Entscheidungsdatum
16.06.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W102 2149044-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 03.02.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.08.2019 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan erteilt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für ein Jahr erteilt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der damals minderjährige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellte am 12.11.2015 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung am 12.11.2015 gab der Beschwerdeführer zum Fluchtgrund befragt im Wesentlichen an, sein Vater habe in Afghanistan Drogen konsumiert und Mutter und Kinder oft geschlagen. Ein Jahr zuvor habe der Vater sie umbringen wollen, die Mutter habe dabei auch Verletzungen am Oberarm erlitten. Deshalb habe er Afghanistan verlassen. Im Fall der Rückkehr habe er Angst vor seinem Vater.
In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.12.2016 führte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, sein Vater habe den Beschwerdeführer, seine Mutter und seine Geschwister regelmäßig geschlagen. Einmal sei er nachhause gekommen und habe die Mutter mit einem Messer angegriffen, an den Haaren gerissen und gegen die Wand geschlagen. Der Vater habe sie umbringen wollen, seine zweite Frau habe ihn jedoch zurückgehalten und in einen anderen Raum gebracht. Am nächsten Tag seien sie zur Tante des Beschwerdeführers gegangen, die sie in der Scheune versteckt habe, bis der Vater begonnen habe, nach ihnen zu suchen. Dieser habe die Tante bedroht und die Tante und ihr Mann hätten eine Wohnung für die Mutter des Beschwerdeführers, den Beschwerdeführer und seine Geschwister gefunden, wo sie kostenlos bei einem wohlhabenden Mann hätten wohnen können. Sie hätten dort das Vieh gehütet und Schafwolle hergestellt. Mit dem Sohn des Vermieters sei der Beschwerdeführer in den Iran gegangen, um zu arbeiten. Im Fall der Rückkehr habe der Beschwerdeführer Angst vor seinem Vater, dieser würde ihn töten. Es gebe auch Taliban, diese könnten dem Beschwerdeführer vielleicht etwas antun.
Am 28.12.2016 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein, in der zusammengefasst ausgeführt wird, der Beschwerdeführer müsse Misshandlungen eines Familienangehörigen fürchten und drohe ihm daher asylrelevante Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie. Vor Übergriffen des Vaters werde der Beschwerdeführer durch den Staat nicht ausreichend geschützt. Die Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz sei schlecht, eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht. Zudem finden sich Ausführungen zur Lage der Hazara.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 03.02.2017, zugestellt am 16.02.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe seinen Heimatstaat lediglich verlassen, um im Iran zu arbeiten und sei nach Österreich gekommen, um ein besseres Leben zu führen. Er habe keine asylrelevanten Gründe geltend und glaubhaft gemacht. Der Beschwerdeführer könne in einer sicheren Provinz leben, sei nach österreichischem Gesetz zwar minderjährig, jedoch in seiner Heimat voll geschäftsfähig. Er verfüge über Anknüpfungspunkte, deren Unterstützung er erwarten könne.
3. Gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2017 richtet sich die am 02.03.2017 bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde, in der ausgeführt wird, der Beschwerdeführer habe sehr wohl asylrelevante Verfolgungshandlungen von Seiten des Vaters geltend gemacht, er sei vor dem gewalttätigen Vater geflüchtet, der schlussendlich auch die Tante mit dem Umbringen bedroht habe. Zu seinen Fluchtgründen habe der Beschwerdeführer vordergründig immer die schweren Misshandlungen und die physische Gewalt des Vaters. Fehlende Übergriffe des Vaters würden kein fehlendes Risiko bedeuten. Die Beurteilung der Behörde fuße auf unsachlichen Spekulationen ohne Begründungswert. Das Vorbringen sei lebensnah und konsistent. Eine Würdigung der Verfolgungsgefahr aufgrund der Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers sei unterblieben. Das junge Alter des Beschwerdeführers sei nicht berücksichtigt worden. Die Herkunftsprovinz sei nicht sicher und nicht sicher erreichbar. Der Beschwerdeführer könne keine Unterstützung erhalten. Der Beschwerdeführer könne sich nicht in einem anderen Landesteil niederlassen. Er würde bezogen auf das gesamte Staatsgebiet in eine ausweglose Lage geraten.
Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes am 12.08.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin, eine im Akt namentlich genannte Vertrauensperson des Beschwerdeführers und eine Dolmetscherin für die Sprache Dari teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen einer Verfolgung durch Vater im Wesentlichen aufrecht. Zudem ergänzte er, dass er wegen seines Besuchs der Modeschule von den Taliban als Ungläubiger betrachte würde und auch wegen seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit von ihnen verfolgt werde.
Am 05.09.2019 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers am Bundesverwaltungsgericht ein, in der ausgeführt wird, der Beschwerdeführer werde vom Vater bedroht und fürchte zudem Verfolgungshandlungen von Seiten der Taliban infolge seines in Österreich gelebten westlichen Lebensstils. Sicherheits- und Versorgungslage seien schlecht und der Beschwerdeführer gut integriert.
Mit Schreiben vom 08.04.2020 brachte das Bundesverwaltungsgericht aktuelle Länderberichte in das Verfahren ein und gab dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde die Gelegenheit zur Stellungnahme.
Am 13.05.2020 langte die Stellungnahme des Beschwerdeführers ein, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, die Versorgungslage sei schlecht, eine Niederlassung in Herat oder Mazar-e Sharif nicht zumutbar. Durch COVID-19 habe sich die Rückkehrsituation verschlechtert. Die Krankheit breite sich unkrontrolliert aus, Rückkehrer würden stigmatisiert. Es gebe Ausgangssperren. Der Beschwerdeführer könne nicht Fuß fassen.
Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:
? Mehrere Empfehlungsschreiben
? Teilnahmebestätigungen für Deutschkurse und andere Bildungsangebote
? Bestätigung für Teilnahme an diversen Vereinsaktivitäten
? Mehrere Schulbesuchsbestätigungen, Zeugnisse und andere Schulunterlagen
? Vereinsbestätigung
? Pflichtschulabschlussprüfungszeugnis
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, wurde am XXXX geboren und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari.
