TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/9 L521 2231264-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.07.2020
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Entscheidungsdatum

09.07.2020

Norm

ASVG §143a
ASVG §273b
ASVG §324 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §14
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L521 2231264-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch MMMMag. Dr. Konstantin Haas, Rechtsanwalt in 4060 Leonding, Gerstmayrstraße 40, gegen den Bescheid der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse) vom 04.07.2019, Zl. XXXX , betreffend Rehabilitationsgeld nach Beschwerdevorentscheidung vom 27.03.2020 in den vorigen Stand zu Recht:

A)

I. Die Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Gesundheitskasse vom 27.03.2020 wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

II. Die Beschwerde gegen den Bescheid der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse vom 04.07.2019 wird als unzulässig zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Wortfolge „Ihr Anspruch auf Rehabilitationsgeld besteht ab 1. Juni 2015 in einer Höhe von täglich € 40,28 brutto (Netto € 37,71)“ richtet.

III. Im Übrigen wird die Beschwerde gegen den Bescheid der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse vom 04.07.2019 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der angefochtene Bescheid insoweit abgeändert wird, als anstelle der Wortfolge „und es wird ab 1.3.2019 aufgrund der Teilung das Rehabilitationsgeld folgendermaßen ausbezahlt: 80% vom Nettobezug = € 30,17 an XXXX , und 20% vom Nettobezug = € 7,54 an die Versicherte“ die Wortfolge „. Ihr Antrag vom 29.05.2019 auf Erlassung eines Bescheides über das Ausmaß des Anspruchsüberganges gemäß § 324 Abs. 3 und 4 ASVG betreffend die Auszahlung des Ihnen gebührenden Rehabilitationsgeldes wird als unzulässig zurückgewiesen“ tritt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der am XXXX geborenen Beschwerdeführerin wurde aufgrund ihres Antrages vom 04.05.2015 auf Gewährung von Berufsunfähigkeitspension mit rechtskräftigem Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 27.08.2015, Zl. XXXX , dem Grunde ab dem 01.06.2015 für die Dauer der vorübergehenden Berufsunfähigkeit Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung zuerkannt. Die Gewährung von Berufsunfähigkeitspension wurde unter einem abgelehnt, weil keine dauerhafte Berufungsfähigkeit gegeben war.

Der Bescheidbegründung zufolge wurde bei der Beschwerdeführerin paranoide Schizophrenie sowie eine leichtgradige depressive Episode diagnostiziert. Die Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt noch bewerteten Tätigkeit sei daher vorübergehend nicht möglich.

2. Bei ihrer letzten, vom 09.02.2009 bis zum 27.02.2009 währenden (unselbstständigen) Beschäftigung brachte die Beschwerdeführerin EUR 1.090,25 ins Verdienen. Ausgehend davon ermittelte die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse einen Anspruch auf Rehabilitationsgeld im Betrag von EUR 40,28 (brutto) täglich.

3. Vom 19.09.2017 an wurde die Beschwerdeführerin aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landesgerichtes Wels vom 19.09.2017, 13 Hv 92/17h, gemäß § 21 Abs. 1 StGB auf Kosten des Bundes im Maßnahmenvollzug in der Justizanstalt Linz angehalten.

Das Bundesministerium für Justiz setzte die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse hievon mit Erledigung vom 07.11.2017 in Kenntnis und beanspruchte die Teilung des der Beschwerdeführerin gebührenden Rehabilitationsgeldes gemäß § 324 Abs. 4 ASVG, sodass in weiterer Folge seitens der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse täglich EUR 32,22 des der Beschwerdeführerin gebührenden Rehabilitationsgeldes an den Bund (Bundesministerium für Justiz) zur Auszahlung gebracht wurden.

4. Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 21.12.2018, XXXX , wurde die Beschwerdeführerin zum 31.12.2018 aus dem Maßnahmenvollzug unter Bestimmung einer Probezeit von fünf Jahren bedingt entlassen. Der Beschwerdeführerin wurde – soweit hier von Relevanz – unter anderem die Weisung erteilt, ihren Wohnsitz in einer betreuten Wohneinrichtung entsprechend ihrer gegenwärtigen Betreuung im XXXX der XXXX . unter Einhaltung der Hausregeln zu nehmen.

5. Das Bundesministerium für Justiz setzte die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse daraufhin mit Erledigung vom 10.01.2019 von der bedingten Entlassung in Kenntnis und ersuchte um Aufhebung der Teilung des Rehabilitationsgeldes.

6. Das Landesgerichtes Linz teilte der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse seinerseits mit Note vom 25.01.2019 mit, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz weisungsgemäß in der Einrichtung XXXX genommen habe. Für den Aufenthalt der Beschwerdeführerin falle ein die Betreuung und die Unterbringung abdeckender Tagessatz von EUR 126,50 an, der gemäß § 179a StVG vom Bund getragen werden. Die Versorgung mit Lebensmitteln, Bekleidung und Hygieneartikeln habe die Beschwerdeführerin selbst zu bestreiten.

Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse werde um „ehestmögliche Festlegung und Effektuierung der infolge Legalzession [gemäß] § 324 Abs. 4 ASVG an den Bund bzw. die Betreuungseinrichtung abzuführenden Beträge und Durchführung der entsprechenden Anweisungen an die Betreuungseinrichtung“ ab Februar 2019 ersucht.

7. Mit Schreiben vom 19.03.2019 wurde die Beschwerdeführerin seitens der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine Teilung des ihr gebührenden Rehabilitationsgeldes nach den gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmen sei und 80% davon (EUR 30,17 täglich) zur teilweisen Abdeckung des Tagessatzes von EUR 126,50 der XXXX . überwiesen werde. Der Beschwerdeführerin verbleibe ein Anteil von 20% (EUR 7,54 täglich).

8. Die XXXX . richtete am 19.04.2019 ein Schreiben an die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse und legte dar, dass die Beschwerdeführerin in der Einrichtung XXXX teilversorgt betreut werde. In Bezug auf „alltagspraktische Dinge (Lebensmittel, Kleidung, Fahrkarten, …)“ sie keine Unterstützung gegeben. Die Beschwerdeführerin müsse mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln „Telefon, Bekleidung, Fahrkarten, Rezeptgebühren, Versuchungen und Aufwendungen zur Teilnahme am sozialen Leben selbständig bezahlen“. Als Therapieziel sei ein eigenständiges Wohnen mit aufsuchender Betreuung angedacht, wofür ein „finanzielles Polster“ von Vorteil wäre. Die Beschwerdeführerin nehme „das Angebot [an], die Teilung des Reha-Geldes dahingehend zu ändern, dass sie ab April 2019 80% der Bezüge erhält“.

Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse replizierte darauf mit Erledigung vom 19.04.2019 und teilte mit, dass dem Begehren im Hinblick auf die Rechtslage nicht nähergetreten werden könne.

9. Mit Eingabe vom 29.05.2019 beantragte die Beschwerdeführerin die Erlassung eines Bescheides hinsichtlich der ihr mit Schreiben vom 19.03.2019 mitgeteilten Teilung des Rehabilitationsgeldes. Eine nähere Begründung des Begehrens enthält die Eingabe nicht.

10. In der Folge erließ die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse den hier angefochtenen Bescheid vom 04.07.2019, dessen Spruch wie folgt lautet: XXXX

Begründend führte die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse im Wesentlichen aus, dass die Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch der nicht unterhaltspflichtigen Beschwerdeführerin auf Rehabilitationsgeld dem Grunde nach festgestellt habe. Aufgrund der Beitragsgrundlage des letzten Dienstverhältnisses vom 09.02.2009 bis zum 27.02.2009 ergebe sich ein tägliches Rehabilitationsgeld in der im Spruch angeführten Höhe.

Hinsichtlich der Teilung des Rehabilitationsgeldes habe der Bund den ihm nach § 324 Abs. 4 ASVG gebührenden Ersatzanspruch geltend gemacht. Der Anspruchsübergang gemäß § 324 Abs. 3 und 4 ASVG erfolge im Wege der Legalzession und trete unmittelbar aufgrund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen ein, wenn der Krankenversicherungsträger vom Sachverhalt Kenntnis erlangen würde. Da das Landesgericht Linz den Ersatzanspruch des Bundes mit Note vom 25.01.2019 geltend gemacht habe, sei die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Umsetzung verpflichtet. Eine Berücksichtigung individueller Umstände sei angesichts des klaren Gesetzeswortlautes nicht möglich,

Der Bescheid schließt mit einer Rechtsmittelbelehrung des Inhaltes, dass dagegen innerhalb von vier Wochen Klage beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht erhoben werden könne.

11. Die von der Beschwerdeführerin selbstverfasste Klage vom 30.07.2019 langte am 01.08.2019 beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht ein. Im Klageschriftsatz beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2019 und die Neufestsetzung „der prozentuellen Aufteilung“. Begründend wird – nach einer ausführlichen Aufzählung der Leistungen der XXXX vorgebrahct, die Beschwerdeführerin versorge sich in Bezug auf „alltagspraktische Dinge (Lebensmittelversorgung, Hygieneartikel, Kleidung, Freizeitgestaltung, öffentlicher Verkehr …)“ selbständig und erhalte dafür von der XXXX . keine Unterstützung.

12. Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 17.10.2019, XXXX , wurde die Klage der Beschwerdeführerin nach Erstattung der Klagebeantwortung zurückgewiesen.

Begründend führte das Landesgericht Linz im Wesentlichen aus, § 324 ASVG sehe in dessen Abs. 3 und 4 bei einer Unterbringung in einer Anstalt oder Einrichtung auf Kosten des Bundes eine Legalzession zugunsten des Bundes vor. Das Klagebegehren beziehe sich lediglich auf die Frage, welcher Teil des dem Grunde und der Höhe nach unbestrittenen Rehabilitationsgeldes dem Bund als Legalzessionar gemäß § 324 Abs. 4 ASVG auszuzahlen sei. Strittig sei die Frage, wer aufgrund des Anspruchsübergangs nach § 106 ASVG Zahlungsempfänger der zuerkannten Leistung sei. Die Überprüfung der Auszahlung einer zuerkannten Leistung sei jedoch werde eine Leistungssache im Sinn des § 65 Abs. 1 Z. 1 ASGG, noch eine bürgerliche Rechtssache im Sinn des § 1 JN. Der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zufolge handle es sich um einen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruch, dessen Überprüfung den ordentlichen Gerichten entzogen sei, sodass die Klage zurückzuweisen sei.

13. Die Beschwerdeführerin erhob dagegen das Rechtsmittel des Rekurses und brachte im Wesentlichen vor, die Beschwerdeführerin habe die gänzliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt und zum Ausdruck gebracht, dass sie mit dem Bescheid vom 04.07.2019 „nicht einverstanden“ sei, sodass auch die Überprüfung der Höhe der der Beschwerdeführerin zuerkannten Leistung der richterlichen Kontrolle unterliegen würde.

14. Das Oberlandesgericht Linz gab dem Rekurs mit Beschluss vom 17.02.2020, XXXX , keine Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. In der Sache teilte das Oberlandesgericht Linz die rechtliche Beurteilung des Landesgerichtes Linz ohne Vorbehalt und bekräftigte, dass der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Rehabilitationsgeld rechtskräftig festgestellt und dem Grunde und der Höhe nach unstrittig sei. Die Beschwerdeführerin strebe lediglich eine für sie günstigere Aufteilung der zuerkannten Leistung an. Die Überprüfung der Auszahlung einer bereits rechtskräftig zuerkannten Leistung sei jedoch keine Leistungs- bzw. Sozialrechtssache, was auch für eine Klage des Versicherten gegen die Einbehaltung bzw. den Übergang eines Leistungsanspruchs nach § 324 Abs. 3 ASVG gelten würde. Die Klage sei daher wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen gewesen.

15. In weiterer Folge übermittelte die Beschwerdeführerin im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters am 31.10.2019 der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse einen Schriftsatz, womit die Gewährung von Verfahrenshilfe im Umfang der Beigebung eines Rechtsanwaltes und die Bewilligung der Widereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegen den Bescheid der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse vom 04.07.2019 begehrt werden sowie die Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.07.2019 ausgeführt und dazu auch eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht begehrt wird.

