TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/22 I410 2209312-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.09.2020
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Entscheidungsdatum

22.09.2020

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG 2005 §58 Abs11 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG-DV 2005 §4 Abs1 Z3
AsylG-DV 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I410 2209312-2/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Eva Lechner, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , Staatsangehörigkeit XXXX , vertreten durch die „Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH“ und durch die „Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH“ in 1170 Wien, Wattgasse 48/3. Stock, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.05.2019, Zl. 1151334505/190305598, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.05.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Dieser Asylantrag wurde im Beschwerdewege mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2019, I403 2209312-1/9E, als unbegründet abgewiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde überdies die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, die gegen die Beschwerdeführerin erlassene Rückkehrentscheidung sowie die Feststellung der Zulässigkeit ihrer Abschiebung nach Nigeria bestätigt.

2. Am 26.03.2019 beantragte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde persönlich die Erteilung eines Aufenthaltstitels „besonderer Schutz“ gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG. Gleichzeitig stellte sie einen Antrag auf Heilung eines Mangels gemäß §§ 4 Abs. 1 Z 3 iVm 8 AsylG-DV.

Mit Schreiben vom 19.04.2019 gewährte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin unter Einräumung einer zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme Parteiengehör zu erfolgten Ermittlungsschritten und teilte gleichzeitig mit, dass mangels Erteilungsvoraussetzungen und mangels einer maßgeblichen Sachverhaltsänderung seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.01.2019 beabsichtigt sei, ihren Antrag vom 26.03.2019 zurückzuweisen.

In einer Stellungahme vom 29.04.2019 an die belangte Behörde ersuchte die Beschwerdeführerin im Wege ihres Rechtsanwalts um eine positive Entscheidung nach „§ 55 AsylG“. Mit Schreiben vom 30.04.2019 gab der Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin nach entsprechender Aufforderung durch die belangte Behörde bekannt, dass der Antrag auf § 55 AsylG gestützt wird.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15.05.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 26.03.2019 gemäß „§ 58 Abs. 10 und 11 Z. 2 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF“ zurückgewiesen und der Antrag auf Mängelheilung vom 26.03.2019 gemäß „§ 4 Abs. 1 Z. 3 iVm. § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG-DV“ abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 12.06.2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin macht sie zusammengefasst zum einen geltend, dass die belangte Behörde – trotz erfolgter Antragsänderung – von Amts wegen auch über die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG absprechen hätte müssen, und zum anderen, dass sie eine Rückkehrentscheidung in ihren Rechten nach Art. 8 EMRK verletzten und daher die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG vorliegen würden.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 15.04.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung I410 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

A) Zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid

1. Feststellungen

1.1. Die Beschwerdeführerin ist am XXXX geboren, reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 05.05.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde – unter gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung – mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.10.2018 negativ erledigt; dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2019, I403 2209312-1/9E, bestätigt.

1.2. Das Bundesverwaltungsgericht traf in seinem Erkenntnis vom 21.01.2019 zur Situation der Beschwerdeführerin, insbesondere im Hinblick auf ihre Integration in Österreich und ihr Privat- und Familienleben folgende Feststellungen:

„1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Nigerias. Die Identität der Beschwerdeführerin steht nicht fest. Sie ist volljährig, Angehörige der Volksgruppe Edo, stammt aus Benin City und bekennt sich zum christlichen Glauben. Sie hat in Nigeria neun Jahre die Schule besucht und erste Berufserfahrung als Angestellte in einem Lokal gesammelt.

Ihre Mutter, ein Halbbruder und zwei Halbschwestern leben in Benin City, ihr Vater ist verstorben. Sie steht in Kontakt zu ihrer Mutter.

Die Beschwerdeführerin hat Nigeria im September oder Oktober 2016 verlassen und hielt sich ab November 2016 in Italien auf, ehe sie Anfang Mai 2017 nach Österreich gekommen war.

Die Beschwerdeführerin war von 19.09.2017 bis 03.05.2018 in Österreich in einem Nachtclub wohnhaft, in dem sie als Prostituierte tätig war. Nach der Einvernahme durch das BFA kehrte sie in das Grundversorgungsquartier nach Niederösterreich zurück und kam sie (zunächst) auch wieder ihrer Wohnsitzbeschränkung nach, ehe sie ihren Wohnsitz ab 19.11.2018 nach XXXX verlegte.

