TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/20 I405 2144451-2

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Veröffentlicht am 20.07.2020
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Entscheidungsdatum

20.07.2020

Norm

AsylG 2005 §56 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs11 Z2
AsylG-DV 2005 §4 Abs1 Z3
AsylG-DV 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG-DV 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2144451-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Sirma KAYA über die Beschwerde des XXXX , StA. Gambia, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2020, Zl. 1044343709/200286071, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein gambischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 02.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 07.12.2016, Zl. 1044343709-140129041, wurde sein Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Gambia (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Zudem wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Gambia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Ihm wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).

3.       Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.02.2020, GZ: W235 2144451-1/11E, als unbegründet abgewiesen und erwuchs das Erkenntnis am 20.02.2020 in Rechtskraft.

4.       Mit Formularvordruck „Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen“ beantragte der BF am 13.03.2020 die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 56 Abs. 1 AsylG bzw. andernfalls gemäß § 56 Abs. 2 AsylG.

5.       Mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 19.03.2020 wurde der BF aufgefordert binnen zwei Wochen eine Stellungnahme sowie alle erforderlichen Unterlagen gemäß § 8 Abs. 1 und 2 AsylG-DV vorzulegen, widrigenfalls das Verfahren ohne nochmalige Anhörung aufgrund der Aktenlage fortgeführt werde.

6.       Am 09.04.2020 langte bei der belangten Behörde eine diesbezügliche Stellungnahme des BF, datiert mit 06.04.2020, ein. Darin wurde unter anderem ausgeführt, dass der BF das Original seiner gambischen Identitätskarte verloren habe und eine persönliche Kontaktaufnahme mit der gambischen Botschaft aufgrund der Corona-Krise nicht möglich sei. Auf ein diesbezügliches Schreiben vom 26.03.2020 habe die Botschaft bis dato nicht reagiert. Er stellte sodann einen Antrag auf Heilung eines Verfahrensmangels nach § 4 AsylG-DV, da es ihm unverschuldet nicht möglich sei, weitere Urkunden beizubringen und legte er abermals eine Kopie einer gambischen Identitätskarte vor.

7.       Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 30.04.2020, Zl. 1044343709/200286071, wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf Mängelheilung vom 06.04.2020 gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 iVm § 8 AsylG-DV ab (Spruchpunkt I.) und wies seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG als unzulässig zurück (Spruchpunkt II.).

8.       Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung fristgerecht am 03.06.2020 das Rechtsmittel der Beschwerde und wurde diese in der Folge dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Verfahrensgang:

Die im Verfahrensgang geschilderten - unstrittigen - Ausführungen werden zu Feststellungen erhoben. Ergänzend werden darüber hinaus folgende Feststellungen getroffen:

1.2. Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist gambischer Staatsangehöriger und geschieden. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF hält sich seit Stellung seines Antrages auf internationalen Schutz am 02.11.2014 im Bundesgebiet auf.

Der BF wurde auf die ihn treffende Mitwirkungspflicht hingewiesen. Darüber hinaus wurde ihm der Umstand, dass eine Verletzung dieser Pflicht zur Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels führen könne, zur Kenntnis gebracht.

Seiner Mitwirkungspflicht kam der BF nicht in ausreichendem Maße nach, insbesondere brachte der BF keinen Reisepass und keine Geburtsurkunde bei. Er hat weder nachgewiesen, dass ihm die Beschaffung der erforderlichen Urkunden oder Nachweise nicht möglich war, noch, dass ihm dies nicht zumutbar war.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der umseits unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang, dessen Ausführungen zu Feststellungen erhoben wurden, ergibt sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt des Verwaltungsaktes der belangten Behörde.

2.2. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung des bekämpften Bescheides, der eingebrachten Stellungnahme des BF und der Angaben des BF im Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister der Republik Österreich, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.3. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volljährigkeit und seinem Familienstand ergeben sich aus seinen diesbezüglichen glaubhaften und nicht widerlegten Angaben im bisherigen Verwaltungsverfahren. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen aufgekommen.

Da der BF den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest. Die Vorlage der Kopie einer gambischen Identitätskarte genügt für eine zweifelsfreie Identitätsfeststellung nicht.

Der Aufenthalt des BF in Österreich ist durch den vorliegenden Verwaltungsakt und die aktuellen ZMR- und IZR-Auszüge belegt.

