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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BFA-VG 2014 §21 Abs7Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des F G in W, vertreten durch Mag. Stefan Errath, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Untere Viaduktgasse 6/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. Februar 2020, G307 2215337-1/2E, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Begleitaussprüchen und eines befristeten Einreiseverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein serbischer Staatsangehöriger, lebt gemäß seinen Angaben seit 2014 in Österreich. Ihm waren im Hinblick auf eine am 18. Februar 2015 mit einer aus Bosnien stammenden österreichischen Staatsbürgerin geschlossene Ehe Aufenthaltstitel als Familienangehöriger für die Zeit vom 24. April 2015 bis zum 25. April 2017 erteilt worden, ein danach gestellter Verlängerungsantrag wurde seinen Angaben zufolge noch nicht erledigt.
2 Unter näherer Darlegung, dass es sich bei dieser Ehe um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe, sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 18. Jänner 2019 aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Es erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z 1 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig sei, und bestimmte gemäß § 55 FPG für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Überdies erließ es gemäß § 53 Abs. 1 und 2 Z 8 FPG gegen den Revisionswerber ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 12. Februar 2020 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) einer dagegen erhobenen Beschwerde insoweit statt, als es die Dauer des Einreiseverbotes auf zwei Jahre herabsetzte und die Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 4 Z 4 FPG stützte. Im Übrigen wies das BVwG die Beschwerde als unbegründet ab. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach es aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Begründend teilte das BVwG die Ansicht des BFA, dass der Revisionswerber eine Aufenthaltsehe eingegangen sei. Er sei im Zeitraum vom 18. Mai 2015 bis zum 14. Dezember 2019 in fünf Beschäftigungsverhältnissen bei zwei Arbeitgebern tätig gewesen, wobei er auf eine Beschäftigungsdauer von rund zweieinhalb Jahren gekommen sei. Seit dem zuletzt genannten Datum beziehe er Arbeitslosenunterstützung. Er sei strafrechtlich unbescholten. In Österreich lebten keine Familienangehörigen des Revisionswerbers, dessen drei Söhne sich in Serbien aufhielten. Auch bestünden zwar Sozialkontakte, aber keine engeren Beziehungen zu Personen im Bundesgebiet. Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus hätten nicht erwiesen werden können.
Rechtlich argumentierte das BVwG, der Revisionswerber sei eine Aufenthaltsehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin eingegangen und habe unter Berufung darauf den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (sowie dessen Verlängerung, und zwar selbst nach der Scheidung der genannten Ehe) gestellt. Im Hinblick darauf sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.
Zumal unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Verhinderung von Aufenthaltsehen ein hoher Stellenwert zukomme, überwiege bei der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Revisionswerbers dessen - zudem nicht ausgeprägte - private Interessen am Verbleib im Bundesgebiet. Sozialkontakte in Österreich (etwa gegenüber ehemaligen Arbeitskollegen) könnten durch Nutzung moderner Kommunikationsmittel oder im Weg von Besuchen aufrechterhalten werden.
Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes nach § 53 Abs. 1 und 2 Z 8 FPG seien erfüllt, habe sich der Revisionswerber doch zwecks Zugangs zum österreichischen Arbeitsmarkt bzw. zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf die Ehe berufen, aber mit der Ehegattin ein gemeinsames Familienleben iSd Art. 8 EMRK nicht geführt. Da der Revisionswerber jedoch im Bundesgebiet Erwerbstätigkeiten nachgegangen und strafrechtlich unbescholten sei, sei die Dauer des Einreiseverbotes auf das angemessene Maß von zwei Jahren herabzusetzen gewesen.
Die Durchführung der in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung habe gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben können, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine.
5 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision erweist sich als unzulässig.
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
7 In dieser Hinsicht rügt der Revisionswerber die Unterlassung der in seiner Beschwerde beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Es liege kein „eindeutiger Fall“ vor, sodass es der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von ihm bedurft hätte.
8 Angesichts der unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen des BVwG - insbesondere zum Eingehen einer Aufenthaltsehe - kann dem allerdings nicht beigetreten werden, weshalb sich das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung insoweit im Rahmen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hält (vgl. dazu etwa VwGH 4.3.2020, Ra 2019/21/0200, Rn. 14, mwN).
9 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 2. November 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020210227.L00Im RIS seit
15.12.2020Zuletzt aktualisiert am
15.12.2020