Die Beschwerdeführerin führt in Österreich seit etwa einem Jahr und vier Monaten eine Beziehung zu einem subsidiär Schutzberechtigten aus Nigeria. Dieser leidet an paranoider Schizophrenie. Seit etwa zwei Wochen (03.01.2019) besteht ein gemeinsamer Wohnsitz. Die Beschwerdeführerin befand sich am 21.12.2018 zwischen der vierten und der achten Schwangerschaftswoche.

Die Beschwerdeführerin leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung und ist erwerbsfähig.

Die Beschwerdeführerin weist keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, gesellschaftlicher sowie kultureller Hinsicht auf. Sie hält sich etwas weniger als zwei Jahre im Bundesgebiet auf. Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten, verletzte allerdings ihre Wohnsitzbeschränkung gemäß § 15c AsylG 2005.

Der Beschwerdeführerin droht keine Gefahr, in Nigeria von Menschenhändlern gegen ihren Willen erneut nach Europa verbracht zu werden bzw. von diesen andersweitig verfolgt zu werden. Ihr Vorbringen zu ihrer Verbringung nach Europa und die Bedrohung durch eine Frau, der sie Geld schulden würde, ist nicht glaubhaft.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin in der realen Gefahr ist, für den Fall einer Rückkehr nach Nigeria in eine existenzbedrohende Situation zu geraten.“

1.3. Die in der rechtlichen Würdigung des Erkenntnisses vom 21.01.2019 (unter gewichtender Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses mit den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin) dargelegten Erwägungen zur Begründung der Verhältnismäßigkeit des durch die Rückkehrentscheidung bewirkten Eingriffes in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens lauteten wie folgt:

„Im gegenständlichen Fall verfügt die Beschwerdeführerin über kein Familienleben in Österreich. Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von weniger als zwei Jahren davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin das Interesse an der Achtung ihres Privatlebens überwiegt. Es liegen auch keine Aspekte einer außerordentlichen Integration vor; die Beschwerdeführerin hat begonnen Deutsch zu lernen, eine nachhaltige Aufenthaltsverfestigung kann daraus aber noch nicht geschlossen werden und wäre eine solche aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer auch kaum möglich. Zudem hat sie wiederholt gegen ihre Wohnsitzbeschränkungen verstoßen.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber nicht vor.

Allerdings ist im gegenständlichen Verfahren in die Interessensabwägung miteinzubeziehen, dass die Beschwerdeführerin seit über einem Jahr eine Beziehung zu einem nigerianischen Staatsbürger führt, dem aufgrund seiner Erkrankung an paranoider Schizophrenie der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Österreich zukommt. Das gemeinsame Leben kann daher in Nigeria nicht fortgesetzt werden; allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Beziehung erst relativ kurz dauert, dass erst seit etwa zwei Wochen ein gemeinsamer Wohnsitz besteht und dass sich beide zu Beginn ihrer Beziehung, als beide nur über ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG verfügten, über ihren unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich im Klaren sein mussten. Ihr Freund gab zwar an, dass sich die Beschwerdeführerin um ihn kümmern würde, eine konkrete Abhängigkeit wurde aber nicht behauptet und besteht zudem erst seit kurzem der gemeinsame Wohnsitz. Aus der Beziehung zu ihrem Freund XXXX kann daher auch nicht auf das Überwiegen ihrer privaten Interessen geschlossen werden.

Allerdings legte die Beschwerdeführerin einen Laborbefund vom 21.12.2018 vor, wonach sie zu diesem Zeitpunkt zwischen der vierten und der achten Woche schwanger war. Die Beschwerdeführerin gibt an, dass ihr Freund [P. O. O.] der Vater des ungeborenen Kindes sei; dies wurde allerdings nicht bescheinigt. Die Beschwerdeführerin verfügt aktuell auch noch über keinen Mutter-Kind-Pass, ein Geburtstermin steht noch nicht fest. Kinder werden erst durch Geburt Teil der Familie, davor liegt noch kein schützenswertes Familienleben vor (VfGH 24.2.2003, B1670/01). Dies muss umso mehr für einen derart frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft gelten.

