TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/30 97/01/0606

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Veröffentlicht am 30.09.1997
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des Corneliu Bebereche in Baumgartenberg, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayrhofer, Rechtsanwalt in Mauthausen, Heindlkai 52, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. April 1997, Zl. Gem(Stb)-401928/1-1997/Sch, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 4. April 1997 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft unter gleichzeitiger Erstreckung der Verleihung auf seine Ehefrau und deren mj. Kind gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 und 3 in Verbindung mit §§ 16, 17 und 18 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Verleihungsantrages des Beschwerdeführers, der unbestritten erst seit 19. Oktober 1988 seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen in Österreich hat, damit begründet, daß dem Beschwerdeführer am 20. April 1995 mitgeteilt worden sei, daß er besonders berücksichtigungswürdige Gründe, die eine bevorzugte Einbürgerung bereits nach einem 6 1/2jährigen Aufenthalt in Österreich rechtfertigen würden, nicht habe geltend machen können. Der Beschwerdeführer habe sich mit dem Vorschlag der belangten Behörde, die Bearbeitung seines Antrages bis zum Erreichen "eines 8jährigen Hauptwohnsitzes und damit verbunden gedacht, möglicherweise das Vorbringen berücksichtigungswürdiger Gründe" zurückzustellen, einverstanden erklärt. Über nach Ablauf dieser Frist gemachten Vorhalt, daß weitere Erhebungen keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe zutage gebracht hätten, habe der Beschwerdeführer geltend gemacht, anläßlich der Zurückstellung seines Ansuchens sei ihm die Verleihung der Staatsbürgerschaft ausdrücklich in Aussicht gestellt worden. Hiezu sei festzustellen, daß lediglich die Weiterbearbeitung seines Antrages zugesichert worden sei. Der Beschwerdeführer habe als besonders berücksichtigungswürdigen Grund ins Treffen geführt, er habe unter der Diktatur Ceausescus Rumänien wegen politischer und religiöser Verfolgung verlassen, habe in Österreich einen Asylantrag gestellt und in der Folge die rumänische Staatsangehörigkeit verloren. Dazu sei festzustellen, daß der Flüchtlingsstatus - selbst wenn dieser dem Beschwerdeführer zukäme - nicht als besonders berücksichtigungswürdigen Grund gewertet werden könne. Eine Ermessensübung im Sinne des § 10 Abs. 3 zugunsten des Beschwerdeführers habe nicht erfolgen können. Die Abweisung der Erstreckungsanträge beruhe darauf, daß diese das rechtliche Schicksal des Hauptantrages teilten.

Der Beschwerdeführer macht in der Beschwerde geltend, aus der Niederschrift vom 20. April 1995 sei eindeutig ersichtlich, daß ihm die Verleihung der Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt worden sei, zumal die belangte Behörde zum damaligen Zeitpunkt generell nach einem ununterbrochenen Wohnsitz eines Antragstellers in Österreich von acht Jahren die Staatsbürgerschaft verliehen habe. Da sich an den Voraussetzungen für seine Einbürgerung nichts geändert habe und der (damals noch) fehlende achtjährige Zeitraum der alleinige Grund für die Zurückstellung seines Ansuchens gewesen sei, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, ihm die Staatsbürgerschaft zu verleihen. Hinsichtlich des Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes verwies der Beschwerdeführer auf in Rumänien erlittene Verfolgung und auf seine Integrierung in Österreich. Die Unterlassung von diesbezüglichen Feststellungen stelle einen "sekundären Rechtsmangel" dar. Entgegen der Feststellung im angefochtenen Bescheid halte sich der Beschwerdeführer nicht erst sechseinhalb, sondern bereits achteinhalb Jahre in Österreich auf. Desgleichen finde die Feststellung, ihm sei durch die Zurückstellung seines Ansuchens die Möglichkeit des Vorbringens besonders berücksichtigungswürdiger Gründe eingeräumt worden, im Akteninhalt keine Deckung, wobei sich diese Zurückstellung nur im Hinblick darauf, daß damals generell die Staatsbürgerschaft nach einer ununterbrochenen Dauer des Wohnsitzes von acht Jahren verliehen worden sei, als sinnvoll erweise. Der Sachverhalt sei ergänzungsbedürftig geblieben, weil die belangte Behörde keine Beweisaufnahme hinsichtlich der Fluchtgründe und der Integration des Beschwerdeführers vorgenommen und entsprechende Beweisanträge nicht berücksichtigt habe.

