TE Vfgh Erkenntnis 1995/10/12 B871/92

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Veröffentlicht am 12.10.1995
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77 Kunst, Kultur
77/01 Kunst, Kultur

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortgruppe ", Errichtung von Kiosken, Tankstellen und sonstigen störenden Bauten" in §8 Abs1 DenkmalschutzG idF des ArtI Z20 des Bundesgesetzes BGBl 473/1990 mit E v 29.09.95, G50/95.

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst) ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihres bevollmächtigten Vertreters die mit 15.000.- S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführer sind (Mit-)Eigentümer der Grundstücke Nr. 53/1, 188/1 und 191 in EZ 112, KG Algersdorf. Mit (rechtskräftigem) Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 9. November 1990 wurde ihnen die Baubewilligung zur Errichtung von vier ganz unterkellerten, zweigeschossigen Wohngebäuden mit teilweise ausgebautem Dachgeschoß sowie mit eingebauter Kleingarage in massiver Ausführung für sechs PKW auf den Grundstücken Nr. 53/1 und 191 erteilt.

Noch vor der Erlassung dieses Bescheides hatte das Bundesdenkmalamt mit der der Sache nach an den Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz als Bezirksverwaltungsbehörde gerichteten Eingabe vom 31. August 1991 den Antrag gestellt, zur Vermeidung der Gefährdung des Erscheinungsbildes des Schlosses Eggenberg gemäß §8 Abs1 des Denkmalschutzgesetzes - DMSG, BGBl. 533/1923, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. 473/1990, ein Verbot der Errichtung dieser Bauten zu erlassen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 6. März 1991 wurde ein derartiges Bauverbot für das Grundstück Nr. 53/1 sowie für Teile der Grundstücke Nr. 188/1 und 191 ausgesprochen.

Dieser Bescheid wurde von den Beschwerdeführern mit Berufung bekämpft und in der Folge mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 9. Juli 1991 ersatzlos aufgehoben, und zwar mit der Begründung, daß das erlassene Verbot in §8 Abs1 DMSG keine Deckung finde.

Mit Bescheid vom 15. Mai 1992 gab der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst (BGBl. 1105/1994)) der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark rechtzeitig eingebrachten Berufung des Bundesdenkmalamtes insofern Folge, als der Bescheid des Landeshauptmannes behoben und gemäß §8 Abs1 DMSG das Verbot der gänzlichen oder teilweisen Ausführung der in Rede stehenden, (baupolizeilich) bewilligten Bauten oder anderer Projekte gleichen oder ähnlichen Umfanges auf den Grundstücken Nr. 53/1, 188/1 und 191 in EZ 112, KG Algersdorf, ausgesprochen wurde; überdies wurde ausgesprochen, daß die Erteilung einer Baubewilligung "für die genannten Grundstücke verboten ist", soweit nicht näher bezeichnete Voraussetzungen erfüllt sind.

2. Gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger gesetzlicher Bestimmungen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

3. Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung als die Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

II. 1. Bei der Beratung über die Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Wortgruppe ", Errichtung von Kiosken, Tankstellen und sonstigen störenden Bauten" in §8 Abs1 DMSG, idF des ArtI Z20 des Bundesgesetzes BGBl. 473/1990, entstanden.

Der Verfassungsgerichtshof hat daher aus Anlaß dieser Beschwerde gemäß Art140 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung eingeleitet (Beschluß vom 2. März 1995, B871/92).

2. Mit Erkenntnis vom 29. September 1995, G50/95, hat der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung in Anwendung des Art140 Abs1 B-VG als verfassungswidrig aufgehoben.

III. Der Bundesminister für

Wissenschaft und Forschung hat bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß die Anwendung dieser Gesetzesbestimmung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.

Die Beschwerdeführer wurden also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. Von dem zugesprochenen Kostenbetrag entfallen 2.500.- S auf die Umsatzsteuer.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B871.1992

Dokumentnummer

JFT_10048988_92B00871_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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