Die Feststellungen betreffend die Kenntnis des BF über seine Mitwirkungspflicht ergeben sich einerseits aus den im Formular zum verfahrenseinleitenden Antrag enthaltenen Hinweisen (AS 11) sowie andererseits aus dem nochmaligen Hinweis im Verbesserungsauftrag der belangten Behörde vom 19.03.2020 (AS 97ff). Überdies durchlief der BF bereits ein rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren und ist er mit dem Grundsatz der Mitwirkung vertraut. Da der BF weder ein gültiges Reisedokument noch eine Geburtsurkunde im Original vorlegte, kam er seiner Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nach.

Der BF konnte aus folgenden Gründen nicht nachweisen, dass ihm die Beschaffung der erforderlichen Urkunden nicht möglich oder zumutbar gewesen sei:

Der BF schilderte im Verwaltungsverfahren, dass er am 26.03.2020 ein E-Mail an die gambische Botschaft in Wien sendete, in welchem er - je nach Sachverhalt - um Bestätigung des Nichtvorhandenseins bzw. der Nichtausstellung von staatlichen Dokumenten oder um Bestätigung des Vorhandenseins von Identitätsnachweisen gebeten habe. Dies wurde durch Vorlage des E-Mail-Verlaufs in Zusammenhang mit dem Beschwerdeschriftsatz belegt. Der BF sendete anschließend am 12.05.2020, somit nach der gegenständlichen Bescheiderlassung, ein weiteres E-Mail an die gambische Vertretungsbehörde in Wien, worin er abermals um eine diesbezügliche Bestätigung und um die Möglichkeit der persönlichen Vorsprache ersuchte. Am selben Tag erhielt der BF die Antwort, dass das Generalkonsulat der Republik Gambia seit Mai 2019 geschlossen sei und wurde der BF an die gambische Botschaft in London verwiesen.

Aus der vorgelegten Kopie des E-Mail-Verlaufs ist zunächst nicht zweifelsfrei ersichtlich, dass der BF auf sein E-Mail vom 26.03.2020 keine Antwort erhielt. Insbesondere ergibt sich aus dem späteren Antwortschreiben des Generalkonsulates der Republik Gambia in Wien, dass die Schließung erst ab Mai 2020 durchgeführt wurde, sodass eine gänzliche Nichtreaktion seitens des Generalkonsulates nicht nachvollziehbar erscheint. Sofern der BF tatsächlich keine Antwort auf sein E-Mail erhalten habe, wäre es dem BF jedenfalls zumutbar gewesen, zusätzliche Maßnahmen zur raschen Kontaktaufnahme (weiteres E-Mail, Telefonat) durchzuführen. Weitergehende Bemühungen seitens des BF wurden jedoch weder vorgebracht noch nachgewiesen. Überdies liegt kein offizielles Schreiben des Generalkonsulates der Republik Gambia in Wien oder der Botschaft der Republik Gambia in London vor, wonach die Ausstellung eines Reisepasses für den BF tatsächlich unmöglich wäre.

Darüber hinaus ist anzuführen, dass gegen den BF mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.02.2020, GZ: W235 2144451-1/11E, die erlassene Rückkehrentscheidung der belangten Behörde vom 07.12.2016, Zl. 1044343709-140129041, bestätigt wurde. Da dieses Erkenntnis der Rechtsvertretung des BF am 20.02.2020 zugestellt wurde, erwuchs es am selben Tag in formelle Rechtskraft. Der Aufenthalt des BF qualifizierte sich somit bereits ab 20.02.2020 als unrechtmäßig und hätte sich der BF schon zum damaligen Zeitpunkt um den Erhalt und die Ausstellung von gültigen Reise- und Identitätsdokumenten bemühen müssen.

Aus dem Vorbringen des BF ergibt sich somit keine Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Beschaffung eines gültigen Reisedokuments, sodass die fehlende Mitwirkung des BF festzustellen war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.    Zur Abweisung des Antrages auf Mängelheilung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1.  Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG-DV sind folgende Urkunden und Nachweise - unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 - im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:

1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;

3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;

4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.

Ein Nachweis über die Duldung ist zusätzlich zu den in Abs. 1 genannten Urkunden und Nachweisen dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 anzuschließen (Abs. 3).

Gemäß § 4 Abs. 1 AsylG-DV kann die Behörde auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 AsylG-DV und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder

3. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Im gegenständlichen Fall beantragte der BF die Heilung eines Verfahrensmangels, da es ihm – trotz dahingehender Aufforderung der belangten Behörde - unverschuldet nicht möglich gewesen sei, weitere Urkunden bzw. eine Bestätigung der Nichtausstellung von Urkunden der gambischen Botschaft beizubringen. Zur Unterstützung seines Vorbringens führte der BF jedoch – wie umseits ausgeführt - weder im Antrag auf Mängelheilung noch im Beschwerdeschriftsatz stichhaltige und nachvollziehbare Gründe für das Vorliegen einer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Erlangung der erforderlichen Urkunden an.

