TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/27 W229 2221623-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.08.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z3

Spruch

W229 2221623-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch Barovsky & Köhler Rechtsanwälte OG, Schlösselgasse 20/203, XXXX Wien, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, nunmehr Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, vom 05.06.2019, VSNR XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden: SVA) vom 20.04.2019 wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Vorschreibebetrag im 2. Quartal 2019 € 859,25 betrage.

2. Diesbezüglich brachte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ein, in welcher er im Wesentlichen ausführte, dass seine nebenberufliche Tätigkeit als Geschäftsführer der XXXX GmbH von der freiberuflichen Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt umfasst und somit die Ausnahmeregelung gemäß § 5 iVm § 14a GSVG verwirklicht sei.

Die Bezüge aus der Geschäftsführertätigkeit werden zudem einen Betrag von € 5.000,00 im Kalenderjahr 2019 nicht übersteigen, sodass die Vorschreibung für den Zeitraum seit 01.02.2019 überhöht erscheine.

Sollte die SVA einen anderen Rechtsstandpunkt einnehmen, werde die Ausfertigung eines bekämpfbaren Bescheides begehrt.

3. Mit Bescheid vom 05.06.2019 stellte die SVA gemäß § 410 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) in Verbindung mit § 194 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG) über Antrag fest, dass der Beschwerdeführer von 07.02.2019 bis derzeit laufend der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gem. § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG unterliege (Spruchpunkt 1.), und daraus resultierend der Beschwerdeführer derzeit verpflichtet sei, ab Februar 2019 monatliche (vorläufige) Beiträge wie folgt zu entrichten: Pensionsversicherung: € 121,04; Krankenversicherung: € 34,18; Selbständigenvorsorge: € 6,84; Unfallversicherung: € 9,79 (Spruchpunkt 2.).

Begründend wurde ausgeführt, dass laut Eintragung im Firmenbuch der Beschwerdeführer seit dem 07.02.2019 geschäftsführender Gesellschafter der XXXX GmbH sei. Diese sei ab dem 21.03.2019 im Besitz der Gewerbeberechtigung lt. auf Immobilientreuhänder (GISA Nr. XXXX ) und sei von 25.01.2010 bis 28.03.2019 im Besitz der Gewerbeberechtigung lt. auf Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung (GISA Nr. XXXX ), sohin Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG seien die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern die Gesellschaft Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft sei und sofern diese Person nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung als Geschäftsführer der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterliege, in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG pflichtversichert.

Für die Pflichtversicherung sei die formelle Stellung als geschäftsführender Gesellschafter der kammerzugehörigen Gesellschaft maßgeblich. Die Geschäftsführereigenschaft eines Gesellschafters sei ein formalisiertes Merkmal der Versicherungspflicht. Die formalen Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung nach dem GSVG Seien erfüllt, wenn jemand im Firmenbuch als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH, die eine Gewerbeberechtigung innehabe, eingetragen sei. Ein Tätigwerden bzw. eine Entgeltlichkeit der Tätigkeit sei hingegen nicht Voraussetzung (ua. VwGH 30.04.2002, 97/08/0551, VwGH 14.04.2010, 2007/08/0105).

Die Pflichtversicherung beginne gem. § 6 GSVG mit dem Tag der Erlangung einer die Pflichtversicherung begründenden Berechtigung durch die Gesellschaft, bei Bestellung des Gesellschafters einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Geschäftsführer mit dem Tag der Antragstellung auf Eintragung des Geschäftsführers in das Firmenbuch, bei Eintritt eines Geschäftsführers in die Gesellschaft mit dem Tag des Eintritts.

Der Beschwerdeführer unterliege daher ab 07.02.2019 bis derzeit laufend der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG.

Pflichtversicherte haben für die Dauer der Pflichtversicherung gem. § 27 GSVG im Jahr 2019 18,5 % der Beitragsgrundlage als monatlichen Beitrag zur Pensionsversicherung und 7,65 % als Beitrag zur Krankenversicherung zu leisten.

