TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/21 W217 2230254-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.09.2020
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Entscheidungsdatum

21.09.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W217 2230254-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 04.12.2019, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 11.03.2020, OB: XXXX , betreffend die Höhe des festgestellten Grades der Behinderung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß §§ 40 Abs. 1, 41 Abs. 1 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. I Nr. 283/1990 idgF, mit der Maßgabe stattgegeben, als festgestellt wird, dass der Grad der Behinderung ab 24.04.2020 70% beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Frau XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) ist seit 16.08.1999 Inhaberin eines Behindertenpasses. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 70% festgestellt. Folgende Gesundheitsschädigungen wurden hierbei berücksichtigt:

-        Ausgeprägte Skoliose im gesamten Wirbelsäulenbereich

-        Hypertonie

-        Chronische Gastritis mit Milchzuckerintoleranz

-        Varicosis beidseits

-        Chronisch asthmatische Bronchitis

2.       Mit Antrag vom 15.03.2018 begehrte die Beschwerdeführerin unter Beilage eines Konvolutes an medizinischen Befunden die Neufestsetzung des Grades der Behinderung.

Im daraufhin eingeholten Sachverständigengutachten vom 11.11.2019, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 30.10.2019, wurden von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, folgende Funktionseinschränkungen festgestellt:

Lfd.Nr

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Pos.Nr.

GdB %

1

2

3

4

Skoliose

Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da maßgebliche radiologische Veränderungen, höhergradige Funktionseinschränkungen, jedoch ohne maßgebliche motorische Ausfälle.

Krampfadernleiden

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Zustand nach Thrombose linke untere Extremität und ausgeprägte Schwellungsneigung.

Degenerative Gelenksabnützungen

Oberer Rahmensatz, da Mehrgelenksbeteiligung bei geringen Belastungseinschränkungen.

Hypertonie

02.01.03

05.08.01

02.02.01

05.01.02

50

20

20

20

Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 50 v.H. festgestellt. Begründend führte der Sachverständige aus, dass das führende Leiden Position 1 von den anderen Leiden nicht erhöht werde, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliege.

3.       Dieses Gutachten wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12.11.2019 zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme binnen zweier Wochen übermittelt. Hierzu führte die Beschwerdeführerin aus, im Gutachten habe der Sachverständige unter „Behandlungen/Medikamente“ festgehalten, dass sie ihm eine handgeschriebene Liste ihrer Medikamente vorgezeigt hätte, sie habe jedoch eine Medikamentenliste mit ärztlicher Bestätigung gezeigt, daraus fehlten einige Medikamente. Auch ihr Gewicht sei falsch angegeben, sie wiege nicht 70 kg, sondern 64 kg. Entgegen der Behauptung, der Thorax sei symmetrisch und mäßig elastisch, sei er auf Grund skoliotischer Fehlhaltung deformiert. Die Vitalkapazität sei eingeschränkt, einer mäßiggradigen restriktiven Ventilationsstörung bei Kyphoskoliose entsprechend, TLC 68%. Auch handle es sich um eine hochgradige linkskonvexe Rotationsskoliose der LWS mit Scheitelpunkt bei L2, Subluxationsposition L2/3. Multisegmentale Osteochondrose und Spondylarthrose aller Lumbalsegmente mit Punctum maximum an der Konkavseite der Achsenabweichung. Degeneratives Vakuumphänomen in den Bandscheibensegmenten und Wirbelbogengelenken. Bei jeder Bewegung spüre sie wie es krache und schmerze - sie habe Muskellähmungen und Taubheitsgefühle, Brennen und Kribbeln vom Buckel bis in die Zehen im linken Fuß durch hochgradige Schädigung des Nervus peroneus rechts und eine axionale Schädigung des Nervus peroneus links. Dadurch habe sie starke Schmerzen und Entzündungen im ganzen Beckenbereich und Rippenbuckel. Schon nach wenigen Meter benötige sie eine Pause, müsse stehen bleiben, um ihren gesamten Beckenbereich von den Rippen zu entlasten. Das Sachverständigengutachten widerspreche den festgestellten Diagnosen von verschiedenen Fachärzten in den mitgebrachten Befunden. Seit 2016 leide sie unter starken Schmerzen, Lähmungen, Magenentzündungen und Rückflüssen, die durch 5 cm große axiale Hiatushernie verursacht seien. Sie sei in die Ordination mit einer Krücke gekommen, jedoch sei unter „Gesamtmobilität/Gangbild“ angeführt, sie sei selbständig gehend, in normalen Straßenschuhen ohne Gehhilfen in altersentsprechendem, normalem Tempo gekommen. Tatsächlich sei sie mit locker gebundenen, sportlichen Herrenschuhen, die sie mit der Hilfe eines Schuhlöffels anziehen könne, gekommen. In Damen-Sportschuhe komme sie mit der Schuhorthese nicht hinein.

