TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/7 I415 2230105-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.09.2020
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Entscheidungsdatum

07.09.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2230105-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Gambia, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung – Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA) vom 21.02.2020, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.08.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Gambias, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 28.10.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Bei der am nächsten Tag durchgeführten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erklärte er zu seinen Fluchtgründen, dass er im Juli 2019 an einer Demonstration in Gambia teilgenommen habe, weil einer seiner Freunde kurz zuvor von der Regierung festgenommen und zu Tode gefoltert worden sei. Bei der Demonstration seien einige Leute festgenommen worden und haben den Behörden seine Wohnadresse verraten. Nun suche die Regierung auch nach ihm. Bei einer Rückkehr in die Heimat befürchte er, festgenommen, eingesperrt und gefoltert zu werden.

3.       Am 11.02.2020 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich durch das BFA einvernommen. Er nannte im Wesentlichen dieselben Fluchtgründe wie bei der polizeilichen Erstbefragung.

4.       Mit angefochtenem Bescheid des BFA vom 21.02.2020, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Gambia (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Gambia zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

5.       Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene vollinhaltliche Beschwerde vom 23.03.2020 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dem Beschwerdeführer drohe in Gambia aufgrund seiner Teilnahme an Demonstrationen Verfolgung von Seiten des Staates. Es bestehe keine innerstaatliche Fluchtalternative.

6.       Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.04.2020 vorgelegt.

7.       Am 21.08.2020 fand in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung und in Abwesenheit eines Vertreters der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht statt.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige, ledige, kinderlose Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Gambia, gehört der Volksgruppe der Mandinka an und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.

Er befindet sich seit Oktober 2019 in Österreich.

Der junge Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer hat in Gambia für fünf Jahre die Schule besucht und anschließend als Bauarbeiter gearbeitet.

Er spricht die Sprache Fulla auf Muttersprachenniveau und darüber hinaus sehr gut Englisch.

In Gambia leben nach wie vor seine Mutter und sein Onkel mütterlicherseits.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Der Beschwerdeführer ist gegenüber niemandem unterhaltspflichtig.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich – schon aufgrund seiner kurzen Aufenthaltsdauer – keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Er verfügt lediglich über geringe Deutschkenntnisse und hat bisher keine Deutschprüfung absolviert. Er nahm an keinen sonstigen Aus- oder Weiterbildungen teil, ist nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen integrationsbegründenden Organisation, geht keiner erlaubten Erwerbstätigkeit und keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach und hat keine maßgeblichen sozialen Kontakte im Bundesgebiet geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Gambia einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war oder sein wird. Es konnte mangels Glaubwürdigkeit insbesondere nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Gambia aufgrund der Teilnahme an einer Demonstration asylrelevante Verfolgung durch die gambischen Behörden droht, bzw. dass er sein Heimatland aufgrund staatlicher Verfolgung verlassen hat.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Gambia eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Der Beschwerdeführer wird im Falle seiner Rückkehr nach Gambia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Gambia:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 21.02.2020 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Gambia zitiert. Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Gambia übermittelt. Daraus ergeben sich folgende Feststellungen:

Politische Lage

Gambia ist eine Präsidialrepublik mit starker Stellung des direkt gewählten Staatspräsidenten. Dieser ist gleichzeitig Regierungschef (ÖB 12.2019). Staatsoberhaupt und Regierungschef ist seit 2017 Adama Barrow von der United Democratic Party - UDP (AA 15.10.2018; vgl. ÖB 12.2019). Bei den Präsidentschaftswahlen vom 1.12.2016, die als weitgehend frei und fair bezeichnet wurden (FH 4.3.2020; vgl. ÖB 12.2019), gewann Barrow gegen den 22 Jahre autoritär regierenden Amtsinhaber Jammeh (WB 22.3.2020), der nach einer knapp zweimonatigen innenpolitischen Krise schließlich zur Aufgabe seines Amtes bereit war (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019, FH 4.3.2020). Seither befinden sich im Auftrag der CEDEAO/ECOWAS und auf Bitten der neuen Regierung Militärtruppen in Gambia, um die Sicherheit des Transformationsprozesses des Sicherheitssektors zu unterstützen und politischer Instabilität vorzubeugen (FH 4.3.2020). Barrow kündigte ein ambitioniertes Reformprogramm an, das ab Mitte 2017 auch initiiert wurde. Der Namenszusatz „Islamische Republik“ wurde gestrichen, ein Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe wurde erlassen, Meinungs- und Pressefreiheit gewährleistet und die Stärkung von Institutionen und wirtschaftlicher Aufschwung versprochen (KAS .24.1.2020). Zwei weitere Wahlen konnten friedlich und transparent abgehalten und somit der politische Umbruch konsolidiert werden (ÖB 12.2019; vgl UNSC 29.6.2018, FH 4.3.2020). Im Oktober 2018 wurde unter der Leitung des Ministeriums für Justiz die „Truth, Reconciliation and Reparation Commission“ eingerichtet, welche an der Aufklärung der unter der Regierung Jammeh verübten Menschenrechtsverletzungen arbeitet (AA 5.8.2019; vgl. FH 4.3.2020). Die Arbeit der Kommission ist noch nicht abgeschlossen. Zeugenaussagen bestätigen weit verbreitete Misshandlungen und Folterungen durch die Sicherheitskräfte und ein außergerichtliches Killerkommando, sowie Misshandlungen durch Jammeh selbst. Es kam jedoch bislang noch zu keiner Strafverfolgung und die Freilassung einiger Täter war umstritten (FH 4.3.2020). Obschon es zahlreiche, wichtige außen- und innenpolitische Veränderungen gibt, nimmt die Kritik an Barrows Regierungsführung mittlerweile zu. Die junge Bevölkerung äußert ihre Unzufriedenheit über die schleppende Umsetzung von Reformen und erwartet rasche Ergebnisse bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. Die wirtschaftliche Situation verbesserte sich für die meisten Gambier nach dem Regimewechsel nicht. Auch der 2018 verabschiedete Entwicklungsplan konnte die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bisher nicht verbessern (KAS 24.1.2020). Barrow versprach als Präsidentschaftskandidat öffentlich, dass er drei Jahre als Übergangspräsident fungieren würde und im Dezember 2019 Neuwahlen abhalten ließe, ohne dabei selbst erneut anzutreten. Damit sollte eine Übergangsphase von der Diktatur Jammehs hin zu einer Demokratie eingeläutet werden. Im Dezember 2019 fanden allerdings keine Präsidentschaftswahlen statt und Barrow erklärte, sich an die verfassungsmäßige Amtszeit von fünf Jahren für Präsidenten zu halten. Nicht erst seit dieser Entscheidung nehmen Stimmen zu, die einen zunehmend autoritären Führungsstil des Präsidenten konstatieren (KAS 24.1.2020). Das Kabinett wurde im März 2019 umgebildet, da der Vizepräsident zusammen mit zwei weiteren prominenten Mitgliedern der UDP abgesetzt wurde. Im Dezember 2019 gründete Präsident Barrow eine neue politische Partei, die Nationale Volkspartei, wodurch es ihm ermöglicht wird, bei den Wahlen 2021 für eine zweite Amtszeit zu kandidieren (WB 20.3.2020; vgl. FH 4.3.2020, KAS 24.1.2020).