Natürlich darf das Kindeswohl nicht gänzlich unbeachtet bleiben; diesbezüglich muss aber auf die Möglichkeit der Familienzusammenführung verwiesen werden, da insbesondere aufgrund des frühen Stadiums der Schwangerschaft und der letztlich noch ungeklärten Vaterschaft auch der Umstand der Schwangerschaft der Beschwerdeführerin nicht dazu führen kann, dass angesichts ihrer kurzen Aufenthaltsdauer und kaum vorliegenden Integration ihr privates Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegt.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellen.“

1.4. Die Beschwerdeführerin ist ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und beantragte am 26.03.2019 bei der belangten Behörde persönlich die Erteilung eines Aufenthaltstitels „besonderer Schutz“ gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG und brachte dazu im Wesentlichen vor, Opfer von Menschenhandel und in Österreich zur Prostitution gezwungen worden zu sein. Zwar sei ihr Strafverfahren abgebrochen worden, sie habe aber inzwischen Mut gesammelt mehr Angaben über ihre Madame zu machen und sei mit dem LKA XXXX für den 26.03.2019 eine weitere Einvernahme geplant. Gleichzeitig stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Heilung eines Mangels gemäß §§ 4 Abs. 1 Z 3 iVm 8 AsylG-DV, da es ihr mangels Dokumente und Kreditkarte nicht möglich sei, einen nigerianischen Reisepass zu bekommen.

Mit Schreiben vom 19.04.2019 gewährte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin unter Einräumung einer zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme Parteiengehör zu erfolgten Ermittlungsschritten und teilte gleichzeitig mit, dass mangels Erteilungsvoraussetzungen und mangels einer maßgeblichen Sachverhaltsänderung seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.01.2019 beabsichtigt sei, ihren Antrag vom 26.03.2019 zurückzuweisen. Ausschlaggebend dafür sei, dass nach Einholung einer Stellungnahme der LPD XXXX und unter Bezugnahme auf die Mitteilung der Staatsanwaltschaft XXXX und XXXX keine Verfahren mehr anhängig seien und die Beschwerdeführerin laut einer Registerabfrage weder als Opfer, Zeugin oder Privatbeteiligte aufscheine.

In einer Stellungahme vom 29.04.2019 an die belangte Behörde gab die Beschwerdeführerin im Wege ihres Rechtsanwalts an, schwanger und Lebensgefährtin eines subsidiär Schutzberechtigten zu sein, weshalb sie um positive Entscheidung nach „§ 55 AsylG“ ersuche. Daraufhin forderte die belangte Behörde den Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin unter Verweis auf § 58 Abs. 6 AsylG auf, den angestrebten Aufenthaltszweck genau zu bezeichnen, da sich der Antrag vom 26.03.2019 auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach §57 Abs. 1 Z 2 AsylG, die Stellungnahme vom 29.04.2019 hingegen auf einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG bezieht. Mit Schreiben vom 30.04.2019 gab der Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin bekannt, dass der Antrag auf § 55 AsylG gestützt wird.

Den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG begründete die Beschwerdeführerin damit, dass sie ein ÖSD Sprachzertifikat A1 erworben habe und einen weiteren Deutschkurs beginnen werde, schwanger sei und mit dem Kindesvater, der in Österreich subsidiär schutzberechtigt ist, in einem Haushalt lebe.

Die Beschwerdeführerin hat am 12.03.2019 das ÖSD Sprachzertifikat A1 erworben.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. der Erlassung des bekämpften Bescheides war die Beschwerdeführerin schwanger und lebte seit dem 03.01.2019 mit einem nigerianischen Staatsangehörigen, dem der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zukommt, in einem gemeinsamen Haushalt.

Die Beschwerdeführerin hat kein (gültiges) Reisedokument und keine sonstigen identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt.

