TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/30 96/04/0226

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Veröffentlicht am 30.09.1997
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §148 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde

1. der C, 2. des Dr. B, 3. der J, 4. des W, 5. der M, 6. der

G O, 7. des P O, 8. der G, 9. der I, 10. des E, 11. des K,

12. des M, 13. des Dipl. Ing. H, 14. der Y, 15. der N, 16. des B, 17. des L, 18. des N, 19. der N G, alle in I, alle vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 13. Mai 1996, Zl. IIa-60.060/12-93, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: H & S Ges.m.b.H. in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 13. Mai 1996 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 81 iVm § 148 Abs. 1 GewO 1994 unter Anwendung des § 93 Abs. 2 ASchG die gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung ihrer gastgewerblichen Betriebsanlage durch Hinzunahme eines Gastgartens unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Zur Begründung führte der Landeshauptmann im wesentlichen aus, der Gesetzgeber habe die Bestimmung des § 148 Abs. 1 GewO 1994 in der Absicht erlassen, die Gewerbebehörden bei Erteilung einer gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung zu binden. Es dürften daher, solange die Voraussetzungen für die "Betriebsgarantie" dieser Bestimmung eingehalten würden, weder im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid Betriebszeiten beschränkende oder sonstige den Betrieb den Gastgartens einschränkende Auflagen vorgeschrieben werden, noch dürfe das Genehmigungsansuchen aus diesem Grunde versagt werden. Der in Rede stehende Gastgarten solle auf der öffentlichen Verkehrsfläche im Ausmaß von 4,4 x 10 m eingerichtet werden und der Aufstellung von 10 Tischen mit je 4 Sitzplätzen dienen. In Anbetracht der Gesetzeslage könne dem Berufungsvorbringen hinsichtlich zu berücksichtigender Geruchs- und Lärmbelästigungen nicht gefolgt werden.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 24. September 1996, Zl. B 2201/96-8, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahren vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach ihrem gesamten Vorbringen in den aus der Gewerbeordnung erfließenden Nachbarrechten verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes machen sie im wesentlichen geltend, die Bestimmung des § 148 GewO 1994 dürfe nicht so wie von der belangten Behörde verstanden werden. Es sei unrichtig, daß im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid Betriebszeiten beschränkende oder sonstige den Betrieb des Gastgartens einschränkende Auflagen nicht vorgeschrieben werden dürften, noch daß das Genehmigungsansuchen aus diesem Grund nicht versagt werden dürfe. Auch liege der in Rede stehende Gastgarten weder auf einem öffentlichen Grund, noch grenze er an öffentliche Verkehrsflächen an.

Gemäß § 148 Abs. 1 GewO 1994 dürfen Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, jedenfalls von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September bis 23.00 Uhr betrieben werden, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1996, Zlen. 96/04/0175 bis 0177), trifft die auch im nunmehr vorliegenden angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht, § 148 Abs. 1 GewO 1994 enthalte eine Betriebsgarantie für Gastgärten dergestalt, daß diese innerhalb der im Gesetz genannten Betriebszeiten ohne Rücksicht auf die im § 74 Abs. 2 Z. 1 bis 5 GewO 1994 genannten Schutzinteressen betrieben werden dürften, nicht zu. Wenn auch der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesstelle nicht teilte, so ändert dies nichts daran, daß, wie auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 1996, Zl. G 211/1994-12 u.a., ausgeführt hat, der dem § 148 Abs. 1 GewO 1994 unterliegende Gastgartenbetrieb unter den Voraussetzungen des § 74 GewO 1994 genehmigungspflichtig ist und er daher gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. "erforderlichenfalls" - wenn auch nicht hinsichtlich der durch § 148 Abs. 1 GewO 1994 festgelegten Betriebszeiten - unter Auflagen zu genehmigen ist. Das bedeutet, daß der Betrieb eines solchen Gastgartens nur genehmigt werden kann, wenn durch die gleichzeitige Vorschreibung allenfalls erforderlicher Auflagen sichergestellt ist, daß ausgehend von den im Gesetz festgelegten Betriebszeiten die im § 74 Abs. 2 Z. 1 bis 5 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen vermieden werden können.

Da die belangte Behörde in Verkennung dieser Rechtslage im vorliegenden Fall der mitbeteiligten Partei die in Rede stehende gewerbebehördliche Genehmigung ohne Rücksicht auf die vom Gastgartenbetrieb ausgehenden Geruchs- und Lärmimmissionen erteilte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das auf Zuspruch von Streitgenossenzuschlag und Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren war im Hinblick auf die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes in der zitierten Verordnung abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996040226.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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