Entscheidungsdatum
18.08.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W159 2184525-1/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren XXXX , Staatsangehöriger von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.12.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.05.2020 zu Recht erkannt:
A)
I.
Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 Asylg 2005 als unbegründet abgewiesen.
II.
Hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird der Beschwerde stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
III.
Gemäß § 8 Abs. IV AsylG 2005 idgF wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 18.08.2021 erteilt.
IV. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte III. bis VI. stattgegeben und diese ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Afghanistan, gelangte (spätestens) am 24.11.2015 irregulär nach Österreich und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch die XXXX gab er an, dass sein Vater, ein Mitglied der Taliban, hätte gewollt, dass sich der Beschwerdeführer ebenfalls den Taliban anschließe.
Am 21.11.2017 erfolgte eine Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg. Der Beschwerdeführer gab an, dass er mit dem Protokoll der Erstbefragung einverstanden sei. Er sei in der Provinz Nangarhar, im Distrikt XXXX , im Dorf XXXX geboren worden und aufgewachsen. Sein Geburtsdatum wisse er nicht. Er gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an und seine Muttersprache sei Paschtu. Er sei Moslem. Er habe seinen Geburtsort bis zu seiner Ausreise nie verlassen. Sein Heimatdorf sei in den Händen der Taliban, weswegen die Regierung nicht präsent gewesen sei. Der Beschwerdeführer ergänzte, dass die Verwandten seines Vaters alle Taliban seien.
Er habe die Ziegen in die Berge und wieder zurückgebracht. Sonst habe er nichts gearbeitet. Er hätte gerne etwas gelernt. Sein Vater hätte ihm jedoch verboten etwas zu lernen.
Befragt zu seinem Fluchtgrund, gab der Beschwerdeführer an, seine Mutter habe ihn weggeschickt, weil der Vater ein Taliban sei. Alle Männer aus seinem Dorf seien Taliban. Sein Vater sei alle drei Monate nach Hause gekommen. Als der Vater das dritte Mal von den Taliban nach Hause gekommen sei, habe er dem Beschwerdeführer gesagt, er solle sich vorbereiten, weil er den Beschwerdeführer den Taliban übergeben werde. Der Beschwerdeführer habe darüber mit seiner Mutter gesprochen. Seiner Mutter gefiel dieses Vorhaben auch nicht und so übergab sie den Beschwerdeführer ihrem Bruder, der einen Schlepper organisiert hätte.
Der Beschwerdeführer erzählte, dass er bis dato keinen Kontakt zu seiner Familie habe.
In Österreich habe er ein bisschen Deutsch gelernt. Der Beschwerdeführer brachte Kursbestätigungen für Deutschkurse vom 23.01.2017 bzw. 20.11.2017, eine Bestätigung der Aidshilfe Salzburg vom 11.042017 und div. Empfehlungsschreiben in Vorlage.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg vom 29.12.2017, Zahl XXXX wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 23.11.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, dieser Antrag unter Spruchteil II. auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, unter Spruchpunkt IV. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchpunkt V. die Abschiebung nach Afghanistan für zulässig erklärt und unter Spruchpunkt VI. die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt.
In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Zuge der Einvernahme in regelmäßigen Abständen sein Vorbringen wiederholt hätte, sodass das Vorbringen wie eine auswendiggelernte Geschichte gewirkt hätte. Die belangte Behörde habe deswegen an dem Vorbringen als Ganzes gezweifelt. Zu Spruchpunkt I. wurde insbesondere ausgeführt, dass aufgrund des Umstandes, dass dem Vorbringen die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei, keine Asylgewährung habe erfolgen können. Auch könne weder aus jedem Rekrutierungsversuch der Taliban noch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan eine Asylgewährung abgeleitet werden. Im gesamten Ermittlungsverfahren hätten sich unter Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen keine weiteren Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes welcher gem. Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 GFK zur Gewährung von Asyl führen würde. Zu Spruchteil II. wurde nach Darlegung der Bezug habenden Rechtslage und Judikatur zunächst darauf hingewiesen, dass eine individuelle Gefährdung aufgrund der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens nicht angenommen werden könne und eine existenzgefährdende Versorgungslage in ganz Afghanistan nicht gegeben sei. Auch aus der allgemeinen Sicherheitslage sei subsidiärer Schutz nicht ableitbar, zumal der Beschwerdeführer über 17 Jahre offenbar ohne größere Probleme in Afghanistan gelebt habe. Weiters habe keine Erkrankung des Beschwerdeführers festgestellt werden können, sodass sich bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen würde, ergeben hätten. Auch die Voraussetzungen des § 57 AsylG lägen nicht vor (Spruchpunkt III.). Weiters sei das Bestehen eines Familienlebens zu negieren gewesen und sei hinsichtlich des Privatlebens zunächst einmal auf die illegale Einreise hinzuweisen. Der Beschwerdeführer sei nach wie vor in seinem Herkunftsland verwurzelt und deute nichts darauf hin, dass er dort in hohem Maße mit Desintegration zu rechnen hätte. Besondere Hinweise auf eine außerordentliche Integration in Österreich hätten sich nicht ergeben. Es sei daher kein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG zu erteilen gewesen und eine Rückkehrentscheidung als zulässig zu bezeichnen gewesen (Spruchpunkt IV.). Unter Spruchpunkt V. wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass die Tatbestände des § 50 FPG nicht erfüllt wären und einer Abschiebung nach Afghanistan auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichthofes für Menschenrechte entgegenstehe, sodass diese als zulässig zu bezeichnen sei; auch Gründe für die Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise wären nicht hervorgekommen (Spruchpunkt VI.).
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den XXXX , fristgerecht gegen alle Spruchteile Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In der Begründung wurde zunächst (kursorisch) der Verfahrensgang und das Vorbringen wiedergegeben. Es wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, sich mit dem gesamten individuellen Vorbringen sachgerecht auseinanderzusetzen und diesbezüglich ein adäquates Ermittlungsverfahren durchzuführen, weswegen der angefochtene Bescheid unte schwerwiegenden Verfahrensmängel leide.
Es wurden eine Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs des Österreichischen Integrationsfonds vom 07.03.2017, Deutschkursbestätigungen, eine Vereinbarung für gemeinnützige Beschäftigung für Asylwerbende der Stadtgemeinde XXXX für den Zeitraum 9. Bis 13.07 2018 sowie diverse Empfehlungsschreiben in Vorlage gebracht.
Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung am 24.03.2020 an, die Corona-bedingt auf den 17.04.2020 bzw. 28.05.2020 verlegt werden musste. Der Beschwerdeführer erschien in Begleitung seines ausgewiesenen Vertreters. Der Behördenvertreter ist entschuldigt nicht erschienen.
Die Rechtsvertretrung brachte folgende Unterlagen in Vorlage:
Unterlagen über einen Deutschpass, eine Vereinbarung über gemeinnützige Beschäftigung mit der XXXX Beilage, Deutschkursbestätigungen A1, eine Teilnahmebestätigung an weiteren Alphabtisierungskurs, eine Teilnahmebestätigung an einem Werte- und Orientierungskurs, ein Empfehlungsschreiben von XXXX , ein Unterstützungsschreiben der XXXX , ein Unterstützungsschreiben der XXXX .
Der Beschwerdeführer hielt sein bisheriges Vorbringen aufrecht und wollte nichts korrigieren oder ergänzen.
Er gab an er sei afghanischer Staatsbürger, zugehörig der Volksgruppe der Paschtunen, dem Stamm Schinwar und sei sunnitischer praktizierender sunnitischer Moslem. Sein genaues Geburtsdatum wisse er nicht, seine Eltern hätten es nicht notiert.
Er sei in Afghanistan, in XXXX geboren worden und habe auch nur dort gelebt. Es sei ein Dorf.Der Distrikt heiße XXXX und die Provinz Nangarhar.
„RI: Vorhalt: Beim BFA (AS39) haben Sie behauptet, Sie stammen aus der Provinz XXXX
BF: Ich bin 100 Prozent sicher, dass ich XXXX als Distrikt angegeben habe und nicht als Provinz. Ich weiß aber nicht, wie das protokolliert wurde.“
Nachgefragt gab er an, dass seine Eltern noch leben würden. Er habe einen jüngeren Bruder, der als er 2015 nach Österreich geflohen sei etwa acht Jahre alt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe in Afghanistan keine Schule sowie keine Koranschule besucht. Er habe zu Hause mit seiner Mutter, die den Koran auswendig gekonnt hätte, studiert.
Auf die Frage des Richter, wovon er in Afghanistan gelebt hätte, antwortete der Beschwerdeführer, er sei oft als Hirte tätig gewesen. Sie hätten oft Vieh gehabt, Rinder und Schafe.
„RI: Vorhalt: Vor dem BFA (AS40) haben Sie davon gesprochen, dass Sie Ziegenhirte waren.
BF: Wir hatten Rinder, Schafe und Ziegen.
RI: Vorhalt: Sie haben beim BFA einerseits angegeben (AS43) dass Sie nicht rausgehen konnten, andererseits, dass Sie jeden Tag die Ziegen auf den Berg gebracht haben (AS40). Das ist ein Widerspruch.
BF: Es war sehr nahe. Wir haben am Rande eines Berges gelebt. Ich habe das Vieh in der Früh hinausgebracht und am Abend wieder zurück.
RI: War die Viehhaltung die einzige Einkommensquelle der Familie?
BF: Unser Einkommen war nur das Vieh.
RI: Vorhalt: Beim BFA haben Sie hingegen angegeben, dass Ihr Vater bei den Taliban war und einen Sold erhalten hat.
BF: Er war bei den Taliban, ich weiß nicht wie viel er bekommen hat. Ich nehme an, dass niemand auf der Welt ohne Bezahlung arbeitet.“
Der Beschwerdeführer erzählte, dass er fast nichts über die Tätigkeit seines Vaters bei den Taliban wisse. Er wisse nur, dass er alle zwei bis drei Monate nach Hause gekommen sei. Sonst sei der Vater weggewesen. Der Beschwerdeführer gab nachgefragt an, er wisse nicht, wo der Vater mit den Taliban gewesen sei. Er könne nur angeben, dass er seinen Vater alle zwei Monate für zwei Tage gesehen hätte. Im Ort des Beschwerdeführers hätten auch die Taliban geherrscht. Der Beschwerdeführer wisse aber nicht wo sein Vater selbst hingegangen sei. Der Beschwerdeführer bezeichnete nachgefragt, seinen Vater als eine Art Führungsperson. Der Vater sei manchmal mit 10-12 und manchmal sogar mit 20 Leuten nach Hause gekommen. Die Mutter hätte sie dann alle verköstigt. Die Taliban hätten nur gegessen und getrunken, seien anschließend heimgegangen und nur der Vater hat zu Hause übernachtet.
Der Vater hätte versucht den Beschwerdeführer im Sinne der Taliban zuerziehen. Aus Sicht des Beschwerdeführers habe sein Vater den finanziellen Vorteil gesucht. Er hätte auch eine Prämie bekommen, wenn der Beschwerdeführer zu den Taliban gegangen wäre. Die Mutter des Beschwerdeführers sei dagegen gewesen, dass der Beschwerdeführer sich den Taliban anschließe.
Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, er würde seine Familie als religiös bezeichnen, es seien alles Muslime.
Nach dem Vorhaben seines Vaters mit der Person des Beschwerdeführers antwortete der Beschwerdeführer: „Ich kann es so ausdrücken, dass er es mehrmals versucht hat, mich in die Richtung der Taliban mitzunehmen, aber meine Mutter war dagegen. Er hat sogar einmal gesagt, wenn er das nächste Mal kommt, soll ich bereit sein mitzugehen.“ Zu diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdefüher etwa 16 Jahre alt gewesen. Der Vater habe ihm persönlich gesagt, dass er den Beschwerdeführer zu den Taliban mitnehmen wolle. Auf die Frage der Mutter des Beschwerdeführers, warum er so etwas mache, habe er ihr geantwortet, weil der Beschwerdeführer sein Sohn sei. Die Mutter des Beschwerdeführers habe nicht gewollt, dass der Beschwerdeführer so lebe wie die Taliban.
