Entscheidungsdatum
11.09.2020Norm
AVG §13 Abs3Spruch
W137 2231930-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter Hammer als Einzelrichter die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch den RA Mag Eva VELIBEYOGLU gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.02.2020, Zl. 1134861910/200129910, beschlossen:
A)
Die „Beschwerde“ wird gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 04.02.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG verhängt.
2. Am 05.02.2020 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein E-Mail des Vereins LegalFocus ein. Mit dieser wurde „eine Einzahlungsbestätigung für 30 Euro Gebühr zur Schubhaftbeschwerde“ übermittelt.
3. Ebenfalls mit E-Mail wurde am 13.06.2020 ein mit 12.06.2020 datiertes Schreiben des Vereins LegalFocus übermittelt, das (inhaltlich) eine Beschwerde gegen die Schubhaft und Abschiebung nach Nigeria enthielt. Der Beschwerde beigeschlossen war eine Vollmacht an den Verein LegalFocus „aber zugleich auch dessen Obfrau ad personam Rechtsanwältin Mag. Eva VELIBEYOGLU“.
4. Am 16.06.2020 legte das Bundesamt den gegenständlichen Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
5. Das Bundesverwaltungsgericht erteilte dem Beschwerdeführer im Wege der bevollmächtigten Rechtsanwältin mit Schreiben vom 17.06.2020 einen Mängelbehebungsauftrag mit folgendem Wortlaut:
„Das Bundesverwaltungsgericht erteilt den Auftrag, dass folgender Mangel binnen 5 Tagen ab Zustellung zu verbessern ist:
Dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 13.06.2020 ein als „Schubhaftbeschwerde“ betitelter Schriftsatz durch den Verein Legal Focus per e-mail übermittelt. Diese Beschwerde wurde entgegen der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und damit nicht korrekt eingebracht. Rechtsanwälte sind gesetzlich zur Einbringung von Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht mittels ERV verpflichtet. Anderen Vollmachtnehmer steht etwa die postalische Einbringung sowie die Übermittlung per FAX zur Verfügung. Eine rechtsgültige Einbringung einer Beschwerde mittels e-mail ist allerdings jedenfalls nicht möglich.
Sie werden aufgefordert, eine allfällige Beschwerde gesetzeskonform einzubringen.
Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist wird die vorliegende „Beschwerde“ gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückgewiesen werden.
Anmerkung:
Diese Mitteilung wird Ihnen im Wege der ebenfalls (individuellen) bevollmächtigten Vereinsobfrau Mag. Velibeyoglu zugestellt um Zeitverlust im Zusammenhangmit einer allfälligen Verspätung der Beschwerdeerhebung möglichst gering zu halten.
Das Bundesverwaltungsgericht erlaubt sich mitzuteilen, dass derartige unzulässige Beschwerdeeinbringungen durch den Verein Legal Focus leider mit einer gewissen Regelmäßigkeit vorkommen.
Wichtiger Hinweis:
Eine Beschwerde hat auch Ausführungen zur Rechtzeitigkeit zu beinhalten, zumal die Schubhaft bereits am 19.02.2020 geendet hat und die Abschiebung am selben Tag erfolgt ist.“
6. Auf dieses Schreiben wurde bis zum heutigen Tag weder vom Beschwerdeführer persönlich, noch von der zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsanwältin reagiert.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt. Er ist aus der Aktenlage vollständig belegt.
Der Beschwerdeführer wird im gegenständlichen Verfahren gleichrangig von RA Mag. Eva VELIBEYOGLU und dem von ihr geleiteten Verein LegalFocus vertreten. Dieser Verein verfügt weder über eine für das Verwaltungsgericht zulässig nutzbare elektronische Zustellmöglichkeit, noch über ein Telefax.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum Verfahrensgang ergeben sich aus der Aktenlage.
Die Feststellungen zu den Zustellmöglichkeiten betreffend den Verein LegalFocus ergeben sich aus der vorgelegten Vollmacht. Die gleichrangige Bevollmächtigung des Vereins Legal Focus und seiner Obfrau RA Mag. VELIBEYOGLU ad personam ergibt sich aus der vorgelegten Vollmacht. Der enthaltene Absatz mit einer inneren Differenzierung der Vollmacht ist allenfalls im Innenverhältnis, nicht jedoch im Außenverhältnis (damit für das Verwaltungsgericht) bindend – siehe dazu unten Punkt 3.1.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Vorliegende Vollmacht:
Nach dem Wortlaut erteilt der Beschwerdeführer Vollmacht dem „Verein LegalFocus (als jur. Person, den diesem Verein Organen und bestellten Vereinsvertretern) aber zugleich auch dessen Obfrau ad personam Rechtsanwältin Mag. Eva Velibeyoglu“. Aus diesem Wortlaut ergibt sich klar eine Gleichwertigkeit.
Im Umfang handelt es sich um eine faktische Generalvollmacht für vielfältige Lebensbereiche („Prozesse und Verfahren anhängig zu machen … Klagen, Urteile und Bescheide anzunehmen … Rechtsmittel aller Art zu ergreifen und zurückzuziehen … Stellvertreter mit gleicher oder minder ausgedehnter Vollmacht zu bestellen und überhaupt alles vorzukehren, was sie für nützlich und notwendig erachten wird.“), die auch das Eingehen schwerwiegender (finanzieller) Risken ohne Rücksprache mit dem Vollmachtgeber vorsieht.
Der Absatz „Dies mit der Maßgabe, dass der Verein und seine Organe bzw. MitarbeiterInnen für mich einschreiten mögen, soweit die Österreichische Rechtsordnung nicht die Beiziehung eines berufsmäßigen Parteienvertreters vorsieht, ab diesem Zeitpunkt – gegebenenfalls auch früher, falls Mag. Velibeyoglu dies erklärt – geht die Vollmacht zur weiteren nahtlosen Vertretung im jeweiligen Verfahren auf sie über.“ stellt nach seinem Wortlaut – insbesondere durch die Verwendung des Wortes „mögen“ lediglich eine Abrede im Innenverhältnis dar, die angesichts der Höhe von Rechtsanwaltstarifen auch nachvollziehbar ist. Gleichwohl kann sie nicht dahingehend verstanden werden, dass sie für Behörden und Gerichte etwa Zustellungen an die Rechtsanwältin (in Verfahren ohne Anwaltszwang) ausschließt.
Dementsprechend kann das Bundesverwaltungsgericht auch dem Beschwerdeführer einen Mängelbehebungsauftrag oder andere Schreiben, aber auch Entscheidungen im Wege seiner bevollmächtigten Rechtsanwältin wirksam zustellen – insbesondere wenn dies aus Rechtsschutzerwägungen tunlich ist. Dies unabhängig davon, welcher der Vertreter in einem Verfahren zunächst eingeschritten ist.
Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass RA Mag. Velibeyoglu Vereinsobfrau (damit Organ) des Vereins LegalFocus ist und damit in drei „Erscheinungsformen“ – als Verein (jur. Person), individuell als Obfrau und als Rechtsanwältin – für den Beschwerdeführer tätig werden kann. Entsprechend der Gesetzeslage können Zustellungen an die Vereinsobfrau Mag. Eva Velibeyoglu auch rechtswirksam an der Adresse der Rechtsanwältin Mag. Eva Velibeyoglu erfolgen.
Unabhängig davon muss davon ausgegangen werden, dass RA Mag. Eva Velibeyoglu – selbst wenn sie sich (aufgrund interner Abreden) nicht für in diesem Verfahren zuständig erachtet – aufgrund ihrer standesrechtlichen Verpflichtungen gegenüber ihrem Mandanten (wobei sich diese Mandantschaft zweifelsfrei aus dem Wortlaut der Vollmacht ergibt) jedenfalls umgehend den Verein LegalFocus sowie dessen Obfrau vom Eingang des gerichtlichen Schreibens in Kenntnis gesetzt hat.
3.2. Mangelhafte Beschwerdeeinbringung
Gemäß § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Gemäß § 13 Abs 1 AVG können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen, soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden.
Es ist zu beachten, dass die Wortfolge in § 13 Abs 1 erster Satz AVG "soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist" nicht nur die verschiedenen Anbringenstypen, sondern auch die verschiedenen Anbringensübermittlungsarten betrifft. Es haben die in den Verwaltungsvorschriften normierten Regelungen Priorität; die in § 13 AVG enthaltenen Bestimmungen kommen (subsidiär) nur soweit zum Tragen, als in den Verwaltungsvorschriften keine besonderen Regelungen getroffen werden (vgl VwGH 11.10.2011, 2008/05/0156).
§ 13 AVG ist gemäß § 17 VwGVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung des Bundeskanzlers über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten (BVwG-EVV), BGBl II Nr 515/2013, in der Fassung BGBl II Nr 222/2016, ist E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung.
Anbringen, für die die Verwaltungsvorschriften eine bestimmte Art der Einbringung vorsehen, sind unwirksam, wenn die Einbringung in einer anderen als der gesetzlich bestimmten Art erfolgt (vgl nochmals VwGH 11.10.2011, 2008/05/0156). Demnach ist nach § 1 Abs 1 letzter Satz BVwG-EVV 2014 E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinn dieser Verordnung und daher vermag ein mittels E-Mail eingebrachter Schriftsatz keine Rechtswirkungen zu entfalten (vgl VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0061; 26.03.2019, Ra 2019/19/0014).
Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer den mit „Schubhaftbeschwerde“ betitelten Schriftsatz lediglich per E-Mail eingebracht und ist dem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen. Auf einem anderen Weg außer dem Weg per E-Mail wurde die „Beschwerde“ nicht eingebracht. Der mit „Schubhaftbeschwerde“ betitelten und 12.06.2020 datierte Schriftsatz gilt als nicht eingebracht, weil ein E-Mail gemäß § 1 Abs 1 BVwG-EVV keine zulässige Einbringungsform darstellt. Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer dem Mängelbehebungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichts nicht nachkam und die Mängel im Zusammenhang mit der Einbringung seiner „Beschwerde“ nicht verbesserte. Daher war die Beschwerde zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, weshalb die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig ist. Die vorliegende Entscheidung basiert auf der oben genannten klaren Rechtslage und der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0061; 26.03.2019, Ra 2019/19/0014).
Schlagworte
Mängelbehebung Verbesserungsauftrag ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2231930.1.00Im RIS seit
23.11.2020Zuletzt aktualisiert am
23.11.2020