Die Beiträge seien bei Beginn der Pflichtversicherung vorläufig von der jeweils gültigen Mindestbeitragsgrundlage (§ 25 Abs. 1 GSVG) zu zahlen. Die endgültige Beitragsgrundlage trete an die Stelle der vorläufigen Beitragsgrundlage, sobald die hiefür notwendigen Nachweise vorliegen (§ 25 GSVG), wobei gem. § 25a Abs. 4 GSVG unter den do. normierten Voraussetzungen die vorläufige Beitragsgrundlage in den ersten beiden Kalenderjahren einer Pflichtversicherung in der Krankenversicherung als endgültige Beitragsgrundlage gelte.

Die Mindestbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung betrage im Jahr 2019 € 654,25 und in der Krankenversicherung € 444,81, der monatliche Beitrag in der Pensionsversicherung demnach € 121,04 (€ 654,25 x 18,5 %) und in der Krankenversicherung € 34,18 (€ 444,81 x 7,65 %).

Der Anwartschaftsberechtigte habe für die Dauer der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG einen monatlichen Beitrag in der Höhe von 1,53 % der Beitragsgrundlage nach Abs. 3 der Bestimmung zu leisten, der von der SVA vorzuschreiben und gegebenenfalls nach den für die Pflichtbeiträge nach dem GSVG geltenden Regeln festzustellen und einzutreiben sei. Als Beitragsgrundlage sei gemäß § 52 Abs. 3 BMSVG dabei die in der gesetzlichen Pflichtversicherung in der Krankenversicherung dieser Personen nach den §§ 25, 26 und 35b GSVG geltende Beitragsgrundlage heranzuziehen, wobei für die nach dem GSVG Pflichtversicherten im Falle der Anwendung der vorläufigen Beitragsgrundlage gemäß § 25a GSVG diese Beitragsgrundlage ohne Nachbemessung maßgeblich sei. Der monatlich zu zahlende Beitrag zur Selbständigenvorsorge betrage sohin € 6,84 (€ 444,81 x 1,53 %).

Gemäß § 8 ASVG unterliegen gemäß § 2 GSVG pflichtversicherte Personen der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem ASVG. Für die Durchführung der Unfallversicherung sei die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) zuständig. Gemäß § 250 Abs. 1 GSVG habe die SVA den Unfallversicherungsbeitrag vorzuschreiben und an die AUVA abzuführen. Der monatlich im Jahr 2019 zu leistende Unfallversicherungsbeitrag betrage € 9,79.

4. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehrigen Rechtsvertretung rechtzeitig Beschwerde ein. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Feststellung des Nichtbestandes der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG und von Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG ausgenommen zu sein, verletzt erachte.

Durch den angefochtenen Bescheid werde rechtswidrig in das Eigentumsrecht und in das Recht auf persönliche Freiheit des Beschwerdeführers eingegriffen.

Weiters erachte sich der Beschwerdeführer aufgrund des bekämpften Bescheides in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt.

Der Beschwerdeführer sei selbständig tätiger Rechtsanwalt in Wien. Als solcher sei der Beschwerdeführer in der Liste der Rechtsanwälte als selbständiger Rechtsanwalt eingetragen und seien Rechtsanwälte gemäß § 5 iVm § 14a GSVG von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung ausgenommen und sei für die freien Berufe ein Opting Out geschaffen worden, das vom Beschwerdeführer in Anspruch genommen worden sei. Die Krankenversicherung erfolge über die XXXX Versicherung.

Ebenso auf Grund der Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (Rechtsanwaltskammer) und auf Grund der Ausübung der selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bestehe ein Anspruch auf Pensionsleistungen, die den Leistungen nach dem GSVG gleichartig seien.

Darüber hinaus halte der Beschwerdeführer Geschäftsanteile im Ausmaß von 25 % an der XXXX GmbH und sei ebenfalls aufgrund der Firmenbucheingabe vom 07.02.2019 zum Geschäftsführer berufen.

Bei der Tätigkeit als Immobilienmakler handle es sich um eine rein nebenberufliche Tätigkeit und übersehe die belangte Behörde, dass ein Rechtsanwalt wie ein Immobilienmakler zulässigerweise ein gänzlich erfolgsabhängiges Erfolgshonorar vereinbaren könne und eine von der erfolgreichen Vermittlung von Immobilien abhängige Honorierung auf der Grundlage einer selbständigen und eigenständigen (Vermittlungs-)Tätigkeit fordern könne.