„RI: Vorhalt: Angesichts der patriarchalischen Gesellschaft in Afghanistan ist es eher ungewöhnlich, dass Ihre Mutter Ihrem Vater, welcher ein Taliban war, widersprochen hat. BF: Ich muss ehrlich sagen, dass meine Mutter der Meinung waren, dass die Taliban keine guten Menschen sind und sie wollte nicht, dass ich mich auf diesem Weg verliere.“
Der Beschwerdeführer habe sich gezwungen gefühlt, den Rekrutierungsversuchen des Vaters zuzustimmen, habe jedoch seiner Mutter die Geschichte erzählt und führte weiter aus: „Als mein Vater am nächsten Tag zu seiner Arbeit gegangen ist, da hat mich meine Mutter noch am selben Tag zu meinem Onkel mütterlicherseits gebracht. Als meine Mutter die Geschichte meinem Onkel erzählt hat, war mein Onkel bereit mir zu helfen. Er hat mir dann jemanden vorgestellt, welcher mir behilflich war in das Ausland zu reisen.“
Der Beschwerdeführer erzählte nachgefragt, es habe mehrere Versuche seines Vaters gegeben ihn zu rekrutieren. Jedes Mal, wenn der Vater junge Kämpfer gefunden und mitgenommen hätte, hätte er zum Beschwerdeführer gesagt, er sei noch zu jung, aber bald komme seine Zeit. Sein Vater habe den Beschwerdeführer nicht bedroht, jedoch mit starker und ernsthafter Stimme gesprochen. Der Beschwerdeführer gab nachgefragt an, er habe keine Drohbriefe und Anrufe von den Taliban erhalten.
„RI: War Ihr Onkel mütterlicherseits auch ein Talib?
BF: Nein.
RI: Vorhalt: Beim BFA haben Sie aber behauptet (AS48) dass Ihr Onkel mütterlicherseits auch
bei den Taliban war.
BF: Ich habe an diesem Tag gesagt, und ich erinnere mich sehr gut daran, dass ich gesagt
habe, dass mein Vater ein Talib ist, aber von meinem Onkel mütterlicherseits wusste ich es
nicht.
RV weist darauf hin, dass der BF beim BFA gesagt hat „Ich weiß nicht“ und dass er die
Vergangenheitsform verwendet hat.
RI: Wie lange waren Sie von dem Tag an wo Ihnen Ihr Vater gesagt hat, dass Sie beim
nächsten Mal mitkommen sollen noch in Afghanistan?
BF: Ich weiß es nicht.
RI: Waren es wenige Tage, Wochen oder Monate?
BF: An dem Tag an dem ich von meiner Mutter zu meinem Onkel gebracht wurde, bin ich mit
Hilfe einer unbekannten Person weitergereist.
RI: Hat Ihr Onkel auch im gleiche Ort gewohnt?
BF: An der Grenze des Dorfes wohnt auch mein Onkel.
RI: Was war der unmittelbare Anlass der Ausreise?
BF: Der letzte Grund war auch, dass ich selbst nicht einverstanden war zu den Taliban zu
gehen und meine Mutter war sowieso dagegen.
RI: Warum wollten Sie nicht zu den Taliban gehen?
BF: Ich wollte nicht mit diesen Leuten zusammenarbeiten. Ich denke, dass ich selbst als
Mensch nicht andere Menschen ohne Grund töten darf.“
Er habe zurzeit keine aktuellen, gesundheitlichen oder psychischen Probleme. Der Beschwerdeführer gab an, er woll sich hier in Österreich ein Leben aufbauen. Er würde gerne als Automechaniker arbeiten. Er lebe in keiner Ehe oder Lebensgemeinschaft, er sei ledig.
Aufgrund der Coronakrise habe sich der Deutschkurs etwas verschoben. Jetzt besuche er einen Deutschkurs. Er habe noch kein Deutschdiplom erworben.
Er könne sich nicht in Herat oder Mazer-e-Sharif niederlassen, weil die Taliban überall in Afghanistan sind. Er habe auch keinen Beruf erlernt und keine Berufserfahrung. Er könne dort keine Arbeit finden und habe kein Geld für einen Neustart.
Gemäß § 45 Abs.3 AVG wurden den Verfahrensparteien folgende Dokumente zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von 2 Wochen eingeräumt:
1.) Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 18.05.2020 (soweit verfahrensrelevant)
2.) Kurzinformation der Staatendokumentation zu COVID-19 in Afghanistan vom 09.04.2020
Verlesen wurde der aktuelle Strafregisterauszug des BF, in dem keine Verurteilung aufscheint
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:
1. Feststellungen:
Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Afghanistan, gehört der paschtunischen Volksgruppe an und ist sunnitischer Moslem. Der Beschwerdeführer ist volljährig. Er wurde im Dorf XXXX , im Distrikt XXXX in der Provinz Nangarhar geboren und hat auch dort bis zur Ausreise gelebt. Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan keine Schule besucht. Er hatte keine wirtschaftlichen Probleme in Afghanistan, er lebte in seinem Elternhaus. Er hat einen Bruder, aber derzeit seinem Vorbringen zufolge mit seinen Familienangehörigen keinen Kontakt.
Zu den Ausreisegründen können mangels glaubhafter Angaben keine Feststellungen getroffen werden. Es besteht jedenfalls keine aktuelle Verfolgungsgefahr durch die Taliban.
Der Beschwerdeführer hat im Jahre 2015 Afghanistan verlassen. Am 24.11.2015 gelangte er irregulär nach Österreich und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer leidet unter keinen organischen und psychischen Problemen und gibt an. Der Beschwerdeführer besucht zurzeit einen Deutschkurs. Er hat zeitweilig bei der Gemeinde geholfen. Der Beschwerdeführer führt kein Familienleben in Österreich und ist unbescholten.
Zu Afghanistan wird Folgendes festgestellt:
1. Länderspezifische Anmerkungen
COVID-19:
Berichten zufolge, haben sich mehr als 30.000 Menschen in Afghanistan mit COVID-19 angesteckt (WP 25.5.2020; vgl. JHU 26.6.2020), mehr als 670 sind daran gestorben. Dem Gesundheitsministerium zufolge, liegen die tatsächlichen Zahlen viel höher; auch bestünde dem Ministerium zufolge die Möglichkeit, dass in den kommenden Monaten landesweit bis zu 26 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert werden könnten, womit die Zahl der Todesopfer 100.000 übersteigen könnte. Die COVID-19 Testraten sind extrem niedrig in Afghanistan: weniger als 0,2% der Bevölkerung – rund 64.900 Menschen von geschätzten 37,6 Millionen Einwohnern – wurden bis jetzt auf COVID-19 getestet (WP 25.6.2020).
In vier der 34 Provinzen Afghanistans – Nangahar, Ghazni, Logar und Kunduz – hat sich unter den Sicherheitskräften COVID-19 ausgebreitet. In manchen Einheiten wird eine Infektionsrate von 60-90% vermutet. Dadurch steht weniger Personal bei Operationen und/oder zur Aufnahme des Dienstes auf Außenposten zur Verfügung (WP 25.6.2020).
