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L34001 Abgabenordnung Burgenland;Norm
BAO §181 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/17/0195Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerden
1. der J GmbH und 2. des Dr. G, beide vertreten durch Dr. R und Dr. T, Rechtsanwälte in S, gegen die Bescheide der Burgenländischen Landesregierung je vom 29. April 1997,
1. Zl. VI/3-2663-1997 und 2. Zl. VI/3-3915-1996, jeweils betreffend Aussetzung eines Verfahrens i.A. des Tourismusförderungsbeitrages für 1995 und 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Burgenland hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von je S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit den jeweils vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheiden setzte die belangte Behörde gemäß § 211 der Burgenländischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963 in der geltenden Fassung, die Entscheidung über die von den beschwerdeführenden Parteien eingebrachten Berufungen gegen die Vorschreibung von Tourismusförderungsbeiträgen aus.
1.2. Die beschwerdeführenden Parteien bekämpfen diese Bescheide jeweils wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Sie erachten sich in ihrem Recht "darauf, daß eine Aussetzung nur dann bewilligt werden darf, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür vorliegen, verletzt" und beantragen die Aufhebung der bekämpften Bescheide.
1.3. Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und jeweils Gegenschriften erstattet, in denen sie den Antrag stellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Beschwerdesachen zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung wegen des sachlichen Zusammenhanges über die Beschwerden erwogen:
2.1. Die belangte Behörde hat die bekämpften Bescheide - nach einem Hinweis auf die Bestimmung des § 211 der Burgenländischen Landesabgabenordnung - insofern gleichlautend wie folgt begründet:
"In der Berufung haben Sie angeführt, daß gem. § 27 des Bgld. Tourismusgesetzes 1992 Abs. 1 Besteuerungsgegenstand der Nutzen, welche unmittelbar oder mittelbar auf den Tourismus zurückzuführen ist, sei, und daß Sie durch Ihren Betrieb keinen Nutzen ziehen, welcher unmittelbar oder mittelbar auf den Tourismus zurückzuführen sei; außerdem sei das Beweisverfahren mangelhaft gewesen.
Weiters haben Sie angeführt, daß der Tourismusförderungsbeitrag nach dem Burgenländischen Tourismusgesetz eine, nach Art. 33 der
6. Mehrwertsteuerrichtlinine der EU, unzulässige umsatzsteuerähnliche Abgabe sei.
Da derzeit ähnlich gelagerte Fälle beim Verfassungsgerichtshof anhängig sind, deren Ausgang für den gegenständlichen Fall durchaus von Bedeutung ist, war spruchgemäß zu entscheiden und die Entscheidung über die Berufung auszusetzen."
§ 211 der Burgenländischen LAO, Landesgesetzblatt für das Burgenland Nr. 2/1963, regelt die Aussetzung des Berufungsverfahrens:
"(1) Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Berufung anhängig oder schwebt sonst vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist, so kann die Entscheidung über diese unter Mitteilung der hiefür maßgebenden Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen.
(2) Eine Aussetzung der Entscheidung gemäß Abs. 1 ist von der Abgabenbehörde zweiter Instanz auszusprechen. Nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens, das Anlaß zur Aussetzung gemäß Abs. 1 gegeben hat, ist das ausgesetzte Berufungsverfahren von Amts wegen fortzusetzen."
Schon eine erste, am Wortlaut orientierte Auslegung der soeben zitierten Gesetzesbestimmung zeigt, daß der Bescheid, mit dem ein anhängiges Berufungsverfahren ausgesetzt wird, einer Begründung zumindest insoweit bedarf, als die hiefür maßgebenden Gründe der Partei bekanntzugeben sind. Dazu zählen jedenfalls auch die für die zwingend vorgeschriebene Interessenabwägung maßgebenden Erwägungen. Darüber hinaus muß dem Bescheid im Sinne des § 211 leg.cit. im Hinblick auf dessen Absatz 2 mit hinreichender Deutlichkeit entnehmbar sein, welches Verfahren Anlaß zur Aussetzung (gemäß Abs. 1 leg. cit.) gegeben hat. Dies ergibt sich schon daraus, daß die belangte Behörde nach der ausdrücklichen Gesetzesanordnung nach dem rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens, das Anlaß zur Aussetzung gegeben hat, das ausgesetzte Berufungsverfahren von Amts wegen fortzusetzen hat; die belangte Behörde kann daher säumig mit der Erlassung eines das Berufungsverfahren abschließenden Bescheides werden. Zur Wahrung der sich aus der allfälligen Säumnis ergebenden Rechte der Partei (etwa Säumnisbeschwerde) muß diese aber in der Lage sein, den Zeitraum, für den die Aussetzung des Verfahrens wirksam (und somit keine Säumnis gegeben) ist, zu überprüfen.
2.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid - auch nicht in dessen Begründung - kein bestimmtes Verfahren genannt, dessen rechtskräftige Beendigung abgewartet werden soll. Sie hat insofern nur auf den Umstand verwiesen, daß "derzeit ähnlich gelagerte Fälle beim Verfassungsgerichtshof anhängig" seien, ohne jedoch diese im einzelnen zu bezeichnen. Sie ist daher insoweit ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen.
Die belangte Behörde hat weiters nicht zu erkennen gegeben, ob sie die vorgesehene Interessenabwägung, bei der auch die Gefahr eines Verlustes der "Ergreiferprämie" gemäß Art. 140 Abs. 7 letzter Satz B-VG infolge der durch die Aussetzung bewirkten Verfahrensverzögerung in Anschlag zu bringen ist (vgl. Stoll, BAO Komm. Bd 3, 2751 ff), überhaupt vorgenommen hat und welche Erwägungen sie bejahendenfalls dabei zugrundegelegt hat. Dieser Umstand hindert die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit, sodaß auch deshalb der belangten Behörde ein Verstoß gegen die Begründungspflicht zur Last fällt.
2.3. Im Hinblick auf die dargelegten Erwägungen waren die bekämpften Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, wobei schon deshalb nicht weiter erörtert werden mußte, ob der Hinweis auf "ähnlich gelagerte Fälle" ausreichend darlegt, daß der Ausgang dieser Fälle von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufungen ist, wie dies § 211 Abs. 1 der Burgenländischen Landesabgabenordnung normiert.
2.4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997170193.X00Im RIS seit
03.04.2001