Demnach werde die nebenberufliche Tätigkeit als Immobilienmakler von der freiberuflichen und hauptberuflichen Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt umfasst sein und somit die Ausnahmeregelung gemäß § 5 iVm § 14a GSVG verwirklicht sein.

Die Unterstellung einer zusätzlichen und letztlich einer Doppelversicherung ausschließlich aus der formellen Stellung eines Geschäftsführers erscheine angesichts des Umstandes, dass ein Rechtsanwalt ohnehin Immobilien makeln dürfe, sachlich ungerechtfertigt.

Unbenommen dessen würde sich gleichwohl bei einer Zusammenschließung von Rechtsanwälten in der Konstellation einer GmbH im Bereich des Immobilienwesens in Verbindung mit der Vermittlung von Immobilien ausnahmslos eine Doppelversicherung ergeben, womit die Ausnahmeregelung nach § 5 iVm § 14a GSVG unterlaufen werde.

Der Beschwerdeführer stelle daher die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben.

5. Die SVA legte die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist eingetragener Rechtsanwalt in XXXX Wien.

Weiters ist der Beschwerdeführer mit 25 % an der XXXX GmbH beteiligt und seit 07.02.2019 deren Geschäftsführer.

Die XXXX GmbH hatte von 25.01.2010 bis 28.03.2019 eine Gewerbeberechtigung für Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und hat seit 21.03.2019 eine Gewerbeberechtigung als Immobilientreuhänder. Die XXXX GmbH ist Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der SVA und des Bundesverwaltungsgerichts und sind unstrittig bzw. gibt der Beschwerdeführer in der Beschwerde selbst an, Gesellschaftsanteile im Ausmaß von 25 % an der XXXX GmbH zu halten und deren Geschäftsführer zu sein.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2.1. Die zeitraumbezogen maßgeblichen Bestimmungen des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 560/1978 lauten:

„Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung

§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

1. die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

2. die Gesellschafter/Gesellschafterinnen einer offenen Gesellschaft und die unbeschränkt haftenden Gesellschafter/Gesellschafterinnen einer Kommanditgesellschaft, sofern diese Gesellschaften Mitglieder einer der in Z 1 bezeichneten Kammern sind;

3. die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer der in Z 1 bezeichneten Kammern ist und diese Personen nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung (§ 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) als Geschäftsführer der Teilversicherung in der Unfallversicherung oder der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterliegen oder aufgrund dieser Pflichtversicherung Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld aus der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz haben, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder auf Rechnung eines Versicherungsträgers Anstaltspflege erhalten oder in einem Kurheim oder in einer Sonderkrankenanstalt untergebracht sind oder Anspruch auf Ersatz der Pflegegebühren gemäß § 131 oder § 150 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes einem Versicherungsträger gegenüber haben;

4. selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, daß seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die Versicherungsgrenze übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im nachhinein festzustellen.

[…]“

„Ausnahmen von der Pflichtversicherung für einzelne Berufsgruppen

§ 5. (1) Von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung oder in der Kranken- oder Pensionsversicherung sind Personen ausgenommen, wenn diese Personen auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (Kammer) und auf Grund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 Anspruch auf Leistungen haben, die den Leistungen nach diesem Bundesgesetz gleichartig oder zumindest annähernd gleichwertig sind, und zwar

1. für die Kranken- und/oder Pensionsversicherung gegenüber einer Einrichtung dieser gesetzlichen beruflichen Vertretung oder

2. für die Krankenversicherung aus einer verpflichtend abgeschlossenen Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder diesem Bundesgesetz

und die für das Bundesgebiet jeweils in Betracht kommende gesetzliche berufliche Vertretung (falls die gesetzliche berufliche Vertretung auf Grund eines Landesgesetzes eingerichtet ist, diese Vertretung) die Ausnahme von der Pflichtversicherung beantragt. Hinsichtlich der Pensionsversicherung gilt dies nur dann, wenn die Berufsgruppe am 1. Jänner 1998 nicht in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung einbezogen war. Die Feststellung der Gleichartigkeit oder annähernden Gleichwertigkeit obliegt dem Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

[…]“

„Beginn der Pflichtversicherung

§ 6. (1) Die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung beginnt

[…]