In Afghanistan sind landesweit derzeit Mobilität, soziale und geschäftliche Aktivitäten sowie Regierungsdienste eingeschränkt. In den größeren Städten wie z.B. Kabul, Kandahar, Mazar-e Sharif, Jalalabad, Parwan usw. wird auf diese Maßnahmen stärker geachtet und dementsprechend kontrolliert. Verboten sind zudem auch Großveranstaltungen – Regierungsveranstaltungen, Hochzeitsfeiern, Sportveranstaltungen – bei denen mehr als zehn Personen zusammenkommen würden (RA KBL 19.6.2020). In der Öffentlichkeit ist die Bevölkerung verpflichtet einen Nasen-Mund-Schutz zu tragen (AJ 8.6.2020).
Wirksame Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung von COVID-19 scheinen derzeit auf keiner Ebene möglich zu sein: der afghanischen Regierung zufolge, lebt 52% der Bevölkerung in Armut, während 45% in Ernährungsunsicherheit lebt (AF 24.6.2020). Dem Lockdown folge zu leisten, "social distancing" zu betreiben und zuhause zu bleiben ist daher für viele keine Option, da viele Afghan/innen arbeiten müssen, um ihre Familien versorgen zu können (AJ 8.6.2020).
Schulen und Universitäten sind nach aktuellem Stand bis September 2020 geschlossen (AJ 8.6.2020; vgl. RA KBL 19.6.2020). Über Fernlernprogramme, via Internet, Radio und Fernsehen soll der traditionelle Unterricht im Klassenzimmer vorerst weiterhin ersetzen werden (AJ 8.6.2020). Fernlehre funktioniert jedoch nur bei wenigen Studierenden. Zum Einen können sich viele Familien weder Internet noch die dafür benötigten Geräte leisten und zum Anderem schränkt eine hohe Analphabetenzahl unter den Eltern in Afghanistan diese dabei ein, ihren Kindern beim Lernen behilflich sein zu können (HRW 18.6.2020).
Die großen Reisebeschränkungen wurden mittlerweile aufgehoben; die Bevölkerung kann nun in alle Provinzen reisen (RA KBL 19.6.2020). Afghanistan hat mit 24.6.2020 den internationalen Flugverkehr mit einem Turkish Airlines-Flug von Kabul nach Istanbul wieder aufgenommen; wobei der Flugplan aufgrund von Restriktionen auf vier Flüge pro Woche beschränkt wird (AnA 24.6.2020). Emirates, eine staatliche Fluglinie der Vereinigten Arabischen Emirate, hat mit 25.6.2020 Flüge zwischen Afghanistan und Dubai wieder aufgenommen (AnA 24.6.2020; vgl. GN 9.6.2020). Zwei afghanische Fluggesellschaften Ariana Airlines und der lokale private Betreiber Kam Air haben ebenso Flüge ins Ausland wieder aufgenommen (AnA 24.6.2020). Bei Reisen mit dem Flugzeug sind grundlegende COVID-19-Schutzmaßnahmen erforderlich (RA KBL 19.6.2020). Wird hingegen die Reise mit dem Auto angetreten, so sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Zwischen den Städten Afghanistans verkehren Busse. Grundlegende Schutzmaßnahmen nach COVID-19 werden von der Regierung zwar empfohlen – manchmal werden diese nicht vollständig umgesetzt (RA KBL 19.6.2020).
Seit 1.1.2020 beträgt die Anzahl zurückgekehrter Personen aus dem Iran und Pakistan: 339.742; 337.871 Personen aus dem Iran (247.082 spontane Rückkehrer/innen und 90.789 wurden abgeschoben) und 1.871 Personen aus Pakistan (1.805 spontane Rückkehrer/innen und 66 Personen wurden abgeschoben) (UNHCR 20.6.2020).
Quellen:
? AF - Asia Foundation (24.6.2020): Afghanistan’s Covid-19 Bargain, https://asiafoundation.org/2020/06/24/afghanistans-covid-19-bargain/, Zugriff 26.6.2020
? AJ - al-Jazeera (8.6.2020): Afghan schools, universities to remain closed until September, https://www.aljazeera.com/news/2020/06/afghan-schools-universities-remain-closed-september-200608062711582.html, Zugriff 26.6.2020
? AnA – Andolu Agency (24.6.2020): Afghanistan resumes international flights amid COVID-19, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/afghanistan-resumes-international-flights-amid-covid-19/1888176, Zugriff 26.6.2020
? GN – Gulf News (9.6.2020): COVID-19: Emirates to resume regular passenger flights to Kabul from June 25, https://gulfnews.com/uae/covid-19-emirates-to-resume-regular-passenger-flights-to-kabul-from-june-25-1.71950323, Zugriff 26.6.2020
? HRW - Human Rights Watch (18.6.2020): School Closures Hurt Even More in Afghanistan, https://www.hrw.org/news/2020/06/18/school-closures-hurt-even-more-afghanistan, Zugriff 26.6.2020
? JHU -John Hopkins Universität (26.6.2020): COVID-19 Dashboard by the Center for Systems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University (JHU), https://coronavirus.jhu.edu/map.html, Zugriff 26.6.2020
? RA KBL – Rechtsanwalt in Kabul (19.6.2020): Antwortschreiben per Mail, liegt bei der Staatendokumentation auf.
