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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak, Hofrat Mag. Haunold und Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 2. September 2019, LVwG-2019/48/1183-11, betreffend aufschiebende Wirkung in einer Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. M K, 2. G K, 3. E H, 4. M H, 5. Mag. E F, 6. W F, 7. S G, 8. Mag. S P, 9. H E, 10. DI (FH) C S und 11. Mag. N H, alle vertreten durch Mag. Manfred Kantner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit Bescheid vom 18. April 2019 erteilte der Stadtmagistrat I. (in der Folge: Amtsrevisionswerber) der T GmbH und der R GmbH (in der Folge: Bauwerber) die Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage auf näher bezeichneten Grundstücken der KG W. Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien als Nachbarn eine mit einem näher begründeten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbundene Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol (in der Folge: LVwG). Mit Bescheid des Amtsrevisionswerbers vom 6. Juni 2019 wurde der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 65 Abs. 2 Tiroler Bauordnung 2018 (TBO 2018) abgewiesen.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das LVwG der von den mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid vom 6. Juni 2019 erhobenen Beschwerde statt und erkannte der Beschwerde gegen die Baubewilligung vom 18. April 2019 die aufschiebende Wirkung zu (Spruchpunkt 1.); gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.).
6 In der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision führt der Amtsrevisionswerber zu deren Zulässigkeit aus, entgegen den Ausführungen des LVwG liege gegenständlich eine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, nämlich „ob das Vorbringen von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten in einer Beschwerde in Kombination mit der fehlenden Parteistellung in baupolizeilichen Verfahren die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung“ begründe. Da die Entscheidung Folgewirkungen „für alle“ beim Amtsrevisionswerber anhängigen Bauverfahren nach sich ziehe, sei die Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung. Es bestehe keine Judikatur in Bezug auf die Tiroler Bauordnung und seien „die vorliegenden Erkenntnisse zu anderen Bauordnungen bzw. allgemeinen Verfahrensvorschriften uneinheitlich“.
7 Mit diesem Vorbringen wird für den Revisionsfall keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt:
8 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist die Entscheidung über die Zuerkennung bzw. Aberkennung (Ausschluss) der aufschiebenden Wirkung das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Wurde diese Interessenabwägung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel (vgl. dazu VwGH 30.7.2019, Ra 2019/05/0114, mwN).
9 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2019/06/0243 und 0244, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zweiter Satz verwiesen wird, ausgeführt hat, ist das LVwG im angefochtenen Erkenntnis unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. März 1994, AW 94/06/0004 und vom 17. Oktober 1996, AW 96/06/0034, im Rahmen seiner gemäß § 65 Abs. 2 TBO 2018 vorzunehmenden Interessenabwägung unter Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes zu der Beurteilung gelangt, dass im gegenständlichen Fall im Interesse der mitbeteiligten Parteien im Baubewilligungsbescheid konkrete Sicherungsmaßnahmen, und nicht nur die Bestellung eines Baubeauftragten gemäß § 39 TBO 2018 vorzuschreiben gewesen wären. Dieser Beurteilung tritt (auch) der Amtsrevisionswerber in den Zulässigkeitsgründen der vorliegenden Revision nicht entgegen und zeigt damit jedenfalls eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung der durch das LVwG vorgenommenen Interessenabwägung nicht auf.
10 Soweit der Amtsrevisionswerber in seiner Zulässigkeitsbegründung vorbringt, „die vorliegenden Erkenntnisse zu anderen Bauordnungen bzw. allgemeinen Verfahrensvorschriften“ seien uneinheitlich, und es stelle sich die Frage, „ob das Vorbringen von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten in einer Beschwerde in Kombination mit der fehlenden Parteistellung in baupolizeilichen Verfahren die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung“ begründe, und damit offenbar auf den vom LVwG im angefochtenen Erkenntnis auch zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 2019, Ra 2019/05/0002, abzielt, ist dazu, wie schon im Beschluss vom heutigen Tag zu Ra 2019/06/0243 und 0244, ausgeführt, festzuhalten, dass es angesichts der das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses bereits für sich tragenden Begründung unter Bezugnahme auf die genannten Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes zu AW 94/06/0004 und AW 96/06/0034 auf Überlegungen, wie sie im Beschluss vom 13. Februar 2019, Ra 2019/05/0002, angestellt wurden, nicht mehr entscheidungswesentlich ankommt.
11 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 16. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019060242.L00Im RIS seit
23.11.2020Zuletzt aktualisiert am
23.11.2020