3. bei den im § 2 Abs. 1 Z 3 genannten Gesellschaftern mit dem Tag der Erlangung einer die Pflichtversicherung begründenden Berechtigung durch die Gesellschaft, bei Bestellung des Gesellschafters einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Geschäftsführer mit dem Tag der Antragstellung auf Eintragung des Geschäftsführers in das Firmenbuch, bei Eintritt eines Geschäftsführers in die Gesellschaft mit dem Tag des Eintrittes;

[…]

(3) Die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung beginnt

[…]

3. bei den im § 2 Abs. 1 Z 3 genannten Gesellschaftern mit dem Tag der Erlangung einer die Pflichtversicherung begründenden Berechtigung durch die Gesellschaft, bei Bestellung des Gesellschafters einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Geschäftsführer mit dem Tag der Antragstellung auf Eintragung des Geschäftsführers in das Firmenbuch, bei Eintritt eines Geschäftsführers in die Gesellschaft mit dem Tag des Eintrittes;

[…]“

„Beitragsgrundlage

§ 25. (1) Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 sind, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z 5, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Als Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit gelten auch die Einkünfte als Geschäftsführer und die Einkünfte des zu einem Geschäftsführer bestellten Gesellschafters der Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

(2) Beitragsgrundlage ist der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag,

(Anm.: Z 1 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 162/2015)

2. zuzüglich der vom Versicherungsträger im Beitragsjahr im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz; letztere nur soweit sie als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 gelten;

3. vermindert um die auf einen Sanierungsgewinn oder auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des EStG 1988 entfallenden Beträge im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit; diese Minderung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Versicherte es beantragt und bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen überdies nur soweit, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der Versicherte mit mehr als 25% beteiligt ist, zugeführt worden ist; diese Minderung ist bei der Feststellung der Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 nicht zu berücksichtigen; ein Antrag auf Minderung ist binnen einem Jahr ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit des ersten Teilbetrags (§ 35 Abs. 3) der endgültigen Beiträge für jenen Zeitraum, für den eine Verminderung um den Veräußerungsgewinn oder Sanierungsgewinn begehrt wird, zu stellen.

(3) Hat der Pflichtversicherte Einkünfte aus mehreren die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeiten, so ist die Summe der Einkünfte aus diesen Erwerbstätigkeiten für die Ermittlung der Beitragsgrundlage heranzuziehen.

(4) Die Beitragsgrundlage nach Abs. 2 beträgt für jeden Beitragsmonat mindestens den für das jeweilige Beitragsjahr geltenden Betrag nach § 5 Abs. 2 ASVG (Mindestbeitragsgrundlage).

(Anm.: Abs. 4a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 162/2015)

(5) Die Beitragsgrundlage darf die Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten. Höchstbeitragsgrundlage für den Beitragsmonat ist der gemäß § 48 jeweils festgesetzte Betrag.

(6) Die endgültige Beitragsgrundlage tritt an die Stelle der vorläufigen Beitragsgrundlage, sobald die hiefür notwendigen Nachweise vorliegen.

(6a) Auf Antrag sind die Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung im Kalenderjahr des erstmaligen Eintrittes einer Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 4 und den darauf folgenden zwei Kalenderjahren auf die für diese Kalenderjahre geltenden Höchstbeitragsgrundlagen zu erhöhen (Höchstbeitragsgrundlagen aus Anlass von Betriebsgründungsinvestitionen). Ein solcher Antrag ist vom/von der Versicherten bzw. Hinterbliebenen spätestens gleichzeitig mit dem Pensionsantrag bzw. innerhalb einer vom Versicherungsträger eingeräumten längeren Frist zu stellen, wobei eine der zeitlichen Lagerung der Beitragszahlung entsprechende Aufwertung (§ 108c ASVG) zu erfolgen hat.

(7) Vorläufige Beitragsgrundlagen gemäß § 25a, die gemäß Abs. 6 zum Stichtag (§ 113 Abs. 2) noch nicht nachbemessen sind, gelten als Beitragsgrundlagen gemäß Abs. 2.

[…]

(10) Als Beitragsmonat gilt jeweils der Kalendermonat, für den Beiträge zu entrichten sind.“

„Vorläufige Beitragsgrundlage

§ 25a. (1) Die vorläufige monatliche Beitragsgrundlage ist, ausgenommen in den Fällen des Abs. 4,

1. wenn eine Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz im drittvorangegangenen Kalenderjahr nicht bestanden hat, die monatliche Beitragsgrundlage nach § 25 Abs. 4. Bestehen in einem Kalendermonat Pflichtversicherungen nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 sowie nach § 2 Abs. 1 Z 4, so ist § 359 Abs. 3a anzuwenden.