? TN – Tolonews (15.6.2020): Govt Will Resume Bread Distribution: Palace, https://tolonews.com/afghanistan/govt-will-resume-bread-distribution-palace, Zugriff 29.6.2020
? TN – Tolonews (15.6.2020): Poor Claim ‘Unjust’ Bread Distribution in Jawzjan, https://tolonews.com/afghanistan/poor-claim-%E2%80%98unjust%E2%80%99-bread-distribution-jawzjan, Zugriff 29.6.2020
? UNHCR – (20.6.2020): Border Monitoring Update COVID-19 Response 14-20 June 2020, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/77302, Zugriff 26.6.2020
? WHO – World Health Organization (25.3.2020): Coronavirus disease 2019 (COVID-19) Situation Report –65, https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/situation-reports/20200325-sitrep-65-covid-19.pdf?sfvrsn=2b74edd8_2, Zugriff 16.4.2020
? WP - Washington Post (25.6.2020): Coronavirus sweeps through Afghanistan’s security forces, https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghanistan-coronavirus-security-forces-military/2020/06/24/0063c828-b4e2-11ea-9a1d-d3db1cbe07ce_story.html, Zugriff 26.6.2020
? XI – Xinhua (23.6.2020): Pakistan receives 1st Afghan export since COVID-19 pandemic, http://www.xinhuanet.com/english/2020-06/23/c_139159139.htm, Zugriff 26.6.2020
In 30 der 34 Provinzen Afghanistans wurden mittlerweile COVID-19-Fälle registriert (NYT 22.4.2020). Nachbarländer von Afghanistan, wie China, Iran und Pakistan, zählen zu jenen Ländern, die von COVID-19 besonders betroffen waren bzw. nach wie vor sind. Dennoch ist die Anzahl, der mit COVID-19 infizierten Personen relativ niedrig (AnA 21.4.2020). COVID-19 Verdachtsfälle können in Afghanistan aufgrund von Kapazitätsproblem bei Tests nicht überprüft werden – was von afghanischer Seite bestätigt wird (DW 22.4.2020; vgl. QA 16.4.2020; NYT 22.4.2020; ARZ KBL 7.5.2020). Auch wird die Dunkelziffer von afghanischen Beamten höher geschätzt (WP 20.4.2020). In Afghanistan können derzeit täglich 500 bis 700 Personen getestet werden. Diese Kapazitäten sollen in den kommenden Wochen auf 2.000 Personen täglich erhöht werden (WP 20.4.2020). Die Regierung bemüht sich noch weitere Testkits zu besorgen – was Angesicht der derzeitigen Nachfrage weltweit, eine Herausforderung ist (DW 22.4.2020).
Landesweit können – mit Hilfe der Vereinten Nationen – in acht Einrichtungen COVID-19-Testungen durchgeführt werden (WP 20.4.2020). Auch haben begrenzte Laborkapazitäten und -ausrüstung einige Einrichtungen dazu gezwungen Testungen vorübergehend einzustellen (WP 20.4.2020). Unter anderem können COVID-19-Verdachtsfälle in Einrichtungen folgender Provinzen überprüft werden: Kabul, Herat, Nangarhar (TN 30.3.2020) und Kandahar. COVID-19 Proben aus angrenzenden Provinzen wie Helmand, Uruzgan und Zabul werden ebenso an die Einrichtung in Kandahar übermittelt (TN 7.4.2020a).
Jahrzehntelange Konflikte in Afghanistan machen das Land anfällig für den Ausbruch von Krankheiten: nach wie vor ist Polio dort endemisch (als eines von drei Ländern weltweit) (WP 20.4.2020) außerdem ist das Gesundheitssystem fragil (AnA 21.4.2020; vgl. QA 16.4.2020; ARZ KBL 7.5.2020). Beispielsweise mangelt es an adäquaten Medikamenten für Patient/innen, die an COVID-19 erkrankt sind. Jedoch sind die wenigen Medikamente, die hierfür zur Verfügung stehen, kostenfrei (ARZ KBL 7.5.2020). Der landesweite Mangel an COVID-19-Testkits sowie an Isolations- und Behandlungseinrichtungen verdeutlichen diese Herausforderung (AnA 21.4.2020; vgl. ARZ KBL 7.5.2020). Landesweit stehen 10.400 Krankenhausbetten (BBC 9.4.2020) und 300 Beatmungsgeräte zur Verfügung (TN 8.4.2020; vgl. DW 22.4.2020; QA 16.4.2020). 300 weitere Beatmungsgeräte plant die afghanische Regierung zu besorgen. Weiters mangelt es an geschultem Personal, um diese medizinischen Geräte in Afghanistan zu bedienen und zu warten (DW 22.4.2020; vgl. ARZ KBL 7.5.2020). Engpässe bestehen bei den PPE (personal protective equipment), persönlichen Schutzausrüstungen für medizinisches Personal; außerdem wird mehr fachliches Personal benötigt, um Patient/innen auf den Intensivstationen zu betreuen (ARZ KBL 7.5.2020).
Aufgrund der Nähe zum Iran gilt die Stadt Herat als der COVID-19-Hotspot Afghanistans (DW 22.4.2020; vgl. NYT 22.4.2020); dort wurde nämlich die höchste Anzahl bestätigter COVID-19-Fälle registriert (TN 7.4.2020b; vgl. DW 22.4.2020). Auch hat sich dort die Anzahl positiver Fälle unter dem Gesundheitspersonal verstärkt. Mitarbeiter/innen des Gesundheitswesens berichten von fehlender Schutzausrüstung – die Provinzdirektion bestätigte dies und erklärtes mit langwierigen Beschaffungsprozessen (TN 7.4.2020b). Betten, Schutzausrüstungen, Beatmungsgeräte und Medikamente wurden bereits bestellt – jedoch ist unklar, wann die Krankenhäuser diese Dinge tatsächlich erhalten werden (NYT 22.4.2020). Die Provinz Herat verfügt über drei Gesundheitseinrichtungen für COVID-19-Patient/innen. Zwei davon wurden erst vor kurzem errichtet; diese sind für Patient/innen mit leichten Symptomen bzw. Verdachtsfällen des COVID-19 bestimmt. Patient/innen mit schweren Symptomen hingegen, werden in das Regionalkrankenhaus von Herat, welches einige Kilometer vom Zentrum der Provinz entfernt liegt, eingeliefert (TN 7.4.2020b). In Hokerat wird die Anzahl der Beatmungsgeräte auf nur 10 bis 12 Stück geschätzt (BBC 9.4.2020; vgl. TN 8.4.2020).
Beispiele für Maßnahmen der afghanischen Regierung
Eine Reihe afghanischer Städte wurde abgesperrt (WP 20.4.2020), wie z.B. Kabul, Herat und Kandahar (TG 1.4.2020a). Zusätzlich wurde der öffentliche und kommerzielle Verkehr zwischen den Provinzen gestoppt (WP 20.4.2020). Beispielsweise dürfen sich in der Stadt Kabul nur noch medizinisches Personal, Bäcker, Journalist/innen, (Nahrungsmittel)Verkäufer/innen und Beschäftigte im Telekommunikationsbereich bewegen. Der Kabuler Bürgermeister warnte vor "harten Maßnahmen" der Regierung, die ergriffen werden, sollten sich die Einwohner/innen in Kabul nicht an die Anordnungen halten, unnötige Bewegungen innerhalb der Stadt zu stoppen. Die Sicherheitskräfte sind beauftragt zu handeln, um die Beschränkung umzusetzen (TN 9.4.2020a).
Mehr als die Hälfte der afghanischen Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze (WP 22.4.2020): Aufgrund der Maßnahmen sorgen sich zehntausende Tagelöhner in Kabul und Herat um ihre Existenz. UNICEF zufolge, arbeiten allein in Kabul mindestens 60.000 Kinder, um das Familieneinkommen zu ersetzen (TG 1.4.2020). Offiziellen Schätzungen zufolge können z.B. in Herat-Stadt 150.000 Tagelöhner aufgrund des Lockdowns nicht arbeiten und haben somit kein Einkommen. Weil es in Herat an Ressourcen mangelt, um Hunderttausende zu ernähren, nimmt die Bevölkerung die Bedrohung durch das Virus nicht ernst. Zwar hat die Bevölkerung anfangs großzügig gespendet, aber auch diese Spenden werden weniger, nachdem die langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen auf Unternehmen sichtbar werden (NYT 22.4.2020).
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die International Organization for Migration (IOM) unterstützen das afghanische Ministerium für öffentliche Gesundheit (MOPH) (WHO MIT 10.5.2020; vgl. IOM 11.5.2020); die WHO übt eine beratende Funktion aus und unterstützt die afghanische Regierung in vier unterschiedlichen Bereichen während der COVID-19-Krise (WHO MIT 10.5.2020): 1. Koordination; 2. Kommunikation innerhalb der Gemeinschaften 3. Monitoring (durch eigens dafür eingerichtete Einheiten – speziell was die Situation von Rückkehrer/innen an den Grenzübergängen und deren weitere Bewegungen betrifft) und 4. Kontrollen an Einreisepunkten – an den 4 internationalen Flughäfen sowie 13 Grenzübergängen werden medizinische Kontroll- und Überwachungsaktivitäten durchgeführt (WHO MIT 10.5.2020; vgl. IOM 11.5.2020).
Taliban und COVID-19
Ein Talibansprecher verlautbarte, dass die Taliban den Konflikt pausieren könnten, um Gesundheitsbehörden zu erlauben, in einem von ihnen kontrollierten Gebiet zu arbeiten, wenn COVID-19 dort ausbrechen sollte (TN 2.4.2020; vgl. TD 2.4.2020). In der nördlichen Provinz Kunduz, hätten die Taliban eine Gesundheitskommision gegründet, die direkt in den Gemeinden das öffentliche Bewusstsein hinsichtlich des Virus stärkt. Auch sollen Quarantänezentren eingerichtet worden sein, in denen COVID-19-Verdachtsfälle untergebracht wurden. Die Taliban hätten sowohl Schutzhandschuhe, als auch Masken und Broschüren verteilt; auch würden sie jene, die aus anderen Gebieten kommen, auf COVID-19 testen (TD 2.4.2020). Auch in anderen Gebieten des Landes, wie in Baghlan, wird die Bevölkerung im Rahmen einer Informationsveranstaltung in der Moschee über COVID-19 informiert. Wie in der Provinz Kunduz, versorgen die Taliban die Menschen mit (Schutz)material, helfen Entwicklungshelfern dabei zu jenen zu gelangen, die in Taliban kontrollierten Gebieten leben und bieten sichere Wege zu Hilfsorganisationen, an (UD 13.3.2020).
Der Umgang der Taliban mit der jetzigen Ausnahmesituation wirft ein Schlaglicht auf den Modus Operandi der Truppe. Um sich die Afghanen in den von ihnen kontrollierten Gebieten gewogen zu halten, setzen die Taliban auf Volksnähe. Durch die Präsenz vor Ort machten die Islamisten das Manko wett, dass sie kein Geld hätten, um COVID-19 medizinisch viel entgegenzusetzen: Die Taliban können Prävention betreiben, behandeln können sie Erkrankte nicht (NZZ 7.4.2020).
Quellen:
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? DW – Deutsche Welle (22.4.2020): Coronavirus: Tough times ahead as Afghanistan struggles to manage pandemic, https://www.dw.com/en/coronavirus-tough-times-ahead-as-afghanistan-struggles-to-manage-pandemic/a-53207173, Zugriff 23.4.2020
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? NZZ – Neue Züricher Zeitung (7.4.2020): Die Taliban, dein Freund und Helfer, https://www.nzz.ch/international/afghanistan-die-taliban-betreiben-corona-praevention-ld.1550115, Zugriff 9.4.2020
? TG – The Guardian (1.4.2020): 'No profit, no food': lockdown in Kabul prompts hunger fears, https://www.theguardian.com/global-development/2020/apr/01/no-profit-no-food-lockdown-in-kabul-prompts-hunger-fears, Zugriff 2.4.2020
? TG – The Guardian (1.4.2020a): Afghanistan braces for coronavirus surge as migrants pour back from Iran, https://www.theguardian.com/global-development/2020/apr/01/afghanistan-braces-for-coronavirus-surge-as-migrants-pour-back-from-iran, Zugriff 2.4.2020
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? TN – Tolonews (9.4.2020a): Andarabi: All Kabul Roads Will be Blocked, https://tolonews.com/afghanistan/andarabi-all-kabul-roads-will-be-blocked, Zugriff 9.4.2020
? TN – Tolonews (8.4.2020): Only '300' Ventilators in Afghanistan to Treat COVID-19: MoPH, https://tolonews.com/index.php/afghanistan/only-300-ventilators-afghanistan-treat-covid-19-moph, Zugriff 9.4.2020
? TN – Tolonews (8.4.2020a): Kabul Clinic Shut Down After Doctor Dies from COVID-19, https://tolonews.com/index.php/health/amiri-medical-complex%E2%80%99s-activities-suspended-health-ministry, Zugriff 9.4.2020
? TN – Tolonews (7.4.2020): Number of COVID-19 Cases in Afghanistan: 367, https://tolonews.com/health/number-covid-19-cases-afghanistan-367, Zugriff 8.4.2020
? TN – Tolonews (7.4.2020a): Coronavirus Testing Lab Opens in Kandahar: Officials, https://tolonews.com/health/coronavirus-testing-lab-opens-kandahar-officials, Zugriff 8.4.2020
? TN – Tolonews (7.4.2020b): 41 Health Workers Test Positive for Coronavirus in Herat, https://tolonews.com/afghanistan/41-health-workers-test-positive-coronavirus-herat, Zugriff 8.4.2020
? UD – Undark (2.4.2020): With Taliban Help, Afghanistan Girds for a Virus, https://undark.org/2020/04/02/afghanistan-covid-19/, Zugriff 8.4.2020
? WHO MIT – Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Mazar-e Sharif (10.5.2020): Antwortschreiben per E-Mail; liegt bei der Staatendokumentation auf.