In der Sache bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, ihre Unterbringung in der Einrichtung der XXXX umfasse – im Gegensatz zu einer Unterbringung in einer der in § 324 Abs. 3 ASVG angeführten Einrichtungen – keine Vollversorgung. Die eigentliche Versorgung und Verpflegung müsse von jedem Bewohner selbst finanziert werden. Ihr stehe dazu ein Betrag von monatlich EUR 520,00 zur Verfügung, davon ca. EUR 205,00 Rehabilitationsgeld sowie ergänzend die (erhöhte) Familienbeihilfe. Eine „kulturelle, soziale und gesellschaftliche Teilhabe [sei] mit einem Einkommen von EUR 520,00 nicht möglich“. Die Beschwerdeführerin könne davon auch keine eigene Wohnung ansparen, kein Kraftfahrzeug und keine größeren Konsumgüter erwerben und keine gesunden Lebensmittel erwerben. Eine Resozialisierung bzw. Reintegration sei mit diesem Betrag nicht erreichbar. § 324 Abs. 4 ASVG verstoße damit gegen den Gleichheitssatz.

16. Mit Bescheid vom 27.03.2020 gab die Österreichische Gesundheitskasse als Rechtsnachfolgerin der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse dem Antrag auf Bewilligung der Widereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegen den Bescheid der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse vom 04.07.2019 statt.

Mit weiterem Bescheid vom 27.03.2020 erließ die Österreichische Gesundheitskasse eine Beschwerdevorentscheidung, gab der Beschwerde gegen den Bescheid der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse vom 04.07.2019 teilweise Folge und änderte dessen Spruch dahingehend ab, dass der verfahrenseinleitende Antrag der Beschwerdeführerin vom 29.05.2019 zurückgewiesen wurde. Begründend führte die Österreichische Gesundheitskasse dazu aus, der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Rehabilitationsgeld sowie dessen Höhe wären unstrittig. In ihrem Antrag vom 29.05.2019 habe sich die Beschwerdeführerin lediglich gegen die Teilung des Rehabilitationsgeldes ausgesprochen, mithin dagegen, dass ein Teil des Rehabilitationsgeldes aufgrund der Legalzession gemäß § 324 Abs. 4 ASVG dem Bund ausbezahlt werde. Das Oberlandesgericht Linz habe in seinem Beschluss vom 17.02.2020, XXXX , darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine Auszahlungsstreitigkeit handeln würde. Die Beschwerdeführerin werde deshalb auf mögliche Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz bzw. der Exekutionsordnung verwiesen.

17. Im Vorlageantrag vom 07.04.2020 wird dazu – nach wörtlicher Widergabe der Beschwerdeausführungen – dargelegt, dass sich die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Umstand ergebe, dass ein öffentlich-rechtlicher Leistungsanspruch vorliegen würde, dessen Überprüfung den ordentlichen Gerichten entzogen sei. Er bleibe daher nur die „Anfechtung über die Verwaltungsgerichtsbarkeit“.

18. Die Beschwerdevorlage langte am 18.05.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Das Beschwerdeverfahren wurde in der Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Erledigung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der am XXXX geborenen Beschwerdeführerin wurde mit rechtskräftigem Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 27.08.2015, Zl. XXXX , dem Grunde ab dem 01.06.2015 für die Dauer der vorübergehenden Berufsunfähigkeit Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung zuerkannt. Die Gewährung von Berufsunfähigkeitspension wurde unter einem abgelehnt, weil keine dauerhafte Berufungsfähigkeit gegeben war.

1.2. Vom 19.09.2017 an wurde die Beschwerdeführerin aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landesgerichtes Wels vom 19.09.2017, 13 Hv 92/17h, gemäß § 21 Abs. 1 StGB auf Kosten des Bundes im Maßnahmenvollzug in der Justizanstalt Linz angehalten.

Für die Dauer der Anhaltung beanspruchte das Bundesministerium für Justiz die Teilung des der Beschwerdeführerin gebührenden Rehabilitationsgeldes gemäß § 324 Abs. 4 ASVG, sodass seitens der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse täglich EUR 32,22 des der Beschwerdeführerin gebührenden Rehabilitationsgeldes an den Bund (Bundesministerium für Justiz) zur Auszahlung gebracht wurden.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 21.12.2018, XXXX , wurde die Beschwerdeführerin zum 31.12.2018 aus dem Maßnahmenvollzug unter Bestimmung einer Probezeit von fünf Jahren bedingt entlassen. Der Beschwerdeführerin wurde – soweit hier von Relevanz – unter anderem die Weisung erteilt, ihren Wohnsitz in einer betreuten Wohneinrichtung entsprechend ihrer gegenwärtigen Betreuung im XXXX der XXXX . unter Einhaltung der Hausregeln zu nehmen.

Die Teilung des der Beschwerdeführerin gebührenden Rehabilitationsgeldes wurde in der Folge aufgehoben und die Auszahlung von täglich EUR 32,22 an den Bund (Bundesministerium für Justiz) eingestellt.

1.3. Dass die bedingte Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug bewilligende Landesgerichtes Linz teilte der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse am 25.01.2019 mit, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz weisungsgemäß in der Einrichtung XXXX genommen habe. Für den Aufenthalt der Beschwerdeführerin falle ein die Betreuung und die Unterbringung abdeckender Tagessatz von EUR 126,50 an, der gemäß § 179a StVG vom Bund getragen werden. Die Versorgung mit Lebensmitteln, Bekleidung und Hygieneartikeln habe die Beschwerdeführerin selbst zu bestreiten.

Die Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse werde ersucht, die Teilung des Rehabilitationsgeldes aufgrund der Legalzession gemäß § 324 Abs. 4 ASVG vorzunehmen und die „an den Bund bzw. die Betreuungseinrichtung abzuführenden Beträge“ der Betreuungseinrichtung direkt anzuweisen.

1.4. Aufgrund dessen wird das der Beschwerdeführerin gebührenden Rehabilitationsgeld im Betrag von EUR 37,71 (netto) täglich im Ausmaß von 80% (EUR 30,17 täglich) zur teilweisen Abdeckung des Tagessatzes von EUR 126,50 der XXXX . überwiesen. Der Beschwerdeführerin verbleibt ein Anteil von 20% (EUR 7,54 täglich), der an die Beschwerdeführerin direkt zur Auszahlung gebracht wird.

Die Beschwerdeführerin bezieht außerdem erhöhte Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag im Betrag von (insgesamt) EUR 379,40 monatlich, wobei der Bezug derzeit bis September 2020 bewilligt wurde. Bei der Raiffeisenbank Traun unterhält die Beschwerdeführerin ein Bankkonto, welches per 30.06.2020 einen Guthabenstand von EUR 8.568,90 aufweist. Sie ist nicht für dritte Personen sorgepflichtig.