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.3. ausführlich dargelegt, konnte der BF nicht nachweisen, dass er sich ernsthaft um die Ausstellung eines Reise- und Identitätsdokuments bemüht habe bzw. ihm ein derartiges Bemühen nicht zumutbar gewesen sei.

Da ein gegenteiliger Nachweis vom BF nicht erbracht wurde, hat die Behörde diesen Antrag zu Recht abgewiesen. Entgegen der im Beschwerdeschriftsatz aufgestellten Behauptung, die belangte Behörde hätte weitergehende Ermittlungen zur Frage der Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Vorlage der ersuchten Dokumente durchführen müssen, erachtet das erkennende Gericht die Vorgehensweise der belangten Behörde als rechtmäßig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.  Rechtslage:

Gemäß § 56 Abs. 1 AsylG kann im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen (Abs. 2 leg cit).

Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand (Abs. 3 leg cit).

Kommt der Drittstaatsangehörige gemäß § 58 Abs. 11 AsylG seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG-DV sind folgende Urkunden und Nachweise - unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 - im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:

1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;

3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;

4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.

Zusätzlich zu den in Abs. 1 genannten Urkunden und Nachweisen sind dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen (Abs. 2 leg cit):

1. Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, insbesondere Miet- oder Untermietverträge, bestandsrechtliche Vorverträge oder Eigentumsnachweise;

2. Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, insbesondere durch eine entsprechende Versicherungspolizze, sofern kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehen wird oder besteht;

3. Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts, insbesondere Lohnzettel, Lohnbestätigungen, Dienstverträge, arbeitsrechtliche Vorverträge, Bestätigungen über Pensions-, Renten- oder sonstige Versicherungsleistungen, Nachweise über das Investitionskapital, Nachweis eigenen Vermögens in ausreichender Höhe oder in den bundesgesetzlich vorgesehenen Fällen eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung.

3.2.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst. Ein inhaltlicher Abspruch über den Antrag ist daher jedenfalls unzulässig.

Im gegenständlichen Fall erteilte die belangte Behörde dem BF nach Prüfung des Antrags gemäß § 56 AsylG einen Verbesserungsauftrag mit dem klar formulierten Auftrag, der BF möge die in § 8 Abs. 1 und 2 AsylG-DV angeführten Unterlagen vorlegen. Der BF legte daraufhin Unterlagen entsprechend dem § 8 Abs. 2 AsylG vor. Es wurde jedoch kein Reisedokument oder Geburtsurkunde beigebracht und wurde der diesbezügliche Antrag auf Heilung von der belangten Behörde - wie bereits unter Spruchpunkt 3.1. ausgeführt wurde - zu Recht als unbegründet abgewiesen. Aufgrund ihrer ordnungsgemäßen Vorgehensweise ist die belangte Behörde bei unvollständigen oder unrichtigen Urkundenvorlagen nicht dazu verpflichtet, einen nochmaligen Verbesserungsauftrag zu erteilen. Vielmehr treten nach Ablauf der gesetzten Frist die angekündigten negativen Folgen ein.

Soweit im Beschwerdeschriftsatz auf das inhaltliche Vorliegen der Voraussetzungen für eine Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG eingegangen wird, ist aufgrund der gesetzlich begrenzten Kompetenz des erkennenden Gerichtes zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung nicht näher darauf einzugehen.

Nachdem somit die in § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 AsylG-DV bezeichneten Nachweise nicht vollständig erbracht wurden, war der Antrag in Ermangelung der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen durch die belangte Behörde zu Recht zurückzuweisen.

Schließlich ist zu betonen, dass es dem BF selbst überlassen ist, bei Vorlage der entsprechenden Dokumente einen neuerlichen Antrag gemäß § 56 AsylG bei der belangten Behörde zu stellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 AsylG-DV als unbegründet abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Da der verfahrenseinleitende Antrag gemäß § 58 Abs. 11 AsylG zurückzuweisen war und der Sachverhalt im Hinblick auf die Abweisung des Antrages auf Mängelheilung durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde, die gebotene Aktualität aufweist und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der belangten Behörde teilt, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 bzw. § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel berücksichtigungswürdige Gründe Identitätsfeststellung Mängelbehebung mangelhafter Antrag Mangelhaftigkeit Mängelheilung Reisedokument unzulässiger Antrag Urkundenvorlage Verbesserungsauftrag Vorlagepflicht Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I405.2144451.2.00

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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