2. Beweiswürdigung

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus dem Akteninhalt und dem bekämpften Bescheid; sie blieben im Beschwerdeschriftsatz unbestritten. Insbesondere bezieht sich die belangte Behörde im bekämpften Bescheid auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.01.2019. Solange dieses Erkenntnis im Rechtsbestand ist, ist es zu beachten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

§ 55 und § 58 Asylgesetz 2005 lauten (auszugsweise):

„Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn

1.       dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und,

2.       der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1.         der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2.         der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3.         einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4.         einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5.         ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(5a) Solange aufgrund von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt ist, sind Anträge auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 abweichend von Abs. 5 nicht persönlich, sondern postalisch oder auf elektronischem Wege beim Bundesamt einzubringen. Bei Stattgebung des Antrags kann der Aufenthaltstitel abweichend von Abs. 12 auch zu eigenen Handen zugestellt werden.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
1.         sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2.         bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3.         gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist
1.         das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder
2.         der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) [...]

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. […]

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten.“

§ 4 und § 8 Abs. 1 AsylG-DV 2005 lauten:

„Verfahren

§ 4. (1) Die Behörde kann auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:
1.         im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,
2.         zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder
3.         im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(2) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Urkunden und Nachweise für Aufenthaltstitel

§ 8. (1) Folgende Urkunden und Nachweise sind – unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 – im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:
1.         gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);
2.         Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;
3.         Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;
4.         erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.“

3.2. Zur Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 Asylgesetz 2005 und zur Abweisung des Antrags auf Heilung:

3.2.1. Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag vom 26.03.2019 begehrte die Beschwerdeführerin zunächst die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG. Am 29.04.2019 änderte sie diesen in einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG. Von einem geänderten Parteiwillen in diesem Sinn wird auch im Beschwerdeschriftsatz ausgegangen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Zulässigkeit einer Änderung eines Antrags nach § 57 AsylG 2005 in einen solchen nach § 55 AsylG 2005 bereits ausgesprochen (VwGH 14.04.2016, Ra 2016/21/0077, Rn. 22). Dem zufolge hat die belangte Behörde zu recht über einen Antrag auf „Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK“ gemäß § 55 AsylG abgesprochen.

Zum Vorbringen in der Beschwerde, die belangte Behörde hätte dessen ungeachtet von Amts wegen zu prüfen und normativ darüber abzusprechen gehabt, ob im Fall der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG vorliegen, ist darauf hinzuweisen, dass für den Fall der Abweisung und Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung eines „Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK“ gemäß § 55 AsylG 2005 die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG in § 58 Abs. 2 AsylG nicht vorgesehen ist. Weder die belangte Behörde noch das Bundesverwaltungsgericht sind daher zuständig im gegenständlichen Verfahren normativ über die (Nicht)Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG abzusprechen (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

3.2.2. Die belangte Behörde stützt die Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 auf § 58 Abs. 10 erster Satz leg.cit., da aus dem Antragsvorbringen der Beschwerdeführerin seit Eintritt der Rechtskraft der gegen sie erlassenen Rückkehrentscheidung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2019 kein geänderter Sachverhalt im Hinblick auf die Berücksichtigung ihres Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz hervorgeht, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich machen würde.

Die Beschwerdeführerin berief sich zur Begründung ihres Antrags zum einen auf Umstände, die zum Zeitpunkt des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes über die gegen sie erlassene Rückkehrentscheidung, dem 21.01.2019, bereits bestanden haben (Schwangerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Lebensgefährten, einem subsidiär Schutzberichtigten) und auch bei der Interessensabwägung berücksichtigt wurden. Es lässt sich aus ihrem Antrag insofern nichts erkennen, was auf einen zu ihren Gunsten „geänderten“ Sachverhalt hindeuten würde.

Soweit im Vorbringen der Beschwerdeführerin ein Element geltend gemacht wird, das als „Änderung“ in Betracht kommt (Erwerb eines „ÖSD Zertifikat A1“ am 12.03.2019), ist festzuhalten, dass unter Berücksichtigung der seit der Rückkehrentscheidung (21.01.2019) vergangenen Zeit (zwei Monate bis zur Antragstellung; rund vier Monate bis zur Entscheidung durch die belangte Behörde) und unter Würdigung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Umstände nicht gesehen werden kann, dass damit Sachverhaltsänderungen vorlägen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen bei der hier anzustellenden Prognose den Schluss zugelassen hätten, es wäre – auch im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung – eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK zumindest möglich (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/22/0215).