1.5. Mit Eingabe vom 29.05.2019 beantragte die Beschwerdeführerin die Erlassung eines Bescheides hinsichtlich der ihr mit Schreiben der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 19.03.2019 mitgeteilten Teilung des Rehabilitationsgeldes im oben dargestellten Verhältnis.

1.6. In der Folge erließ die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse den hier angefochtenen Bescheid vom 04.07.2019, dessen Spruch wie folgt lautet: XXXX

1.7. Die von der Beschwerdeführerin dagegen beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht erhobene Klage wurde im Instanzenzug mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 17.02.2020, XXXX , wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen.

1.8. Mit rechtskräftigem Bescheid vom 27.03.2020 gab die Österreichische Gesundheitskasse als Rechtsnachfolgerin der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse dem Antrag auf Bewilligung der Widereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der hier gegenständlichen Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegen den Bescheid der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse vom 04.07.2019 statt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Pensionsversicherungsanstalt vorgelegten Verfahrensakt (der auch die wesentlichen Aktenteile des Verfahrens vor dem Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht sowie dem Oberlandesgericht Linz enthält) sowie des Inhaltes des gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde.

2.2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im Rechtsmittelverfahren nicht strittig und ergibt sich unzweifelhaft aus dem Akteninhalt und dem damit übereinstimmenden Vorbringen der Beschwerdeführerin. In der Beschwerde wird demgemäß auch ausschließlich unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Rechtslage

Gemäß § 324 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 54/2020, geht, wenn ein Renten(Pensions)berechtigter auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe oder auf Kosten eines Trägers der Jugendwohlfahrt in einem Alters(Siechen)heim oder Fürsorgeerziehungsheim, einer Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke, einer Trinkerheilstätte oder einer ähnlichen Einrichtung bzw. außerhalb einer dieser Einrichtungen im Rahmen eines Familienverbandes oder auf einer von einem Träger der öffentlichen Wohlfahrtspflege oder von einer kirchlichen oder anderen karitativen Vereinigung geführten Pflegestelle verpflegt wird, für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Rente bzw. Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegskosten über, höchstens jedoch bis zu 80 vH, wenn der Renten(Pensions)berechtigte aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung für den Unterhalt eines Angehörigen zu sorgen hat, bis zu 50 vH dieses Anspruches auf den Träger der Sozialhilfe oder auf den Träger der Jugendwohlfahrt über; das gleiche gilt in Fällen, in denen ein Renten(Pensions)berechtigter auf Kosten eines Landes im Rahmen der Behindertenhilfe in einer der genannten Einrichtungen oder auf einer der genannten Pflegestellen untergebracht wird, mit der Maßgabe, daß der vom Anspruchsübergang erfaßte Teil der Rente (Pension) auf das jeweilige Land übergeht. Der vom Anspruchsübergang erfaßte Betrag vermindert sich für jeden weiteren unterhaltsberechtigten Angehörigen um je 10 v. H. dieses Anspruches. Der vom Anspruchsübergang erfaßte Betrag vermindert sich in dem Maß, als der dem unterhaltsberechtigten Angehörigen verbleibende Teil der Pension (Rente) zuzüglich seines sonstigen Nettoeinkommens (§ 292 Abs. 3) den jeweils geltenden Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb nicht erreicht. Die dem Renten(Pensions)berechtigten für seine Angehörigen zu belassenden Beträge können vom Versicherungsträger unmittelbar an die Angehörigen ausgezahlt werden.

§ 324 Abs. 4 ASVG zufolge ist § 324 Abs. 3 ASVG sinngemäß auch in den Fällen anzuwenden, in denen eine renten(pensions)berechtigte Person oder eine Person mit Anspruch auf Rehabilitationsgeld nach § 21 Abs. 1 des Strafgesetzbuches oder nach § 179a des Strafvollzugsgesetzes auf Kosten des Bundes in einer Anstalt oder Einrichtung untergebracht ist, und zwar so, dass der vom Anspruchsübergang erfasste Betrag dem Bund gebührt. Diesen Betrag kann der Versicherungsträger unmittelbar an jene Anstalt oder Einrichtung auszahlen, in der die renten(pensions)berechtigte Person oder eine Person mit Anspruch auf Rehabilitationsgeld untergebracht ist.

Gemäß § 14 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 57/2018, hat steht es der Behörde in Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

3.2. Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Gesundheitskasse vom 27.03.2020

3.2.1. Die hier gegenständliche Beschwerde weist einen Eingangsstempel vom 05.11.2019 auf. Da die zweimonatige Entscheidungsfrist des § 14 Abs. 1 VwGVG mit dem Einlangen der Beschwerde bei der belangten Behörde beginnt (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 14 VwGVG K6), war die Entscheidungsfrist am 27.03.2020 längst abgelaufen und es kam der Österreichischen Gesundheitskasse keine Zuständigkeit zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung mehr zu. Daran ändert der Umstand auch nichts, dass die Beschwerde zum Zeitpunkt ihrer Einbringung verspätet war, zumal § 14 Abs. 1 VwGVG keine differenzierte Behandlung zulässiger und unzulässiger Beschwerden vorsieht. Weshalb die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse bzw. die Österreichischen Gesundheitskasse im Übrigen nahezu fünf Monate benötigte, um über einen Antrag auf Widereinsetzung in den vorherigen Stand zu entscheiden, ist nicht nachvollziehbar.

3.2.2. Die Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Gesundheitskasse vom 27.03.2020 ist daher – amtswegig – wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 14 VwGVG K7).

3.3. Zurückweisung der Beschwerde gegen die Bestimmung des der Beschwerdeführerin gebührenden Rehabilitationsgeldes der Höhe nach

3.3.1. Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse hat im ersten Halbsatz des Spruchs des angefochtenen Bescheides ausgesprochen, dass das der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Rehabilitationsgeld ab 1. Juni 2015 in einer Höhe von täglich EUR 40,28 brutto (das sind täglich EUR 37,71 netto besteht).

3.3.2. Über den Anspruch auf Rehabilitationsgeld ist nach Maßgabe des § 273b ASVG vom Pensionsversicherungsträger ein Feststellungsbescheid zu erlassen. Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 27.08.2015, Zl. XXXX , dem Grunde nach ab dem 01.06.2015 für die Dauer der vorübergehenden Berufsunfähigkeit Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung zuerkannt.