Sie trage täglich eine Schiene am Handgelenk, eine Ganzkörperorthese, die Schuhorthesen zum Ausgleichen der Füße (der linke Fuß sei kürzer), therapeutische Stützbänder für den Schulterbereich, Stützstrumpfhose bzw. sei der linke Fuß im gesamten Verlauf einbandagiert und eine Kniebandage. Zum Liegen und zum Schlafen habe sie eine nach Maß gefertigte stabile Ganzrückenorthese aus Acryl.

4.       Der bereits befasste Sachverständige führte in seiner Stellungnahme vom 02.12.2019 aus:

„Antwort(en):

Es liegt ein VGA vom: 11.11.2019 mit 50% vor.

Gegen das Gutachten werden Einwendungen vorgebracht.

1. Die Beschwerdeführerin gibt an, dass sie leider nicht im Stande sei, längere Strecken öffentlich zu bewältigen.

2. Ausserdem wird bemängelt, dass einige Anmerkungen im Gutachten nicht korrekt wären. Die Berufsbezeichnung wäre nicht korrekt, sie sei Badewärtin.

3. Medikamente würden in der Auflistung fehlen, u.a.: Xarelto 20mg, Trittico 150mg, Symbicort Turbohaler 80 4 Hübe, Legalon 70mg, Trombo ASS 100mg, Kinon 12g, Acetan 20mg, Pantoprazol 40mg, Infusionen und schmerzlindernde Medikamente.

4. Und dass die anerkannten Leiden den festgestellten Diagnosen von Fachärzten, wie z. B.: - Med.R. DR. XXXX Facharzt für Lungenkrankheiten - Prim. Univ.-Prof. Dr. XXXX Facharzt für Radiologie widersprechen würden.

5. Die Antragstellerin gibt in ihrem Beschwerdeschreiben an, dass sie nur oberflächlich untersucht worden wäre.

6. Die Beschwerdeführerin schreibt, dass sie Brennen und Kribbeln vom Buckel bis in die Zehen des linken Fußes, durch eine hochgradige Schädigung des Nervus peroneus bds, habe.

STELLUNGNAHMEN:

Zu 1. Die Beschwerdeführerin kam ohne Gehhilfen zur Untersuchung. Das Gangbild war nur leicht hinkend links. Im Vergleich zur persönlichen Begutachtung stehen die vorgebrachten Beschwerdeargumente im Widerspruch zu den objektivierbaren Funktionseinschränkungen und sind nicht geeignet die gegebene Beurteilung zu entkräften.

Zu 2. die Niederschrift der Berufsbezeichnung ergibt sich aufgrund der von der Antragswerberin gegebenen Informationen. Im Übrigen hat die Berufsbezeichnung keinen Einfluss auf die Beurteilung des Behinderungsgrades.

Zu 3. die Niederschrift der eingenommenen Medikamente ergibt sich aufgrund der vorgelegten Medikamentenliste des/der behandelnden Ärzte. Die Ergänzungen der Medikamente werden zur Kenntnis genommen.

Zu 4. Diesbezügliche erhärtende Befunde bzw. Behandlungsberichte werden nicht nachgereicht.

Zu 5. Hierzu ist anzumerken, dass die Beurteilung der Körperfunktionen nicht nur aufgrund der h.o. durchgeführten Untersuchung, sondern auch aus den zu Verfügung stehenden vorliegenden orthopädischen Befunden bzw. Röntgenbefunden abgeleitet wurde. Diese Befunde sind im elektronischen Akt vorhanden und standen dem begutachtenden Arzt im elektronischen Akt zur Verfügung. Es ist also nicht korrekt, dass die Begutachtung ohne Befundeinsicht durchgeführt wurde.

Zu 6. Für das Vorliegen einer hochgradigen Nervus peroneus Schädigung werden keine diesbezüglichen Befundberichte vorgelegt.

