüge und nehme im In- und Ausland ehrenamtlich an Vorträgen und Seminaren teil. Im Zuge der zweiten Antragstellung auf Ausstellung eines Fremdenpasses habe der Revisionswerber im Antragsformular angekreuzt, dass er nicht in der Lage sei, sich ein für die Auswanderung erforderliches Reisedokument zu beschaffen (§ 88 Abs. 1 Z 4 FPG). Der Revisionswerber habe erklärt, dass ihm eine Verlängerung seines Reisepasses nicht möglich sei und es sich bei ihm daher um eine „quasi“ staatenlose Person handle (§ 88 Abs. 1 Z 1 FPG). Allfällige Änderungen seiner bisherigen Antragsgründe bestünden somit lediglich in der Behauptung, er sei staatenlos undwolle auswandern. Allerdings sei der Revisionswerber nicht staatenlos; eine „Konkretisierung einer Auswanderung“ sei nicht gegeben. Im Übrigen liege - nach wie vor - kein Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses vor.
6 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 14. Juli 2020, E 2173/2020, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
7 Die in der Folge ausgeführte Revision erweist sich als unzulässig.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
10 In der Zulassungsbegründung der Revision wird lediglich vorgebracht, nach einer Beschwerdeabtretung durch den Verfassungsgerichtshof sei „das Rechtsmittel der Revision an den Verwaltungsgerichtshof vorgesehen“ und es sei das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Damit wird allerdings dem Begründungserfordernis des § 28 Abs. 3 VwGG in keiner Weise entsprochen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung wäre nämlich einerseits konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen gewesen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte, und andererseits wäre konkret darzulegen gewesen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich beantwortet hat oder dass dazu Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes überhaupt fehlt (vgl. VwGH 29.6.2017, Ra 2017/21/0075, Rn. 9, mwN). All das wird in der vorliegenden Revision unterlassen.
11 Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das aus § 68 Abs. 1 AVG abzuleitende Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache dann vorliegt, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich zudem das Parteibegehren mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 17.3.2016, Ra 2015/22/0143, Pkt. 4.4. der Begründung). Mit dem Hinweis darauf, dass der Revisionswerber bei seinem ersten Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 1 FPG auf dem Antragsformular keine konkrete Ziffer und bei seinem (gegenständlichen) zweiten Antrag die Ziffer 4 des § 88 Abs. 1 FPG angekreuzt habe, zeigt die Revision nicht auf, inwiefern sich der wesentliche Sachverhalt geändert habe oder sich das Parteibegehren nicht mit dem früheren decke, zumal sich an dem vom BVwG jedenfalls vertretbar angenommenen Umstand, die Ausstellung des beantragten Fremdenpasses liege nicht im Interesse Österreichs, nichts geändert hat.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 27. Oktober 2020
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020210359.L00Im RIS seit
15.12.2020Zuletzt aktualisiert am
15.12.2020