3.3.3. Die Höhe des Rehabilitationsgeldes sowie die weiteren Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich demgegenüber aus § 143a ASVG. § 143a Abs. 2 ASVG zufolge gebührt das Rehabilitationsgeld im Ausmaß des Krankengeldes nach § 141 Abs. 1 ASVG und ab dem 43. Tag im Ausmaß des erhöhten Krankengeldes nach § 141 Abs. 2 ASVG, das aus der letzten eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz oder nach dem
B-KUVG begründende Erwerbstätigkeit gebührt hätte, wobei bei Vorliegen von unmittelbar vorangehenden Zeiten des Krankengeldanspruches die nach § 141 Abs. 2 ermittelten Tage anzurechnen sind.

Sowohl das Verfahren über den Anspruch auf Rehabilitationsgeld dem Grunde nach, als auch das Verfahren über die Höhe des den Anspruch auf Rehabilitationsgeld sind Leistungssachen. Ein Bescheid des Krankenversicherungsträgers nach § 143a ASVG, womit die Höhe des Rehabilitationsgeldes festgestellt wird, ist demnach gemäß §§ 355 und 367 ASVG und § 65 ASGG mittels Klage vor dem zuständigen Arbeits- und Sozialgericht anzufechten (Födermayr in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 143a ASVG Rz 12).

Eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes besteht – mangels Vorliegens einer in Verwaltungssache – nicht (§ 414 ASVG).

3.3.4. Da der angefochtene Bescheid ausweislich der Anfechtungserklärung auf Seite 6 der Beschwerde zur Gänze – somit auch im Umfang der Feststellung der Höhe des der Beschwerdeführerin täglich gebührenden Rehabilitationsgeldes – angefochten wird, richtet sich die Beschwerde teilweise gegen eine Leistungssache, die der Kognition des Bundesverwaltungsgerichtes entzogen ist. Die Beschwerde ist daher in diesem Umfang als unzulässig zurückzuweisen, wobei im gegebene Zusammenhang festzuhalten ist, dass die Beschwerdeführerin gegen die Höhe des ihr täglich gebührenden Rehabilitationsgeldes nichts vorbringt und deshalb der Umfang der Anfechtung nicht nachvollzogen werden kann.

3.4. Zurückweisung des Antrags auf Erlassung eines Bescheides über das Ausmaß des Anspruchsüberganges gemäß § 324 Abs. 3 und 4 ASVG – Abänderung des Bescheides

3.4.1. Mit ihrem Antrag vom 29.05.2019 strebt die Beschwerdeführerin eine Aufhebung des Anspruchsüberganges des ihr gebührenden Rehabilitationsgeldes gemäß § 324 Abs. 3 und 4 ASVG sowie der teilweisen Auszahlung an den Bund gemäß § 324 Abs. 4 ASVG an. Sie bringt dazu – auf das wesentliche reduziert – vor, dass sie in ihrer Einrichtung keine Verpflegung im Sinne einer Vollversorgung enthalte, sondern den Aufwand für Nahrungsmittel und Bekleidung (nebst weiteren Aufwendungen) selbst bestreiten müsse.

3.4.2. Die in § 324 Abs. 3 ASVG vorgesehene Legalzession erfasst grundsätzlich laufende Geldleistungsansprüche auf einer Pension oder einer Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung, wobei § 324 Abs. 4 ASVG explizit auch Personen mit Anspruch auf Rehabilitationsgeld umfasst.

Die Legalzession setzt weiters voraus, dass die Person, die eine solche Pension oder Rente bezieht, in einer bestimmten Art von Einrichtung untergebracht ist. Wenn daher ein Renten- oder Pensionsberechtigter auf Kosten eines der in Betracht kommenden Trägers untergebracht ist und seinen Unterhalt (weitestgehend) in natura erhält, wird dieses Tatbestandselement für die Legalzession erfüllt sein (Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 324 ASVG Rz 15). Der Literatur zufolge ist aufgrund der Formulierung „verpflegt“ auf die Zurverfügungstellung von „Hotelleistungen“ abzustellen, die sowohl Unterkunft und Verköstigung als auch die damit in Zusammenhang stehenden Dienstleistungen wie Wohnraum- oder Wäschereinigung umfassen (Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 324 ASVG Rz 16).

§ 324 Abs. 4 ASVG sieht ergänzend zur allgemeinen Regelung des § 324 Abs. 3 ASVG vor, dass der Anspruchsübergang auch im Fall der Unterbringung nach § 21 Abs. 1 StGB oder nach § 179a StVG auf Kosten des Bundes in einer Anstalt oder Einrichtung eintritt, wobei der der vom Anspruchsübergang erfasste Betrag dem Bund als Legalzessionar gebührt.

In formaler Hinsicht tritt der Anspruchsübergang nach § 324 Abs. 3 und Abs. 4 ASVG unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein. Es ist dazu keine Anzeige oder eine sonstige Erklärung eines der beteiligten Träger erforderlich. Der Krankenversicherungsträger muss lediglich Kenntnis davon erlangen, dass er nicht mehr zur Gänze an den unmittelbar Berechtigten leisten darf (Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 324 ASVG Rz 27 und 28).

Als unklar werden – die hier gegenständlichen – verfahrensrechtlichen Fragen in Zusammenhang mit dem Rechtsschutz beschrieben.

3.4.3. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes – auf die sich das Oberlandesgericht Linz in seinem Beschluss vom 17.02.2020, XXXX , beruft, ist die Überprüfung der Auszahlung einer zuerkannten Leistung keine Leistungssache bzw. Sozialrechtssache (RIS-Justiz RS0085474).

In seinem Erkenntnis vom 26.06.1990, 10 ObS 298/89, führte der Oberste Gerichtshof zum Antrag einer nach § 21 Abs. 1 StGB angehalten Person auf Anweisung der ihm zuerkannten Invaliditätspension in vollem Umfang aus, dass es sich bei dem in § 324 Abs. 3 und Abs. 4 ASVG angeordneten Anspruchsübergang um eine auf unmittelbarer gesetzlicher Anordnung beruhende teilweise Übertragung des Rentenanspruchs vom Rentenberechtigten auf den Träger der Sozialhilfe bzw im Falle des § 324 Abs. 4 ASVG auf den Bund handle. Der Anspruch gehe bis zu der sich aus § 324 Abs. 3 ASVG ergebenden Höhe für die Zeit der Unterbringung des Rentenberechtigten auf Kosten des Bundes (im Anlassfall in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs. 1 StGB) ipso iure auf den Bund über.

