TE Vwgh Beschluss 2020/10/28 Ra 2020/10/0065

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Veröffentlicht am 28.10.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
72/13 Studienförderung

Norm

B-VG Art133 Abs4
StudFG 1992 §19 Abs2 Z3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §24 Abs1
VwGVG 2014 §24 Abs4

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.aWurzer, über die Revision des M P in K, vertreten durch Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk, Dr. Maria Skof, MMag. Maja Ranc und Mag. Sara Julia Grilc, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14/III, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. April 2020, Zl. W203 2227271-1/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Studienförderungsgesetz 1992 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Klagenfurt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde in der Sache der Antrag des Revisionswerbers auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit des ersten Studienabschnittes des Studiums „Lehramtsstudium UF Deutsch und UF Englisch“ gemäß § 19 Abs. 6 Z 2 und § 20 Abs. 2 Studienförderungsgesetz abgewiesen (A) und ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig sei (B).

2        Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Studienzeitüberschreitung (im ersten Studienabschnitt) betrage verfahrensgegenständlich zehn Semester. In Summe hätten sowohl das Studium des Revisionswerbers im Ausland als auch die körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen des Revisionswerbers, die dieser als Folge eines Überfalls im August 2016 erlitten habe, das Studium nicht mehr als drei Semester verzögert, sodass in Summe keine ausreichenden Rechtfertigungsgründe für eine Studienverzögerung im Ausmaß der zweifachen Studienzeit des ersten Studienabschnittes zuzüglich eines Semesters (somit von mehr als fünf Semestern) vorlägen.

3        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        Die vorliegende Revision moniert in den Zulässigkeitsausführungen allein das Unterbleiben der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Sie zeigt damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht auf:

7        Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG 2014 auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchzuführen, welche der Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie der Erhebung der Beweise dient. Als Ausnahme von dieser Regel kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Antrages gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG 2014 von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dies ist dann der Fall, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre (vgl. etwa VwGH 3.10.2016, Ra 2016/06/0090, mwN).

8        Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht das Unterbleiben der mündlichen Verhandlung begründet und dabei dargelegt, dass (auch) keine Verpflichtung zur amtswegigen Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestand.

9        Soweit die Revision in diesem Zusammenhang vorbringt, dass (im Rahmen einer mündlichen Verhandlung) Fragen der Beweiswürdigung zu den aus einem Überfall resultierenden physischen und psychischen Belastungen des Revisionswerbers zu beurteilen wären, ist dem entgegen zu halten, dass das Verwaltungsgericht in seinen rechtlichen Erwägungen mit näherer Begründung dargelegt hat, dass der Revisionswerber auch unabhängig von dem erwähnten Überfall die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Erteilung der Nachsicht von der Studienzeitüberschreitung nicht erfüllt hat. Dagegen bringt die Revision nichts vor (vgl. zur Unzulässigkeit einer Revision im Falle einer tragfähigen Alternativbegründung etwa VwGH 29.7.2020, Ra 2020/10/0075).

10       Soweit die Revision zur Zulässigkeit weiters ausführt, es wäre beweiswürdigend zu beurteilen gewesen, in welchem Umfang der Revisionswerber seinen Vater pflegen musste, ist dem zu entgegnen, dass der Revisionswerber seiner Verpflichtung zur konkreten Darlegung des Einflusses der Pflegebedürftigkeit seines Vaters auf seinen Studienfortgang nicht nachgekommen ist (vgl. VwGH 13.5.2011, 2007/10/0112), zumal der Revisionswerber - den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis zufolge - angegeben hat, dass die Betreuung des pflegebedürftigen Vaters auch durch andere Familienmitglieder erfolgen könne.

11       Mit der im Zulässigkeitsvorbringen aufgeworfenen Frage, ob eine Unterbrechung des Studiums möglich gewesen wäre, oder ob dies zu einem anderen Curriculum und dadurch zum Verlust des Anspruchs auf Familienbeihilfe geführt hätte, wird fallbezogen eine rein hypothetische Frage vorgebracht.

12       Auf die schließlich aufgeworfene Frage, „inwieweit die zweifache Änderung der Kurse in den Jahren 2012 und 2015 berücksichtigungswürdige Folgen nach sich zog“, ist zu erwidern, dass das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen ist, dass in einer - alle Studierenden gleichermaßen betreffenden - Änderung des Curriculums kein spezifisch den Revisionswerber betreffender Umstand und sohin (von vornherein) kein wichtiger Grund im Sinne des § 19 Abs. 2 Z 3 StudFG („jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.“) für die Verlängerung der Anspruchsdauer für die Gewährung von Studienbeihilfe erblickt werden kann.

13       Die Revision zeigt somit weder auf, dass die erwähnten Voraussetzungen für das Absehen von einer mündlichen Verhandlung nach § 24 VwGVG nicht vorgelegen wären, noch werden in der vorliegenden Rechtssache Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung gemäß Art. 6 EMRK eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. zur Abweisung eines Antrags auf Gewährung einer Studienbeihilfe etwa VwGH 22.10.2013, 2011/10/0175, mwN).

14       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Oktober 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100065.L00

Im RIS seit

22.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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