Entscheidungsdatum
07.09.2020Norm
AlVG §1 Abs1 litaSpruch
W151 2192566-1/24E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ über die Beschwerde der XXXX , XXXX , vertreten durch MARSCHALL & HEINZ Rechtsanwalts-Kommanditgesellschaft, Goldschmiedgasse 8, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (vormals Wiener Gebietskrankenkasse) vom 20.02.2018, Zl: XXXX wegen Feststellung der Versicherungspflicht betreffend XXXX , VSNR XXXX , gemäß § 4 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)
I.) beschlossen:
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Beiziehung eines fachkundigen Laienrichters seitens der Wirtschaftskammer gem. § 410 iVm § 414 Abs. 2 ASVG wird als verspätet zurückgewiesen.
II.) zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Im Prüfungszeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2012 wurde bei der Beschwerdeführerin, einer im Firmenbuch unter dem Geschäftszweig Kleintransporte eingetragenen offenen Gesellschaft (in der Folge BF), durch ein Organ der Wiener Gebietskrankenkasse eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) durchgeführt. Im Zuge dieser Erhebung wurde unter anderem die Beschäftigung der mitbeteiligten Partei Herrn XXXX (im Folgenden mbP) überprüft, der ab dem 25.10.2011 bei der BF als Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet wurde.
2. Mit dem bekämpften Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass die mbP auf Grund ihrer Beschäftigung bei der BF auch in der Zeit vom 01.01.2009 bis 31.5.2011 der Voll-(Kranken-, Unfall-, Pensions-) versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. I Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs.2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lita AIVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977) unterliege.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass bei der Beschäftigung der mbP bei der BF eindeutig die Merkmale einer Tätigkeit in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen, weshalb auch in der Zeit von 01.01.2009 bis 31.5.2011 von einem Dienstverhältnis im Sinne der Bestimmungen gemäß § 4 Abs. 1 Zl in Verbindung mit § 4 Abs. 2 ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) auszugehen sei.
3. In der dagegen erhobenen Beschwerde machte die BF geltend, die mbP sei als selbständiger Kleintransporteur für die BF tätig gewesen und kein Dienstnehmer derselben. Dies stehe unter anderem aufgrund der Entscheidung des Finanzamtes mit beschwerdestattgebender Berufungsvorentscheidung vom 15.11.2016 fest. Die bei Werkverträgen unabdingbaren Fristabsprachen und Leistungsbelohnungen seien gegenständlich zwischen der BF und dem der mbP getroffen worden. Dieser sowie sein Kollege XXXX seien für die Lieferung und Einhaltung der Fristen der BF gegenüber verantwortlich gewesen. Dafür hätten sie ein Leistungsentgelt pro ausgeliefertes Paket (Erfolgshonorar) erhalten. Die BF sei der Firma XXXX gegenüber für die Einhaltung des Werkvertrages verantwortlich gewesen. Darunter falle auch die Obsorge und Kontrolle, dass die Subunternehmer, wie die mbP im vorliegenden Fall, die Pakete auch ordnungsgemäß ausliefern, wofür auch eine Organisationsstruktur notwendig sei, die gewährleiste, dass die Arbeiten ohne wesentliche Störungen ordentlich durchgeführt werden können. Ein Aspekt dieser Organisationsstruktur sei auch die Hilfestellung der BF im Falle von Vertretung, bei Unfällen, Krankheit etc.
4. Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 16.04.2018 vorgelegt.
5. Am 15.10.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, in der der Vertreter der BF Herr XXXX sowie die mbP befragt wurden. Im Zuge der Verhandlung beantragte die BF die Einvernahme des Herrn Mag. XXXX zum Beweis dafür, mit welcher Begründung in der im abgabenrechtlichen Verfahren zu StrNr. XXXX ergangenen Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts XXXX vom 15.11.2016 festgestellt wurde, dass es sich bei der mbP um keinen Dienstnehmer handle.
6. Mit Schreiben vom 14.11.2019 stellte die BF Anträge auf Beiziehung eines fachkundigen Laienrichters seitens der Wirtschaftskammer gem. § 410 iVm § 414 Abs. 2 ASVG sowie auf Beischaffung des Aktes StrNr. XXXX des Finanzamtes XXXX .
7. Mit Schreiben vom 9.11.2019 stellte das Bundesverwaltungsgericht ein Ersuchen an das Finanzamtes XXXX auf Übermittlung des Aktes StrNr. XXXX . Der Akt langte am 26.11.2019 beim BVwG ein und wurde in der Folge der BF im Parteiengehör übermittelt.