Im Falle einer solchen Legalzession bestehe deren Wirkung im Wechsel der Rechtszuständigkeit hinsichtlich des betroffenen Teiles des Renten(Pensions)anspruches vom Zedenten auf den Zessionar (Sozialhilfeträger bzw Bund), der insoweit an die Stelle des bisherigen Berechtigten trete, wobei der übergegangene Anspruchsteil aber inhaltlich unberührt bleibe. In einem solchen Fall gehe es daher nicht um den Bestand, den Umfang oder das Ruhen eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen, sondern vielmehr ausschließlich um die Frage, ob ein Teil, allenfalls welcher Teil der dem Grunde und der Höhe nach unbestrittenen Versicherungsleistung dem Bund als allfälligem Legalzessionar auszuzahlen ist, wer also nach § 106 ASVG Zahlungsempfänger dieser Leistungen sei. Die Überprüfung der Auszahlung einer zuerkannten Leistung sei keine Leistungssache und auch keine bürgerliche Rechtssache, sondern eine Streitigkeit in Bezug auf einen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruch, der den ordentlichen Gerichten entzogen sei.

Diese Rechtsansicht wurde vom Obersten Gerichtshof in der Folge mehrfach bekräftigt und ergänzend darauf hingewiesen, dass aufgrund der eingeführten Vollstreckbarkeit leistungszuerkennender Bescheide der Versicherungsträger gemäß § 1 Z. 11 EO keine Veranlassung bestehe, von der Rechtsprechung abzugehen. In den Gesetzesmaterialien zur ASGG-Nov 1994 werde explizit auf den Fall Bezug genommen, dass der Versicherte die ihm durch Bescheid des Versicherungsträgers zuerkannte Leistung nicht zwangsweise durchsetzen könne, da die Überprüfung der Auszahlung einer zuerkannten Leistung weder als Leistungssache noch als bürgerliche Rechtssache anzusehen und daher der Überprüfung der Gerichte entzogen sei. Die geänderte Rechtslage bietet noch weniger Anlass, Auszahlungsstreitigkeiten zuzulassen, zumal nunmehr der Rechtsschutz des Auszahlungsgläubigers hinreichend gewährleistet sei. Die Rechtslage stelle sich in Bezug auf Streitigkeiten, an wen eine konkrete Versicherungsleistung auszuzahlen ist, nicht anders dar, als würde ein Versicherungsträger eine bestimmte Leistung mit Bescheid zuerkennen, jedoch in der Folge an den Versicherten nicht auszahlen. Auch hier stünde keine Liquidierungsklage zur Verfügung (OGH 19.12.2000, 10 ObS 108/00f).

Aus der dargelegten Rechtsprechung lässt sich zusammengefasst ableiten, dass der Oberste Gerichtshof im Fall von Auszahlungsstreitigkeiten die Auflassung vertritt, dass es dem Versicherten freisteht, gegen den Versicherungsträger aufgrund des leistungszuerkennenden Bescheides Exekution zu führen und es sodann am Versicherungsträger gelegen ist, diesen Anspruch mit einer mit dem Anspruchsübergang nach § 324 Abs. 3 oder 4 ASVG und den deshalb schuldbefreiend geleisteten Zahlungen begründeten Oppositionsklage abzuwehren (vgl. den dem kontrovers diskutierten und vom 10. Senat des Obersten Gerichtshofes abgelehnten Erkenntnis des 3. Senates des Obersten Gerichtshofes vom 29.03.2006, 3 Ob 248/05z, zugrunde liegenden Sachverhalt; in dieser Hinsicht ist noch festzuhalten, dass diese Judikaturdivergenz aus den folgenden Erwägungen nicht weiter relevant ist und im gegenständlichen Fall auch keine Aufrechnungsstreitigkeit vorliegt).

3.4.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur hier strittigen Rechtsfrage im Erkenntnis vom 22.02.2000, Zl. 99/11/0217, die Auffassung vertreten, dass Auffassungsunterschiede zwischen dem Sozialversicherungsträger und dem Anspruchsberechtigten über die Auszahlung der Leistung im Rahmen von Einwendungen des Sozialversicherungsträgers gegen die auf den Leistungsbescheid gestützte Exekutionsführung zu klären sind (dies mit Hinweis auf Müller, Wichtige Verfahrensfragen der Sozialgerichtsbarkeit in Leistungsstreitverfahren, DRdA 1997, 449, wobei Müller den Weg über die Exekutionsführung als „nicht gerade als verfahrensökonomisch“ ansieht).

Bereits im Erkenntnis vom 21.12.1993, Zl. 92/08/0200, erkannte der Verwaltungsgerichtshof in der Frage, an wen eine dem Grunde und der Höhe feststehende Leistung (im Anlassfall die Invaliditätspension) vom Versicherungsträger zur Gänze oder zum Teil zu erbringen ist, eine bloße Auszahlungsmodalität. Das ASVG enthalte in dieser Hinsicht – anders als für Aufrechnungsstreitigkeiten – keine ausdrückliche Regelung, dass über einen damit zusammenhängenden Antrag bescheidmäßig zu entscheiden sei. Derartige Angelegenheiten wären somit weder als Leistungssache, noch als Verwaltungssache zu werten.

Weitere einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht nicht.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich zur hier in Rede stehenden Rechtsfrage ebenfalls bereits geäußert – wobei auch eine im Hinblick auf den zugrundeliegenden Sachverhalt einschlägige Entscheidung vorliegt.