Der Beschwerdeführer ist gesund und in in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer wurde in einem Dorf im Distrikt Jaghori, Provinz Ghazni geboren, wo er zunächst mit seinen Eltern, einer jüngeren Schwester und zwei jüngeren Brüdern lebte. Der Beschwerdeführer hat in Jaghori fünf Jahre die Schule besucht.
Zuletzt vor seiner Ausreise nach Europa lebte der Beschwerdeführer etwa ein Jahr im Iran, wo er auf Baustellen arbeitete.
Mutter und Geschwister des Beschwerdeführers sind nach wie vor in Afghanistan aufhältig. Zu ihnen besteht Kontakt. Sie leben in XXXX , Distrikt Jaghori.
Auch die Tante des Beschwerdeführers lebt mit ihrem Mann in XXXX .
Über den Aufenthaltsort seines Vaters hat der Beschwerdeführer keine Kenntnis. Zu ihm besteht seit längerem kein Kontakt.
Im Bundesgebiet hat der Beschwerdeführer einige Deutschkurse besucht und weitere Bildungsangebote in Anspruch genommen. Zudem hat er die Schule besucht und den Pflichtschulabschluss nachgeholt. Seit dem Schuljahr 2016/2017 besucht der Beschwerdeführer eine Modeschule.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
Der Vater des Beschwerdeführers war drogensüchtig und gewalttätig. Er misshandelte seine Frau und seine Kinder. Den Beschwerdeführer beschimpfte er, trat ihn und schlug ihn, auch mit Fäusten oder einen Holzstock. Nachdem der Vater des Beschwerdeführers eine weitere Frau geheiratet hatte, verließ er die Familie.
Der Beschwerdeführer ging in den Iran, um dort zu arbeiten.
Im Fall der Rückkehr in die Herkunftsprovinz drohen dem Beschwerdeführer keine Übergriffe oder Misshandlungen durch den Vater.
Dem Beschwerdeführer drohen im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat keine Übergriffe wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam.
Dass dem Beschwerdeführer wegen dem Besuch einer Modeschule in Österreich im Herkunftsstaat Übergriffe und Misshandlungen durch die Taliban drohen, ist nicht zu erwarten. Dass ihm im Fall der Rückkehr Apostasie unterstellt würde, oder ihm Übergriffe drohen würden, weil er als „verwestlicht“ wahrgenommen würde, ist nicht zu erwarten.
1.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat
Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.
Die Sicherheitslage in der Provinz Ghazni hat sich zuletzt verschlechtert, die Provinz zählt zu den besonders volatilen Provinzen des Herkunftsstaates. Im Jahr 2018 kam es zu einem Anstieg der zivilen Opfer um 84 % gegenüber 2018, ebenso 2018 kam es zu heftigen Kämpfen zwischen Taliban und afghanischen Streitkräften. Im November 2019 starteten die Taliban eine Großoffensive gegen die Hazara-Gebiete in Jaghuri und Malistan und wurden gegen Ende November wieder vertrieben. In der ersten Hälfte des Jahres 2019 gehörte Ghazni ebenso zu den aktivsten Konfliktgebieten. Jaghuri ist umkämpft. Insbesondere die Straßen in Ghazni sind unsicher, eine Anreise von Kabul aus über den Highway 1 ist aufgrund der Präsenz der Taliban entlang der Straße in Ghazni gefährlich.
Der Beschwerdeführer kann seinen Herkunftsdistrikt nicht auf sicherem Weg erreichen, insbesondere droht ihm die Gefahr, auf dem Weg dorthin auf der Straße im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Übergriffe Aufständischer misshandelt oder verletzt zu werden bzw. zu Tode zu kommen. Auch im Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsdistrikt besteht die Gefahr, dass er im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Übergriffe Aufständischer misshandelt oder verletzt wird bzw. zu Tode zu kommt.
Kabul, Herat und Balkh zählen zu den am stärksten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Teilen Afghanistans. Die Krankheit breitet sich im ganzen Land aus. Zur Bekämpfung des Virus wurden im gesamten Land Ausganssperren verhängt, die zur Schließung ganzer Stadtteile geführt haben. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt. Davon betroffen sind insbesondere Tagelöhner, die über keine alternativen Einkommensquellen verfügen. Die Lebensmittelpreise sind stark gestiegen. Zuletzt wurden die landesweiten Maßnahmen am 06.06.2020 um drei Monate verlängert. Geschlossen sind alle Schulen und Bildungszentren, Hotels, Parks, Sporteinrichtungen und andere öffentliche Orte. Der öffentliche Verkehr ist eingestellt, Restaurants und Cafes dürfen nur „Take-away“-Service anbieten.
Die Wirtschafts- und Versorgungslage in Afghanistan war bereits zuvor schlecht. Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt. Armutsrate und Arbeitslosigkeit sind hoch. Die afghanische Wirtschaft stützt sich hauptschlich auf den informellen Sektor, der 80 bis 90 % der Wirtschaftsleistung ausmacht und weitgehend das tatsächliche Einkommen der afghanischen Haushalte bestimmt.
Finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit existiert in Afghanistan nicht. Sozialleistungen gibt es – abseits von Pensionen in sehr wenigen Fällen, kostenloser Bildung und Gesundheitsversorgung – nicht.
Dem Beschwerdeführer wäre es im Fall einer Niederlassung in Herat (Stadt), Mazar-e Sharif oder Kabul (Stadt) nicht möglich, seinen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen zu bestreiten und seine Lebensgrundlage zu erwirtschaften. Mit ausreichender Unterstützung durch seine Angehörigen ist nicht zu rechnen. Ihm wäre es im Fall einer Niederlassung in Herat (Stadt), Mazar-e Sharif oder Kabul (Stadt) nicht möglich, Fuß zu fassen. Er liefe Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Kleidung nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit und Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, sowie seiner Muttersprache ergeben sich aus den gleichbleibenden plausiblen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und dem Bundesverwaltungsgericht. Auch die belangte Behörde legte diese Angaben des Beschwerdeführers ihrer Entscheidung zugrunde.
Dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich daraus, dass ein anderslautendes Vorbringen nicht erstattet und im Lauf des Verfahrens auch keine ärztlichen Unterlagen vorgelegt wurden, die eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers nachweisen würden. Zudem verneinte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.08.2019 diesbezüglich befragt, regelmäßig Medikamente zu nehmen oder sich in medizinischer Behandlung zu befinden (Verhandlungsprotokoll, OZ 5, S. 3).
Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.
Die Feststellungen zu Herkunft und Lebenswandel des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat beruhen auf seinen gleichbleibenden und plausiblen Angaben. Auch dass er fünf Jahre die Schule besucht hat und ein Jahr im Iran lebte und auf Baustellen arbeitete, hat der Beschwerdeführer gleichbleibend angegeben. Die belangte Behörde zog diese Angaben nicht in Zweifel.
Die Feststellungen zum Verbleib der Angehörigen des Beschwerdeführers beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.08.2019 (Verhandlungsprotokoll, OZ 5, S. 3), wo der Beschwerdeführer auch angab, er habe zwei bis drei Wochen zuvor zuletzt Kontakt zu seiner Familie gehabt und mit seiner Mutter gesprochen. Diese würden sich nach wie vor am festgestellten Ort aufhalten. Seither wurde anders Vorbringen nicht erstattet (z.B. Stellungnahme OZ 12).
Dass Tante und Mann ebenso in XXXX leben, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 19.12.2016 (AS 67), sowie aus den Zusammenhängen des Fluchtvorbringens, wobei seither Änderungen ebenso nicht vorgebracht wurden.
Dass zum Vater kein Kontakt besteht, hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.08.2019 bestätigt (Verhandlungsprotokoll, OZ 5, S. 4), vor dem Hintergrund des Fluchtvorbringens (siehe hierzu Beweiswürdigung unter 2.2.) erscheint dies auch plausibel.
Die Feststellungen zum Lebensweg des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.08.2019 vorgelegten Bestätigungen und Zeugnissen und den plausiblen Angaben des Beschwerdeführers.
2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
Die Feststellungen zur Gewalttätigkeit des Vaters beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.12.2016 sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.08.2019. Hier schilderte der Beschwerdeführer in einem erkennbar emotional aufgewühlten Zustand das Verhältnis zum Vater und dessen Gewalttätigkeit. Dass der Vater schließlich eine weitere Frau heiratete und die Familie verließ, hat der Beschwerdeführer ebenso im Wesentlichen gleichbleibend angegeben. Zudem ist dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 13.11.2019, Kapitel 18. Relevante Bevölkerungsgruppen, zu entnehmen, dass Gewalt im familiären Rahmen gegen Frauen und Kinder in Afghanistan ein weitverbreitetes Problem darstellt.
Dass er in den Iran ausgereist ist, um dort zu arbeiten, hat der Beschwerdeführer selbst angegeben. So schilderte er in der niederschriftlichen Einvernahme am 19.12.2016, der Sohn des Vermieters habe ihm vorgeschlagen, mit ihm in den Iran zu gehen und dort zu arbeiten (AS 71). Zwar bejaht der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sodann, er habe Afghanistan aufgrund des Konfliktes mit seinem Vater verlassen und habe Angst vor seinem Vater (OZ 5, S. 4) und erscheint diese Angst auch subjektiv verständlich, allerdings nicht als objektiv begründet. So gibt der Beschwerdeführer nicht an, dass nach seiner Ausreise ein Übergriff durch den Vater gegen Mutter oder Geschwister stattgefunden hätte (OZ 5, S. 4-5), obwohl er gleichzeitig behauptet, der Vater würde die Familie suchen. Dies erscheint in Zusammenschau mit den Angaben des Beschwerdeführers, denen zufolge der Vater die Familie verlassen habe, er seither nicht wisse, wo dieser lebe und kein Kontakt bestehe, nicht konsistent. Zudem stellt der Beschwerdeführer damit die letztendliche Trennung der Eltern im Übrigen anders dar, als er dies in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde getan hatte, als er die Mutter als treibende Kraft der Trennung beschrieb (AS 71). Zudem schildert der Beschwerdeführer auch die in der niederschriftlichen Einvernahme behauptete Suche des Vaters bei der Tante nicht mehr. Auch, dass der Vater die Familie trotz mehrjähriger Suche und deren unmittelbarer Nähe zum Herkunftsdorf nicht gefunden haben soll, erscheint wenig plausibel. Der Beschwerdeführer begründet dies lediglich damit, dass die Mutter sich zu Hause vor dem Vater verstecke und die Geschwister das Haus nicht verlassen dürften und wenn sie es verließen, die Mutter sie in einer Art kleiden würde, dass sie nicht erkannt würden (OZ 5, S. 5). Insgesamt sind die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich einer aktuellen Bedrohung durch den Vater im Fall der Rückkehr inkonsistent und vage und flicht der Beschwerdeführer sie zudem als allgemein gehaltene Rückkehrbefürchtungen in die Aufzählung andere vage geschilderter Gefahren ein (OZ 5, S. 4). Folglich hat der Beschwerdeführer eine aktuelle, vom Vater ausgehende Gefahr von Misshandlungen oder Übergriffen für den Fall der Rückkehr in die Herkunftsprovinz nicht glaubhaft gemacht und wurde eine entsprechende Feststellung getroffen.
Hinsichtlich der Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers zählt dem Länderinformationsblatt zufolge die schiitische Religionszugehörigkeit wesentlich zum ethnischen Selbstverständnis der Hazara (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 13.11.2019, Kapitel 17. Relevante ethnische Minderheiten, insbesondere Unterkapitel 17.3. Hazara). Bedingt durch die nach der Berichtslage untrennbare Verbundenheit von Ethnie und Religionszugehörigkeit kann den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (in der Folge: UNHCR-Richtlinien), oftmals nicht eindeutig zwischen einer Diskriminierung und Misshandlung aufgrund der Religion einerseits oder aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit andererseits unterschieden werden (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel 5. Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen, Buchstabe a) Religiöse Minderheiten, Unterabschnitt Schiiten, S. 69-70). Daher scheint in diesem Fall eine gemeinsame Betrachtung der Merkmale der Religions- und der Volksgruppenzugehörigkeit geboten.
Weder aus dem Länderinformationsblatt (Kapitel 16. Religionsfreiheit, insbesondere Unterkapitel 16.1. Schiiten sowie Kapitel 17. Relevante ethnische Minderheiten, insbesondere Unterkapitel 17.3. Hazara) noch aus den UNHCR-Richtlinien (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 5. Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen, Buchstabe a) religiöse Minderheiten [S. 66 ff.], insbesondere Unterabschnitt Schiiten [S 69 f.] und Unterkapitel 13. Angehörige ethnischer (Minderheiten-)Gruppen, Buchstabe b) Hazara [S. 106 f.]), ergibt sich, dass es systematisch und verbreitet zu so intensiven Übergriffen gegen schiitische Hazara kommt, dass gleichsam jeder Angehörige dieser Volksgruppe aufgrund seiner Anwesenheit im afghanischen Staatsgebiet mit Übergriffen rechnen muss. Zwar berichtet das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 13.11.2019, von sozialen Ausgrenzungen und Diskriminierung ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag, die nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert werden und auch, dass ethnische Spannungen weiterhin zu Konflikten und Tötungen führen, gleichzeitig ist aber auch von einer grundsätzlichen Verbesserung der Lage der Hazara seit dem Ende der Taliban-Herrschaft sowie von deren Etablierung in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft die Rede. Auch berichtet wird von sozialer Diskriminierung, illegaler Besteuerung, Zwangsrekrutierung, physischer Misshandlung und Festnahme. Eine konkrete Betroffenheit des Beschwerdeführers von derartigen einzelnen Übergriffen ist jedoch nicht ersichtlich und wurde auch nicht konkret und substantiiert dargetan. Der Beschwerdeführer gibt viel mehr lediglich vage und floskelhaft an, er habe auch Angst davor, von den Taliban entführt zu werden und gefoltert zu werden. Es sei allgemein bekannt, dass vor allem schiitische Hazara in Afghanistan verfolgt, bedroht oder getötet würden (OZ 5, S. 4). Diese vom Beschwerdeführer behauptete automatische Betroffenheit aller schiitischen Hazara von Übergriffen der Taliban ergibt sich aber gerade nicht aus dem soeben zitierten Länderinformationsmaterial. Entsprechend wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat keine Übergriffe drohen, weil er der Volksgruppe der Hazara angehört oder sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam bekennt.
Zudem führte der Beschwerdeführer erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.08.2019 aus: „Ich besuche die Modeschule […]. Diese kreativen Sachen, die wir in der Schule entwerfen und produzieren, dürfte es in Afghanistan nicht geben. Der größte Feind von mir sind die Taliban und wenn sie erfahren, dass ich in die Modeschule gehe, heißt das, dass ich ein Ungläubiger bin. Sie denken, dass ich mit Ungläubigen lebe und in einer ungläubigen Kultur lebe.“ (OZ 5, S. 6). Darauf bezugnehmend führt der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 04.09.2019 (OZ 7) sodann aus, ihm würden Verfolgungshandlungen von Seiten der Taliban infolge seines in Österreich gelebten westlichen Lebensstils drohen (S. 2). Es sei zu befürchten, dass dem Beschwerdeführer eine Abkehr vom Islam (Apostasie unterstellt werde (S. 4).
Hierzu ist auszuführen, dass etwa die UNHCR-Richtlinien zwar Vorfälle erwähnen, dass Rückkehrer aus westlichen Ländern von regierungsfeindlichen Gruppierungen bedroht, gefoltert oder getötet wurden, weil sie sich vermeintlich die diesen Ländern zugeschriebenen Werte zu eigen Gemächt hätten und „Ausländer“ geworden seien (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 1. Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, Buchstabe i) Als „verwestlicht“ wahrgenommene Personen, S. 52-53). UNHCR stellt dies jedoch nicht als „Massenphänomen“ dar. Die EASO Country Guidance berichten ebenso davon, dass Personen, die aus westlichen Staaten zurückkehren Ziel von Aufständischen werden können, weil sie als unislamisch wahrgenommen werden könnten. Für Männer wird allerdings berichtet, dieses Risiko sei minimal und von den spezifischen Umständen abhängig (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 13. Individuals perceived as ‘Westernised’, S. 65-66). Mit dem mit Stellungnahme vom 04.09.2019 eingebrachten Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018 vermag der Beschwerdeführer zudem nicht zu belegen, dass ihm konkret Übergriffe drohen, weil ihm Verwestlichung bzw. Apostasie unterstellt würde. So schließt die genannte Gutachterin von den bereits oben zitierten Fällen in generalisierender Weise auf die allgemeine Gefährdung aller Rückkehrer aus dem westlichen Ausland. Dies steht mit den übrigen in das Verfahren eingebrachten Länderberichten – die zudem jüngeren Datums sind – hinsichtlich der von der Gutachterin kolportierten Häufigkeit nicht im Einklang. Keine Berücksichtigung finden zudem etwa Stadt-Land-Unterschiede.
Zudem ist anzumerken, dass das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer zwar zugesteht, dass sich sein „Lebensstil“ bedingt dadurch, dass er sich nunmehr seit dem Jahr 2015 im Bundesgebiet aufhält, von demjenigen eines im Herkunftsstaat verbliebenen jungen Mannes unterscheidet. Jedoch ist dem vorliegenden Länderberichtsmaterial nicht zu entnehmen, dass für Männer – im Unterschied zu Frauen, die einen am „westlichen Gesellschaftsbild“ orientierten selbstbestimmten Lebensstil pflegen wollen – ein am „westlichen“ Gesellschaftsbild orientierter Lebensstil bzw. eine „westliche“ Geisteshaltung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Übergriffe gegen die betroffene Person auslösen. Den Länderinformationen lässt sich etwa entnehmen, dass Frauen in Afghanistan aufgrund bestehender Vorurteile und traditioneller Praktiken, durch die sie marginalisiert werden, mit allgegenwärtiger sozialer, politischer und ökonomischer Diskriminierung konfrontiert sind. Frauen, die vermeintliche soziale Normen und Sitten verletzen – dies sind zum Beispiel Einschränkungen der Bewegungsfreiheit durch die Forderung nach männlicher Begleitung in der Öffentlichkeit oder Beschränkungen der Erwerbsmöglichkeiten – werden stigmatisiert, diskriminiert und ihre Sicherheit ist gefährdet. Besonders gefährdet und kaum in der Lage, zu überleben, sind Frauen ohne männlichen Schutz. (siehe dazu UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 1. Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, Buchstabe h) Frauen im öffentlichen Leben, S. 51 und Buchstabe i) Als „verwestlicht“ wahrgenommene Personen, S. 52). Vergleichbare Einschränkungen in der Lebensführung für Männer ergeben sich aus den vorliegenden Länderinformationen nicht und hat der Beschwerdeführer eine damit vergleichbare Situation für Männer auch nicht behauptet. Der konkrete Bezug, der zur Lebensweise des Beschwerdeführers hergestellt wird, beschränkt sich viel mehr im Wesentlichen darauf, dass es die Produktion westlicher Mode in Afghanistan nicht geben dürfe, sowie, dass die Taliban ihn für einen Ungläubigen halten würden, wenn sie erführen, dass der Beschwerdeführer in eine Modeschule gehe. Der Beschwerdeführer hat jedoch gerade nicht behauptet, dass sein Besuch der Modeschule in Afghansitan bereits bekannt geworden ist. Damit ist auch nicht ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr deshalb Übergriffe durch die Taliban drohen sollten oder ihm deshalb Apostasie unterstellt werden sollte. Ansonsten wurden keinerlei konkrete Anhaltspunkte vorgebracht, aufgrund derer zu erwarten sein sollte, dass dem Beschwerdeführer Apostasie oder Verwestlichung unterstellt werden sollte.
2.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat
Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan beruht auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 13.11.2019, letzte Information eingefügt am 18.05.2020 (in der Folge: Länderinformationsblatt), der EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2019 (in der Folge: EASO Country Guidance) und dem auch deren Grundlage bildenden EASO COI Report. Afghanistan. Security situation. von Juni 2019 sowie den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (in der Folge: UNHCR-Richtlinien), jeweils vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 08.04.2020 in das Verfahren eingebracht.
Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Ghazni beruhen auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.10. Ghazni. Diese Informationen decken sich auch mit der EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. subsidiary protection, Unterkapitel Article 15(c) QD, Buchstabe c. Indisriminate violance, Abschnitt Ghazni, S. 96. EASO stuft Ghazni im Hinblick auf das „real risk of serious ham under Article 15(c) QD nunmehr – im Gegensatz zur EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2018 (Kapitel III. subsidiary protection, Unterkapitel Article 15(c) QD, Buchstabe b. Indisriminate violance, Abschnitt Indiscriminate violence assessment per province of Afghanistan, Unterabschnitt Ghazni, S. 81) – in der zweithöchsten und nicht mehr in der dritthöchsten Kategorie ein. Jaghori weist der EASO COI Report. Afghanistan. Security situation. von Juni 2019 als umkämpft aus. Die Präsenz der Taliban an den Straßen Ghaznis geht ebenso aus dem EASO COI Report. Afghanistan. Security situation. von Juni 2019 hervor (Kapitel 1.6 Mobility, S. 64).
Aus den eben dargestellten Berichten hinsichtlich der Sicherheitslage entlang der Straßen, über die der Beschwerdeführer sein Herkunftsdorf allenfalls erreichen könnte, wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsdorf nicht auf sicherem Weg erreichen kann und ihm die Gefahr droht, auf dem Weg dorthin auf der Straße im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Übergriffe Aufständischer misshandelt oder verletzt zu werden bzw. zu Tode zu kommen. Die Feststellung zu den zu erwartenden Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers in das Herkunftsdorf beruhen ebenso auf den eben zitierten Berichten zur Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz.
Die Feststellungen zur COVID-19-Situation im Herkunftsstaat beruhen auf dem OCHA, Afghanistan: COVID-19 Multi-Sectoral Response Operational Situation Report von 10.06.2020, der die Lage im Wesentlichen in Übereinstimmung mit dem Länderinformationsblatt schildert (Abschnitt Länderspezifische Anmerkungen, Unterabschnitt COVID-19). Auch die Briefing Notes der Gruppe 62 – Informationszentrum für Asyl und Migration des BAMF vom 08.06.2020 bestätigt zudem die jüngste Verlängerung der Maßnahmen durch die der afghanischen Regierung.
Die Feststellungen zur Wirtschafts- und Versorgungslage beruhen auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 20. Grundversorgung. Dort wird auch berichtet, dass es finanzielle oder sonstige Unterstützung in Afghanistan nicht existiert.
Die Feststellung zu den Folgen einer Niederlassung des Beschwerdeführers in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat ergibt sich insbesondere aus einer Zusammenschau der individuellen Umstände und Merkmale, die der Beschwerdeführer in seiner Person vereint.
Maßgebliche Faktoren für die Frage, ob sich der Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung nach Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif eine Lebensgrundlage wird aufbauen können, sind insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, ethnischer und sprachlicher Hintergrund, Religion, das Vorhandensein von Identitätsdokumenten, Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten, sozialer und ökonomischer Hintergrund, Bildungshintergrund, Zugang zu einem sozialen Unterstützungsnetzwerk und Religion (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterabschnitt Reasonableness to settle, S. 135 ff.). Damit übereinstimmend stellen nach den UNHCR-Richtlinien insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, Verwandtschaftsverhältnisse sowie Bildungs- und Berufshintergrund (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe a) Die persönlichen Umstände des Antragstellers, S. 122) relevante Faktoren dar, wobei neben der Berücksichtigung dieser spezifischen persönlichen Umstände den UNHCR-Richtlinien zufolge auch darauf Bedacht zu nehmen ist, ob der Betreffende seine grundlegenden Menschenrechte wird ausüben können sowie ob er im für die Neuansiedelung in Betracht gezogenen Gebiet Möglichkeiten für ein wirtschaftliches Überleben (Zugang zu Unterkunft, Verfügbarkeit grundlegender Infrastruktur [Trinkwasser, sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung], Lebensgrundlage) unter würdigen Bedingungen vorfindet (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 123 f.).
Der Beschwerdeführer ist jung und arbeitsfähig, spricht mit Dari eine im Herkunftsstaat verbreitete Sprache. Als Angehöriger der schiitischen Glaubensrichtung und der Volksgruppe der Hazara gehört der Beschwerdeführer zwar zu einer Minderheit, hinsichtlich Herat, Maza-e Sharif und Kabul wird jedoch berichtet, die Städte seien ethnisch divers und Kenntnisse von Dari oder Paschtu würden ausreichen (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterkapitel Reasonableness to settle, S. 135-136). Auch aus dem Länderinformationsblatt ergibt sich, dass Hazara in den Städten stark vertreten sind (Kapitel 17. Relevante ethnische Minderheiten, Unterkapitel 17.3. Hazara). Hinweise darauf, dass Hazara in Städten spezifisch gefährdet wären, sind den Berichten allerdings nicht zu entnehmen. An körperlichen Vorerkrankungen leidet der Beschwerdeführer nicht, weswegen er hinsichtlich COVID-19 nicht zur Risikogruppe gehört. Der Beschwerdeführer konnte zudem im Bundesgebiet schulische Erfolge erzielen.
Der Beschwerdeführer verfügt jedoch in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif nicht über Familienangehörige oder sonstige soziale Anknüpfungspunkte. Damit verfügt der Beschwerdeführer nicht über ein soziales Netzwerk, dass dem Länderinformationsblatt zufolge für das Überleben in Afghanistan wichtig und für Rückkehrer bei der Anpassung an das Leben in Afghanistan besonders ausschlaggebend ist. Insbesondere stelle ein Mangel an Netzwerken eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar (Kapitel 22. Rückkehr). Auch EASO schätzt ein Unterstützungsnetzwerk per se als essentiell für die Ansiedelung ein (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Abschnitt Reasonableness to settle, Unterabschnitt Individual circumstances, S. 136). Aktuell ist das wirtschaftliche Leben in den drei Städten zudem bedingt durch Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie eingeschränkt, insbesondere Tagelöhner sind hiervon betroffen, wobei es auch zu einem Anstieg der Lebensmittelpreise gekommen ist und etwa Hotels geschlossen wurden. Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in der Lage ist, Arbeit zu finden, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, erscheint unter diesen Bedingungen – insbesondere nachdem Arbeitgeber persönliche Beziehungen und Netzwerke höher bewerten, als formelle Qualifikation (Kapitel 20. Grundversorgung, Abschnitt Arbeitsmarkt) – als nicht wahrscheinlich. Zudem ist dem Bericht, Risiken der Verbreitung von SARS-CoV-2 und schweren Erkrankung an Covid-19 in Afghanistan, besondere Lage Abgeschobener von Friederike Stahlmann vom 27.03.2020 zu entnehmen, dass insbesondere Rückkehrer stigmatisiert werden, weil sie primär für die Gefahr durch Corona verantwortlich gemacht werden. Das Stigma, Seuchenüberträger zu sein, treffe auch aus Europa Eingereiste (S. 2). Dadurch würde die Niederlassung des Beschwerdeführers zusätzlich erschwert. Hierdurch würde eine Suche des Beschwerdeführers nach Arbeit und Unterkunft zweifellos weiter behindert.
Außerdem ist dem Bericht, Risiken der Verbreitung von SARS-CoV-2 und schweren Erkrankung an Covid-19 in Afghanistan, besondere Lage Abgeschobener von Friederike Stahlmann vom 27.03.2020 auch zu entnehmen, dass die Teehäuser ebenso als Gegenmaßnahme geschlossen wurden (S. 3). Der Beschwerdeführer wäre daher mangels Verfügbarkeit von Unterkünften von Obdachlosigkeit bedroht. Insbesondere gibt es auch keine staatliche Unterbringung von Rückkehrern (Länderinformationsblatt, Kapitel 22. Rückkehr). Nachdem der Beschwerdeführer in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif nicht über soziale Anknüpfungspunkte verfügt, durch die ihm allenfalls Unterkunft gewährt werden könnte, wäre er im Fall der Rückkehr bereits unmittelbar nach seiner Ankunft von Obdachlosigkeit bedroht.
Hinsichtlich einer allfälligen Unterstützung durch die in der Herkunftsprovinz aufhältige Familie ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer gleichbleibend und plausibel angegeben hat, die finanzielle Lage der Familie sei schlecht. Auch dem Länderinformationsblatt zufolge resultiert aus der bereits schlechten wirtschaftlichen Lage im – wobei sich diese Informationen auf einen Zeitpunkt vor Ausbrechen der Pandemie beziehen – und individuellen Faktoren, dass Unterstützung durch die Familie nur temporär und nicht immer gesichert erfolgt (Kapitel 22. Rückkehr). Gegenständlich sind die Geschwister des Beschwerdeführers alle noch minderjährig und ist mit Unterstützung des Vaters zweifellos nicht zu rechnen. So betont etwa die EASO Country Guidance, „female-headed households“ seien besonders vulnerabel (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Abschnitt Reasonableness to settle, Unterabschnitt Individual circumstances, S. 134). Staatliche Unterstützung existiert dagegen nicht und wird hinsichtlich Rückkehrunterstützung berichtet, dass ein koordinierter Mechanismus nicht existiert. Insbesondere wird Rückkehrhilfe nur temporär und kurzfristig gewährt und funktioniert eine allfällige Anschlussunterstützung nicht lückenlos (Länderinformationsblatt, Kapitel 22. Rückkehr).
Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer im Fall einer Niederlassung in Herat (Stadt), Mazar-e Sharif oder Kabul (Stadt) nicht möglich ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen zu bestreiten und seine Lebensgrundlage zu erwirtschaften, dass er mit ausreichender Unterstützung seiner Familie nicht zu rechnen hat und insbesondere, dass es ihm nicht möglich wäre, Fuß zu fassen und er Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Kleidung nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten.
Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Asylum Support Office (EASO) ist nach Art. 4 lit. a Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bei seiner Berichterstattung über Herkunftsländer zur transparent und unparteiisch erfolgende Sammlung von relevanten, zuverlässigen, genauen und aktuellen Informationen verpflichtet. Damit durchlaufen die länderkundlichen Informationen, die diese Einrichtungen zur Verfügung stellen, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Den UNHCR-Richtlinien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken („Indizwirkung"), wobei diese Verpflichtung ihr Fundament auch im einschlägigen Unionsrecht findet (Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrensrichtlinie] und Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95/EU [Statusrichtlinie]; VwGH 07.06.2019, Ra 2019/14/0114) und der Verwaltungsgerichtshof auch hinsichtlich der Einschätzung von EASO von einer besonderen Bedeutung ausgeht und eine Auseinandersetzung mit den „EASO-Richtlinien“ verlangt (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0405). Zudem zählt auch (UN)OCHA als Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten und „einschlägige internationale Menschenrechtsorganisationen“ iSd Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU zu den besonders bedeutsamen Quellen hinsichtlich der Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Parteiengehör bezüglich der in dieser Entscheidung hinsichtlich Punkt 2.3. der Beweiswürdigung neben den in das Verfahren eingebrachten verwendeten aktuellen Länderberichte konnte entfallen. Die belangte Behörde hat aufgrund ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Abfassung von Länderberichten Kenntnisse über ebendiese Länderberichte; weiter wurden diese ausschließlich zugunsten des Beschwerdeführers verwendet, weshalb auch diesbezüglich eine Notwendigkeit zur Gewährung von Parteiengehör nicht gegeben war. Den Bericht, Risiken der Verbreitung von SARS-CoV-2 und schweren Erkrankung an Covid-19 in Afghanistan, besondere Lage Abgeschobener von Friederike Stahlmann vom 27.03.2020 hat dagegen der Beschwerdeführer selbst mit Stellungnahme vom 13.05.2020 (OZ 12) in das Verfahren eingebracht. Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Asyl)
Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.
Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierung ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 mwN).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 30.08.2018, Ra 2017/18/0119 mwN).
3.1.1. Zum Fluchtvorbringen einer Verfolgung durch den Vater wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie
Der VwGH hat in seiner Rechtsprechung den Familienverband als „soziale Gruppe“ gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anerkannt. Verfolgung kann daher schon dann Asylrelevanz zukommen, wenn ihr Grund in der bloßen Angehörigeneigenschaft des Asylwerbers, somit in seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe iSd Art. 1 Z 2 GFK, etwa jener der Familie liegt (Vgl. VwGH vom 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 mwN).
Zudem anerkennt der Verwaltungsgerichthof in ständiger Rechtsprechung im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt grundsätzlich deren potentielle Asylrelevanz, wobei es für effektiven staatlichen Schutz vor häuslicher Gewalt darauf ankommt, ob dieser Schutz ausreichend ist, um im konkreten Fall den Eintritt eines asylrelevante Intensität erreichenden Nachteils mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu verhindern (VwGH 10.04.20120, Ra 2019/19/0415).
Dass die belangte Behörde dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers von vornherein die Asylrelevanz abspricht, erweist sich vor dem Hintergrund der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes damit als verfehlt.
Allerdings konnte der Beschwerdeführer – wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt – nicht glaubhaft machen, dass ihm im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat weiterhin Übergriffe und Misshandlungen durch den Vater drohen. Insbesondere ist den im Herkunftsstaat verbliebenen Angehörigen von Seiten des Vaters auch nach der Ausreise des Beschwerdeführers kein Leid mehr geschehen und besteht kein Kontakt. Damit erscheint die subjektive Furcht des Beschwerdeführers vor dem Vater vor dem Hintergrund der Misshandlungen und Übergriffe in der Vergangenheit gegenständlich zwar nachvollziehbar, jedoch nicht mehr als begründet.
Eine asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Fall der Rückkehr von Seiten des Vaters im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes konnte der Beschwerdeführer damit nicht glaubhaft machen.
3.1.2. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen der Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeine Gefahr eines Bürgerkriegs hinausgehende „Gruppenverfolgung“, so hat jedes einzelne Mitglied schon aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten. Diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (zuletzt VwGH 07.02.2020, Ra 2019/18/0400 mwN).
Der Beschwerdeführer konnte wie festgestellt seine Zugehörigkeit zur Gruppe der schiitischen Hazara glaubhaft machen.
Der Verwaltungsgerichthof nahm in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung der Hazara irgendwo in Afghanistan an (zuletzt VwGH 07.02.2020, Ra 2019/18/0400). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara – unbeschadet der schlechten Situation für diese Minderheit – nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohen würde (EGMR 05.07.2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).
Da eine Gruppenverfolgung – in Hinblick auf die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit – von Hazara und Schiiten in Afghanistan wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt nicht gegeben ist und der Beschwerdeführer auch keine individuelle Bedrohung dargetan hat, lässt sich hieraus eine asylrelevante Verfolgung nicht ableiten.
3.1.3. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen des in Österreich gelebten „westlichen“ Lebensstils bzw. wegen unterstellter Apostasie
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Frauen Asyl beanspruchen, die aufgrund eines gelebten „westlich“ orientierten Lebensstils bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat verfolgt würden. Nicht entscheidend ist, ob die Asylwerberin schon vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat eine derartige Lebensweise gelebt hatte bzw. deshalb bereits verfolgt worden ist. Es reicht vielmehr aus, dass sie diese Lebensweise im Zuge ihres Aufenthalts in Österreich angenommen hat und bei Fortsetzung dieses Lebensstils im Falle der Rückkehr mit Verfolgung rechnen müsste (VwGH 26.02.2020, Ra 2019/18/0459). Weiter hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass nicht jede Änderung der Lebensführung einer Asylwerberin während ihres Aufenthaltes in Österreich, die im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mehr aufrechterhalten werden könnte, dazu führt, dass der Asylwerberin deshalb internationaler Schutz gewährt werden müsste. Entscheidend ist vielmehr eine grundlegende und auch entsprechend verfestigte Änderung der Lebensführung der Asylwerberin, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt, die zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Identität geworden ist, und die bei Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht gelebt werden könnte. Die in der Rechtsprechung behandelte Verfolgung von Frauen westlicher Orientierung wird darin gesehen, dass solche Frauen, obwohl ihr westliches Verhalten oder ihre westliche Lebensführung ein solch wesentlicher Bestandteil ihrer Identität geworden ist, dieses Verhalten unterdrücken müssten (VwGH 13.11.2019, Ra 2019/18/0303).
Festzuhalten ist zunächst, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung die Asylgewährung wegen eines gelebten „westlich“ orientierten Lebensstils auf Frauen beschränkt hat. Zudem ist zum Gehalt des „westlich“ orientierten Lebensstils auszuführen, dass dieser vor allem eine selbstbestimmte Lebensweise umfasst, insbesondere Zugang zu Bildung und Ausbildung, Berufstätigkeit (ohne männliche Zustimmung), selbstständige Lebensführung auch außer Haus, Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung, Entscheidungshoheit über die eigene Lebensführung, etc. Es mag nun zutreffen, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr der weitere Besuch einer Modeschule nicht möglich wäre und er allenfalls in einem anderen Berufsfeld Fuß fassen müsste. Dies ist dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr jedoch nach der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durchaus zumutbar, nachdem bereits bei Frauen nicht jede Änderung der Lebensführung, die im Fall der Rückkehr nicht mehr aufrechterhalten werden könnte, bereits zur Schutzgewährung führt. Dass der Beschwerdeführer von anderen, mit der Situation von Frauen vergleichbaren Restriktionen in der Lebensführung konfrontiert wäre, hat er jedoch weder behauptet, noch ist dies – wie auch beweiswürdigend ausgeführt – ersichtlich.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem ausgesprochen, dass eine Asylrelevanz gegeben sein kann, wenn die Ursache der Verfolgung auf der dem Verfolgten (bloß) unterstellten Ablehnung der religiösen Überzeugung der Verfolger beruht. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Asylwerber tatsächlich konvertiert oder auf sonstige Weise vom Islam abgefallen ist, sondern darauf, ob dem Asylwerber ein Wandel seiner religiösen Überzeugung unterstellt wird und ob ihm aufgrund dieser Unterstellung Verfolgung droht (VwGH vom 24.02.2015, Ra 2014/18/0086).
Der Beschwerdeführer konnte jedoch nicht glaubhaft machen, dass ihm im Fall der Rückkehr Apostasie unterstellt würde. So legt er keine diesbezüglichen Anhaltspunkte dar und ist insbesondere der Besuch einer Modeschule im Bundesgebiet im Herkunftsstaat nicht bekannt geworden. Dass sich der Beschwerdeführer – auch um sich hinkünftig Apostasie-Unterstellungen zu entziehen bzw. um nicht ins Visier der Taliban zu geraten – in einem anderen Berufsfeld etabliert, bzw. seine Kreationen an die afghanischen Sitten anpasst, ist ihm durchaus zumutbar.
Die Beschwerde war daher im Ergebnis spruchgemäß hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Stattgebung der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides (Subsidiärer Schutz)
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Mit Erkenntnis vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 hat der Verwaltungsgerichtshof sich mit der Rechtsprechung des EuGH zu den Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auseinandergesetzt. Danach sei subsidiärer Schutz nur in jenen Fällen zu gewähren, in denen die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK auf einen ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zurückzuführen ist, der vom Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie verursacht wird (Art. 15 lit a. und b.), bzw. auf eine Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt (Art. 15 lit. c) zurückzuführen ist. Nicht umfasst sei dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführende Verletzungen von Art. 3 EMRK. Insofern habe der nationale Gesetzgeber die Bestimmungen der Statusrichtlinie fehlerhaft umgesetzt, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 2. Art. EMRK, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führe (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).
An diese Judikatur anschließend spricht der der Verwaltungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006 aus, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausschließlich anhand Art. 15 Statusrichtlinie geprüft werden könne. Die Bestimmung sei – obgleich fehlerhaft in das nationale Recht umgesetzt – nicht unmittelbar anwendbar, weil dies zulasten eines bzw. zur Vorenthaltung von Rechten des Einzelnen nicht in Frage komme. Die nationale Regelung des § 8 Abs. 1 AsylG sei günstiger. Deren unionsrechtskonforme bzw. richtlinienkonforme Auslegung finde ihre Schranke jedoch in einer Auslegung contra legem des nationalen Rechtes. Eine einschränkende Auslegung des Wortlautes des § 8 Abs. 1 AsylG im Sinne einer teleologischen Reduktion sei vor dem Hintergrund des klaren gesetzgeberischen Willens – den der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung herausarbeitet – nicht zu rechtfertigen. Daher halte der Verwaltungsgerichtshof an seiner Rechtsprechung, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat – auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird – die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG begründen kann (VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006 m.w.N.).
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht es, um von der realen Gefahr („real risk“) einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf viel mehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (VwGH 18.10.2018, Ra 2017/19/0109 m.w.N.). Es obliegt dabei der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines solchen Risikos nachzuweisen. Es reicht nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen (VwGH 03.05.2018, Ra 2018/20/0191).
Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 MRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko der Verletzung von Art. 2 oder 3 MRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bereits in der Kombination der prekären Sicherheitslage und der besonderen Gefährdungsmomente für die einzelne Perso