Insgesamt ergeben sich daher keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich noch nicht adäquat berücksichtigter, behinderungswirksamer Funktionseinschränkungen und daher auch insbesondere in Hinblick auf die beantragte Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, keine Änderung des Gutachtens.“

5.       Mit Bescheid vom 02.12.2019 wurde festgestellt, dass der Grad der Behinderung von 50% festgestellt worden sei. Der alte Behindertenpass sei ungültig und der belangten Behörde vorzulegen. Begründend wurde auf das Gutachten und die Stellungnahme von Dr. XXXX verwiesen.

6.       Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte darin im Wesentlichen wie bereits in ihrer Stellungnahme vom 18.11.2019 aus, gab jedoch ergänzend an, laut Stellungnahme von Dr. XXXX zu 5. habe er das Ergebnis der Untersuchung anhand der im elektronischen Akt vorhandenen Befunde abgeleitet. Dies könne allerdings nicht stimmen, denn dann hätte er auch sofort gesehen, dass sie nicht nur auf Grund ihrer orthopädischen, sondern auch wegen der Verdauungs- und Magenprobleme und Tromboplebitis und Trombose, zurzeit mit offenem Fuß, in ständiger ärztlicher Behandlung sei. Ebenso sei im elektronischen Akt ein elektroneurodiagnostischer Befund vom 15.09.2016 worin eine hochgradige Schädigung des N. peroneus rechts und eine axonale Schädigung des N. peroneus links angeführt sei. Unter einem legte die Beschwerdeführerin neue Befunde bei.

7.       In der Folge holte die belangte Behörde weitere Sachverständigengutachten ein:

7.1.    Frau DDr. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie, Ärztin für Allgemeinmedizin, hielt in ihrem Gutachten vom 28.02.2020, basierend auf der persönlichen Begutachtung der Beschwerdeführerin, Folgendes fest:

„Anamnese:

Begutachtung am 11.3.1999:

Skoliose 50%, Hypertonie 20%, chr. Gastritis bei Lactoseintoleranz 30%, Varicositas 20%, chron.asthmoide Bronchitis 30%;

Gesamt-GdB 70 %

Begutachtung vom 14.1.2016:

Zusatzeintragung Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel: Voraussetzungen nicht vorliegend

Letzte Begutachtung 10/2019

1 Skoliose: maßgebliche radiologische Veränderungen, höhergradige Funktionseinschränkungen, jedoch ohne maßgebliche motorische Ausfälle. 50 %

2 Krampfadernleiden: Zustand nach Thrombose linke untere Extremität und ausgeprägte Schwellungsneigung 20 %

3 Degenerative Gelenksabnützungen: Mehrgenksbeteiligung bei geringen Belastungseinschränkungen 20 %

4 Hypertonie 20 %

Gesamtgrad der Behinderung 50 %

Gutachterliche Stellungnahme vom 2. 12. 2019

Neuerliche Begutachtung im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung.

Es werden weitere Befunde vorgelegt.

Zwischenanamnese seit 10/2019:

keine Operation, kein stationärer Aufenthalt

Derzeitige Beschwerden:

‚Beschwerden habe ich vor allem in der Wirbelsäule und in den Hüftgelenken und Füßen und Händen, habe Dauerschmerzen. Ich kann nicht lange gehen, nicht lange stehen, nach 5-10 Minuten habe ich Schmerzen. Die Füße sind taub, auch Gefühlsstörung im Bereich des Rückens. Die Rippen sitzen auf dem Beckenkamm auf bzw. im Becken. Hergekommen bin ich mit dem Auto, bin selber gefahren.‘

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Vitamin D 3, Novalgin bei Bedarf, Xarelto, Trittico, Symbicort, Legalon, ThromboASS, Azetan, Pantoprazol, Infusionen zweimal pro Woche und schmerzlindernde Medikamente.

Allergie: Lactose, Nickel

Nikotin: gelegentlich

Hilfsmittel: eine Unterarmstützkrücke

Sozialanamnese:

Verheiratet, keine Kinder, lebt in Wohnung im 2. Stockwerk ohne Lift.