Im Beschluss vom 12.06.2015, A 5/2015, hat der Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Klage gemäß Art. 137 B-VG gegen das Land Wien abgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof führte dazu aus: „Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 19.614/2012 ausgesprochen hat, kann ein Streit um die ordnungsgemäße Auszahlung (Liquidierung) von bescheidmäßig rechtskräftig zuerkannten Pensionsansprüchen der gesetzlichen Sozialversicherung – anders als ein Liquidierungsstreit aus öffentlich-rechtlichen Dienst- und Pensionsverhältnissen – nicht nach Art. 137 B-VG vor den Verfassungsgerichtshof gebracht werden, da sich der Anspruch nicht gegen eine der in Art. 137 B-VG genannten Gebietskörperschaften richtet. Soweit ein Pensionsbezieher der Meinung ist, ihm sei ein rechtskräftig zuerkannter Pensionsanspruch nicht ordnungsgemäß ausgezahlt worden, ist daher weder ein Bescheid des Sozialversicherungsträgers zu erlassen noch das Arbeits- und Sozialgericht anrufbar, sondern gegebenenfalls der Exekutionsweg zu beschreiten.“ Der Verfassungsgerichtshof teilt damit die vorstehend dargelegte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes und auch des Obersten Gerichtshofes, wonach Auffassungsunterschiede zwischen dem Sozialversicherungsträger und dem Anspruchsberechtigten über die Auszahlung der Leistung im Rahmen von Einwendungen des Sozialversicherungsträgers gegen die auf den Leistungsbescheid gestützte Exekutionsführung zu klären sind. Die im zitierten Beschluss angesprochene Alternative, gegen den Sozialhilfeträger direkt vorzugehen, wenn die Gebührlichkeit des Ersatzanspruches bestritten wird, kommt im hier gegenständlichen Fall nicht zum Tragen, da sich die Beschwerdeführerin gegen die die Leistung auszahlende Stelle wendet und nicht gegen den Träger der Einrichtung wendet, in der sie untergebracht ist.

Im Erkenntnis vom 10.06.2008, VfSlg. 18.439/2008, hatte der Verfassungsgerichtshof die Klage eines eine Waisenpension beziehenden und gemäß § 21 Abs. 1 StGB in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher untergebrachten Jugendlichen gegen den Bund auf Rückzahlung eines nach § 324 Abs. 3 und Abs. 4 ASVG ex lege an den Bund übergegangenen Pensionsteiles zu entscheiden. Der Verfassungsgerichtshof erachtete die Klage als zulässig und führte dazu aus, dass der Anspruch auf Rückzahlung eines nach § 324 Abs. 4 iVm Abs. 3 ASVG ex lege an den Bund übergegangenen Pensionsteiles – ebenso wie der Übergang und die Überweisung des Pensionsanspruchs an den Bund – im öffentlichen Recht wurzeln würde. Solche Ansprüche wären weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen, wobei explizit auf das Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes vom 26.06.1990, 10 ObS 298/89, Bezug genommen wird. In der Sache wurde die Klage aus hier nicht relevanten Gründen abgewiesen, wobei der Verfassungsgerichtshof auch keine Verfassungswidrigkeit der Bestimmung erkannte.

3.4.5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich das Begehren der Beschwerdeführerin auf eine individuelle Festsetzung des Ausmaßes des Anspruchsüberganges gemäß § 324 Abs. 3 und 4 ASVG mit Bescheid des Versicherungsträgers als Auszahlungsstreitigkeit in Bezug auf einen dem Grunde und der Höhe nach rechtskräftig festgestellten und zwischen den Verfahrensparteien unstrittigen Anspruch der Beschwerdeführerin auf Rehabilitationsgeld darstellt.

Der Anspruchsübergang nach § 324 Abs. 3 und Abs. 4 ASVG tritt unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein. Es ist dazu keine Anzeige oder eine sonstige Erklärung eines der beteiligten Träger erforderlich. Die zitierten Bestimmungen lassen auch keine gesetzliche Ermächtigung des Versicherungsträgers erkennen, im Einzelfall eine vom (eindeutigen) Gesetzeswortlaut abweichendes prozentuelles Ausmaß des Anspruchsübergangs festzusetzen. Wenn die Beschwerdeführerin die Rechtmäßigkeit der teilweisen Auszahlung des ihr gebührenden Rehabilitationsgeldes an den Bund mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen behauptet, ist sie darauf zu verweisen, dass der Anspruch auf Rückzahlung eines nach § 324 Abs. 3 und Abs. 4 ASVG ex lege an den Bund übergegangenen Teiles des ihr gebührenden Rehabilitationsgeldes nach dem zitierten Erkenntnis VfSlg. 18.439/2008 ebenso wie der Übergang und die Überweisung des Rehabilitationsgeldes an den Bund im öffentlichen Recht wurzeln.

Diesbezügliche Begehren auf Rückzahlung (wegen unrechtmäßiger Bereicherung) sind daher nach dem zitierten Erkenntnis VfSlg. 18.439/2008 mit Klage gegen den Bund gemäß Art. 137 B-VG geltend zu machen und es ist in einem solchen Verfahren sodann auch verbindlich zu klären, ob die Voraussetzungen gemäß § 324 Abs. 3 und Abs. 4 ASVG vorgelegen sind oder nicht. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, gegen die Österreichische Gesundheitskasse auf Grundlage des angefochtenen Bescheides Exekution zu führen, zumal der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin (rechtskräftig) einen Anspruch auf Leistung von Rehabilitationsgeld verschafft und sodann der Versicherungsträger dazu gehalten ist, mittels der im Exekutionsverfahren zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe dem Anspruch der Beschwerdeführerin entgegen zu treten.

Eine rechtliche Grundlage zur Erlassung eines Bescheides des Versicherungsträgers besteht somit zusammenfassend – wie die belangte Gesundheitskasse bereits in der verspäteten Beschwerdevorentscheidung zutreffend festgehalten hat – nicht. Ein Fall des § 367 ASVG liegt nicht vor, ebensowenig wird mit dem Antrag der Beschwerdeführerin die Feststellung von sich aus dem ASVG in Verwaltungssachen ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern im Sinn des § 410 Abs. 1 ASVG begehrt.

Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 29.05.2019 ist daher gemäß §§ 324, 367 und 410 Abs. 1 ASVG als unzulässig zurückzuweisen und die Beschwerdeführerin auf die gerade erörterten Möglichkeiten der Erlangung von Rechtsschutz zu verweisen.

4. Wiewohl nicht Gegenstand des Verfahrens, sieht sich das Bundesverwaltungsgericht zu folgenden klarstellenden Hinweisen veranlasst:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinen Erkenntnissen vom 16.06.2011, Zl. 2008/10/0081, und vom 13.122010, Zl. 2009/10/0011, erkannt, dass § 324 Abs. 3 ASVG davon ausgeht, dass mit der Unterbringung neben Wohnung und Verpflegung auch der bestehende Betreuungs- und Hilfsaufwand grundsätzlich abgegolten ist, sodass es gerechtfertigt erscheint, den (im Anlassfall bestehenden) Pensions- und Pflegegeldanspruch auf ein Taschengeld zu reduzieren, dessen Zweck es ist, einer Person auch im Falle ihrer Unterbringung eine selbstbestimmte Disposition bei der Befriedigung ihrer spezifischen Bedürfnisse im Rahmen dieses Taschengeldes zu sichern.