Weiters ist zu berücksichtigen, dass die in der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung getroffene Abwägung im Ergebnis zu einem Überwiegen der öffentlichen Interessen gelangt, wobei aus der Entscheidung hervorgeht, dass der Wille Deutsch zu lernen bereits Berücksichtigung fand, jedoch ansonsten keine Integrationsschritte bei einer kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von weniger als zwei Jahren angenommen wurden.

Schließlich konnte das erworbene Sprachzertifikat von der Beschwerdeführerin überhaupt erst durch die Missachtung der gegen sie ergangenen Rückkehrentscheidung erworben werden (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.06.2016, Ra 2016/21/0165, Rn. 24).

Aus dem Gesagten hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 zurecht unter Berufung auf § 58 Abs. 10 erster Satz leg.cit. als unzulässig zurückgewiesen.

3.2.3. Weiters stützte die belangte Behörde die Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 auch auf § 58 Abs. 11 Z 2 leg.cit., weil die Beschwerdeführerin ihrer allgemeinen Mitwirkungspflicht nicht im erforderlichen Ausmaß nachgekommen sei, insbesondere habe sie kein (gültiges) Reisedokument vorgelegt. Den Antrag auf Heilung gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 der Asylgesetz-Durchführungsverordnung wies die belangte Behörde im Wesentliche mit der Begründung ab, dass die Beschwerdeführerin nicht dargelegt habe, welche Schritte sie unternommen habe, um zu einem Reisedokument zu gelangen, sondern lediglich darauf hinwies, dass sie die Bedingungen für die Ausstellung eines Reisepasses nicht erfülle und für die Erlangung eines solchen eine Bestätigung der Lokalregierung und eine Kreditkarte erforderlich wären. Dem ist die Beschwerdeführerin in keiner Weise entgegengetreten. Sie hat auch nicht im Ansatz vorgebracht, dass sie sich um die Erlangung eines Reisepasses bei der nigerianischen Botschaft aktiv bemüht hat.

Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde zu recht die Zurückweisung des Antrags der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 auch auf § 58 Abs. 11 Z 2 leg.cit. gestützt und den Antrag auf Heilung gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 der Asylgesetz-Durchführungsverordnung abgewiesen.

Auch insoweit war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.

3.3.5. Das Bundesverwaltungsgericht ist darüber hinaus der Auffassung, dass die im angefochtenen Bescheid gewählte Vorgangsweise, die Zurückweisung nicht mit einer neuerlichen Rückkehrentscheidung zu verbinden, rechtens war (vgl. bereits BVwG 20.11.2018, W230 2208659-1/4E). Andernfalls läge jedenfalls „nur“ eine „Säumniskonstellation“ vor, welche nicht zur Rechtswidrigkeit des Ausspruchs über den Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 führen würde (VwGH 04.04.2019, Ro 2019/21/0003 mit Hinweis auf VwGH 12.12.2018, Ra 2017/19/0553, Rn. 11f).

Allerdings geht aus einem Schreiben der belangten Behörde vom 26.06.2020 an das Bundesverwaltungsgericht (I410 2209312-2/7) hervor, dass in Bezug auf die Beschwerdeführerin und ihr in Österreich geborenes Kind aktuell ein (Folge-)Verfahren auf internationalen Schutz anhängig ist. In ständiger Rechtsprechung geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über einen (Folge)Antrag auf internationalen Schutz grundsätzlich nicht zulässig ist (VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0138 mwN). Daraus folgt, dass in gegenständlicher Rechtssache ohnehin die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht zulässig ist, bevor über die anhängigen Anträge auf internationalen Schutz entschieden wurde.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Da der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben. Der für die Zurückweisung maßgebliche Sachverhalt war zudem iSd § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz auf Grund der Aktenlage hinreichend geklärt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung berücksichtigungswürdige Gründe Identitätsfeststellung Interessenabwägung Mängelbehebung mangelhafter Antrag Mangelhaftigkeit Mängelheilung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Reisedokument unzulässiger Antrag Urkundenvorlage Verbesserungsauftrag Vorlagepflicht Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I410.2209312.2.00

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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