Berufsanamnese: Schneiderin, AMS seit 2019

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Beschwerdevorbringen (Vorgebracht wird am 19.1.2020, das vertretene Fach betreffend, dass sie wegen ihrer Beschwerden nicht imstande sei, längere Strecken öffentlich zu bewältigen. Sie hätte lange Wegstrecken zum Arbeitsplatz gehabt, sei derzeit arbeitslos. Die letzte Tätigkeit sei Badewartin gewiesen.

Folgende Medikamente würden fehlen: Xarelto, Trittico, Symbicort, Legalon, ThromboASS, Kinon, Azetan, Pantoprazol, Infusionen und schmerzlindernde Medikamente.

Der Thorax sei aufgrund der skoliotischen Fehlhaltung deformiert und die Vitalkapazität eingeschränkt. Sie sei wegen der orthopädischen, Verdauungs- und Magenprobleme und Thrombophleb und Thrombose ständig in ärztlicher Behandlung.

Sie habe eine hochgradige Schädigung des N. Peronäus rechts und axonale Schädigung des peroneus links. Sie habe Muskellähmung und Taubheitsgefühl.

Sie habe eine S-förmige Skoliose, 100° nach rechts und 100° nach links verbogen.

Sie könne überhaupt nicht aufrecht stehen, sitzen oder gehen, müsse sich mit den Händen entlasten. Sie verwende eine Krücke und trage Orthesen an Handgelenk, Wirbelsäule, Füßen.)

Sonografie linker Daumen 10.12.2018 (Daumengrundgelenk 13 × 8 mm Cystische Läsion, rechts im Bereich des Daumengrundgelenks 10 mm verkalktes Struktur.)

MRT linkes Knie 8.8.2018 (Korbhenkelriss lateraler Meniskus Chondropathie Grad II der Patella)

Befund Nervenleitgeschwindigkeit 15.9.2016 (hochgradige Schädigung des peroneus rechts und axonale Schädigung des N.peronaeus links)

Nachgereichte Befunde:

Nervenleitgeschwindigkeit 4.2.2020 (höhergradige rechtsbetonte sensomotorische Neuropathie)

Röntgen Beckenübersicht 10.2.2020 (Beckenschaufel rechts 17 mm höher stehend, keine Arthrosezeichen, Rotation des Beckens)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut, 58 Jahre

Ernährungszustand:

BMS 26,7

Größe: 150,00 cm  Gewicht: 60,00 kg  Blutdruck:

Klinischer Status – Fachstatus:

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch. Druckschmerz Thorax ventrale Apertur rechts.

Atemexkursion eingeschränkt, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Handgelenk rechts: Druckschmerzen und Bewegungsschmerzen im Bereich des Daumensattelgelenks, geringgradig umfangsvermehrt, keine Subluxation.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist fast komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenstand und Fersenstand beidseitig nicht vorgezeigt, Einbeinstand bds nicht vorgezeigt.

Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge nicht ident, links -2 cm.

Die Durchblutung ist ungestört, Spezialverband linker Unterschenkel bei Ulcus im Bereich des Außenknöchels, laut Anamnese etwa 1 cm, Verbandwird nicht abgenommen. Rechts keine Ödeme, Varizen, rechts keine Zeichen einer chronisch venösen Insuffizienz, die Sensibilität wird im Bereich der Füße als taub angegeben.

Hüftgelenke beidseits: unauffällig

Kniegelenk beidseits: äußerlich unauffällig, keine Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, kein Erguss, endlagige Beugeschmerzen und Retropatellarschmerzen werden angegeben.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Beckenschiefstand, rechts tieferstehend, in etwa im Lot, deutliche Kyphoskoliose mit Thoraxbuckel untere BWS links, Skoliose mit rechtskonvexer Krümmung im Bereich der BWS und linkskonvexer Krümmung im Bereich der LWS, deutlich Hartspann im Bereich der Schulter-und Nackenmuskulatur und paralumbal, Klopfschmerz gesamte Wirbelsäule.

Taillendreiecke asymmetrisch. Hinterhaupt -Wand Abstand 27 cm

Aktive Beweglichkeit:

HWS: F 20/0/10 links, R 30/0/20 links

BWS/LWS: FBA: 10 cm, Rotation und Seitneigen der BWS 20°, der LWS 10°.

