TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/10 W178 2234006-1

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Veröffentlicht am 10.09.2020
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Entscheidungsdatum

10.09.2020

Norm

ASVG §18b
ASVG §225 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W178 2234006-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr.in Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , SVNR XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 03.06.2020, Zl. XXXX , betreffend Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18b ASVG zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 03.06.2020 sprach die Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) aus, dass der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für die Pflege ihrer nahen Angehörigen XXXX , geboren am XXXX , ab 01.09.2018 bis laufend anerkannt werde.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte begründend an, dass sie seit vielen Jahren pflege und ihr von den Behörden zugesichert worden sei, dass der Staat für die Pensionen der pflegenden Angehörigen aufkommen würde. Sie sei davon ausgegangen, dass hierfür ein Antrag zu Pensionsbeginn zu stellen sei, da ihr nicht gesagt worden sei, dass bereits am Beginn der Pflege ein entsprechender Antrag gestellt werden müsse. Sie sei der Ansicht, dass die Behörde dies einem pflegenden Angehörigen hätte mitteilen müssen. Es könne nicht sein, dass sie keinen Anspruch auf Pension habe, obwohl diese Tätigkeit durch das Pflegegeld nachweisbar sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 12.09.2019 erstmalig einen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihrer Schwiegermutter XXXX , geboren am XXXX , gemäß § 18b ASVG.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensakt der PVA und wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 18b Abs. 1 ASVG können sich Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben, in der Pensionsversicherung selbstversichern.

Gemäß § 18b Abs. 2 ASVG beginnt die Selbstversicherung nach § 18b ASVG mit dem Zeitpunkt, den die pflegende Person wählt, frühestens mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Pflege aufgenommen wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der dem Tag der Antragstellung folgt.

Gemäß § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG sind Zeiten einer freiwilligen Versicherung, wenn die Beiträge innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Beitragszeitraumes, für den sie gelten sollen, oder auf Grund einer nachträglichen Selbstversicherung nach § 18 oder § 18a in Verbindung mit § 669 Abs. 3 wirksam (§ 230) entrichtet worden sind, als Beitragszeiten anzusehen.

3.2. Zur gegenständlichen Beschwerde

Da der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18b ASVG für den Zeitraum ab 01.09.2018 bis laufend bereits durch die belangte Behörde anerkannt wurde, ist im vorliegenden Verfahren – unter Zugrundelegung des entsprechenden Beschwerdevorbringens – nur noch strittig, ob dieser Anspruch auch für den Zeitraum vor dem 01.09.2018 besteht.

Zwar geht aus § 18b Abs. 2 ASVG hervor, dass sich der frühestmögliche Zeitpunkt für den Beginn der Selbstversicherung nach dem Beginn der Pflegetätigkeit richtet, aus § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG ergibt sich jedoch eine zeitliche Begrenzung der rückwirkenden Anerkennung von Versicherungszeiten. In seinem Erkenntnis vom 04.11.2015, Ro 2015/08/0022, hat der VwGH ausgesprochen, dass unter dem Anspruch auf Selbstversicherung nach § 18b ASVG nichts anderes gemeint sei als die Berechtigung, für bestimmte, in § 18b ASVG genannte Zeiten durch Beitragsentrichtung wirksam Beitragszeiten in der Pensionsversicherung zu erwerben. Steht daher im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde fest, dass der/die AntragstellerIn für die von ihm/ihr entsprechend § 18b ASVG gewählte oder danach begrenzte Zeit nach § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG Beitragszeiten nicht mehr wirksam erwerben kann, so ist auch die Berechtigung zur Selbstversicherung zu verneinen. Es ergibt sich daher aus § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG, dass als frühester Beginnzeitpunkt der dem Antragszeitpunkt vorangehende Monatserste des Vorjahres gewählt werden kann.

Für den vorliegenden Fall mit dem 12.09.2019 als Antragszeitpunkt bedeutet das, dass der frühestmögliche Zeitpunkt für den Beginn der Selbstversicherung der 01.09.2018 ist. Die Behörde hat daher zu Recht den Anspruch auf Selbstversicherung erst ab diesem Zeitpunkt anerkannt.

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist zudem darauf hinzuweisen, dass es gesetzlich nicht vorgesehen ist, dass die zuständige Behörde auf eine rechtzeitige Antragstellung hinzuwirken hat.

Das Vorbringen, wonach der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde nicht mitgeteilt worden sei, dass bereits bei Beginn der Pflege und nicht erst bei Pensionsantritt ein entsprechender Antrag zu stellen gewesen wäre, kann nicht berücksichtigt werden, weil es das Gesetz anders vorsieht. Ob es sachgerecht und versichertenfreundlich wäre, Pflegepersonen auf diese Möglichkeit in verständlicher Form hinzuweisen, kann hier nicht beurteilt werden.

Es besteht auch kein öffentlich-rechtlicher Anspruch, so behandelt zu werden, als wäre eine Auskunft erteilt worden („Herstellungsanspruch“) (VwGH 04.11.2015, Ro 2015/08/0022).

3.3. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin nicht beantragt. Da sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt zudem bereits aus der Aktenlage ergibt, ist nach Ansicht des Gerichts keine mündliche Erörterung der Angelegenheit erforderlich. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht daher von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt feststand. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich zudem auf eine klare Rechtslage stützen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Antragszeitpunkt Pensionsversicherung Selbstversicherung Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W178.2234006.1.00

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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