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Stempel- und RechtsgebührenNorm
GebG 1957 §33 TP19 Abs1 idF 1976/668Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schubert und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberrat im Verwaltungsgerichtshof Dr. Feitzinger, über die Beschwerde der R Gen.m.b.H. in K, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 15. September 1981, Zl. 1060/1-9/Fe-1981, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kreditvertrag vom 17. November 1970 räumte die beschwerdeführende Partei (Beschwerdeführerin) den Ehegatten R und EK einen Betriebskredit für ihren Türen- und Möbelerzeugungsbetrieb bis zum Höchstbetrag von S 2,700.000,-- mit der Maßgabe ein, daß ständig nur S 2,250.000,-- ausgenützt werden dürfen. Mit Kreditvertrag vom 4. Juni 1976 wurde RK ein weiterer Betriebskredit bis zum Höchstbetrag von S 600.000,-- mit der Maßgabe eingeräumt, daß ständig nur S 500.000,-- ausgenützt werden dürfen.
Mit im wesentlichen gleichlautenden „Kreditübernahmserklärungen“ vom 7. Dezember trat die bezeichneten Kreditverhältnisse an Stelle der bisherigen Kreditnehmer die mit Notariatsakt vom 20. November 1978 von eben diesen Kreditnehmern neu begründete K G.m.b.H. in K „zu denselben Bedingungen
mit allen Rechten und Pflichten als Schuldner und Gläubiger“ ein. Die Beschwerdeführerin nahm die eben genannte Gesellschaft ausdrücklich als neuen Schuldner und Gläubiger an und entließ die bisherigen Schuldner aus der persönlichen Haftung. Die im Verwaltungsakt in Ablichtung einliegenden Kreditübernahmserklärungen tragen - ebenfalls in Ablichtung - die Unterschriften der ursprünglichen Kreditnehmer sowie die Unterschrift des zeichnungsberechtigten Geschäftsführers des neuen Kreditnehmers und der Beschwerdeführerin.
Diesen im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin am 12. Jänner 1981 vorgenommenen Nachschau festgestellten Sachverhalt nahm das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz zum Anlaß, für die „Kreditübernahme“ mit Bescheiden vom 30. März 1981 jeweils eine Kreditvertragsgebühr gemäß § 33 TP 19 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 668/1976 (GebG), in Höhe von S 40.500,-- bzw. S 9.000,-- sowie Gebührenerhöhungen in jeweils gleicher Höhe festzusetzen.
In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin insbesondere auf das über Anfrage des R-verbandes Oberösterreich ergangene Schreiben des Finanzamtes vom 1. April 1977, worin zu einer Kreditübernahmserklärung nach vorgelegtem Muster die Auffassung vertreten worden war, daß bei Verträgen dieser Art eine den Urschuldner befreiende Schuldübernahme im Sinne des § 1405 ff ABGB vorliege, die keiner Rechtsgebühr nach dem Gebührengesetz unterliege.
Das Finanzamt gab der Berufung mit Berufungsvorentscheidungen vom 5. Juni 1981 insoweit statt, als von einer Gebührenerhöhung Abstand genommen wurde. Gleichzeitig wurden die Bemessungsgrundlagen und damit die Kreditvertragsgebühren herabgesetzt. Im übrigen wurde die Berufung jedoch als unbegründet abgewiesen.