8. Mit Schreiben vom 15.11.2019 erstattete die BF ein ergänzendes Beschwerdevorbringen und Berichtigung der Beschwerdeanträge. Moniert wurde, dass die belangte Behörde im Fall des ebenfalls bei für die BF tätigen XXXX zu einer konträren Entscheidung gekommen sei.
9. Mit Schreiben vom 06.12.2019 erstattete die belangte Behörde hierzu eine Stellungnahme und verwies auf zwei verschieden gelagerte Sachverhalte.
10. Mit Schreiben vom 23.12.2019 erstattete die BF eine Stellungnahme und wies darauf hin, dass aufgrund eines vom Finanzamt geführten abgabenrechtlichen Verfahrens keine Lohnsteuerpflicht bestehe, und dies Bindung für die Sozialversicherungspflicht entfalte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die mbP war im Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.5.2011 als Zusteller von Paketen für die BF tätig. Die mbP erhielt zum Beginn ihrer Tätigkeit einen Ausweis sowie Arbeitskleidung von der BF ausgehändigt. Der mbP wurde von der BF ein Rayon ( XXXX . Bezirk) zugeteilt, in dem sie die Pakete zuzustellen hatte. Die Einweisung in die erforderlichen Arbeitsschritte der mbP erfolgte durch die BF.
1.2. Der Beginn der Arbeitszeit wurde der mbP mit 05:00 früh, montags bis donnerstags, und freitags 04:30 vorgegeben. Die von der mbP auszuliefernden Pakete wurden zu diesen Zeitpunkten am Betriebsgelände des Vertragspartners der BF, der XXXX in XXXX am Band aus dem Container ausgeladen. Die mbP hatte zu prüfen, welches Paket laut Adresse in seinem Rayon zuzustellen sei, dieses zu scannen, seine Tour zusammenzustellen und mit der Auslieferung zu beginnen. Das Ende der Arbeitszeit war von der Dauer der Auslieferungszeit abhängig. Die mbP war somit hinsichtlich des Ortes und zeitlichen Rahmens der Leistungserbringung sowie auch in den einzelnen Arbeitsschritten an die Vorgaben der BF gebunden.
1.3. Ein vertretungsbefugter Gesellschafter der BF, Herr XXXX , war jeden Tag vor Ort anwesend und beaufsichtigte die Auslieferung der Pakete. Herr XXXX erhielt zudem von XXXX monatliche Aufstellungen der ausgelieferten Pakete und die angegebenen Rayons bezogen auf die Paketzustellung, und konnte damit erkennen, welche Pakete von der mbP ausgeliefert wurden. Damit unterlagen sowohl die Anwesenheiten der Zusteller als auch die tatsächliche Arbeitserbringung der Kontrolle und Aufsicht durch die BF. Die Bezahlung erfolgte monatlich nach einem pauschalierten Satz pro ausgeliefertem Paket. Die mbP legte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum monatliche Rechnungen.
1.4. Für den Krankheitsfall war die mbP angewiesen, die BF zu informieren. Im Fall der krankheitsbedingten Abwesenheit eines Fahrers, wurden Touren teilweise von Kollegen übernommen, wobei dies die BF zu organisieren hatte. Ein direkter Kontakt zwischen der mbP und der XXXX zum Zwecke der Vereinbarung einer Vertretung durch die mbP selbst war nicht möglich. Es war der mbP auch faktisch nicht möglich, Auslieferungen von Paketen durch eine fremde Person durchführen zu lassen, da es einer solchen an einer Zugangsberechtigung, die nur durch die BF – nach Meldung an die XXXX und Aushändigung eines Ausweises – eingeräumt werden konnte, zum Betriebsgelände der XXXX gefehlt hätte. Im Fall eines von der mbP beabsichtigten, im Beschwerdezeitraum jedoch nicht vorgekommenen Urlaubes, hatte sie dies der BF mitzuteilen, die einen Ersatz organisiert hätte. Ein freies Vertretungsrecht der mbP lag somit nicht vor.
1.5. Die mbP führte die Auslieferungen mit einem eigenen Fahrzeug durch, welches sie von der BF erworben hatte. Auf dem Fahrzeug des BF war das Logo der XXXX angebracht. Firmenwortlaut, Name oder Anschrift der mbP waren am Fahrzeug nicht angeführt. Die mbP hinterließ lediglich eine Tafel mit seiner Telefonnummer am Fahrzeug, um während der Abstellzeiten in Ladezonen erreichbar zu sein. Für Schäden am Fahrzeug haftete die mbP selbst. Verlustig gegangene oder beschädigte Pakete wären von BF zu tragen gewesen, die die Schäden in weiterer Folge der mbP abgezogen hätte.
1.6. Die mbP verfügte über einen Gewerbeschein. Die mbP war jedoch ausschließlich für die BF tätig und hätte keine anderen Auftraggeber. Die mbP hatte keine eigenen Dienstnehmer. Die mbP wurde bei ihren Auslieferungen fallweise von seiner Lebensgefährtin unterstützt. Diese besaß jedoch weder Ausweis noch Arbeitskleidung und hatte keinen ornungsmäßigen Zutritt zum Betriebsgelände der XXXX , da sie keine Zutrittskarte besaß.
1.7. Nach der Anmeldung der mbP am 25.11.2005 änderte sich der konkrete Arbeitsinhalt der mbP, nämlich die Zustellung von Paketen für die BF, nicht. Vertraglich vorgesehen war nunmehr eine begrenzte Arbeitszeit bis 17:00, wobei der BF weiterhin um 05:00 (freitags 04:30) zu beginnen hatte. Die mbP hatte nunmehr Anspruch auf ein monatliches Bruttogehalt und Urlaub. Die mbP verwendete für Zustellungen ein Fahrzeug der BF und wurde (als „Springer“) auch in anderen Gebieten eingesetzt. Nach der Anmeldung des BF bestand keine persönliche Haftung der mbP für schadhafte Pakete.
1.8. Nach der gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) wurde vom Finanzamt XXXX zu StrNr. XXXX ein Verfahren betreffend Haftung der BF für lohnabhängige Abgaben geführt, in dem mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.11.2016 der Beschwerde der BF stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben wurde. Es besteht jedoch keine Bindung des erkennenden Gerichts an die Entscheidung der Abgabenbehörde, sodass gegenständlich eine eigenständige Beurteilung des Dienstverhältnisses nach § 4 Abs. 2 ASVG zu erfolgen hatte.
1.9. XXXX , VSNR XXXX unterlag daher im Beschwerdezeitraum aufgrund seiner Beschäftigung bei der BF der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm § 4 Abs. 2 ASVG. und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG im Zeitraum 01.01.2009 bis 31.05.2011.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, sowie den Ergebnissen des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht, insbesondere der am 15.01.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung, in der der Vertreter der BF, Herr XXXX , sowie die mbP, Herr XXXX , befragt wurden. Das erkennende Gericht nahm ferner Einsicht in den Akt des Finanzamtes XXXX , StrNr. XXXX , der der BF ins Parteiengehör übermittelt wurde.
2.2. Unstrittig ist, dass die mbP im beschwerdegegenständlichen Zeitraum für die BF als Zusteller von Paketen ausschließlich für die BF tätig war, es sich dabei ausschließlich um XXXX -Pakete handelte und dafür ein eigenes, zu diesem Zweck von der BF käuflich erworbenes Lieferfahrzeug verwendete. Ebenso unstrittig, da in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen übereinstimmend von Herrn XXXX und der mbP geschildert, blieben die wesentlichen Arbeitsabläufe, nämlich die Abholung von Paketen am Betriebsgelände der XXXX idR um 05:00 in der Früh und den dafür erforderlichen Arbeitsschritten, die Auslieferung in einem hierfür von der BF zugeteilten Rayon ( XXXX . Bezirk), die von der Dauer der Zustellung der Pakete abhängigen täglichen Arbeitszeit sowie die monatliche Bezahlung nach festgelegten Sätzen je Paket durch die BF nach Vorlage von Rechnungen seitens der mbP. Unstrittig blieb ferner, dass die mbP den Ausweis sowie Arbeitskleidung von der BF ausgehändigt erhielt und bei seiner Tätigkeit verwendete. Aus den Angaben der mbP ergibt sich, dass er von diesen Vorgaben nicht eigenmächtig – so hätte er etwa nicht an Samstagen zustellen können – abweichen konnte.
Dass seitens der BF tatsächlich eine Kontrolle und Überwachung der täglichen Arbeitsabläufe erfolgte und die mbP damit der Aufsicht der BF unterlag, erschließt sich aus den Angaben des Herrn XXXX in der mündlichen Verhandlung, wo dieser ausführte, auch im beschwerdegegenständlichem Zeitraum jeden Tag vor Ort anwesend gewesen zu sein. Er habe zwar selbst keine Pakete ausgeführt, jedoch schauen müssen, dass es funktioniere und die Pakete ausgeliefert werden würden, ob die Fahrer etwas brauchen würden oder überhaupt anwesend seien. Er habe zudem von XXXX monatliche Aufstellungen der ausgelieferten Pakete und die angegebenen Rayons bezogen auf die Paketzustellung erhalten, und damit erkennen können, welche Pakete die mbP ausgeliefert habe. Daraus ergibt sich für das erkennende Gericht, dass sowohl die grundlegenden Arbeitsabläufe, sowie auch die tatsächliche Erbringung der Tätigkeit durch die mbP einer ständigen Kontrolle durch die BF unterlagen.
Bezüglich eines Vertretungsrechts im Fall krankheits- oder urlaubsbedingter Abwesenheit der mbP ergibt sich aus den im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der mbP und der BF, dass die mbP diesbezüglich die BF zu informieren hatte und es sodann letzterer oblag, eine Vertretung – allenfalls aus dem Pool der anderen Fahrer – zu organisieren. Aus den Angaben der mbP ergibt sich zudem, dass es dieser auch faktisch nicht möglich gewesen wäre, eine Vertretung selbst zu arrangieren, da eine solche mangels eines Dienstausweises keinen Zugang zum Ausgabezentrum der gehabt hätte. Zudem deutet auch Punkt III. der Arbeitsvereinbarung aufgrund der darin exemplarisch genannten Abwesenheitsgründe (Urlaub, Erkrankung, etc.), bei deren Vorliegen der Auftragnehmer verpflichtet sei, sich um Ersatz zu kümmern, darauf hin, dass eine Vertretung lediglich anlassbezogen erfolgen sollte. Von einer generellen, im Belieben der mbP gelegenen Vertretungsbefugnis kann daher keine Rede sein.
Widersprüchlich beschrieben die einvernommenen Parteien die Aufschrift des von der mbP benützten Lieferwagens. Diesbezüglich wird den nachvollziehbaren und schlüssigen Angaben der mbP gefolgt, wonach sich auf dem von ihm zur Auslieferung verwendeten Auto, keine eigene Firmenbeschriftung, sondern nur das Logo der XXXX befunden habe. Er habe lediglich eine Tafel mit seiner Telefonnummer hinterlassen um erreichbar zu sein, wenn er etwa in der Haltezone gestanden habe.
2.3. Die von der BF beantragte zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn Mag. XXXX , Steuerberater, zum Beweis dafür, mit welcher Begründung in der Beschwerdevorentscheidung Aktes StrNr. XXXX des Finanzamtes XXXX festgestellt wurde, dass es sich bei der mbP um keinen Dienstnehmer handle, erweis sich aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts als entbehrlich, da die Rechtsfragen des abgabenrechtlichen Verfahrens durch Einsicht in den betreffenden Akt erhoben und geklärt wurden und es sich bei der Frage der Bindungswirkung der Entscheidung im abgabenrechtlichen Verfahren um eine nicht durch Zeugen zu klärende Rechtsfrage handelt (siehe hierzu unter II.3.4.).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. § 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
3.2. Zu spruchpunkt I.):
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Gemäß § 414 Abs. 2 letzter Satz ASVG ist im vorliegenden Fall der Antrag gleichzeitig mit der Beschwerde (oder dem Vorlageantrag) einzubringen.
Gegenständlich wurde seitens der BF mit Schreiben vom 14.11.2019 ein Antrag auf Beiziehung eines fachkundigen Laienrichters seitens der Wirtschaftskammer gem. § 410 iVm § 414 Abs. 2 ASVG gestellt. Da der Antrag nicht gleichzeitig mit der Beschwerde eingebracht wurde, erweist er sich als verspätet und nicht geeignet, eine Senatsentscheidung herbeizuführen.
Der Antrag war somit als verspätet zurückzuweisen.
Die Entscheidung in der vorliegenden Beschwerdesache obliegt somit der nach der geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichterin.
3.2. Zu Spruchpunkt II.):
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:
„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.
Zu A):
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG in der anzuwendenden Fassung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.
Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um
1. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder
2. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen.
Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.
Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
§ 539a ASVG normiert die Grundsätze der Sachverhaltsfeststellung wie folgt:
Abs. 1: Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.
Abs. 2: Durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.
Abs. 3: Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.
Abs. 4: Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.
Abs. 5: Die Grundsätze, nach denen 1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise, 2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie 3. die Zurechnung nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.
Gemäß § 1 AlVG sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, (…) für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert) soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert sind oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben.
3.3. Gegenständlich richtet sich die Beschwerde der BF gegen die Einbeziehung der mbP als Dienstnehmer in die Voll-(Kranken-, Unfall-, Pensions-) Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm § 4 Abs. 2 ASVG. Die Beschwerden erweist sich aus folgenden Gründen als nicht berechtigt:
3.4. Zur mangelnden Bindungswirkung der Entscheidung im abgabenrechtlichen Verfahren vor dem Finanzamt XXXX :
Gemäß § 4 Abs. 2 letzter Satz gilt als Dienstnehmer jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich (1.) um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder (2.) Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen.
Eine wesentliche Bedeutung der Verweisung auf das EStG liegt jedenfalls darin, dass für jene Zeiträume, für welche die Lohnsteuerpflicht der betreffenden Person nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG mit Bescheid der Finanzbehörde festgestellt ist, damit auch die SV-Pflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG bindend feststeht. Soweit dies der Sachverhalt überhaupt nahelegt, hat die Behörde daher im Zuge der Prüfung des Vorliegens einer Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 2 ASVG als Vorfrage (dh sofern nicht Bindung an allenfalls bereits vorliegende abgabenrechtliche Bescheide vorliegt, bzw. allenfalls eine Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke des Zuwartens bis zur Erledigung eines diesbezüglichen Abgabenverfahrens in Betracht kommt) selbständig zu beurteilen, ob die Voraussetzungen der verwiesenen steuerrechtlichen Bestimmungen vorliegen (VwGH 2001/08/0107). Gleichgültig, ob ein solcher Bescheid vorliegt oder ob die Behörde auf dem Wege einer Vorfragenlösung zur Bejahung dieser Frage gelangt ist (arg: „jedenfalls“ in § 4 Abs. 2 ASVG) schon deshalb auch die Versicherungspflicht zu bejahen (Zehetner in Sonntag (Hrsg), ASVG11 (2020) § 4 Rz 78).
Aus dem § 4 Abs. 2 ASVG kann daher kein Gegenschluss in die Richtung gezogen werden, dass die Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 2 erster Satz ASVG nur dann vorliegt, wenn auch die Lohnsteuerpflicht iSd (nunmehr) dritten Satzes dieser Gesetzesstelle zu bejahen ist, mag letzteres auch häufig der Fall sein (VwGH 004/08/0066, 2007/08/0064).
Wenn nun im gegenständlichen Fall nach stattgebender Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts XXXX vom 15.11.2016, Zl. XXXX eine Lohnsteuerpflicht der mbP nicht feststeht, kann daraus somit nicht der Gegenschluss gezogen werden, dass allein aus diesem Grund die Versicherungspflicht der mbP zu verneinen wäre, sondern ist diese gesondert durch das Bundesverwaltungsgericht zu prüfen.
Es besteht gegenständlich somit keine Bindung des erkennenden Gerichts an die Entscheidung der Abgabenbehörde und hatte somit eine eigenständige Beurteilung des Dienstverhältnisses nach § 4 Abs. 2 ASVG zu erfolgen.
3.5. Zum Vorliegen eines Dienstverhältnisses
Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Dienstverhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich in seiner Judikatur bereits wiederholt mit ähnlichen Sachverhalten auseinanderzusetzen und etwa ausgesprochen, dass bei der Zustelltätigkeiten ( ggfls:Pizzazusteller), bei der es sich um eine einfache manuelle Tätigkeit ohne einen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum in Bezug auf Arbeitsausführung und Verwertbarkeit handelt, vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit und damit von einem (echten) Dienstverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen ist (VwGH vom 23.05.2019, Ra 2019/08/0088 mwN).
1.1. Persönliche Arbeitspflicht:
Grundvoraussetzung für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses gemäß § 4 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 ASVG oder § 4 Absatz 4 ASVG ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt die persönliche Arbeitspflicht, dann liegt kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nach dem ASVG vor (vergleiche Müller, DRdA 2010, 367 ff.).
Persönliche Arbeitspflicht ist (unter anderem) dann nicht gegeben, wenn demjenigen, dessen Leistungserbringung zu beurteilen ist, eine generelle Vertretungsbefugnis bei Erbringung dieser Leistung eingeräumt ist oder wenn ein Beschäftigter die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann (vgl. etwa VwGH vom 12.10.2016, Zl. Ra 2016/08/0095 und vom 01.10.2015, Zl. Ro 2015/08/0020).
Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. etwa zuletzt VwGH vom 12.10.2016, Ra 2016/08/0095).
Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet dies:
Aus dem gelebten Beschäftigungsverhältnis ist ersichtlich, dass eine freie Vertretungsmöglichkeit nicht vereinbart und auch faktisch nicht vorhanden war. Die mbP in gab in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass es ihr faktisch gar nicht möglich gewesen wäre, Auslieferungen von Paketen durch eine fremde Person durchführen zu lassen, da es dieser an einer Zugangsberechtigung, die nur durch die BF – nach Meldung an die XXXX und Aushändigung eines Ausweises durch die BF – eingeräumt werden konnte, zum Betriebsgelände der XXXX gefehlt hätte. Die mbP war zudem (ausdrücklich) angehalten, Krankenstände oder beabsichtigte Urlaube der BF bekannt zu geben, die in solchen Fällen selbst eine Vertretung organisiert hätte. Auch die unter Punkt III. der zwischen der mbP und der BF getroffenen Vereinbarung exemplarisch genannten Abwesenheitsgründe (Urlaub, Erkrankung, etc.), bei deren Vorliegen der Auftragnehmer verpflichtet sei, sich um Ersatz zu kümmern, geben Aufschluss darüber, dass eine Vertretung lediglich anlassbezogen erfolgen sollte, was im Lichte der oben genannten Judikatur keine generelle Vertretungsberechtigung darstellt.
Für das Bundesverwaltungsgericht bedeutet dies daher, dass kein generelles Vertretungsrecht der mbP bestand, und somit von der persönlichen Ausführung der Arbeiten durch die mbP auszugehen war.
1.2. Persönliche Abhängigkeit:
Nach der Bejahung der persönlichen Arbeitspflicht ist weiter zu klären, ob bei Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist.
Die Beantwortung der Frage, ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG überwiegen, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist.
Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind (im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes) als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer - im Regelfall freilich auch vorliegender - Umstände (wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.
Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgeblicher Bedeutung sein. (vgl. unter vielen das Erkenntnis vom 27. April 2011, Zl. 2009/08/0123).
Die für die persönliche Abhängigkeit charakteristische weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Tätigkeit kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles auch dann vorliegen, wenn der Beschäftigte aufgrund einer Vereinbarung oder der Betriebsübung oder der Art seiner Beschäftigung Beginn und Dauer der täglichen Arbeitszeit weithin selbst bestimmen kann. Hat aber die allfällige Ungebundenheit des Beschäftigten hinsichtlich Arbeitsablauf und ihre Grenze in der unterschiedlichen Dringlichkeit der zu besorgenden Angelegenheiten und den betrieblichen Erfordernissen, sodass die Arbeitserbringung letztlich doch im Kern an den Bedürfnissen des Dienstgebers orientiert sein muss, so spricht dies für ein Verhältnis persönlicher Abhängigkeit (VwGH 2011/08/0322 vom 11.12.2013).
Im Fall des Vorliegens einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit steht nach der ständigen und aktuellen - auch auf den konkreten Fall anwendbaren - Rechtsprechung der Umstand, dass die beschäftigten Personen jeweils (auch) über eine einschlägige Gewerbeberechtigung verfügten und auf Grund der damit bewirkten Zugehörigkeit zur Wirtschaftskammer bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG aufrecht pflichtversichert waren, dem Eintritt einer am Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses anknüpfenden Pflichtversicherung im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 ASVG nicht entgegen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Mai 2013, 2013/08/0051; vom 2. Juli 2013, 2013/08/0106; vom 3. Oktober 2013, 2013/08/0162; vom 31. Juli 2014, 2013/08/0247; uva.).
1.2.1. Bindung der mbP an Ordnungsvorschriften über Arbeitsort und Arbeitszeit:
Der mbP war insofern Vorgaben hinsichtlich des Arbeitsortes gebunden, als ihr von der BF ein Rayon ( XXXX . Bezirk) zugeteilt wurde, in dem sie die Pakete zuzustellen hatte. Hierzu ist festzuhalten, dass die mbP dem Vorbringen des Vertreters der BF in der mündlichen Verhandlung zufolge auch ein anderes Rayon machen können. Daraus folgt nach Ansicht des erkennenden Gerichts jedoch nicht, dass es der mbP freigestanden hätte, eigenmächtig für ein anderes Rayon bestimmte Pakete aufzunehmen und in diesem anderen Rayon zuzustellen, ohne dass eine Änderung der Zuteilung der Auslieferungsgebiete durch die BF vorangehen hätte müssen.
Der Beginn der Arbeitszeit wurde der mbP mit 05:00 früh, montags bis donnerstags, und freitags 04:30 vorgegeben. Die von der mbP auszuliefernden Pakete wurden zu diesen Zeitpunkten am Betriebsgelände des Vertragspartners der BF am Band aus dem Container ausgeladen. Die mbP hatte zu prüfen, welches Paket laut Adresse in seinem Rayon zuzustellen sei, dieses zu scannen, seine Tour zusammenzustellen und mit der Auslieferung zu beginnen. Es gab zwar keine Vorgaben, wann und wo die mbP die Pakete innerhalb seines Rayons konkret abzuliefern hatte, sondern teilte er sich die Tour selbst ein. Allein aufgrund die Möglichkeit einer freien Zeiteinteilung im Rahmen der ihm vorgegebenen Betriebszeiten kann nicht von einer grundsätzlich freien Zeiteinteilung ausgegangen werden. Dies wird nicht zuletzt auch durch den Umstand erhellt, dass die mbP an Samstagen von vornherein keine Zustellungen durchführen konnte.
Im Ergebnis war der die mbP an Vorgaben über Arbeitsort und Arbeitszeit gebunden und in die Abläufe und Organisation des Unternehmens der BF eingegliedert. Die mbP hatte sich folglich bei seiner Arbeitserbringung an den Vorgaben der BF zu orientieren, was für eine weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit der mbP und folglich ein dienstliches Abhängigkeitsverhältnis spricht.
1.2.2. Weisungsgebundenheit und Kontrollunterworfenheit:
Ein Kriterium für die Beurteilung der Dienstnehmereigenschaft aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht stellt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Weisungsgebundenheit und Kontrollunterworfenheit des Dienstnehmers dar (beispielsweise VwGH 12.09.2012, 2009/08/0141).
Nach der Rechtsprechung kommt die Erteilung von Weisungen betreffend die eigentliche Arbeitsleistung im Wesentlichen in zwei (voneinander nicht immer scharf zu trennenden) Spielarten in Betracht, nämlich in Bezug auf das Arbeitsverfahren einerseits und das arbeitsbezogene Verhalten andererseits (VwGH 25.04.2007, Zl. 2005/08/0137). Die Weisungen über das arbeitsbezogene Verhalten betreffen in erster Linie die Gestaltung des Arbeitsablaufes und der Arbeitsfolge und die damit im Zusammenhang stehenden organisatorischen Maßnahmen.
Gegenständlich wurden Arbeitsbeginn sowie Art und Weise der Arbeitsausführung der mbP vorgegeben. Die mbP und erhielt zum Beginn der Tätigkeit durch die BF einen Ausweis sowie Arbeitskleidung ausgehändigt, die sie bei Verrichtung der Auslieferungen zu verwenden hatte. Die mbP führte die Auslieferungen mit einem eigenen Fahrzeug durch, welches er jedoch von der BF käuflich erworben hatte und das Firmenlogo der XXXX , nicht jedoch einen eigenen Firmennamen, oder Anschrift der mbP trug. Die Einweisung der mbP in die erforderlichen Arbeitsschritte erfolgte durch die BF.
Herr XXXX war jeden Tag vor Ort anwesend und beaufsichtigte die Auslieferung der Pakete. Er erhielt zudem von XXXX monatliche Aufstellungen der ausgelieferten Pakete und die angegebenen Rayons bezogen auf die Paketzustellung, und konnte damit erkennen, welche Pakete die mbP ausgeliefert hat. Auch wenn im konkreten Fall keine ständige unmittelbare Kontrolle der Arbeitsleistung – etwa während der Auslieferungsfahrten – erfolgt ist, unterlagen sowohl die Anwesenheit der Zusteller zum Arbeitsbeginn als auch die tatsächliche Arbeitserbringung in Form der monatlichen Aufstellungen der Kontrolle und Aufsicht durch die BF.
In seinem Erkenntnis vom 24.04.2014, Zl. 2012/08/0081, führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass bei Beschäftigten, die ihre Tätigkeit disloziert, d.h. in Abwesenheit des Dienstgebers oder des von ihm Beauftragten außerhalb einer Betriebsorganisation ausüben, sich die Frage der Weisungsgebundenheit im Hinblick auf das arbeitsbezogene Verhalten in anderer Weise als bei einer Einbindung in eine Betriebsorganisation stellt. Im ersten Fall wird das Vorliegen eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses in der Regel durch eine über die bloß sachliche Kontrolle des Ergebnisses einer Tätigkeit hinausgehende, die persönliche Bestimmungsfreiheit einschränkende Kontrollmöglichkeit bzw durch (auf das Ergebnis derartiger Kontrollen aufbauende) persönliche Weisungen dokumentiert (VwGH vom 04.06.2008, Zl. 2004/08/0190 und Zl. 2007/08/0252; VwGH vom 02.05.2012: Zl. 2010/08/0083; VwGH vom 11. Juli 2012, Zl. 2010/08/0204 VwGH vom 17.10.2012, Zl. 2010/08/0256), während die Einbindung eines Dienstnehmers in eine Betriebsorganisation in der Regel zur Folge hat, dass dieser den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit nicht jederzeit selbst regeln oder ändern kann. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis wird hier oft weniger durch die ausdrückliche Erteilung von persönlichen Weisungen als vielmehr durch die "stille Autorität" des Arbeitgebers indiziert sein (VwGH vom 19.12,2012 Z. 2012/08/0224 mwN).
Sohin war die mbP zum einen direkt den Weisungen der BF unterworfen, aber ist in Bezug auf die Art und Weise der Auslieferung, einerseits hinsichtlich des zugeteilten Rayons, als auch hinsichtlich der Arbeitszeiten von einer „stillen Autorität“ der BF auszugehen.
Aufgrund all dieser Erwägungen ist im Ergebnis davon auszugehen, dass die mbP in mehrfacher Hinsicht in die betriebliche Struktur der BF eingebunden, der BF weisungs- und kontrollunterworfen und persönlich arbeitspflichtig war. Aus Sicht des erkennenden Gerichtes lag dadurch ein Ausdruck der Einschränkung der persönlichen Bestimmungsfreiheit der mbP vor. In einer einzelfallbezogenen Gesamtschau sind somit die Merkmale einer Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit als überwiegend zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht folgt daher im Ergebnis der belangten Behörde, wonach die persönliche Abhängigkeit der mbP vorlag. Der Umstand, dass die mbP über eine Gewerbeberechtigung verfügte steht in Anbetracht der oben angeführten Judikatur dem Eintritt einer am Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses anknüpfenden Pflichtversicherung im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 ASVG nicht entgegen
1.3. Wirtschaftliche Abhängigkeit:
Nach ständiger Rechtsprechung hat die persönliche Abhängigkeit die wirtschaftliche Abhängigkeit zwangsläufig zur Folge und muss daher nicht gesondert geprüft werden (ua. VwGH vom 22.12.2009, 2006/08/0317; VwGH vom 25.04.2007, 2005/08/0137; VwGH vom 20.12.2006, 2004/08/0221).
1.4. Entgelt:
Gegen Entgelt ist eine Person dann beschäftigt, wenn sie aus dem Dienstverhältnis einen Entgeltanspruch hat, gleichgültig, ob ihr ein Entgelt tatsächlich ausbezahlt wird oder nicht. Bei der Beurteilung dieser Frage ist von den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen auszugehen. Die Entgeltlichkeit ist kein bloßes Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses, sondern eine weitere Voraussetzung der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG (VwGH 18.01.2012, 2008/08/0252). Entgelt iSd § 4 Abs. 2 ist das beitragspflichtige Entgelt nach § 49. In diesem Sinne bezeichnet Entgelt sämtliche Leistungen, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dafür erhält, dass er ihm seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Für die Beurteilung, ob eine Zuwendung des Dienstgebers an den Dienstnehmer nach dem Parteiwillen als Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Dienstnehmers geleistet wurde, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Das Dienstverhältnis ist im Zweifel entgeltlich.
Die mbP war unbestritten entgeltlich für die BF tätig. Die Entlohnung erfolgte auf Grund von durch die mbP gelegten Rechnungen.
1.5. Ergebnis:
Da Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit der mbP zur BF überwiegen, war daher durch das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung der SVS betreffend die Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung für die mbP für den im Bescheid festgestellten Zeitraum zu bestätigen und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Da die mbP in dem angeführten Zeitraum in der Krankenversicherung pflichtversichert war, besteht auch für diesen Zeitraum eine Arbeitslosenversicherung.
Der Vollständigkeit halber ist zum Vorbringen der BF hinsichtlich der konträren Entscheidung der Behörde zum Dienstnehmer XXXX festzuhalten, dass das erkennende Gericht – wie auch die belangte Behörde – den vorliegenden Sachverhalt im Rahmen einer Einzelfallentscheidung einer eigenständigen Beurteilung zu unterziehen hat. Der Umstand, dass bereits im Verfahren zu einem anderen Dienstnehmer der BF seitens der Behörde eine Entscheidung erfolgt ist, steht einem abweichenden Ausgang des gegenständlichen Verfahrens somit nicht entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das hg. Erkenntnis hält sich an die darin zitierte Judikatur des VwGH.
Schlagworte
Antragstellung Arbeitszeit Dienstnehmereigenschaft Kontrolle persönliche Abhängigkeit Pflichtversicherung stille Autorität Versicherungspflicht Verspätung Weisung wirtschaftliche Abhängigkeit ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W151.2192566.1.00Im RIS seit
23.11.2020Zuletzt aktualisiert am
23.11.2020