2. in allen anderen Fällen die Summe der gemäß § 25 Abs. 2 für das drittvorangegangene Kalenderjahr festgestellten Beitragsgrundlagen, geteilt durch die Zahl der Beitragsmonate der Pflichtversicherung in diesem Kalenderjahr, vervielfacht mit dem Produkt aus der Aufwertungszahl (§ 47) des Kalenderjahres, in das der Beitragsmonat (§ 25 Abs. 10) fällt, und aus den Aufwertungszahlen der beiden vorangegangenen Kalenderjahre. Dieser Betrag ist auf Cent zu runden. Konnte die Beitragsgrundlage gemäß § 25 für das drittvorangegangene Kalenderjahr noch nicht festgestellt werden, weil der für die Beitragsbemessung maßgebende Einkommensteuerbescheid oder Einkommensnachweis noch nicht vorliegt, sind die Beitragsgrundlagen des Kalenderjahres heranzuziehen, in dem die Beitragsbemessung gemäß § 25 Abs. 6 erfolgt ist. Bei der Vervielfachung ist das Produkt der Aufwertungszahlen entsprechend zu ergänzen.

Die vorläufige Beitragsgrundlage darf die in § 25 Abs. 4 und 5 genannten Beträge nicht unter- oder überschreiten.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 142/2004)

(3) Die vorläufige Beitragsgrundlage ist, sofern nichts anderes bestimmt ist, in Anwendung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes der Beitragsgrundlage gemäß § 25 gleichzuhalten.

(4) Für die ersten beiden Kalenderjahre einer Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 gilt der Betrag nach § 25 Abs. 4 als vorläufige und endgültige Beitragsgrundlage (Neuzugangsgrundlage in der Krankenversicherung), wenn innerhalb der letzten 120 Kalendermonate vor Beginn dieser Pflichtversicherung keine solche in der Pensions- und/oder Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz bestanden hat. § 25 Abs. 6 ist nicht anzuwenden.

[…]“

„Beiträge zur Pflichtversicherung

§ 27. (1) Die Pflichtversicherten nach § 2 Abs. 1 haben für die Dauer der Pflichtversicherung

1. als Beitrag zur Krankenversicherung 7,65 %,

2. als Beitrag zur Pensionsversicherung 22,8 %

der Beitragsgrundlage zu leisten. Zahlungen, die von einer Einrichtung zur wirtschaftlichen Selbsthilfe auf Grund einer Vereinbarung mit dem Versicherungsträger oder aus Mitteln des Künstler-Sozialversicherungsfonds geleistet werden, sind auf den Beitrag anzurechnen.

(2) Der Beitrag zur Pensionsversicherung nach Abs. 1 Z 2 wird aufgebracht

1. durch Leistungen der Pflichtversicherten in der Höhe von 18,5 % der Beitragsgrundlage;

2. durch eine Leistung aus dem Steueraufkommen der Pflichtversicherten in der Höhe von 4,3 % der Beitragsgrundlage.

Die Partnerleistung nach Z 2 trägt der Bund; er hat diese dem Versicherungsträger monatlich im erforderlichen Ausmaß unter Bedachtnahme auf die Kassenlage des Bundes zu bevorschussen.

[…]“

„Einziehung und Abfuhr der Beiträge zur Unfallversicherung selbständig Erwerbstätiger

§ 250. (1) Der Versicherungsträger hat den Unfallversicherungsbeitrag der gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a und b des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in der Unfallversicherung teilversicherten selbständig Erwerbstätigen einzuziehen und die eingezahlten Beiträge bis zum 20. des der Einziehung zweitfolgenden Kalendermonates an die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt abzuführen. Für die Einziehung dieser Beiträge gelten die Vorschriften über die Einziehung der Beiträge nach diesem Bundesgesetz entsprechend.