Lasegue bds. negativ

Gesamtmobilität – Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit einer Unterarmstützkrücke mit Schuheinlagen links zur Erhöhung um 2 cm, trägt einen Strumpf am linken Knie, eine starre Orthese am rechten Daumen und ein Lendenstützmieder mit Versteifungen, das Gangbild ohne Hilfsmittel und ohne Anhalten vorgeneigt, Richtungswechsel sicher, insgesamt raumgewinnend.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status Psychicus:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Skoliose

Unterer Rahmensatz, da höhergradige radiologische Veränderungen und Funktionseinschränkungen bei Kyphoskoliose ohne motorische Ausfälle.

02.01.03

50

2

Degenerative Gelenksabnützungen

Oberer Rahmensatz, da Mehrgelenksbeteiligung bei geringen Belastungseinschränkungen, vor allem im Bereich von Hüftgelenken, Füßen und Händen.

02.02.01

20

3

Polyneuropathie

Unterer Rahmensatz, da kein motorisches Defizit vorliegt.

04.06.01

10


Gesamtgrad der Behinderung          50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden 1 wird von den anderen Leiden nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

keine

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Stellungnahme zu Vorgutachten vom 11.3.1999, das vertretene Fach betreffend:

Keine Änderung von Leiden 1, Hinzukommen von Leiden 2 und 3

Stellungnahme zu Vorgutachten vom 14.1.2016, das vertretene Fach betreffend:

hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel: Voraussetzungen nicht vorliegend, keine Änderung

Stellungnahme zu letzter Begutachtung von 10/2019, das vertretene Fach betreffend: Keine Änderung von Leiden 1 und 3 des Vorgutachtens, Hinzukommen von Leiden 3

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Siehe Gesamtgutachten

X        Dauerzustand“

7.2.    Frau Dr. XXXX , Fachärztin für Innere Medizin, führt in ihrem Gutachten vom 02.03.2020, basierend auf der persönlichen Begutachtung der Beschwerdeführerin, Folgendes aus:

„Anamnese:

SVG von 1999-03-11 nach der RSVo 70% (Skoliose 50, Hypertonie 20, chr.Gastritis bei Lactoseintoleranz 30, Varicositas 20, chron.asthmoide Bronchitis 30)

SVG von 2016-01-14 zur Unzumutbarkeit, abgewiesen

Letzte Begutachtung am 30.10.2019: GdB 50vH wegen Skoliose, Krampfadernleiden, deg. Gelenksabnützung, Hypertonie, Unzumutbarkeit abgewiesen

Beschwerde vom 19.1.2020: das Gangbild ist schlecht, Sitzen und gerade Haltung sind schwierig, Magenbeschwerden, Polyneuropathie, Lungenleiden wurde nicht berücksichtigt

Derzeitige Beschwerden:

‚Bekomme keine Luft, wenn ich ein paar Schritte gehe, meine inneren Organe sind wegen der Skoliose zerdrückt, meine Rippen sitzen im Becken, habe Lactoseintoleranz. Ich kann nicht viel essen, sonst erbreche ich, brauche 30 Minuten Pause. Der Stuhlgang ist ganz unterschiedlich: manchmal verstopft, dann Durchfall. Die öffentlichen Verkehrsmittel kann ich wegen der Beine nicht benutzen. Mein Orthopäde hat es mir verboten. Einmal habe ich mich an ein Auto angelehnt, da wurde gleich die Polizei gerufen.‘

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Legalon, Trittico, TASS, Symbicort, Xarelto, Vit D, Acetan, Pantoprazol, Schmerzinfusionen

Sozialanamnese:

verheiratet, keine Kinder, AMS

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

das Fachgebiet Innere Medizin betreffend:

Befundbericht WSP vom 5.1.2020: Fußpulse bds palpabel, diskrete Umfangsdifferenz der USCH, keine Überwärmung, V.a. kleines Ulcus cruris in Abheilung

Befundbericht WSP 7.1.2020: kleines venöses Ulcus links bei ausgeprägter Varikositas

Befundbericht Dr. XXXX Pulmologie 25.9.2019: mäßiggradige restriktive Ventilationsstörung FEV1/FVC 80%, Dg: Z.n. obstruktiver Bronchitis, Berodual bei Bedarf

Befundbericht WSP 7.12.2018: Z.n. mehrfacher Phlebitis, keine TVT erhebbar, NOAK für 3 Monate

Gastroskopiebefund vom 15.11.2016: Gastritis, axiale Hiatushernie, Histo nicht vorliegend