In dem hinsichtlich der Kreditvertragsgebühren rechtzeitig gestellten Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, bei den besagten Kreditübernahmserklärungen handle es sich um Fälle einer nicht gebührenpflichtigen Schuldübernahme. Außerdem wurde eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben geltend gemacht.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. September 1981 wurde der Berufung keine Folge gegeben. Unter einem wurden jedoch die erstinstanzlichen Bescheide dahingehend abgeändert, daß nicht die Kredithöchstbeträge von S 2,700.000,-- bzw. S 600.000,--, sondern die vom jeweiligen Kreditbetrag. nur ausnützbaren Beträge von S 2,250.000,-- bzw. S 500.000,-- als Bemessungsgrundlagen herangezogen wurden; demgemäß verminderten sich die im angefochtenen Bescheid festgesetzten Kreditvertragsgebühren - ebenso wie bereits in den Berufungsvorentscheidungen - auf S 33.750,-- bzw. S 7.500,--. In der Begründung ihrer Berufungsentscheidung vertrat die belangte Behörde die Auffassung, es handle sich bei den zugrundeliegenden Kreditübernahmserklärungen um Fälle einer Vertragsübernahme, die gebührenrechtlich dem Abschluß von neuen (Kredit-)Verträgen gleichzuhalten seien. Von einer Schuldübernahme im Sinne der §§ 1405 ff ABGB könne nicht die Rede sein, weil nicht die Schuld allein, sondern alle Rechte und Pflichten auf den neuen Kreditnehmer übergegangen seien. Die Vorschreibung der Kreditvertragsgebühren beruhe auf zwingenden gesetzlichen Vorschriften, sodaß für die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben kein Raum sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin, die sich durch die Vorschreibung der vorerwähnten Kreditvertragsgebühren in ihren Rechten verletzt erachtet, bringt unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, die Praxis der Finanzverwaltung sehe in der Übernahme der Rückzahlungsverpflichtung für einen Kredit den Tatbestand des § 33 TP 19 Abs. 1 GebG nicht als gegeben an. Nunmehr habe sie ihre Praxis dahingehend abgeändert, daß „revolvierende“ Kredite (Kontokorrentkredite) doch als „Kreditverträge, mit welchen den Kreditnehmern die Verfügung über einen bestimmten Geldbetrag eingeräumt wird“, angesehen würden. Demgegenüber könne bei Übernahme eines bereits erschöpften revolvierenden Kredites von der Möglichkeit, „über einen bestimmten Geldbetrag zu verfügen“, nicht die Rede sein. § 33 TP 19 Abs. 1 GebG gehe davon aus, daß der Kredit vom Kreditnehmer zumindest einmal auch ausgenützt werden könne. Bei der Übernahme eines erschöpften Kredites sei dies nicht der Fall.
Die Beschwerdeführerin vertritt weiters die Auffassung, daß beim Wechsel der Parteien eines Kreditvertrages das Grundverhältnis identisch bleibe. Es sei nicht einzusehen, warum ein identes Rechtsgeschäft zweimal der Kreditgebühr unterliegen soll. Es sei auch kein Grund gegeben, weshalb vorliegendenfalls nicht von einer der Gebühr nicht unterliegenden Schuldübernahme gesprochen werden könne. Zumindest für die Übernahme eines einmal ausnützbaren Kredites habe dies die Verwaltungspraxis auch anerkannt. Mit jeder Schuldübernahme würden „automatisch“ auch die Rechte des Schuldners, wie das Recht Quittungen für Zahlungen zu verlangen, auf den Übernehmer übergehen. In ihrer Verfahrensrüge wirft die Beschwerdeführerin die Frage auf, ob tatsächlich alle Parteien die in Rede stehenden Kreditübernahmserklärungen tatsächlich und mit der Absicht, ein Beweisstück zu schaffen, unterschrieben hätten. Die belangte Behörde hätte auch feststellen müssen, ob im vorliegenden Fall der jeweils vorgesehene Kreditrahmen bei Unterfertigung der Kreditübernahmserklärungen ausgeschöpft gewesen sei.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 GebG in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung unterliegen Kreditverträge, mit welchen den Kreditnehmern die Verfügung über einen bestimmten Geldbetrag in inländischer Währung eingeräumt wird, von der vereinbarten Kreditsumme der Gebühr von 0,8 v.H., wenn der Kreditnehmer über die Kreditsumme nur einmal oder während einer bis zu fünf Jahren vereinbarten Dauer des Kreditvertrages mehrmals verfügen kann (Z. 1), im übrigen in der Höhe von 1,5 v.H. der Bemessungsgrundlage (Z. 2).
Im Beschwerdefall ist strittig, ob mit dem Abschluß der beiden als „Kreditübernahmserklärungen“ bezeichneten Verträge vom 7. Dezember 1978 der gebührenpflichtige Tatbestand im Sinne dieser Gesetzesstelle erfüllt worden ist. Die Beschwerdeführerin erblickt darin eine bloße Schuldübernahme im Sinne der §§ 1405 ff ABGB, nicht aber eine Vertragsübernahme, die gebührenrechtlich mit der Neubegründung der neu übernommenen Kreditschuldverhältnisse gleichgesetzt werden müßte (vgl. Frotz-Hügl-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, § 21 B III 1 lit. d und e).
