Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** R*****, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 26.677,53 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 2. September 2020, GZ 14 R 62/20w-13, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 9. März 2020, GZ 32 Cg 8/19k-9, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
1. Schadenersatzansprüche verjähren jedenfalls nach Ablauf der langen Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 ABGB. Die dreißigjährige Verjährung beginnt bereits von dem Zeitpunkt an zu laufen, zu dem die Handlung begangen wurde, die den Schaden herbeigeführt hat (RIS-Justiz RS0034504 [T3]; Dehn in KBB6 § 1489 ABGB Rz 9). Anders als im Anwendungsbereich dieser Bestimmung beginnt im Amtshaftungsrecht die absolute (lange) Verjährungsfrist nicht bereits mit dem schadensverursachenden Ereignis, stellt doch § 6 Abs 1 Satz 2 AHG ausdrücklich auf die „Entstehung des Schadens“ ab. Wenn in der Rechtsprechung formuliert wird, als Zeitpunkt der Entstehung des Schadens sei jener anzusehen, in dem der Schaden „wirksam wurde“ (RS0050376), ist damit der Zeitpunkt des realen Schadenseintritts gemeint (vgl RS0050376 [T1]), der damit vom Zeitpunkt des schädigenden Handelns oder Unterlassens abgegrenzt werden soll. Sobald also im Vermögen des späteren Amtshaftungsklägers ein Nachteil eingetreten ist, beginnt die absolute Zehn-Jahresfrist zu laufen (1 Ob 48/17s).
2. Der Kläger behauptet Amtshaftungs- und Schadenersatzansprüche, weil ihn die Beklagte durch die unterbliebene Beratung dazu veranlasst habe, aus seinem Vertragsbedienstetenverhältnis mit 1. 9. 1988 in ein öffentlich-rechtliches Beamtendienstverhältnis zu wechseln, wodurch er einen Pensionsschaden erlitten habe. Seine Anwartschaftsrechte auf eine Pension aus seinem neben dem Vertragsbedienstetenverhältnis bestehenden Hausbesorger-dienstverhältnis seien durch die Pragmatisierung verloren gegangen.
Die Vorinstanzen gingen davon aus, dass die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 1489 Satz 2 ABGB mit der unterlassenen Aufklärung über einen möglichen Pensionsschaden durch die Pragmatisierung spätestens mit September 1988 zu laufen begonnen habe und für den Beginn der zehnjährigen Verjährungsfrist nach § 6 Abs 1 Satz 2 AHG jener Zeitpunkt maßgeblich sei, zu dem der Pensionsschaden wirksam geworden sei, hier mit der „Abmeldung von der Gebietskrankenkasse“ im Zuge der Pragmatisierung mit September 1988. Sie wiesen daher das am 2. 5. 2019 erhobene Klagebegehren wegen Verjährung ab. Diese Beurteilung ist nicht korrekturbedürftig.
Rechtliche Beurteilung
3. Mit der Behauptung, sein Schaden sei erst mit seiner Pensionierung (1. 10. 2016) entstanden, sodass die zehnjährige Verjährungsfrist nach § 6 Abs 1 AHG noch nicht abgelaufen sei, zeigt er keine Fehlbeurteilung auf. Insbesondere setzt er sich nicht damit auseinander, dass die Vorinstanzen den Eintritt des Primärschadens bereits mit September 1988 annahmen, als sein Pensionsbeitrag nur auf Basis des Grundbezugs einschließlich der Verwaltungsdienstzulage bemessen und von seiner Nebentätigkeitsvergütung weder ein Pensionsbeitrag, noch ein Beitrag an die gesetzlichen Sozialversicherungsträger abgeführt wurde, womit keine weiteren Pensionsanwartschaften entstehen konnten.
Wenn er behauptet, die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB hätte ebenfalls nicht vor seiner Pensionierung zu laufen begonnen, weil er bis dahin „kein Recht ausüben konnte und keine fällige Schadenersatzforderung hatte“, übergeht er, dass Fristbeginn – wie dargelegt – das schädigende Ereignis ist. Dieses war aber nach seinen Behauptungen die unterlassene Aufklärung der Beklagten als Dienstgeberin während seines Dienstverhältnisses als Vertragsbediensteter, das mit Ablauf des 31. 8. 1988 endete.
Nachdem der Kläger mit 1. 9. 1988 in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis übernommen worden war, konnte ihm die Beklagte keinen weiteren Schaden dadurch zufügen, dass sie ihn nicht laufend „über die Folgewirkungen des Wechselns ins Beamtendienstverhältnis während des Aktivdienstverhältnisses“ beriet. Nach seiner Pragmatisierung bestand kein Anlass und keine Verpflichtung mehr, den Kläger auf die damit eingetretenen pensionsrechtlichen Wirkungen hinzuweisen; eine wiederholte Schädigung lag damit nicht vor.
4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Textnummer
E129825European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00187.20M.1020.000Im RIS seit
24.11.2020Zuletzt aktualisiert am
24.11.2020