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

leicht adipös

Größe: 150,00 cm  Gewicht: 60,00 kg  Blutdruck: 150/100

Klinischer Status – Fachstatus:

HNAP frei, keine Lippenzyanose

Hals: keine Struma, keine pathologischen Lymphknoten palpabel

Thorax: deutliche Skoliose Pulmo: VA, SKS

Herztöne: rein, rhythmisch, normofrequent

Abdomen: eingeschränkt beurteilbar, da Beine nicht ausgestreckt werden können, Leber und Milz nicht palpabel, keine Druckpunkte, keine Resistenzen, Darmgeräusche lebhaft

UE: keine Ödeme, Fußpulse palpabel rechts, links: Bandage

Untersuchung im Sitzen und Liegen, selbständiges An- und Ausziehen

Gesamtmobilität – Gangbild:

Stock links, Gangbild leicht hinkend, Schiene rechte Hand, Skoliosegurt

Status Psychicus:

allseits orientiert, Ductus kohärent

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Varikositas

eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da geringe

Schwellungsneigung, Blutverdünnungstherapie mitberücksichtigt

05.08.01

20

2

arterielle Hypertonie unter Monotherapie

05.01.01

10


Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 2 erhöht den GdB nicht weiter, da von geringer funktioneller Relevanz.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Zustand nach obstruktiver Bronchitis begründet keinen GdB, da ausgeheilt.

Pangastritis, Hiatushernie: begründet keinen GdB, da gut behandelbar

Ulcus cruris: nach den vorliegenden Befunden erstmals im Jänner 2020 dokumentiert, unkomplizierter Verlauf, daher nicht über einen behinderungsrelevanten Zeitraum hinaus bestehend

orthopädische Leiden: siehe fachärztliches Gutachten

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden 2 ist unter einer einfachen Monotherapie und wird daher nach der EVo um eine Stufe niedriger eingestuft.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

siehe Gesamtgutachten

X        Dauerzustand“

7.3.    In ihrer, diese beiden Gutachten berücksichtigenden, Gesamtbeurteilung vom 06.03.2020 führt Frau Dr. XXXX aus:

„Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Skoliose

Unterer Rahmensatz, da höhergradige radiologische Veränderungen und Funktionseinschränkungen bei Kyphoskoliose ohne motorische Ausfälle.

02.01.03

50

2

Degenerative Gelenksabnützungen

Oberer Rahmensatz, da Mehrgelenksbeteiligung bei geringen Belastungseinschränkungen, vor allem im Bereich von Hüftgelenken, Füßen und Händen.

02.02.01

20

3

Varikositas

eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da geringe Schwellungsneigung, Blutverdünnungstherapie mitberücksichtigt

05.08.01

20

4

Polyneuropathie

Unterer Rahmensatz, da kein motorisches Defizit vorliegt.

04.06.01

10

5

arterielle Hypertonie unter Monotherapie

05.01.01

10


Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden 1 wird von den Leiden 2-5 nicht weiter erhöht, da diese von geringer funktioneller Relevanz sind.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Zustand nach obstruktiver Bronchitis begründet keinen GdB, da ausgeheilt.

Pangastritis, Hiatushernie: begründet keinen GdB, da gut behandelbar

Ulcus cruris: nach den vorliegenden Befunden erstmals im Jänner 2020 dokumentiert, unkomplizierter Verlauf, daher nicht über einen behinderungsrelevanten Zeitraum hinaus bestehend

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Hinzukommen von Leiden 4, Leiden 5 ist unter einer einfachen Monotherapie und wird daher nach der EVo um eine Stufe niedriger eingestuft

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

insgesamt keine Änderung des GdB

X        Dauerzustand“

8.       Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.03.2020 wurde die Beschwerde abgewiesen. Mit einem Grad der Behinderung von 50% sei keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung eingetreten.

9.       Innerhalb offener Frist brachte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag ein. Begründend führte sie an, sie nehme auch blutgerinnungshemmende Medikamente und habe bereits eine neue Ganzkörperorthese von der österreichischen Gesundheitskasse bewilligt bekommen. Sie habe starke Schmerzen, Ischialgie, und mache bis dato eine Schmerztherapie bei ihrem Orthopäden. Am rechten Fuß hätten sich nach einer Thrombose Operation erneut Varizen gebildet. Sie bekomme oft Ödeme und schwere Beine. Auch der linke Fuß schmerze, sie leide unter Durchblutungsstörungen im rotierten Becken bis in die Zehe, wo es zu unkontrollierten Zuckungen komme. Jetzt sei auch ein ulcus cruris im linken Außenknöchel hinzugekommen. Sie könne nicht frei stehen, der linke Fuß sei 3,5 cm kürzer als der rechte.