Sicherheitslage

Das staatliche Gewaltmonopol ist im gesamten Staatsgebiet gewährleistet. Es gibt keine Gruppen, die die staatliche Integrität in Frage stellen (BS 29.4.2020). Gambia blieb bisher von terroristischen Anschlägen verschont (AA 18.6.2020). Das Risiko von Entführungen, sporadischen bewaffneten Angriffen und Raubüberfällen durch Casamance-Rebellen im Süden des Landes nimmt weiter ab. Die Kriminalitätsrate in Gambia ist relativ niedrig (Garda 5.4.2019; vgl. BS 29.4.2020). Gambia wird zunehmend zu einem Transitland für Geldwäsche und den Handel mit Waffen, Drogen, Diamanten und gestohlenen Gütern (Garda 5.4.2019). Demonstrationen und Proteste finden inzwischen wieder häufiger statt. Am 26.1.2020 kam es bei einer Demonstration in Kanifing/Serrekunda zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften (AA 18.6.2020).

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor und die Regierung respektiert die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz (USDOS 11.3.2020; vgl. EASO 12.2017). Die Justiz wird durch Korruption und Ineffizienz behindert und die Exekutive dominiert die gerichtlichen Verfahren (FH 4.3.2020; vgl. PFD 3.12.2019, ÖB 12.2019). Justizmitarbeiter sind eingeschüchtert und unzureichend ausgebildet, es fehlt an Arbeitsmaterialien und Infrastruktur, wodurch die Unabhängigkeit der Justiz infrage gestellt wird (PFD 3.12.2019). Die verfassungsmäßigen Garantien für einen fairen Prozess werden nur schwach umgesetzt (ÖB 12.2019). Seit dem Machtwechsel ist allgemein ein Reformwille zu verzeichnen. Die Regierung hat Maßnahmen zur Stärkung bestehender und zur Schaffung neuer Institutionen unternommen. Rechtsstaatlichkeit war unter Jammeh nach Ansicht internationaler Beobachter lediglich formal gesichert. Durch die neue Regierung wurde die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt. Des Weiteren wurde die Judicial Service Commission, welche Empfehlungen über die Bestellung von Richterposten und zur Effizienzsteigerung ausspricht, wieder eingesetzt (ÖB 12.2019; vgl. FH 4.3.2020). Eine verfassungsgebende Kommission hat im Mai 2018 ihre Arbeit aufgenommen (AA 5.8.2019). Ein Verfassungsentwurf wurde am 15.11.2019 vorgelegt. Elemente sind unter anderem die klare Begrenzung auf zwei Amtszeiten (inkl. für den dzt. Präsidenten) oder die Abschaffung der Todesstrafe. Der Entwurf liegt nun zur Kommentierung durch die Öffentlichkeit vor und soll letztendlich durch ein Referendum angenommen werden (ÖB 12.2019). Die Regierung Barrow ernennt mehr gambische Staatsbürger ins Richteramt, dennoch bleibt die Jurisdiktion von ausländischen Richtern abhängig (ÖB 12.2019; vgl. FH 4.3.2020).

Sicherheitsbehörden

Die zivilen Behörden behalten zwar wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 11.2.2020), jedoch fehlen noch weitere zivile Überwachungsmechanismen für die Sicherheitskräfte (ÖB 12.2019). Das Militärpersonal der ECOWAS bleibt weiterhin im Land (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB 12.2019, FH 4.3.2020). Die Gambia Armed Forces – GAF (Streitkräfte) sind für die externe Verteidigung zuständig und stehen unter der Aufsicht des Verteidigungsministers; der Präsident ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB 12.2019). Der Nationale Geheimdienst untersteht direkt dem Präsidenten (ÖB 12.2019). Das Innenministerium ist für die Gambia Police Force (GPF) verantwortlich, die die innere Sicherheit gewährleistet (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB 12.2019). Sie besitzt sowohl eine Menschenrechts- und Beschwerdeabteilung, sowie eine Kinderfürsorge- und „Gefährdete Personen“- Abteilung (ÖB 12.2019). Im Februar 2017 wurde die National Intelligence Agency (NIA), die unter der früheren Regierung Folter und willkürliche Inhaftierung praktizierte, in State Intelligence Services (SIS) umbenannt und ihre Haftbefugnisse wurden aufgehoben (AI 22.2.2018; vgl. ÖB 12.2019). Eine Reihe von Führungspersönlichkeiten der NIA unter dem Vorgängerregime sollen ausgewechselt worden sein und sich nun entweder vor Gericht oder im Ausland befinden. Einige Mitarbeiter haben jedoch ihre Stellen behalten (ÖB 12.2019). Auch die Leiter von Polizei, Gefängnis und Militär wurden ausgetauscht (AI 22.2.2018). Die Regierung hat effektive Mechanismen, um bei Missbrauch zu ermitteln und zu bestrafen in Kraft gesetzt, jedoch kommen Straflosigkeit und inkonsistente Durchsetzung vor (USDOS 11.3.2020). Die Ausübung illegitimer Gewalt durch Sicherheitskräfte ist unter der Regierung Barrow seltener geworden (FH 4.3.2020). Im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahren wurde 2018 kein Fall von Straflosigkeit im Zusammenhang mit den Sicherheitskräften gemeldet (ÖB 12.2019).

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung und weitere Gesetze verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (USDOS 11.3.2020; vgl. AA 5.8.2019). Seit Amtsübernahme der Regierung Barrow im Jänner 2017 sind keine Berichte über Folter bekannt geworden (AA 5.8.2019; vgl. USDOS 11.3.2020, VA 19.6.2020). Im September 2018 hat Gambia das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ratifiziert (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019).

Korruption

Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Regierungsbeamte vor und die Regierung setzt das Gesetz im Allgemeinen um (USDOS 11.3.2020). Korruption stellt aber weiterhin ein ernsthaftes Problem dar. Vorwürfe der Korruption werden häufig gegen Beamte aller Ebenen der Verwaltung eingebracht (FH 4.3.2020).

Die neue Regierung hat eingeschränkte Initiativen zur Verringerung der Korruption ergriffen. Die Bevölkerung fordert nach wie vor Gesetze zur Einrichtung einer Anti-Korruptionskommission und zur Abgabe von Vermögenserklärungen durch Regierungsbeamte. Es gibt derzeit kein Gesetz zum Schutz von Informanten (FH 4.3.2020; vgl. BS 29.4.2020: 27). Eine Untersuchungskommission prüfte die Verwendung staatlicher Mittel durch den ehemaligen Präsidenten Jammeh für private Zwecke und für sein Vermögen (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020); die Ergebnisse der Prüfung wurden im September 2019 veröffentlicht. Als Folge sollte Jammeh wegen Diebstahls, Wirtschaftskriminalität und Korruption angeklagt werden, und die Regierung beschlagnahmte Unternehmen, Immobilien und andere Vermögenswerte von Jammeh und einigen seiner Mitarbeiter. Darüber hinaus wurden einige ehemalige Beamte für bestimmte Zeiträume oder auch auf Lebenszeit von der Ausübung öffentlicher Ämter ausgeschlossen (USDOS 11.3.2020). Die Regierungsgeschäfte sind im Allgemeinen undurchsichtig. Seit 2018 sind Regierungsbeamte verpflichtet, Vermögenserklärungen an den Bürgerbeauftragten abzugeben, aber die Erklärungen sind nicht öffentlich und medienwirksam; Präsident Barrow hat diese Zurückhaltung von Informationen verteidigt und auf Bedenken des Datenschutzes hingewiesen. Es gibt weit verbreitete Vorwürfe über Korruption in öffentlichen Beschaffungsprozessen (FH 4.3.2020). Im Jahr 2019 wurde Gambia im von Transparency International veröffentlichten Korruptionsindex auf Platz 96 von 180 untersuchten Ländern platziert (TI 23.1.2020).

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Das Umfeld für NGOs hat sich seit dem Machtwechsel stark verbessert (ÖB 12.2019). In Gambia gibt es eine Reihe von NGOs, die sich mit Fragen der Menschenrechte und der Regierungsführung befassen. Unter Jammeh sahen sich NGO-Mitarbeiter der Gefahr von Inhaftierung und Repressalien ausgesetzt. Es gab seit dem Regierungswechsel nur noch wenige Berichte über eine solche Unterdrückung. Umweltschutzgruppen berichten jedoch über Belästigung durch die Sicherheitskräfte (FH 4.3.2020).

Regierungsbeamte sind in der Regel kooperativ und empfänglich für Ansichten von NGOs. Trotz der Zusage der Barrow-Regierung von 2017, ein für NGOs günstigeres Umfeld zu schaffen, verlangt das Gesetz weiterhin, dass NGOs sich beim National Advisory Council registrieren. Sie verleiht dem Rat die Befugnis, einer NGO (einschließlich internationaler NGOs) das Recht, im Land tätig zu sein zu verweigern, auszusetzen oder aufzuheben. Jedoch hat der Rat im Jahr 2019 gegen keine NGO Maßnahmen ergriffen (USDOS 11.3.2020). Das Büro des Bürgerbeauftragten betreibt eine Nationale Menschenrechtseinheit (NHRU) mit dem Auftrag, die Menschenrechte zu fördern und zu schützen und vulnerable Gruppen zu unterstützen. Die NHRU befasst sich mit Beschwerden über rechtswidrige Handlungen, ungerechte Behandlung sowie illegalen Verhaftungen. Die Regierung gewährt dem Büro des Ombudsmanns und der NHRU ebenso uneingeschränkten Zugang zu allen Haftanstalten wie lokalen und internationalen NGOs (USDOS 11.3.2020).

Allgemeine Menschenrechtslage

Der neue Präsident Adama Barrow machte deutlich, dass ein vorrangiges Ziel der neuen Regierung darin bestehen würde, die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten (EASO 12.2017). Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen gehören: harte und potenziell lebensbedrohliche Haftbedingungen; mangelnde Rechenschaftspflicht in Fällen von Gewalt gegen Mädchen und Frauen, einschließlich Vergewaltigung und weit verbreiteter weiblicher Genitalverstümmelung; Menschenhandel; und die Kriminalisierung einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Sexualverhaltens zwischen Erwachsenen, obwohl das Gesetz nicht durchgesetzt wird (USDOS 11.3.2020). Die Grundrechte, einschließlich der Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit, haben sich seit dem Amtsantritt von Präsidenten Barrow verbessert, aber die Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit geht nur langsam voran (FH 4.3.2020). Mitglieder des Jammeh-Regimes werden nicht systematisch verfolgt (EASO 12.2017; vgl. VA 19.6.2020). Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit werden durch die Verfassung garantiert und seit Amtsübernahme der Regierung durch Barrow werden diese staatlicherseits respektiert und gewährleistet (AA 5.8.2019; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020). Die neue Regierung unternahm mehrere bedeutende Anstrengungen, um ein günstigeres Umfeld für die Meinungsfreiheit zu schaffen. Die Verfassung und das Gesetz sehen die Meinungsfreiheit, auch für die Presse, vor, und die Regierung respektierte dieses Recht (HRW 18.1.2018; vgl. ÖB 12.2019). Die Selbstzensur ist zurückgegangen und mehr Menschen ergreifen den Beruf des Journalisten. Journalisten kehren vermehrt aus dem Exil zurück (FH 4.3.2020; vgl. AI 22.2.2018, ÖB 12.2019). Dennoch bleiben restriktive Mediengesetze zumindest am Papier erhalten und es gibt vereinzelte Berichte über Verhaftungen und Polizeiübergriffe gegen Journalisten (FH 4.3.2020; vgl. JA 26.1.2020, AN 28.1.2020). Radioprogramme, Nachrichten-Websites und Fernsehsender sind in Gambia online zugänglich. Internationale Sender wie die BBC, Voice of America und Nachrichten-Websites aus der Diaspora, die der Regierung Jammeh sehr kritisch gegenüberstanden, bleiben eine wichtige Informationsquelle (EASO 12.2017). Die gesetzlichen Regelungen aus der Jammeh-Ära, welche die Pressefreiheit stark eingeschränkt haben, wurden im Mai 2018 vom Obersten Gerichthof weitestgehend für verfassungswidrig erklärt. Die Barrow-Regierung hat das Gesetz seit Amtsantritt nicht angewendet. Seit dem Regierungswechsel liegen auch keine Hinweise auf Einschränkungen der Medienfreiheit vor. Die Regierung sucht den Austausch mit Journalisten und der „Gambia Press Union“. In Kooperation mit der Menschenrechts-NGO Article 19 erarbeitet die Regierung aktuell ein neues Mediengesetz (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019). Für öffentliche Versammlungen muss eine Genehmigung vom Generalinspektor der Polizei eingeholt werden (FH 4.3.2020). Die Regierung verpflichtete sich zur Reform mehrerer repressiver Mediengesetze (AI 22.2.2018). Im Juli 2019 wurden bei größeren Protesten in Serrekunda und Brikama zahlreiche Personen nach einem Einschreiten der Polizei verletzt und verhaftet (FH 4.3.2020). Im Zuge von Protestveranstaltungen gegen Präsident Barrow im Jänner 2020 wurden ca. hundert Personen verhaftet, einige Medienunternehmen gesperrt und die Oppositionsgruppe „Three Years Jotna“ verboten. Bei der Auflösung der Demonstrationen wurde Tränengas eingesetzt (AN 27.1.2020, AN 28.1.2020, JA 26.1.2020).

Haftbedingungen

Die Haftbedingungen sind problematisch. Haftanstalten sind überfüllt und in schlechtem baulichen Zustand. Die medizinische Versorgung in den Haftanstalten ist schlecht wie generell in Gambia (AA 5.8.2019; vgl. AI 22.2.2018, USDOS 11.3.2020, ÖB 12.2019). Die Regierung reduzierte die Überbelegung der Gefängnisse deutlich, indem sie im Februar und März 2017 mehr als 250 Gefangene begnadigte (AI 22.2.2018; vgl. HRW 18.1.2018). Rechtshilfe ist begrenzt, insbesondere außerhalb der Hauptstadt Banjul (AI 22.2.2018). Rückstände und Ineffizienz im Justizwesen führen zu langwierigen Untersuchungshaftverfahren, die in einigen Fällen mehrere Jahre dauern können (USDOS 11.3.2020). Aufgrund der Überlastung der Gerichte ziehen sich Strafverfahren mitunter unverhältnismäßig lang hin. Das Recht auf Besuche und die Wahrnehmung religiöser Feiertage werden gewährt. Die Regierung unternimmt Anstrengungen zur Verbesserung der Haftbedingungen, die bereits hinsichtlich einer besseren Nahrungsversorgung Erfolg zeigen. Der Überbelegung soll durch häufigere Nutzung der Möglichkeit der Entlassung auf Kaution entgegengewirkt werden. Nach Regierungsinformationen wird aktuell ein Gefängnis nach internationalen Standards gebaut (AA 5.8.2019). Während der Zutritt zu Gefängnissen unter dem Jammeh-Regime stark eingeschränkt war, haben lokale und internationale NGOs auf Ansuchen nun unbeschränkten Zugang zu Haftanstalten (ÖB 12.2019).

Todesstrafe

Die Todesstrafe kann für Verbrechen wie Mord und Hochverrat verhängt werden (AA 5.8.2019). Zuletzt wurde die Todesstrafe in Gambia im Sommer 2012 vollstreckt (AA 5.8.2019). Im Februar 2018 verkündete der Präsident ein Moratorium zur Anwendung der Todesstrafe (AA 5.8.2019; vgl. AI 21.4.2020, ÖB 12.2019), das bis zu deren endgültiger Abschaffung (voraussichtlich mit Inkrafttreten der für 2020 erwarteten neuen Verfassung) in Kraft bleiben soll (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019, AI 21.4.2020). Im Juni 2019 ratifizierte Gambia das zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe (AA 5.8.2019). Im Jahr 2019 wurde eine Person wegen Mordes zum Tode verurteilt. Im Mai 2019 wurden alle 22 aufrechten Todesurteile in lebenslange Haftstrafen umgewandelt (AI 21.4.2020: 47)

Bewegungsfreiheit

Die Verfassung und Gesetze ermöglichen die Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung. Die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 11.3.2020). Jedoch wird die Bewegungsfreiheit durch häufige Sicherheitskontrollen beeinträchtigt (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie hat Gambia am 23.3.2020 bis auf Weiteres den Luftraum und die Landgrenzen geschlossen. Der Ausnahmezustand wurde bis 1.7.2020 verlängert, seit 4.6.2020 werden die Einschränkungen schrittweise gelockert (USEMB 11.6.2020; vgl. Garda 11.6.2020). Einschränkungen der Passagierzahl im privaten und öffentlichen Personenverkehr auf die Hälfte des Fassungsvermögens des Fahrzeuges bleiben bis auf Weiteres in Kraft (Garda 11.6.2020)

Grundversorgung

Gambia ist im internationalen Vergleich eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Lediglich ein Drittel der Bevölkerung verfügt über eine garantierte Ernährungssicherheit. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren zwischen 2014 und 2016 über 200.000 Gambier gezwungen, sich auf humanitäre Hilfe zu verlassen (EASO 12.2017). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist v.a. in ländlichen Gegenden nur beschränkt gewährleistet (EASO 12.2017). Die wirtschaftliche Situation verbesserte sich für die meisten Gambier auch nach dem Regierungswechsel nicht, die Preise für Grundnahrungsmittel sind gestiegen (KAS 24.1.2020). Zwar betrug das Wirtschaftswachstum 2019 offiziell 6%, doch bleibt die Lebenswirklichkeit der Bevölkerungsmehrheit äußerst schwierig. Die Inflation stieg auf knapp 7% und allein 80% des Haushalts 2020 dürften in die Schuldentilgung fließen. Für dringend notwendige Investitionen in das marode Bildungs- und Gesundheitssystem bleibt wenig Spielraum. Auch die Energieversorgung bleibt problematisch und der 2018 verabschiedete Entwicklungsplan konnte die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bisher nicht verbessern (KAS 24.1.2020). Die Arbeitslosigkeit ist nach europäischer Berechnung hoch, doch gibt es keine verlässlichen Zahlen. Der Großteil der Bevölkerung ist entweder im Agrarsektor tätig (wo sie nicht von offiziellen Statistiken erfasst wird) oder im informellen Wirtschaftssektor. Der formelle Wirtschaftssektor ist nur schwach ausgeprägt und beschränkt sich meist auf den öffentlichen Sektor und im Land tätige ausländische Unternehmen (ÖB 12.2019). Zudem ist die Landwirtschaft anfällig für Überschwemmungen und Dürren (EASO 12.2017; vgl. ÖB 12.2019). Die schlechte landwirtschaftliche Ernte führte 2016/2017 zu Ausfällen (KAS 16.5.2018; vgl. ÖB 12.2019). Der Landwirtschaftssektor ist nicht vielfältig genug aufgestellt, 91% der Landbevölkerung sind Kleinbauern, mehrheitlich durch Subsistenzwirtschaft geprägt. Das Land ist stark importabhängig, praktisch alle Güter des täglichen Gebrauchs werden importiert. Die Preise sind entsprechend hoch (KAS 16.5.2018; vgl. ÖB 12.2019). Negativ wirkte sich auch die politische Krise des Jahres 2017 aus. Der Länderbericht des Internationalen Währungsfonds schätzt, dass die Tourismuseinnahmen im ersten Quartal 2017 aufgrund der politischen Turbulenzen um rund ein Drittel (8,8 Mio. USD) gesunken sind (EASO 12.2017) und sich nur zögerlich erholten (KAS 16.5.2018). Die Überweisungen (Geldtransfers) von Auswanderern in ihr Heimatland werden auf rund 10% des BIP geschätzt. Im internationalen Handel haben China und Indien die EU (insbesondere Frankreich und Großbritannien) als Hauptexporteur teilweise abgelöst (EASO 12.2017). Eine zerstörte Wirtschaft, ausgebeutete Staatsressourcen, eine ineffiziente Infrastruktur, enorme soziale Herausforderungen sowie ein Mangel an Möglichkeiten für die junge Bevölkerung waren die Rahmenbedingungen, unter denen Barrow seine Präsidentschaft angetreten hat (KAS 16.5.2018). Als Jammeh Anfang 2017 ins Exil nach Äquatorialguinea ging, nahm er Vermögenswerte mit unbekanntem Wert mit (EASO 12.2017). Der systematische Diebstahl von Staatseigentum wurde rückwirkend seit 2014 auf 4% des BIP jährlich geschätzt (KAS 16.5.2018). Das Land ist auf finanzielle Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Nach Angaben der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) machten die Hilfen ausländischer Geber 2013 11% des BIP aus (EASO 12.2017). Ausländische Geber versprachen der Barrow-Regierung finanzielle Unterstützung unter der Bedingung, dass die Entwicklung der Demokratie gefördert und die Menschenrechte geachtet werden (EASO 12.2017). Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurden nicht lebenswichtige Handels- und andere Aktivitäten, die mit der lokalen Wirtschaft verbunden sind, aber dazu neigen, große Menschenmengen anzuziehen, bis auf weiteres untersagt, was den Lebensunterhalt zahlreicher Personen gefährdet (APA 2.4.2020). Die Regierung stellte 14,7 Millionen US-Dollar zur Verfügung, um Haushalte mit Grundnahrungsmitteln (u.A. Reis, Öl, Zucker) zu versorgen (Gentilini et al 12.6.2020: 185).

Medizinische Versorgung

Trotz einiger Fortschritte bei der medizinischen Versorgung ist in Gambia keine flächendeckende medizinische Grundversorgung verfügbar (ÖB 12.2019; vgl. AA 5.8.2019), wogegen die ärztliche Versorgung im Großraum Banjul ausreichend ist (BMEIA 4.6.2020; vgl. ÖB 12.2019). Die medizinische Versorgung im Lande bleibt eingeschränkt und ist technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. Auch im privaten Sektor ist nur eine begrenzte Diagnostik und Behandlung möglich (AA 5.6.2020; vgl. AA 5.8.2019). Deutlich besser ist die Lage in Privatkliniken, wobei auch diese keinen europäischen Standard bieten (AA 5.8.2019). Die Versorgung ist besonders bei Notfällen, z. B. nach Autounfällen, aber auch im Falle eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles sehr eingeschränkt (AA 5.6.2020). Die Mehrheit der Gesundheitseinrichtungen befindet sich im Stadtgebiet, was bedeutet, dass der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen in ländlichen Gebieten komplexer ist. Im Allgemeinen leiden alle Einrichtungen unter einem Mangel an gut ausgebildetem Personal und Defiziten in Bezug auf Infrastruktur, medizinische Ausrüstung und Versorgung mit bestimmten Medikamenten (EASO 12.2017; vgl. HP+/USAID 11.2019). Prinzipiell haben sämtliche Bevölkerungsgruppen Zugang zu allen staatlichen Spitälern, Kliniken oder Krankenstationen. Jeder Patient hat eine Konsultationsgebühr von mindestens USD 0,5 bzw. USD 5 für größere Eingriffe zu entrichten. Schwangere Frauen und Kinder unter fünf Jahren sind von der Gebühr befreit. Patienten mit Krankheiten mit Relevanz für die öffentliche Gesundheit, wie z.B. Tuberkulose oder HIV/Aids sind ebenfalls von allen Gebühren befreit, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit. Behandlung und Medikamente sind, soweit vorhanden, generell kostenlos (ÖB 12.2019; vgl. AA 5.8.2019). Eine allgemeine Krankenversicherung existiert nicht. Die Versorgung in staatlichen Krankenhäusern ist jedoch aufgrund mangelnder Ärzte, Apparaturen und Medikamente unzureichend. Es existiert eine staatliche psychiatrische Einrichtung, in der es allerdings oft an Medikamenten und gelegentlich an Lebensmitteln fehlt. Die Einrichtung wird von kubanischen Ärzten betreut, die nicht immer anwesend sind. Die Versorgung mit Medikamenten ist über Apotheken möglich (AA 5.8.2019). Im Jahr 2015 gab es in Gambia 213 Mediziner (1.1 Arzt für 10.000 Einwohner). Die traditionelle Medizin ist für einen Großteil der Bevölkerung Gambias oft der erste Ansprechpartner, da die Heiler über das ganze Land verstreut und vor allem in ländlichen Regionen besser zugänglich sind. Auch die Behörden Gambias streben eine stärkere Partnerschaft mit traditionellen Heilern an, um die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern. Darüber hinaus erlauben traditionelle Mediziner oft Sachleistungen, die für arme Haushalte leistbarer sind (AA 5.8.2019; vgl. EASO 12.2017, HP+/USAID 11.2019).

Rückkehr

Staatliche Einrichtungen zur Aufnahme von Rückkehrerinnen und Rückkehrern existieren nicht (AA 5.8.2019). Abgeschobene Personen werden von der Einwanderungsbehörde in Empfang genommen, kurz vernommen bzw. deren Daten aufgenommen (ÖB 12.2019). Rückkehrer werden in der Regel wieder von ihrer (Groß-) Familie aufgenommen. Zwischen der International Organisation of Migration (IOM) und der EU wurde eine Vereinbarung zum Schutz und zur Wiedereinbürgerung von Migranten getroffen (EU-IOM Initiative on Migrant Protection and Reintegration), welche Unterstützung für freiwillig oder zwangsweise zurückgekehrte Gambier vorsieht (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019). Der erhebliche Rückstau bei den Reintegrationsmaßnahmen wegen unerwartet hohen Rückkehrerzahlen v.a. aus Libyen und Anlaufschwierigkeiten des 2017 eingerichteten IOM-Büros konnte seit Mitte 2018 in etwa halbiert werden. Zum Stand März 2019 erhielten knapp 2.500 von insgesamt ca. 4.100 Rückkehrern Reintegrationsunterstützung. Des Weiteren gibt es zahlreiche NGOs, die in Gambia tätig sind, hauptsächlich im Grundbildungsbereich (AA 5.8.2019). Rückkehrer bzw. wiedereingebürgerte Personen unterliegen keiner besonderen Behandlung. Fälle von Misshandlung oder Festnahmen sind nicht bekannt. Bei Rückkehr muss nicht mit staatlichen Maßnahmen aufgrund der Asylantragstellung gerechnet werden (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019). Der „Social Welfare Service“ unterhält eine Einrichtung zur Unterbringung von Minderjährigen, dürfte sich aber eher an Kinder jüngeren Alters richten. Ob eine Unterbringung von abgeschobenen Minderjährigen dort möglich ist, muss im Einzelfall geklärt werden (AA 5.8.2019). Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie unterliegen alle Einreisenden - entweder per Flugzeug oder auf dem Landweg - unabhängig von ihrer Nationalität, die in oder durch ein "Hotspot"-Land reisen, einer 14-tägigen verpflichtenden Quarantäne in staatlich verwalteten Einrichtungen, wo sie auf Kosten der Regierung Unterkunft, Nahrung, Wasser und medizinische Versorgung erhalten (USEMB 11.6.2020).

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Gambia, sowie durch persönliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 21.08.2020.

Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 21.08.2020.

Mangels Vorlage von unbedenklichen Identitätsdokumenten steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest.

Die Feststellungen betreffend die Religions-, Volksgruppen- und Glaubenszugehörigkeit, zu seinen Sprachkenntnissen, zum Gesundheitszustand, zur Arbeitsfähigkeit, zur Schulbildung und zur Arbeitserfahrung des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Aussagen bei der Erstbefragung, sowie im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen und familiären Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Gambia und Österreich beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA sowie dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellung zu seiner fehlenden Integration beruht auf der Tatsache seines erst kurzen Aufenthaltes im Bundesgebiet von nur wenigen Monaten und den Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA sowie dem Bundesverwaltungsgericht. In der Verhandlung erklärte der Beschwerdeführer, zwei Mal pro Woche einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 zu besuchen, Unterlagen dazu legte der Beschwerdeführer jedoch nicht vor. Aufgrund des persönlichen Eindrucks in der mündlichen Beschwerdeverhandlung war die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer lediglich über geringe Deutschkenntnisse verfügt. Unterlagen zu sonstigen allfälligen Integrationsschritten hat der Beschwerdeführer nicht vorgelegt, sodass die Feststellung zu treffen war, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet keine relevanten Integrationsmerkmale aufweist.

Aus dem Strafregister der Republik Österreich geht hervor, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden.

Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Dazu ist auszuführen, dass von einem Antragsteller ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen ist. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Eine Aussage ist grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren, wenn das Vorbringen eines Antragstellers auf internationalen Schutz hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. seine Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d.h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn ein Antragsteller auf internationalen Schutz den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Antragsteller nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen. Diesen Anforderungen werden die Angaben des Beschwerdeführers nicht gerecht.

Der erkennende Richter geht aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung und aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes davon aus, dass der Beschwerdeführer den angegebenen Fluchtgrund nicht glaubhaft machen konnte.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Beweiswürdigung der belangten Behörde vollinhaltlich an. Das BFA befand das Vorbringen des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft und zeigte im angefochtenen Bescheid auch eindeutig und fundiert auf, aus welchen Gründen sie dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit versagte und weshalb sie letztlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aufgrund der aufgetretenen Unstimmigkeiten seiner Schilderungen, zum Schluss gekommen ist, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verfolgungsgründe daher keine Asylrelevanz aufweist.

Der Beschwerdeführer machte geltend, dass er aufgrund der Teilnahme an einer Demonstration im Juli 2019 in Tabokoto befürchte, von der Polizei festgenommen, eingesperrt und gefoltert zu werden. Ein Freund von ihm sei von der Polizei aufgrund eines Diebstahlsverdachtes verhaftet und in Haft zu Tode gefoltert worden. Daraufhin seien Freunde und Familie auf die Straße gegangen, um gegen diese Ungerechtigkeit zu demonstrieren. Es sei eine große Menschenmenge mit ungefähr 2000 Teilnehmern gewesen. Es hätte ein friedlicher Protest werden sollen, doch nach zwei Stunden sei die Polizei gekommen und habe begonnen, Tränengas, Gummigeschosse und Gewalt einzusetzen. Die Polizei habe begonnen, Leute festzunehmen und jeder sei um sein Leben gerannt. Viele Leute seien ins Gefängnis gekommen, es habe 37 Festnahmen gegeben. Der Beschwerdeführer habe ein Taxi genommen und sei in die Stadt Kerr Sering gefahren, um sich bei einem Freund zu verstecken. Ein befreundeter Nachbar, ein Polizist, habe ihn daraufhin telefonisch gewarnt, dass die Polizei nach ihm gefragt habe. Aus diesem Grund habe sich der Beschwerdeführer dazu entschlossen, seine Heimat zu verlassen.

Nach Durchsicht der Einvernahmeprotokolle in Zusammenschau mit den Länderfeststellungen zu Gambia drängt sich insgesamt der Eindruck einer gesamthaft nicht nachvollziehbaren Darstellung auf, der sich im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung bestätigte.

Zusammengefasst verharrte der Beschwerdeführer während seiner Einvernahme in einer oberflächlichen und nicht nachvollziehbaren Darlegung, bzw. ausweichender Beantwortung der gestellten Fragen, obwohl nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst nachvollziehbar zu schildern, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Diesen Anforderungen konnte der Beschwerdeführer nicht gerecht werden.

Der Beschwerdeführer berichtete nicht von sich aus über die Geschehnisse im Rahmen einer narrativen und konkludenten Wiedergabe, so wie eben Menschen berichten, welche das Erzählte tatsächlich erlebt haben. Diese Feststellung kann insofern getroffen werden, als es aus der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts notorisch ist, dass detailreiche Aussagen mit Realkennzeichen in der Regel für die Glaubwürdigkeit des entsprechenden Vortrages sprechen. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Menschen über persönlich Erlebtes detailreich, unter Angabe der eigenen Gefühle und unter spontaner Rückerinnerung an unwesentliche Details und Nebenumstände berichten. Beim Erzählen der eigenen Lebensgeschichte ist zu erwarten, dass der Erzählende nicht nur Handlungsabläufe schildert, sondern sich selbst in die Schilderung einbaut; dass eigene Emotionen, Erlebniswahrnehmung und Verhalten zu erklären versucht werden; dass Dialoge und Interaktionen mit anderen Personen geschildert werden. Dies gilt insbesondere bei derart prägenden Ereignissen, die so gravierend auf die Lebenssituation eines Menschen einwirken, dass dieser sich letztlich veranlasst sieht, sein Heimatland zu verlassen.

Insbesondere zu der Frage, weshalb der Beschwerdeführer davon ausgehe, dass ihm aufgrund der Teilnahme an der Demonstration eine asylrelevante Verfolgung drohe, war es ihm nicht möglich, ein stringentes Vorbringen zu erstatten. Abgesehen von der Behauptung, dass sich die Polizei regelmäßig nach ihm erkundige, machte der Beschwerdeführer keine konkreten Umstände geltend, die die Annahme rechtfertigen würden, dass er bei einer Rückkehr nach Gambia verhaftet und gefoltert werde. Er legte keine geeigneten Beweismittel vor, um sein Fluchtvorbringen zu beweisen. Auch in der mündlichen Verhandlung blieb sein diesbezügliches Vorbringen vage und vermochte er keine persönliche Verfolgung glaubhaft zu machen:

„RI: Haben Sie noch Bindungen an Ihren Herkunftsstaat, außer Ihrer Mutter und dem besagten Freund bei der Polizei?

BF: Ich rufe immer diesen Freund an, weil ich wissen will, ob es in dieser Situation neue Entwicklungen gibt.

RI: Er könnte Ihnen sagen, ob diese 37 Leute noch im Gefängnis sind oder nicht?

BF: Er hat mir gesagt, dass einige freigelassen wurden, nämlich diejenigen die in Gambia bekannte Persönlichkeiten sind.

RI: Vorher haben Sie nur von dem Künstler gesprochen und nunmehr sprechen Sie von mehreren Personen die freigelassen wurden?

BF: Es unterscheidet sich. Der Künstler wurde freigelassen und die anderen müssen noch ihre Tat vor Gericht verantworten sind aber provisorisch auf freien Fuß.

RI: Welche „Tat“ Sie haben um eine Demonstration angesucht, diese wurde genehmigt und ausgeführt. Ich sehe die „Tat“ nicht, was haben Sie sich zu Schulden kommen lassen?

BF: Es ist sehr traurig. Es sollte nicht so sein, aber es wird tatsächlich in meinem Land zurzeit so gehandhabt. Ich kann es nicht erklären.

RI: Haben Sie sonst in Gambia Schwierigkeiten gehabt auf Grund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder den Behörden?

BF: Nein.“

In der Beschwerde wird erstmals behauptet, der Beschwerdeführer sei als einer der Mitinitiatoren bei der Anmeldung der Demonstration mit Namen und Adresse registriert worden (AS 172). Dies steht jedoch in Widerspruch zu seiner Angabe in der polizeilichen Erstbefragung, wo er noch erklärt hatte, die im Zuge der Demonstration festgenommenen Leute haben den Behörden erzählt, wo er wohne (AS 7). Auch in der Beschwerdeverhandlung gelang es dem Beschwerdeführer nicht, diese Zweifel aufzuklären.

Auch ist das Fluchtvorbringen nicht mit den Länderfeststellungen zu Gambia, denen der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist, vereinbar. Gambia befindet sich seit den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2016 in einem tiefgreifenden Demokratisierungsprozess. So verdeutlichte der neue Präsident Adama Barrow, dass ein vorrangiges Ziel der neuen Regierung die Gewährleistung der Achtung der Menschenrechte sei, was sich auch in einer deutlichen Verbesserung der Menschenrechtssituation in Gambia äußerte. Die Verfassung garantiert Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit und diese werden grundsätzlich staatlicherseits respektiert und gewährleistet, es gibt lediglich vereinzelte Berichte über Verhaftungen und Polizeiübergriffe gegenüber Journalisten und gewaltsame Ausschreitungen bei Demonstrationen. Zwar kam es im Zuge von Protestveranstaltungen gegen Präsident Barrow im Jänner 2020 zu Verhaftungen von ungefähr hundert Personen und zum Einsatz von Tränengas, von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen in diesem Zusammenhang ist jedoch im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation nicht die Rede.

Dieser Feststellung wurde durch die Beschwerde sowie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht substantiiert entgegengetreten. Hauptinhalt der im Zuge der Beschwerde aufgezählten Online-Zeitungsartikel sind Eingriffe in die Pressefreiheit und ein Verbot der Oppositionsgruppe „Three-Years JOTNA“, wobei keine Widersprüchlichkeiten zu den getroffenen Länderfeststellungen aufgezeigt wurden.

Ganz im Gegenteil bestätigen die in der Beschwerde vorgelegten Quellen, dass die neue Regierung polizeiliche Gewalt im Zuge von Demonstrationen nicht toleriert und dagegen vorgeht. So geht etwa aus dem Bericht „Inquiry, Officers’ Arrests Positive First Steps“ vom 20.06.2018 (www.ecoi.net/de/document/1436071.html) hervor, dass die Gambische Regierung nach dem Tod von fünf Demonstranten aufgrund mutmaßlicher Polizeigewalt im Zuge einer Demonstration gegen Sandabbau am 18.06.2018 Untersuchungen ankündigte und die verantwortlichen Polizisten vom Dienst suspendierte. Von Seiten der Demonstranten seien laut Augenzeugen Steine geworfen und Fahrzeuge angezündet worden, was zur Verletzung von mehreren Polizisten geführt habe. Auch ist die Rede von Verhaftungen, jedoch droht den Verhafteten laut Zeitungsbericht lediglich eine mögliche Verfolgung wegen der Zerstörung fremden Eigentums.

Der ebenfalls in der Beschwerde vorgelegte Zeitungsbericht „Gambia’s vows to investigate Police torture, brutality“ bezieht sich direkt auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und eine Demonstration in Serekunda am 24.07.2019 aufgrund des Todes eines 33-jährigen Marktverkäufers nach dessen Verhaftung. Zusammengefasst geht aus dem Artikel hervor, dass die Regierung Folter und polizeiliche Gewaltüberschreitung nicht duldet, ebensowenig wie Selbstjustiz, Plünderungen und Vandalismus im Zuge von Demonstrationen. Dabei wird der Innenminister Ebrima Mballow folgendermaßen zitiert: „My ministry takes allegations of torture and police brutality very seriously and has attentively listened to all your grievances, complaints and resentments against our law enforcement agents. (…) should the investigation reveal that he died as a result of torture, those implicated will face the full force of the law. (…) It is against this unpleasant picture festering its ugly head in our young democracy, that we sincerely appeal against all acts vandalism and looting as they are unlawful, violent, inhumane and potentially dangerous. If police stations and private properties are vandalised and looted, it is the Gambian people that bear the brunt and everybody will be a loser”

Dem Beschwerdevorbringen, wonach es die belangte Behörde unterlassen habe, vollständige Länderberichte zu recherchieren, kann somit nicht gefolgt werden.

Im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde zusätzlich ein Onlinezeitungsartikel des Portals „Gambiana.com“ vom 24.07.2019 mit dem Titel „Police deny ‚killing‘ street vendor Ousman Darboe“ vorgelegt, der sich laut Auskunft der Rechtsvertretung auf die Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers bezieht.

Zusätzlich erklärte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, zufällig zum Zeitpunkt der Demonstrationen in Gambia aufhältig und in und um Serekunda unterwegs gewesen zu sein. Sie erinnere sich daran, dass sie am 22., 23. oder 24. Juli aus dem Taxi sitzend wahrgenommen habe, dass es beißend gerochen und in der Ferne vor ihr gebrannt habe. Es habe eine erhöhte Militärpräsenz gegeben. Am nächsten Tag habe ihr jemand mitgeteilt, dass wohl die Polizei jemandem eine Lehre erteilen wollte und diese Person auch in weiterer Folge verstorben sei.

Dazu ist jedoch festzuhalten, dass die Vorfälle rund um den Tod des Marktverkäufers an sich weder vom BFA, noch von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes in Frage gestellt werden, wohl aber die behauptete daraus resultierende persönliche Verfolgung des Beschwerdeführers, zu der auch die Rechtsvertretung keine eigenen Wahrnehmungen machen konnte.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers lassen in ihrer Gesamtbetrachtung die Fluchtgeschichte als reine gedankliche Konstruktion erscheinen, der jegliche Stringenz hinsichtlich einer Verfolgung fehlt, sodass die Angaben zu seiner behaupteten Verfolgung jegliche Wahrscheinlichkeit und Glaubwürdigkeit vermissen lassen.

Aus dem Umstand alleine, dass die neue Regierung in Gambia noch vor Herausforderungen steht und es im Zuge von Demonstrationen immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen (von beiden Seiten) kommt, kann noch keine nachhaltige Gefährdung für den Beschwerdeführer geschlossen werden.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher – wie auch schon die belangte Behörde – zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt. Eine Gefährdung seiner Person für den Fall der Rückkehr ergibt sich daher nicht.

Der Beschwerdeführer trat dieser Beurteilung weder in seiner Beschwerde, noch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung substantiiert entgegen. Damit gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, sein Vorbringen glaubhafter erscheinen zu lassen, weshalb für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Die Feststellungen zum Herkunftsstaat beruhen insbesondere auf den folgenden Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (8.1.2020): Reise & Sicherheit - Gambia - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambiasicherheit/213624

-        AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf

-        AI - Amnesty International (10.4.2019): Death sentences and executions 2018, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5098702019ENGLISH.PDF

-        AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425363.html

-        AN – AfricaNews (28.1.2020): Unpacking Gambia's three-year pact: Constitution vs. Coalition MoU, https://www.africanews.com/2020/01/28/unpacking-gambia-s-three-year-pact-constitution-vs-coalition-mou

-        BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (3.12.2019): Reise & Aufenthalt - Gambia - Sicherheit und Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/gambia

-        EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf

-        FD - France Diplomatie (14.1.2020): Conseils par pays, Gambie, Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/gambie/

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020

-        HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422435.html

-        JA – Jeune Afrique (26.1.2020): Gambie: le gouvernement durcit le ton face à la contestation anti-présidentielle, https://www.jeuneafrique.com/886852/politique/gambie-le-gouvernement-durcit-le-ton-face-a-la-contestation-anti-presidentielle

-        KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (24.1.2020): „Too small to fail“? - Gambias Demokratisierungsprozess - zwischen Fortschritt und Frustration, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/too-small-to-fail

-        LHB - Law Hub Gambia (2018): Truth, Reconciliation and Reparations Commission (TRRC) Act, https://www.lawhubgambia.com/truth-reconciliation-reparations-commission

-        ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019++Erstentwurf.docx

-        PFD – the Point for Freedom and Democracy (3.12.2019): UN rapporteur urges Gambia to reform judicial system, http://thepoint.gm/africa/gambia/article/un-rapporteur-urges-gambia-to-reform-judicial-system

-        TI - Transparency International (23.1.2020): Corruption Perceptions Index 2019 – Full Data Set, https://files.transparency.org/content/download/2450/14822/file/2019_CPI_FULLDATA.zip

-        UNSC - UN Security Council (29.6.2018): Report of th

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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