(2) Der Versicherungsträger erhält zur Abgeltung der Kosten, die ihm durch die Einziehung und Abfuhr der Beiträge zur Unfallversicherung entstehen, eine Vergütung, deren Höhe der Bundesminister für soziale Verwaltung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen nach Anhörung der beteiligten Stellen festzusetzen hat.“

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz (BMSVG), BGBl. I Nr. 100/2002 idgF, lauten:

„Beitragsleistung

§ 52. (1) Der Anwartschaftsberechtigte hat für die Dauer der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG (§§ 6 und 7 GSVG) einen monatlichen Beitrag in der Höhe von 1,53 vH der Beitragsgrundlage (Abs. 3) zu leisten.

[…]

(3) Als Beitragsgrundlage im Sinne des Abs. 1 ist die in der gesetzlichen Pflichtversicherung in der Krankenversicherung dieser Personen nach den §§ 25, 26 und 35b GSVG geltende Beitragsgrundlage heranzuziehen, wobei für die nach dem GSVG Pflichtversicherten im Falle der Anwendung einer vorläufigen Beitragsgrundlage gemäß § 25a GSVG diese Beitragsgrundlage ohne Nachbemessung maßgeblich ist.

[…]“

3.3. Der Beschwerdeführer begründet das Nichtvorliegen einer Versicherungspflicht im Wesentlichen damit, dass die nebenberufliche Tätigkeit als Immobilienmakler von der freiberuflichen und hauptberuflichen Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt umfasst und somit die Ausnahmeregelung gemäß § 5 iVm § 14a GSVG verwirklicht werde.

Dies vermag jedoch im vorliegenden Fall aus den folgenden Erwägungen nicht zu überzeugen:

3.3.1. Eine bestehende Pflicht(sozial)versicherung schließt eine (mehrere) weitere Versicherungspflicht(en) nicht aus. Soweit die Sozialversicherungsgesetze keine Subsidiaritätsverhältnisse anordnen, kommt nämlich das Prinzip der Mehrfachversicherung zum Tragen. Das heißt, dass im Fall der gleichzeitigen Erfüllung mehrerer Pflichtversicherungstatbestände auch mehrfache Pflichtversicherungen begründet werden (VwGH 12.10.2016, Ra 2015/08/0173 mwN.).

Die Geschäftsführereigenschaft eines Gesellschafters ist ein formalisiertes Merkmal der Versicherungspflicht; für das Eintreten der Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 3 GSVG kommt es weder auf das faktische Tätigwerden als geschäftsführender Gesellschafter noch auf die Entgeltlichkeit der Tätigkeit an (vgl. Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 2 GSVG Rz 15 (Stand 1.3.2018, rdb.at); VwGH 29.10.2008, 2006/08/0040).

Dass die gegenständliche XXXX GmbH Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft iSd § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG ist, ist unstrittig. Dafür, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Eigenschaft als geschäftsführender Gesellschafter der Versicherung nach dem ASVG unterliegt, sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen.

Da die Geschäftsführereigenschaft ein formalisiertes Merkmal ist, wurde der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG erfüllt.