Gemäß § 10 Abs. 3 StbG kann bei Verleihung der Staatsbürgerschaft von der Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1 (seit zehn Jahren ununterbrochener Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik) abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 16. Oktober 1996, Zl. 96/01/0573, mit weiteren Judikaturhinweisen) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung.

Zunächst ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß der Niederschrift vom 20. April 1995, in welcher der von der belangten Behörde unterbreitete Vorschlag der Zurückstellung seines Ansuchens festgehalten ist, keineswegs entnommen werden kann, es sei ihm für einen späteren Zeitpunkt die Verleihung der Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt worden, weil in dieser Niederschrift lediglich von einer späteren Weiterführung des Verfahrens die Rede ist. Eine Zusicherung der Verleihung im Sinne des § 20 Abs. 1 StbG, an welche die Behörde bei gleichbleibenden Voraussetzungen gebunden wäre, liegt im Beschwerdefall nicht vor. Sollten sich diese Beschwerdeausführungen auf die Nichteinhaltung einer dem Akteninhalt nicht entnehmbaren, vom Beschwerdeführer aber allenfalls als Zusage eines Organwalters der belangten Behörde, nach achtjähriger Aufenthaltsdauer die Staatsbürgerschaft zu verleihen, verstandene Äußerung beziehen, macht er damit keine vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbare Rechtsverletzung geltend.

Die belangte Behörde befindet sich zunächst mit ihrer Rechtsanschauung, die ins Treffen geführte, tatsächlich aber behördlich gar nicht festgestellte Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers - sein Asylantrag wurde unbestrittenermaßen rechtskräftig abgewiesen - stelle für sich allein, selbst wenn sie festgestellt worden wäre, keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund dar, auf dem Boden der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. für viele andere z.B. das Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 95/01/0251, mit weiteren Judikaturhinweisen). Eine Ermessensübung kann allerdings erst dann einsetzen, wenn alle Verleihungsvoraussetzungen im Sinne des § 10 StbG - somit bei einer das Ausmaß von zehn Jahren unterschreitenden Aufenthaltsdauer auch das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes - gegeben sind. Demgemäß erweist sich die im angefochtenen Bescheid niedergelegte Auffassung der belangten Behörde, ihr sei bei Handhabung des § 10 Abs. 3 StbG Ermessen eingeräumt, als rechtsirrig. Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers kann im Beschwerdefall aus dieser Rechtsansicht der belangten Behörde aber nicht abgeleitet werden.

Der belangten Behörde ist auch beizupflichten, wenn sie die ins Treffen geführte gesellschaftliche Integration des Beschwerdeführers nicht als besonders berücksichtigungswürdigen Grund gewertet hat, weil die soziale Integration sich aus der Dauer des Aufenthaltes ergibt und als selbstverständliches Bestreben eines die Verleihung der Staatsbürgerschaft anstrebenden Fremden anzusehen ist.

Angesichts des Umstandes, daß weder die Flüchtlingseigenschaft - umso weniger die bloße Behauptung von Verfolgung - noch die soziale Integration als besonders berücksichtigungswürdige Gründe für die vorzeitige Verleihung der Staatsbürgerschaft angesehen werden können, haftet der vom Beschwerdeführer gerügten Unterlassung von diesbezüglichen Beweisaufnahmen bzw. Nichtberücksichtigung von Beweisanträgen Rechtswidrigkeit nicht an.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997010606.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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