Der Ansicht der Beschwerdeführerin, daß gegenständlich der Fall einer Schuldübernahme, nicht aber der Fall einer Vertragsübernahme vorliegt, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Die Beschwerdeführerin übersieht, daß kraft ausdrücklicher Vertragsbestimmung die neuen Kreditnehmer an die Stelle der alten Kreditnehmer getreten sind, sodaß neben den Pflichten auch die Rechte der ursprünglichen Kreditnehmer übertragen wurden. In den in Rede stehenden „Kreditübernahmserklärungen“ ist daher nicht bloß eine Schuldübernahme, sondern der Eintritt in die gesamte Rechtsstellung der früheren Kreditnehmer (also einer Vertragsübernahme) zu erblicken (vgl. Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I, S 248 f). Das auch im Falle einer Schuldübernahme bestehende Recht des eintretenden Schuldners, Quittungen für Zahlungen zu verlangen, rechtfertigt es demgegenüber nicht, die Begriffe der Schuldübernahme und Vertragsübernahme gleichzusetzen.
Wenn die Beschwerdeführerin die Tatbestandmäßigkeit des im Beschwerdefall vorliegenden Sachverhaltes deswegen in Abrede stellt, weil die neuen Kreditnehmer im Umfang der Ausnützung des Kredites durch die früheren Kreditnehmer keine Verfügungsmöglichkeit über den Kredit erhalten hätten, so wäre ihr zuzustimmen, wenn es sich vorliegendenfalls um Einmalkredite handeln würde. Nach den aktenkundigen Vereinbarungen liegen jedoch gegenständlich Fälle revolvierender Kredite vor, bei denen sich die Verfügungsmöglichkeit des neuen Kreditnehmers unabhängig vom Ausmaß der Ausnützung des Kredites durch den früheren Kreditnehmer bei Rückzahlung der Kreditsumme immer wieder neu ergibt (vgl. Frotz-Hügl-Popp, a.a.O.). Daher spielt es auch keine Rolle, in welchem Ausmaß die früheren Kreditnehmer den Kredit im Zeitpunkt der Kreditübernahmserklärungen ausgenützt hatten, sodaß auch die diesbezügliche Verfahrensrüge ins Leere geht.
Auch das Argument der Beschwerdeführerin, es sei nicht einzusehen, weswegen ein im Grundverhältnis identisches Rechtsgeschäft im Falle des Parteienwechsels ein zweites Mal der Kreditgebühr unterliegen soll, ist verfehlt, da es gegenständlich nur auf die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes, nicht aber darauf ankommt, ob bzw. inwieweit das vereinbarte Rechtsgeschäft zuvor auch schon Gegenstand eines zwischen anderen Parteien geschlossenen Vertrages war.
Soweit sich die Beschwerdeführerin auf erlaßmäßige Regelungen beruft, die nicht Verordnungscharakter aufweisen, so stellen diese keine für den Verwaltungsgerichtshof beachtliche Rechtsquelle dar. Die Beschwerdeführerin vermag selbst für den Fall, daß die belangte Behörde gegen diese erlaßmäßigen Anordnungen verstoßen hätte, daraus keine vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbaren Rechte für sich abzuleiten.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die möglicherweise fehlenden Unterschriften von Vertragsparteien steht mit dem Akteninhalt in Widerspruch. Die von der Beschwerdeführerin verlangte Absicht der die Kreditübernahmserklärungen unterfertigenden Parteien, ein Beweismittel zu schaffen, ist nach den Vorschriften der §§ 15 bis 17 GebG nicht Tatbestandsmerkmal für die Gebührenpflicht eines Rechtsgeschäftes.
Soweit die Beschwerdeführerin letztlich durch Verweisung auf ihr Vorbringen im Abgabenverfahren einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ins Treffen führt, so ist ihr zuzugestehen, daß die gewählte Gestaltung offenbar auf der vom Finanzamt erteilten unrichtigen Auskunft beruht, derzufolge Vorgänge der nunmehr vergebührten Art gebührenfrei seien. Dieser Einwand konnte jedoch wegen des zwingenden Charakters der in Betracht kommenden gebührenrechtlichen Vorschriften nicht in dem die Festsetzung von Kreditvertragsgebühren betreffenden Abgabenverfahren zum Erfolg führen. Er kann allerdings in einem allfälligen Nachsichtsverfahren von Bedeutung sein.
Da sohin dem angefochtenen Bescheid die ihm zur Last gelegte Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die gegen ihn gerichtete Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 als unbegründet abzuweisen.
Die Kostentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr.221.
Wien, am 27. Jänner 1983
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1983:1981150120.X00Im RIS seit
23.11.2020Zuletzt aktualisiert am
23.11.2020