Nach dem Gesagten kann somit dahingestellt bleiben, in welchem Umfang der Beschwerdeführer auf Grund der ihm als Geschäftsführer einer GmbH obliegenden Pflichten eine faktische Tätigkeit entfaltete, zumal nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Geschäftsführereigenschaft eines Gesellschafters ein formalisiertes Merkmal der Versicherungspflicht ist und es für das Eintreten der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG weder auf das faktische Tätigwerden als geschäftsführender Gesellschafter noch auf die Entgeltlichkeit der Tätigkeit ankommt (vgl. erneut VwGH 29.10.2008, 2006/08/0040). Weder sieht § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG noch § 5 GSVG eine Differenzierung bzw. Berücksichtigung von Personen, die gem. § 5 GSVG aus der Pflichtversicherung ausgenommen sind, und eine (Neben-)Tätigkeit als Geschäftsführer eine GmbH, welche Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft ist, vor. Dass die Geschäftsführereigenschaft eines Gesellschafters einer GmbH, die ein Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft ist, ein formalisiertes Merkmal der Versicherungspflicht darstellt, ergibt sich aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Zu den vom Beschwerdeführer geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichthofes zu verweisen, der ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag, wonach es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, ob er bei Zusammentreffen zweier oder mehrerer versicherungspflichtiger Beschäftigungen eine Mehrfachversicherung vorsieht oder ob er nach dem Grundsatz der Subsidiarität bei Bestehen einer Pflichtversicherung in einem anderen Versicherungszweig die Ausnahme von der Pflichtversicherung normiert. Ausgehend vom Grundsatz der Mehrfachversicherung liegt im Fehlen einer Ausnahmevorschrift für bestimmte Berufsgruppen eine planwidrige Unvollständigkeit, die durch (Gesetzes-)Analogie zu schließen wäre, nicht vor (vgl. VwGH 16.04.2004, 2003/08/0085 mHa VwGH 22.01.2003, 2000/08/0069). Auch der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt (unter Hinweis auf die Erkenntnisse Slg. 4714/1964, 4801/1964, 6015/1969, 6181/1970) ausgesprochen (vgl. sein Erkenntnis vom 30.06.2004, B 869/03), dass die österreichische Sozialversicherung von dem Grundgedanken getragen wird, dass die Angehörigen eines Berufsstandes eine Risikengemeinschaft bilden, in der der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht, der den Versicherungsgedanken in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückdrängt. Es ist für die Pflichtversicherung ohne Belang, ob der Einzelne der Sozialversicherung bedarf, sie erwünscht oder ob er sie für sinnlos erachtet. Über den individuellen Sonderinteressen stehen die gemeinsamen Interessen der in der Pflichtversicherung zusammengeschlossenen Personen. Die Risikengemeinschaft ist eine Solidaritätsgemeinschaft. Dieser Gemeinschaftsgedanke ist für die Sozialversicherung typisch und wesentlich. Gehört nun eine Person mehreren Berufsgruppen an, so entspricht es diesem Grundgedanken, sie auch sozialversicherungsrechtlich jeder dieser Berufsgruppen zuzuordnen. Eine sich hieraus ergebende Doppelversicherung ist somit verfassungsrechtlich unbedenklich. Die mehrfache Beitragspflicht korreliert mit der höheren Leistungsfähigkeit des Versicherten innerhalb der Risikengemeinschaft (vgl. VwGH 07.10.2015, Ro 2015/08/0021).

Es wurde somit im gegenständlichen Fall kein Recht des Beschwerdeführers, von der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG ausgenommen zu sein, verletzt.

Als Konsequenz dieses Grundsatzes der Mehrfachversicherung ist auch im vorliegenden Fall trotz des bereits gegebenen, aus der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt resultierenden anderweitigen Krankenversicherungsschutzes im Hinblick auf die Eigenschaft als geschäftsführender Gesellschafter eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG gegeben.

Mit Firmenbucheingabe vom 07.02.2019 wurde der Beschwerdeführer als Gesellschafter zum Geschäftsführer der XXXX GmbH berufen, weshalb der 07.02.2019 als Beginn der Pflichtversicherung gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 und Abs. 3 Z 3 GSVG anzusehen ist.

3.3.3. Zur Höhe der vorgeschriebenen Beiträge:

Die belangte Behörde verpflichtete den Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid zur Zahlung folgender Beiträge: Pensionsversicherung: € 121,04; Krankenversicherung: € 34,18; Selbständigenvorsorge: € 6,84; Unfallversicherung: € 9,79.

Die SVA stellte die Berechnung der Beiträge im angefochtenen Bescheid ausführlich und nachvollziehbar dar. Der Höhe der Beiträge wurde in der Beschwerde auch nicht substantiell entgegengetreten. Auch haben sich aus dem Akt keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beiträge nicht korrekt berechnet wurden.

3.4. Somit erfolgte die Vorschreibung der Beiträge aufgrund der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG dem Grunde und der Höhe nach zu Recht. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

3.5.1. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung abgesehen werden, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer in der Beschwerde beantragt.

Von der Durchführung einer Verhandlung wurde abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Vorlageantrag hinreichend geklärt schien. Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers wurde der maßgebliche Sachverhalt nicht substantiiert bestritten. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt war somit weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag nicht vorgetragen. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor. Daran ändern auch ein gestellter Antrag nichts, eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH 17.10.2006, 2005/20/0329; 23.11.2006, 2005/20/0406; 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018). Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragspflicht Geschäftsführer Mehrfachversicherung Nebentätigkeit Rechtsanwälte Versicherungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W229.2221623.1.00

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten