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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
BewG 1955 §12;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der CM in W, vertreten durch Dr. Gerhard Semotan, Rechtsanwalt in Wien I, Stubenring 20, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. April 1996, Zl. GA 9-941/95, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem schriftlichen Schenkungsvertrag vom 19. Juni 1989 erwarb die Beschwerdeführerin einen Kommanditanteil "mit einer Beteiligungsquote von 25,49 %" an der P KG in Wien zum Stichtag 16. Juni 1989 unentgeltlich von ihrer Tante Rosa D. Gegenstand des von der Kommanditgesellschaft betriebenen Unternehmens ist der Betrieb einer Apotheke.
In der von den beiden Vertragsteilen eingebrachten Schenkungssteuererklärung wurde der Wert der Zuwendung mit S 331.370,-- beziffert.
Mit einer als "Abschichtungsvertrag" bezeichneten Vereinbarung vom 28. Juni 1989 trat die Beschwerdeführerin den bezeichneten Anteil an der P KG um den Gesamtbetrag von S 6,827.000,-- abzüglich bzw. zuzüglich des (erst zu ermittelnden) Standes des Verrechnungskontos der Beschwerdeführerin zum 30. Juni 1989 an die Ehegatten Mag. Gertrud und Mag. Herwig F ab. Aus einer Vorbemerkung zu dieser Vereinbarung ging hervor, daß an der KG bis zum 30. Juni 1989 Mag. Charlotte L mit 51 %, Gertraud P mit 22,51 %, die Beschwerdeführerin mit 25,49 %, Mag. Gertrud F mit 0,51 % und Mag. Herwig F mit 0,49 % beteiligt gewesen seien. Die Ehegatten Mag. F seien mit 1. Juni 1989 als weitere Gesellschafter eingetreten. Durch "Abschichtungsverträge" mit den einzelnen Gesellschaftern werde erreicht, daß ab 1. Juli 1989 nur mehr die Ehegatten Mag. Gertrud F (als Komplementärin) und Mag. Herwig F (als Kommanditist) der Gesellschaft angehörten.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien schrieb der Beschwerdeführerin zunächst mit einem vorläufigen Bescheid vom 28. August 1989 Schenkungssteuer vom erklärten Wert der Zuwendung vor.
Im Jahre 1993 wurde eine als "Nachschau gemäß § 144 BAO" bezeichnete abgabenbehördliche Prüfung vorgenommen. Der Prüfer bezog sich dabei auf die Bilanz der KG zum 30. Juni 1989 sowie den Bericht über eine vom Finanzamt für den 12., 13., 14. und 23. Bezirk bei der KG vorgenommene Betriebsprüfung.
In der von der KG beim genannten Finanzamt eingereichten Bilanz zum 30. Juni 1989 wurden folgende Werte ausgewiesen:
"Anlagevermögen
Betriebs- und Geschäftsausstattung 3.807,00
Vertragskosten 1,00
Wertpapiere 213.000,00
Apothekengerechtigkeit 869.712,42
Umlaufvermögen
Warenlager 1.049.509,06
Pharm. Gehaltskassa 131.711,90
Verr. Konto Finanzamt 146.567,00
Posten der Rechnungsabgrenzung 14.890,63
Feste Kapitalkonten 1.300.000,00
Verrechnungskonten 198.090,45
Abfertigungsrücklage 460.721,00
Rückstellungen 171.507,84
Posten der Rechnungsabgrenzung 298.879,72
---------------------------
2.429.199,01 2.429.199,01"
In der Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1989 wurde von der Gesellschaft unter den Aktiven ein Firmenwert von
S 20,853.817,32 angesetzt. Der Prüfer des Finanzamtes für den 12., 13., 14. und 23. Bezirk berichtigte diesen Wert auf
S 19,557.624,32. Diesem folgend ermittelte der Prüfer des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern den Wert des der Beschwerdeführerin zugewendeten Gesellschaftsanteils mit
S 6,766.174,13.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern schrieb hierauf in einem endgültigen Bescheid Schenkungssteuer vom zuletzt genannten Wert der Zuwendung vor.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, der von der Beschwerdeführerin erzielte Veräußerungserlös könne nicht als Grundlage für die Schenkungssteuer dienen. Die Höhe des Veräußerungserlöses hänge maßgeblich vom Verhandlungsgeschick des Verkäufers ab. Die Ehegatten F hätten ein erhebliches Aufgeld für die Apotheke bezahlt. Mag. Herwig F sei geschäftsführender Gesellschafter einer Arzneigroßhandlung gewesen. Um sein berufliches Fortkommen nach dem bevorstehenden Ausscheiden aus der Arzneigroßhandlung zu sichern, habe er einen enormen Mehrpreis bezahlt, zumal die Apotheke in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung gelegen sei. Der durchschnittliche Umsatz der letzten drei Jahre habe S 18,160.979,-- betragen. Als Firmenwert der Apotheke sei der halbe Jahresumsatz, also S 9,080.489,50, anzusetzen.
Im Berufungsverfahren legte die Beschwerdeführerin ein an sie gerichtetes Schreiben der Österreichischen Apothekerkammer vom 28. September 1994 vor, wonach es ein anerkanntes Verfahren sei, den Firmenwert einer Apotheke nach dem Durchschnittsumsatz der letzten drei Jahre festzusetzen. Das seit dem Jahre 1962 übliche Bewertungsverfahren mit 50 % des durchschnittlichen Umsatzes der letzten drei Jahre erbringe unter Bedachtnahme auf die gesunkene Umsatzrentabilität der österreichischen Apotheken aber in vielen Fällen zu hohe Werte. Von Sachverständigen für erb- und gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungen durchgeführte Apothekenschätzungen hätten in den letzten Jahren zwischen 25 und 50 % des Durchschnittsumsatzes nach einer kombinierten Sachwert- und Ertragswertschätzung erbracht.
Mit einem Vorhalt vom 22. März 1995 teilte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern dem Erwerber der Gesellschaftsanteile, Mag. Herwig F, den wesentlichen Inhalt des Schreibens der Österreichischen Apothekerkammer mit. Mag. F. wurde gefragt, welchen Betrag er beim Erwerb als Preis für die besondere Vorliebe bezahlt habe. In Beantwortung dieses Schreibens wurde in einer Eingabe vom 24. März 1995 ausgeführt, daß für die Ehegatten Mag. F beim Erwerb der Apotheke ausschließlich wirtschaftliche Gründe maßgeblich gewesen seien. Den Kaufpreis hätten sie als angemessen erachtet.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, bei einer Apothekenkonzession habe sich eine allgemeine Verkehrsauffassung über das Bestehen eines Firmenwertes gebildet, der mit seinem Teilwert in die Bemessungsgrundlage der Erbschafts- und Schenkungssteuer einzubeziehen sei. Ein Firmenwert trete in erster Linie bei einer Veräußerung des Unternehmens zutage. Im Beschwerdefall habe der Erwerber selbst den Firmenwert mit S 20,853.817,32 angesetzt, welcher Wert vom Prüfer auf S 19,557.624,32 herabgesetzt worden sei. Der Verkauf der Apotheke sei in einer derartigen zeitlichen Nähe zum Stichtag der Schenkung erfolgt, daß der 1. Juli 1989 als Bewertungszeitpunkt habe herangezogen werden können. Den Wert "beeinflussende Umstände" lägen nach den Aussagen des Erwerbers nicht vor.
Nach dem Inhalt der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die Bewertung des von ihr erworbenen Gesellschaftsanteils in ihren Rechten verletzt. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin geht zunächst - unter Hinweis auf ein der Beschwerde angeschlossenes Rechtsgutachten - davon aus, daß die Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld zu ermitteln ist. Das nachträgliche Schicksal des geschenkten Gutes habe keine Auswirkung auf die Bemessung der Steuer. Diese Ausführungen gehen ins Leere. Während nämlich im Falle des im Gutachten und in der Folge von der Beschwerdeführerin für deren Standpunkt herangezogenen Erkenntnisses vom 21. Oktober 1982,
Zlen. 81/15/0059 bis 0060, in Frage gestanden war, ob eine Liegenschaft oder ein Geldbetrag (der Erlös aus der unmittelbar nach der Schenkung erfolgten Veräußerung der Liegenschaft) Gegenstand der Schenkung gewesen war, sind die Abgabenbehörden im nunmehrigen Beschwerdefall zweifellos davon ausgegangen, daß ein Gesellschaftsanteil geschenkt worden ist.
Bei einem der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegenden Erwerb eines solchen Anteiles an einer Personengesellschaft ist aber der Wert der einzelnen dem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter zu ermitteln. Der Anteil an einer Personengesellschaft, die ein gewerbliches Unternehmen betreibt, ist mit der anteiligen Summe der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter zu bewerten (vgl. das Erkenntnis vom 19. August 1997, Zl. 96/16/0171).
Zu den bei der Bemessung der Erbschafts- und Schenkungssteuer beachtlichen Wirtschaftsgütern zählt der Firmenwert nur dann, wenn er gegen Entgelt erworben oder durch besondere Aufwendungen geschaffen worden ist oder wenn sich über den Firmenwert bei Unternehmungen bestimmter Art eine feste allgemeine Verkehrsauffassung gebildet hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 9. September 1993, Zl. 92/16/0190). So ist der Firmenwert einer Apotheke grundsätzlich der Erbschafts- und Schenkungssteuer zu unterziehen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1988, Zl. 87/16/0100).
Wirtschaftsgüter, die wie hier einem Betrieb dienen, sind gemäß § 12 BewG i.d.R. mit dem Teilwert anzusetzen. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, daß der Erwerber den Betrieb fortführt. Der Teilwert ist dabei in seinem Wesen ein Wert, der durch zwei regelmäßig nur im Schätzungsweg feststellbare Größen bestimmt wird, nämlich durch den geschätzten Gesamtkaufpreis bei Erwerb des Betriebes durch einen fiktiven Käufer und die auf die einzelnen Wirtschaftsgüter entfallenden Anteile dieses Wertes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 24. Februar 1992, Zl. 90/15/0095). Welche Schätzungsmethode dabei die Behörde wählt, wird ihr regelmäßig freistehen, soferne die Wahl der Methode und die Durchführung der Schätzung mit den Denkgesetzen übereinstimmt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann auch der Vorjudikatur nicht entnommen werden, daß die Abgabenbehörde hinsichtlich der Ermittlung des Firmenwertes an ein bestimmtes Verfahren gebunden sei. So war im Falle des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1982, Zl. 81/15/0091, auf das sich auch das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Rechtsgutachten stützt, von der Partei ein Gutachten der Apothekenkammer vorgelegt worden, wonach der Firmenwert anhand der Gewinne zu ermitteln sei. Auch mit dem Erkenntnis vom 21. Oktober 1982, Zl. 81/15/0002, auf das sich die Beschwerdeführerin gleichfalls stützt, wurde der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil die Behörde nicht ermittelt hätte, ob im Jahre 1978 die (frühere) Verkehrsauffassung über die Umsatzabhängigkeit des Firmenwertes (noch) bestanden habe. Auch im nunmehrigen Beschwerdefall spricht die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Äußerung der Österreichischen Apothekerkammer nicht für ihren Standpunkt, ist doch dort davon die Rede, daß der Wert der Apothekenunternehmen i.d.R. nach einer "kombinierten Sachwert- und Ertragwertschätzung" vorgenommen werde. Die Berücksichtigung eines "Sachwertes" des Apothekenunternehmens stellt aber zweifellos eine unrichtige Methode zur Firmenwertermittlung dar; dabei ist am Rande auch auf die oben wiedergegebene Bilanz des als Pachtbetrieb geführten Unternehmens zu verweisen.
Wenn die Beschwerdeführerin im gegebenen Zusammenhang davon ausgeht, die belangte Behörde habe die Schenkung vom "nachträglich erzielten" Veräußerungserlös bemessen, so verkennt sie die von der Abgabenbehörde vorgenommene Sachverhaltsfeststellung. Die Behörde hat nämlich die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter auf Grund der berichtigten Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1989 ermittelt, wobei darin auch der Firmenwert enthalten war. Wenn die Behörde (in Übereinstimmung mit der vom Erwerber vorgenommenen Darstellung) den Firmenwert nach den gesamten Abtretungsvorgängen zum 30. Juni 1989 ermittelt hat, so stellt dies eine zutreffende Methode dar. So ist auch der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. April 1992, Zl. 90/13/0292, davon ausgegangen, daß bei einem kurzen zeitlichen Abstand zwischen Anschaffung eines Wirtschaftsgutes und dem in Betracht kommenden Stichtag die Übereinstimmung von Teilwert und Anschaffungskosten zu vermuten ist.
Mit den Einwendungen der Beschwerdeführerin, der von den Erwerbern Mag. F geleistete Abtretungspreis sei durch persönliche Faktoren wie der beabsichtigte Aufbau einer neuen beruflichen Existenz und die Nähe zur Wohnung der Erwerber über Gebühr beeinflußt gewesen, hat sich die belangte Behörde nach Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens auseinandergesetzt. Die von der belangten Behörde aus dem Ermittlungsergebnis gezogenen Folgerung, besondere die Abtretungspreise beeinflussende Faktoren seien nicht vorgelegen, entspricht den Denkgesetzen.
Wenn die Beschwerdeführerin darauf verweist, daß das nachträgliche Schicksal des geschenkten Gutes keine Auswirkung auf die Bemessung der Schenkungssteuer haben könne, so verkennt sie, daß die belangte Behörde aus der in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Schenkung stehenden, verschiedenen Abtretungsvorgängen auf den Wert des Schenkungsgegenstandes im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld geschlossen hat. Überdies waren die Anteilserwerber im Zeitpunkt des Schenkungsvorganges bereits Gesellschafter der Kommanditgesellschaft. Daß sich die Wertverhältnisse zwischen der Entstehung der Steuerschuld und dem Erwerb der (restlichen) Gesellschaftsanteile durch die Ehegatten Mag. F nur zwei Wochen danach geändert hätten, wurde aber von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht behauptet.
Die Ausführungen der Beschwerdeführerin über eine Anwendung der Bestimmung des § 22 BAO sind nicht weiter verständlich, weil die Abgabenbehörden einen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes nicht angenommen haben.
Der angefochtene Bescheid entsprach somit dem Gesetz, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996160134.X00Im RIS seit
14.01.2002Zuletzt aktualisiert am
27.06.2011