? WP – Washington Post (20.4.2020): More than a dozen staff members in Afghanistan’s presidential palace test positive for coronavirus, https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghanistan-coronavirus-presidential-palace/2020/04/20/5836a856-8308-11ea-81a3-9690c9881111_story.html, Zugriff 24.4
2. Politische Lage
Letzte Änderung: 18.5.2020
Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind (AA 15.4.2019). Auf einer Fläche von ca. 632.000 Quadratkilometern (CIA 24.5.2019) leben ca. 32 Millionen Menschen (CSO 2019).
Im Jahr 2004 wurde die neue Verfassung angenommen (BFA 7.2016; vgl. Casolino 2011), die vorsieht, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürgerinnen und Bürger Afghanistans, Mann wie Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA 3.2014; vgl. Casolino 2011, MPI 27.1.2004).
Die Verfassung der islamischen Republik Afghanistan sieht vor, dass der Präsident der Republik direkt vom Volk gewählt wird und sein Mandat fünf Jahre beträgt (Casolino 2011). Implizit schreibt die Verfassung dem Präsidenten auch die Führung der Exekutive zu (AAN 13.2.2015) und die Provinzvorsteher, sowie andere wichtige Verwaltungsbeamte, werden direkt vom Präsidenten ernannt und sind diesem rechenschaftspflichtig. Viele werden aufgrund persönlicher Beziehungen ausgewählt (EC 18.5.2019).
Die ursprünglich für den 20. April 2019 vorgesehene Präsidentschaftswahl wurde mehrfach verschoben, da die Wahlbehörden auf eine landesweite Wahl so kurz nach der Parlamentswahl im Oktober 2018 nicht vorbereitet waren. Der Oberste Gerichtshof Afghanistans konnte die Herausforderungen für die Wahlkommission nachvollziehen und verlängerte die Amtszeit von Präsident Ashraf Ghani bis zu der auf den 28.9.2019 verschobenen Präsidentschaftswahl (DZ 21.4.2019). Die unabhängige afghanische Wahlkommission (Afghanistan’s Independent Election Commission) hat mehr als vier Monate nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan Mohammed Ashraf Ghani zum Sieger erklärt (DW 18.2.2020). Der amtierende Präsident erhielt 50,64% der Stimmen, wie die Kommission verlautbarte (DW 18.2.2020; vgl. REU 25.2.2020; UNGASC 17.3.2020). Da Ghani im ersten Durchgang die Präsidentschaftswahl bereits gewonnen hat, ist keine Stichwahl mehr notwendig (DW 18.2.2020). CEO bzw. Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, kam den Resultaten zufolge auf 39,52% (DW 18.2.2020; vgl. REU 25.2.2020). Die Präsidentenwahl hatte am 28. September stattgefunden. Nach monatelangem, erbittertem Streit um die Richtigkeit von Hunderttausenden von Stimmen waren nur noch 1,8 Millionen Wahlzettel berücksichtigt worden. Hingegen lag die Zahl der registrierten Wähler bei 9,6 Millionen. Afghanistan hat eine geschätzte Bevölkerung von 35 Millionen Einwohnern (DW 18.2.2020).
Wochenlang stritten der amtierende Präsident Ashraf Ghani und sein ehemaliger Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah um die Macht in Kabul und darum wer die Präsidentschaftswahl im vergangenen September gewonnen hatte. Abdullah Abdullah beschuldigte die Wahlbehörden, Ghani begünstigt zu haben, und anerkannte das Resultat nicht (NZZ 20.4.2020). Am 9.3.2020 ließen sich sowohl Ghani als auch Abdullah als Präsident vereidigen (NZZ 20.4.2020; vgl. TN 16.4.2020). Nach monatelanger politischer Krise (DP 17.5.2020; vgl. TN 11.5.2020), einigten sich der afghanische Präsident Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah auf eine Machtteilung: Abdullah wird die Friedensgespräche mit den Taliban leiten und Mitglieder seines Wahlkampfteams werden ins Regierungskabinett aufgenommen (DP 17.5.2020; vgl. BBC 17.5.2020; DW 17.5.2020).
Anm.: Weitere Details zur Machtteilungsvereinbarung sind zum Zeitpunkt der Aktualisierung noch nicht bekannt (Stand: 18.5.2020) und werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben (BBC 17.5.2020).
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen
Die afghanische Nationalversammlung ist die höchste legislative Institution des Landes und agiert im Namen des gesamten afghanischen Volkes (Casolino 2011). Sie besteht aus zwei Kammern: dem Unterhaus oder Volksvertretung (Wolesi Jirga) mit 250 Abgeordneten (für 5 Jahre gewählt), sowie dem Oberhaus oder Ältestenrat (Meschrano Jirga) mit 102 Abgeordneten (AA 15.4.2019).
Das Oberhaus setzt sich laut Verfassung zu je einem Drittel aus Vertretern der Provinz- und Distrikträte zusammen. Das letzte Drittel der Senatoren wird durch den Präsidenten bestimmt (AA 15.4.2019). Die Hälfte der vom Präsidenten entsandten Senatoren müssen Frauen sein. Weiters vergibt der Präsident zwei Sitze für die nomadischen Kutschi und zwei weitere an behinderte Personen. Auch ist de facto ein Sitz für einen Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft reserviert (USDOS 13.3.2019).
Die Sitze im Unterhaus verteilen sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze, für die Minderheit der Kutschi zehn Sitze und für Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft ein Sitz reserviert (AAN 22.1.2017; vgl. USDOS 13.3.2019, Casolino 2011).
Die Rolle des Parlaments bleibt begrenzt. Ob das neue Parlament, das sich nach den Wahlen vom Oktober 2018 erst mit erheblicher Verzögerung im April 2019 konstituierte, eine andere Rolle einnehmen kann, muss sich zunächst noch erweisen. Zwar beweisen die Abgeordneten mit kritischen Anhörungen und Abänderungen von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist, doch nutzt das Parlament auch seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Arbeit der Regierung destruktiv zu behindern, Personalvorschläge der Regierung z.T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse wohl auch durch finanzielle Zuwendungen an einzelne Abgeordnete abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus hat sich dadurch sowohl die Regierung der Nationalen Einheit als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht. Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wählern (AA 2.9.2019).
Die Präsidentschaftswahlen und Parlamentswahlen finden gemäß Verfassung alle fünf Jahre statt (USIP 11.2013). Mit dreijähriger Verzögerung fanden zuletzt am 20. und 21. Oktober 2018 – mit Ausnahme der Provinz Ghazni – Parlamentswahlen statt (AA 15.4.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden am 28. September 2019 statt (RFE/RL 20.10.2019).
Bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 20. und 21.10.2018 gaben etwa vier Millionen der registrierten 8,8 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Die Wahl war durch Unregelmäßigkeiten geprägt, darunter Betrug bei der Wählerregistrierung und Stimmabgabe, Einschüchterung der Wähler, und einige Wahllokale mussten wegen Bedrohungen durch örtliche Machthaber schließen. Die Taliban und andere Gruppierungen behinderten die Stimmabgabe durch Drohungen und Belästigungen (USDOS 13.3.2019).
Wegen Vorwürfen des Betruges und des Missmanagements erklärte Anfang Dezember 2018 die afghanische Wahlbeschwerdekommission (ECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Die beiden Wahlkommissionen einigten sich in Folge auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen (TN 12.12.2018). Die Provinzergebnisse von Kabul wurden schließlich am 14.5.2019, fast sieben Monate nach dem Wahltag, veröffentlicht. In einer Ansprache bezeichnete Präsident Ghani die Wahl als „Katastrophe“ und die beiden Wahlkommissionen als „ineffizient“ (AAN 17.5.2019).
Politische Parteien
Die afghanische Verfassung erlaubt die Gründung politischer Parteien, solange deren Programm nicht im Widerspruch zu den Prinzipien des Islam steht (USDOS 29.5.2018). Um den Parteien einen allgemeinen und nationalen Charakter zu verleihen, verbietet die Verfassung jeglichen Zusammenschluss in politischen Organisationen, der aufgrund von ethnischer, sprachlicher (Casolino 2011; vgl. MPI 27.1.2004) oder konfessioneller Zugehörigkeit erfolgt (Casolino 2011; vgl. MPI 27.1.2004; USDOS 29.5.2018). Auch darf keine rechtmäßig zustande gekommene Partei oder Organisation ohne rechtliche Begründung und ohne richterlichen Beschluss aufgelöst werden (MPI 27.1.2004).
Das kaum entwickelte afghanische Parteiensystem weist mit über 70 registrierten Parteien eine starke Zersplitterung auf (AA 2.9.2019). Die politischen Parteien haben ihren Platz im politischen System Afghanistans noch nicht etablieren können (DOA 17.3.2019). Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien (AA 2.9.2019; vgl. AAN 6.5.2018, DOA 17.3.2019). Ethnische Zugehörigkeit, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen spielen traditionell eine größere Rolle als politische Organisationen (AA 2.9.2019).
Das derzeitige Wahlsystem ist personenbezogen, die Parteien können keine Kandidatenlisten erstellen, es sind keine Sitze für die Parteien reserviert und es ist den Parteien untersagt, Fraktionen im Parlament zu gründen. Der Parteivorsitz wird nicht durch parteiinterne Abläufe bestimmt, sondern wird eher wie ein partimoniales Erbgut gesehen, das von einer Generation an die nächste, vom Vater zum Sohn, übergeben wird. Die Menschen vertrauen den Parteien nicht und junge, gebildete Leute sind nicht gewillt, solchen Parteien beizutreten (DOA 17.3.2019).
Friedens- und Versöhnungsprozess
Die afghanischen Regierungskräfte und die Amerikaner können die Taliban, die über rund 60 000 Mann verfügen, nicht besiegen. Auch die Islamisten sind nicht stark genug, um die Regierungstruppen zu überrennen, obwohl sie rund die Hälfte des Landes kontrollieren oder dort zumindest präsent sind. In Afghanistan herrscht fast zwei Jahrzehnte nach dem Sturz des Taliban-Regimes durch die USA eine Pattsituation (NZZ 20.4.2020). Das lang erwartete Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und den Taliban wurde Ende Februar 2020 unterzeichnet (AJ 7.5.2020; vgl. NPR 6.5.2020) – die afghanische Regierung war an dem Abkommen weder beteiligt, noch unterzeichnete sie dieses. Diesem Abkommen zufolge hätten noch vor den für 10.03.2020 angesetzten inneren Friedensgesprächen, von den Taliban bis zu 1.000 Gefangene und von der Regierung 5.000 gefangene Taliban freigelassen werden sollen. Zum einen, verzögern die Unstimmigkeiten zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung über Umfang und Umsetzungstempo des Austauschs, die Gespräche (AJ 7.5.2020) [ Anm.: 800 Taliban-Gefangene entließ die afghanische Regierung, während die Taliban 100 der vereinbarten 1.000 Sicherheitskräfte frei ließen – (NPR 6.5.2020)], Andererseits stocken die Verhandlungen auch aufgrund des innerpolitischen Disputes zwischen Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah, die beide die Präsidentschaft für sich beanspruchten. Die Taliban haben seit dem unterzeichneten Abkommen im Februar mehr als 4.500 Angriffe verübt. Die von dieser Gewalt am stärksten betroffenen Provinzen sind auch jene Provinzen, die am stärksten von COVID-19-Fällen betroffen sind (AJ 7.5.2020). In den innerafghanischen Gesprächen wird es um die künftige Staatsordnung, eine Machtteilung und die Integration der Aufständischen gehen (NZZ 20.4.2020).
Das Abkommen mit den US-Amerikanern
Das Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und den Taliban enthält das Versprechen der US-Amerikaner, ihre noch rund 13.000 Armeeangehörigen in Afghanistan innerhalb von 14 Monaten abzuziehen. Auch die verbliebenen nichtamerikanischen NATO-Truppen (Stand Ende 2019: rund 6.700 Mann) sollen abgezogen werden. In den ersten 135 Tagen nach der Unterzeichnung werden die US-Amerikaner ihre Truppen in Afghanistan auf 8.600 Mann reduzieren. Der Abzug der ausländischen Truppenangehörigen, von denen die meisten Beratungs- und Ausbildungsfunktionen wahrnehmen, ist abhängig davon, ob die Taliban ihren Teil der Abmachung einhalten. Sie haben im Abkommen zugesichert, terroristischen Gruppierungen wie etwa al-Qaida keine Zuflucht zu gewähren. Die Taliban verpflichteten sich weiter, innerhalb von zehn Tagen nach Unterzeichnung, Gespräche mit einer afghanischen Delegation aufzunehmen (NZZ 20.4.2020; vgl. USDOS 29.2.2020).
Quellen:
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