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber in den Materialen zum Sozialrechts-Änderungsgesetz 2011, womit unter anderem § 324 Abs. 4 ASVG novelliert wurde, wörtlich festgehalten: „Die Bestimmung über den erwähnten Anspruchsübergang auf den Bund soll nunmehr auf jene Fälle ausgeweitet werden, in denen die leistungsbeziehende Person auf Grundlage einer gerichtlichen Weisung nach § 51 StGB stationär in einer (sozial)therapeutischen (Wohn)Einrichtung untergebracht wird und der Bund die Kosten dafür nach § 179a des Strafvollzugsgesetzes übernimmt, zumal auch in diesen Fällen der Bund die Kosten für die Unterbringung trägt und die untergebrachte Person umfassend versorgt wird. Sofern eine stationäre Unterbringung auf Kosten des Bundes erfolgt, soll diese Ausweitung sämtliche Behandlungskonstellationen im Rahmen des § 51 StGB umfassen, unter anderem auch Entwöhnungsbehandlungen. … Die Kosten für einen Tag der stationären Unterbringung liegen zwischen 80 € und 100 €; damit ist eine „24-Stunden-Rundumbetreuung“ gedeckt, in der für die Unterbringung, die Verpflegung, die Medikation sowie den ärztlichen, psychologischen, pflegerischen und sozialarbeiterischen Personalaufwand gesorgt ist.“ (RV 1512 BlgNR XXIV. GP, 11).

Mit Beschluss vom 20.06.2015, B 455/2013, hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren betreffend eine Wortfolge in § 13 Abs. 1 Salzburger Mindestsicherungsgesetz eingeleitet und seine Bedenken – soweit hier von Relevanz – wie folgt begründet: „Bei einem Aufenthalt in einer Kranken- oder Kuranstalt oder einer vergleichbaren stationären Einrichtung ist der Patient 24 Stunden täglich zu verpflegen. Unter den Begriff 'Verpflegung' fallen sowohl Unterkunft und Verköstigung als auch die damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen wie Wohnraum- oder Wäschereinigung (Pfeil, in: SVKomm, § 324 ASVG, Rz 16). Dafür kann von dem Patienten gemäß § 27a Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) ein Kostenbeitrag von maximal € 3,63 pro Verpflegstag, für höchstens 28 Tage im Jahr, eingehoben werden. …“ Der Verfassungsgerichtshof teilt somit die bereits vorstehend angesprochene Auslegung des Begriffes „Verpflegung“ in der Literatur.

Die vorstehenden höchstgerichtlichen Entscheidungen sowie der den Gesetzesmaterialien entnehmbare Zweck des § 324 Abs. 4 ASVG legen daher nahe, dass der Anspruchsübergang nur im Fall einer Verpflegung der untergebrachten Person im vorstehend erörterten Verständnis eintritt. Die notwendige Verpflegung umfasst dabei unzweifelhaft auch die Zurverfügungstellung von Nahrung. Nichts anderes bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, wenn er in den Materialien davon ausgeht, dass die „untergebrachte Person umfassend versorgt wird“. Davon kann in Ansehung der Beschwerdeführerin nicht gesprochen werden, zumal ihr – unstrittig – keine Nahrung und offenbar auch keine sonstigen Gegenstände des täglichen Gebrauchs zur Verfügung gestellt wird.

Die Versorgung der Beschwerdeführerin durch die XXXX . ist somit im dargelegten Kontext des § 324 Abs. 3 ASVG wohl unzureichend. Ob bei einem solchen Sachverhalt der Anspruchsübergang nach § 324 Abs. 3 und 4 ASVG überhaupt ausgelöst wird, wird im dafür vorgesehenen Verfahren zu klären sein, darf aber an dieser Stelle bezweifelt werden.

Dass der Anspruchsübergang nach § 324 Abs. 3 und Abs. 4 ASVG unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eintritt enthebt die Österreichische Gesundheitskasse im Übrigen gerade nicht von ihrer Verpflichtung, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu prüfen und die Teilung des Rehabilitationsgeldes erst vorzunehmen, wenn eine Überprüfung des Sachverhaltes ergibt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen als erfüllt angesehen werden. An die Einschätzung des Gerichtes (Landesgericht Linz) ist die Österreichische Gesundheitskasse dabei – entgegen der in der Klagebeantwortung an das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht offenbar vertretenen Auffassung, wonach das Landesgericht Linz die „Rehabilitationsgeld-Teilung“ zur Kenntnis gebracht und zur Umsetzung derselben aufgefordert habe – nicht gebunden. Dass sich die Österreichische Gesundheitskasse mit den Argumenten der Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund auseinandergesetzt hat, ob die materiellen Voraussetzungen zur Teilung des Rehabilitationsgeldes vorliegen, kann dem Verwaltungsakt nicht entnommen werden.

5. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10.05.2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 03.05.2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen.

Der EuGH hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen unter anderem Umstände angenommen, wenn das Verfahren nur rechtliche Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies aber auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte. Zur Lösung der Rechtsfragen ist im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal im Sinne des Art. 6 EMRK nicht geboten. Der vorliegende Fall wirft aber auch sonst keine Fragen auf, die im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung erfordern. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; VfGH 18.06.2012, B 155/12).

Der festgestellte Sachverhalt ist im Beschwerdeverfahren unstrittig und ergibt sich eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens. Strittig sind im Verfahren lediglich Rechtsfragen, weshalb von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dem Erkenntnis vom 22.02.2000, Zl. 99/11/0217, ab. Ist die Rechtslage darüber hinaus nach den in Betracht kommenden Normen – wie vorliegend insbesondere angesichts der vorliegenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, der bereits die Zuständigkeit in einem vergleichbaren Rechtsstreit in Anspruch genommen hat – klar und eindeutig, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor; das selbst dann, wenn zu einer Frage der Auslegung der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (VwGH 27.08.2019, Ra 2018/08/0188; 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Berufsunfähigkeit Beschwerdevorentscheidung Einrichtung Entscheidungsfrist Feststellungsbescheid Fristablauf Kognitionsbefugnis Leistungssache Rechtsgrundlage Rehabilitationsmaßnahme Unzuständigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L521.2231264.1.01

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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