10.     Am 09.04.2020 langte die Beschwerde samt Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

11.      Am 08.09.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Eingangs legte die Beschwerdeführerin neue Bilder sowie einen neuen Befund vor. Sodann legte die beigezogene Sachverständige, Frau DDr. XXXX , folgendes Sachverständigengutachten zur Vorlage im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor, hielt jedoch vorweg fest, dass es aufgrund der neu vorgelegten Bilder und des Befundes zu einem Abweichen kommen werde:

„(…)

Befunde:

Befund Dr. XXXX Facharzt für Chirurgie 19.2.2020 (chronisches Ulcus cruris, Superinfiziertes Ulcus links)

Sämtliche weiteren, im Akt aufliegenden Befunde sind bereits bekannt.

Diagnosenliste:

keine Änderung zu Gesamtgutachten vom 6.3.2020

STELLUNGNAHME:

Den Einwendungen in der Beschwerde vom 27.3.2020 wird entgegengehalten, dass das zeitweise Tragen einer Orthese zur Schmerzreduktion nicht gleichzusetzen ist mit der ständigen Erfordernis des Tragens einer Orthese.

Die ständigen Schmerzen bei Kyphoskoliose sind in der Einstufung berücksichtigt.

Wurzelreizzeichen konnte nicht festgestellt werden.

Varizen werden in der Einstufung berücksichtigt, ein Hinweis für eine chronisch venöse Insuffizienz konnte nicht festgestellt werden.

Das Ulcus am Außenknöchel ohne objektivierbares Ödem bei dokumentierten tastbaren Pulsen und ohne Hinweis für chronisch venöse Insuffizienz stellt kein höher einzustufendes Leiden dar.

Brennende Beschwerden und Zuckungen werden in der Einstufung der Polyneuropathie berücksichtigt. Ein motorisches Defizit konnte nicht festgestellt werden, daher keine höhere Einstufung möglich.

Durchblutungsstörungen liegen nicht vor, periphere Pulse sind tastbar.

Freies Stehen könne sie nicht, sie müsse sich stützen.

Es konnte zwar eine ausgeprägte Skoliose im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule mit Beckenschiefstand und leicht vorgeneigter Haltung bei Kyphose festgestellt werden, dies führt jedoch nicht zu einer maßgeblichen Stand- oder Gangbildbeeinträchtigung.

Sie habe Atemnot, Druckgefühl in der Brust und Herzrasen, eine restriktive Lungenerkrankung bei Kyphoskoliose. Die Organe seien zerdrückt.

Dokumentiert ist im lungenfachärztlichen Befund vom 25.09.2019 eine mäßiggradige restriktive Ventilationsstörung, dies steht in Zusammenhang mit der Kyphoskoliose und wird in der Einstufung berücksichtigt.

Die vorgebrachten Argumente beinhalten keine neuen Erkenntnisse, welche das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten, sodass daran festgehalten wird.“

Sodann erläuterte die SV zu den Magenbeschwerden der Beschwerdeführerin, dass es ein internistisches FÄ-GA vom 26.02.2020 gebe, in dem darauf hingewiesen werde, dass das Magenleiden keiner Einstufung unterliege, weil die Pangastritis und Hiatushernie gut behandelbar seien. Es sei zwar eine Hiatushernie im Befund vom 13.02.2020 dokumentiert und Refluxbeschwerden angegeben, doch verlange die EVO für die Einstufung der Refluxkrankheit den histologischen Befund. Dieser liege nicht auf. Eine Einschätzung des Magenleidens sei somit aufgrund der Befundlage im Moment nicht möglich.

In ihrem eigenen Gutachten vom 28.02.2020 habe sie beschrieben, dass am linken Unterschenkel ein Spezialverband angelegt sei, welchen sie nicht abnehmen habe wollen. Sie habe bei Spezialverbänden nicht die Möglichkeit, diese wieder anzulegen mit Spezialauflagen, diese seien in ihrer GA-Ordination nicht verfügbar, weshalb sie Spezialverbände nicht abnehme. Rechts habe sie keine Zeichen einer chronisch venösen Insuffizienz feststellen können. Das Leiden sei durch die Fachärztin für Innere Medizin mit 20% eingestuft worden, mit der Begründung, dass das Ulcus seit Jänner 2020 dokumentiert sei und einen unkomplizierten Verlauf genommen habe.

