Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** F*****, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. M***** D*****, 2. (richtig) L***** H***** GmbH (FN 6*****, und 3. A*****-Aktiengesellschaft *****, alle vertreten durch Mag. Roland Seeger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen (zuletzt) 1.687,50 EUR sA, über den Rekurs der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 30. Dezember 2019, GZ 2 R 96/19k-29, mit welchem die Bezeichnung der zweitbeklagten Partei berichtigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Bezeichnung der zweitbeklagten Partei auf L***** H***** GmbH (FN 6*****) richtiggestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 361,54 EUR (darin 60,26 EUR USt) bestimmten Rekurskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Die Klägerin erhob am 24. Oktober 2017 eine Mahnklage gegen die „Firma L***** Verkehrsservice GmbH, *****, J***** W*****straße *****“ als Halterin eines Omnibusses (zweitbeklagte Partei) und gegen den Erstbeklagten als Lenker sowie eine Versicherungsgesellschaft als Haftpflichtversicherer (drittbeklagte Partei). In ihrem Einspruch bezeichnete sich die zweitbeklagte Partei als „L***** Verkehrsservice GmbH, *****, H*****-Straße *****“. Eine solche Gesellschaft war zu diesem Zeitpunkt unter dieser Firma und mit dieser Anschrift zu FN 6***** im Firmenbuch eingetragen. Sie bestand seit 1993, ihre Firma führte sie seit 2007. Der Kläger blieb in den folgenden Schriftsätzen bei der von ihm gewählten Anschrift der zweitbeklagten Partei (also „J***** W*****straße“ statt „H*****-Straße“).
[2] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Urteil vom 2. Mai 2019 großteils statt, wobei es als Adresse der zweitbeklagten Partei *****, J***** W*****straße *****, anführte. Gegen dieses Urteil erhoben die beklagten Parteien Berufung, die dem Berufungsgericht am 17. Juni 2019 vorgelegt wurde.
[3] In weiterer Folge wurde die Firma der zweitbeklagten Partei durch Neufassung des Gesellschaftsvertrags auf L***** H***** GmbH geändert, wobei die Änderung am 13. Dezember 2019 im Firmenbuch eingetragen wurde.
[4] Mit dem angefochtenen Beschluss berichtigte das Berufungsgericht die Bezeichnung der zweitbeklagten Partei auf L***** Verkehrsbetriebs GmbH, wobei es die Entscheidung zusammen mit der Erledigung der Berufung ausfertigte.
[5] Laut dem Firmenbuch hätten sowohl die L***** H***** GmbH (FN 6*****) als auch die L***** Verkehrsbetriebs GmbH (FN 2*****) ihre Geschäftsanschriften an der Adresse *****, H*****-Straße *****. Aus dem historischen Firmenbuch zu FN6***** gehe hervor, dass die nunmehrige L***** H***** GmbH früher L***** Verkehrsservice GmbH geheißen habe und durch zwei Umgründungsschritte der gesamte Omnibusbetrieb auf die zu dessen Fortführung gegründete L***** Verkehrsbetriebs GmbH übertragen worden sei. Da sich aus der Klagserzählung in Zusammenschau mit dem Firmenbuch eindeutig ergebe, wer die zweitbeklagte Partei sein solle, sei die Bezeichnung der von beiden Parteien falsch bezeichneten, aber eindeutig erkennbaren zweitbeklagten Partei von Amts wegen zu berichtigen.
[6] Der Beschluss wurde den Parteienvertretern zugestellt, nicht jedoch der L***** Verkehrsbetriebs GmbH. Gegen ihn richtet sich der Rekurs der zweitbeklagten Partei. Sie sei seit 1993 im Firmenbuch eingetragen; nur ihre Firma habe sich mit Eintragung vom 13. Dezember 2019 geändert. Insofern werde eine Berichtigung der Parteibezeichnung beantragt. Die L***** Verkehrsbetriebs GmbH sei eine andere Gesellschaft und habe mit der Sache nichts zu tun.
[7] Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
[8] Die L***** Verkehrsbetriebs GmbH wurde bisher nicht in das Verfahren einbezogen. Mangels ihr gegenüber eingetretener Streitanhängigkeit war ihr daher nicht Gelegenheit zur Rekursbeantwortung zu geben (§ 521 Abs 1 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
[9] Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.
[10] 1. Die Zulässigkeit des Rekurses ergibt sich aus § 519 Abs 1 Z 1 ZPO:
[11] Eine (funktional erstinstanzliche) „Berichtigung“ der Parteibezeichnung durch das Berufungsgericht ist nach ständiger Rechtsprechung mit Vollrekurs anfechtbar (RS0039608), und zwar richtigerweise analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO (RS0039608 [T4]): Durch eine „Richtigstellung“ der Parteibezeichnung, die wegen eines dadurch bewirkten Parteiwechsels unzulässig ist, wird die Fortsetzung des Verfahrens mit der Altpartei verweigert, was im Ergebnis einer Klagezurückweisung gleichkommt.
[12] 2. Der Rekurs ist berechtigt, weil die vom Rekursgericht vorgenommene „Berichtigung“ der Parteibezeichnung tatsächlich zu einem Parteiwechsel führte.
[13] 2.1. Schon nach dem Wortlaut des § 235 Abs 5 ZPO kommt eine Berichtigung der Parteibezeichnung nur in Frage, wenn das Klagebegehren nach dem Inhalt der Klage „in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise“ gegen eine bestimmte Person erhoben wird, die aber in der Klage unrichtig bezeichnet wurde (RS0039378). Eine Änderung der Parteibezeichnung ist regelmäßig dann ausgeschlossen, wenn im Berichtigungsweg ein bestehendes Rechtssubjekt gegen ein anderes ausgetauscht werden soll (RS0039530 [T1]), wobei die Existenz zweier Rechtssubjekte für einen (unzulässigen) Parteiwechsel spricht (RS0039297).
[14] 2.2. Im vorliegenden Fall war die Klage eindeutig gegen die – seit 1993 bestehende und seit 2007 unter dieser Firma handelnde – „L***** Verkehrsservice GmbH“ gerichtet. Die von der Klägerin genannte Adresse (J***** W*****straße statt H*****-Straße) konnte insofern keine Zweifel wecken. Diese Gesellschaft besteht unverändert fort, nur ihre Firma hat sich (neuerlich) geändert. Die vom Rekursgericht auf „die Klagserzählung“ und auf Vermutungen über Betriebsübergänge gestützte „Berichtigung“ der Parteibezeichnung führte daher zu einem unzulässigen Parteiwechsel.
[15] 2.3. Aus diesem Grund hat der Rekurs Erfolg. Der angefochtene Beschluss ist dahin abzuändern, dass die Bezeichnung der zweitbeklagten Gesellschaft aufgrund der am 13. Dezember 2019 im Firmenbuch eingetragenen Änderung des Firmenwortlauts auf L***** H***** GmbH (FN 6*****) richtiggestellt wird.
[16] 3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 50 ZPO iVm §§ 52 Abs 1 und 41 Abs 1 ZPO. Die zweitbeklagte Partei hat im zweitinstanzlichen Zwischenstreit über die Berichtigung der Parteibezeichnung obsiegt (vgl Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 1.328).
Textnummer
E129850European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00114.20H.1014.000Im RIS seit
25.11.2020Zuletzt aktualisiert am
25.11.2020