In der mündlichen Verhandlung ergänzte die Sachverständige jedoch, dass die Beschwerdeführerin nun einen Befund einer Fachärztin für Hautkrankheiten, Dr. XXXX , vom 24.4.2020, vorgelegt hat. Darin sind als Diagnosen „Tinea ulcus“ und „ulcus cruris bei chronisch venöser Insuffizienz“ vermerkt. Diesem Befund sind 7 Fotoaufnahmen beigelegt, die zwar weder datiert noch mit Namen versehen sind, aber aufgrund der beschriebenen Lokalisation sah die SV keinen Grund daran zu zweifeln, dass es sich um Befunde der Beschwerdeführerin handle. Diese Fotoaufnahmen dokumentieren – wie die Sachverständige weiter ausführte -ein chronisches Ulcus cruris, das zur Veränderung der getroffenen Einschätzung führt.

So sei statt der Einstufung der Varikositas (Pos.Nr. 05.08.01) mit 20% eine Neueinstufung unter Pos.Nr. 05.08.02 mit 60% vorzunehmen. Die Voraussetzungen seien gegeben, weil es sich um eine chronisch venöse Insuffizienz mit kleinem Ulcus handle. Mit 60% sei dieses Leiden nun das führende Leiden und in der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung führe nunmehr das vormals führende Leiden Skoliose zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung um eine Stufe; die weiteren Leiden erhöhten nicht, da sie von zu geringer funktioneller Relevanz seien.

Der Gesamtgrad der Behinderung betrage somit 70% seit 24.04.2020, dem Datum des Befundes der Fachärztin für Hautkrankheiten, in dem eindeutig das Ulcus cruris bei chronisch venöser Insuffizienz dokumentiert sei.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet.

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt ab 24.04.2020 70%.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus der Einsichtnahme im zentralen Melderegister.

Die Feststellung, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 70% ab 24.04.2020 beträgt, gründet sich auf die von der belangten Behörde eingeholte Gesamtbeurteilung einer Fachärztin für Innere Medizin vom 06.03.2020, welches die beiden Gutachten vom 28.02.2020 und vom 02.03.2020 berücksichtigt, sowie auf die im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 08.09.2020 erstattete Stellungnahme der bereits befassten Fachärztin für Unfallchirurgie, Ärztin für Allgemeinmedizin. Diese führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass statt der Einstufung des Leidens 3, Varikositas (Pos.Nr. 05.08.01) mit 20% eine Neueinstufung unter Pos.Nr. 05.08.02 mit 60% vorzunehmen ist, weil es sich um eine chronisch venöse Insuffizienz mit kleinem Ulcus handelt. Sie begründete dies, dass im Befund vom 24.04.2020 als Diagnosen „Tinea ulcus“ und „ulcus cruris bei chronisch venöser Insuffizienz“ vermerkt seien. Die 7 Fotoaufnahmen belegten ein chronisches Ulcus cruris.

Mit 60% ist dieses Leiden nun das führende Leiden 1. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung führt nunmehr das vormals führende Leiden, Skoliose, zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung um eine Stufe. Die weiteren Leiden erhöhen jedoch nicht, da sie von zu geringer funktioneller Relevanz sind.

In diesem oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten vom 06.03.2020 in Zusammenschau mit den Ausführungen der Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2020 wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig, nachvollziehbar, widerspruchsfrei und umfassend eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des oben genannten Sachverständigengutachtens und der Stellungnahme; diese werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt somit 70% seit 24.04.2020, dem Datum des Befundes der Fachärztin für Hautkrankheiten, in dem eindeutig das Ulcus cruris bei chronisch venöser Insuffizienz dokumentiert ist.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Zur Entscheidung in der Sache

Unter Behinderung iSd Bundesbehindertengesetz (BBG) ist gemäß dessen § 1 Abs 2 leg.cit. die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktion zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40 Abs. 1 BBG normiert, dass behinderte Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist (§ 40 Abs. 2 BBG).

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 idF BGBl II 251/2012) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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