TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/20 G304 2214572-3

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Veröffentlicht am 20.07.2020
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Entscheidungsdatum

20.07.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76

Spruch

G304 2214572-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER im Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Marokko, vertreten durch XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A)       Es wird gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion XXXX , Außenstelle XXXX , vom XXXX .2020, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

2. Mit Schriftsatz vom XXXX .2020 brachte die bevollmächtigte Rechtsvertretung des BF eine Schubhaftbeschwerde ein. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben, den angefochtenen Bescheid als rechtswidrig beheben und feststellen, dass die bisherige Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig erfolgt sei. Des Weiteren möge das Bundesverwaltungsgericht feststellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen und die weitere Anhaltung in Schubhaft für unzulässig erklärt wird. Zudem wurde eine Haftentschädigung bzw. ein Schadenersatz für die rechtswidrig verhängte Schubhaft beantragt. In eventu wurde beantragt, die Anordnung eines gelinderen Mittels vorzunehmen. In Anbetracht der Corona-Virus-Pandemie wurde erbeten von der Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung abzusehen, soweit dies rechtlich möglich sei.

3. Mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.04.2020, G303 2214572-2/3E, wurde unter anderem die Beschwerde des BF abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.

4. Ein Heimreisezertifikat mit der Botschaft von Marokko ist derzeit beantragt. Die letzte Urgenz erfolgte am 15.06.2020.

Seitens der belangten Behörde wurde auch bei der algerischen Botschaft und auch bei der Botschaft von Tunesien ein Verfahren bezüglich eines Heimreisezertifikates beantragt. Der BF wurde jedoch von beiden Botschaften negativ identifiziert.

Die Abschiebung des BF in das Heimatland ist ehestmöglich nach Erlangen eines Heimreisezertifikates geplant.

Der BF ist in Österreich nicht sozial verankert. Weder bestehen familiäre Bindungen noch hat er hier je eine legale Erwerbstätigkeit ausgeübt. Er verfügt – abgesehen von geringen Barmitteln – über keine finanziellen Mittel für seinen Lebensunterhalt. Er ist in Österreich achtmal strafrechtlich verurteilt worden.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und der Gerichtsakten des BVwG.

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger von Marokko. Er verfügt über kein gültiges Reisedokument.

Er verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU.

Es sind keine Hinweise auf signifikante Erkrankungen oder Einschränkungen der Haftfähigkeit des BF aktenkundig.

Aufgrund der eigenen Angaben des BF sowie des Akteninhalts steht fest, dass er nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren möchte. Er reiste nicht rechtmäßig ein und verhielt sich zunächst unkooperativ. Er hat im Laufe seiner Asylverfahren mehrere unterschiedliche Identitäten angegeben. Er weigert sich vehement an der Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken. Daher ist zu Recht davon auszugehen, dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, sich durch Untertauchen seiner Abschiebung zu entziehen.

Es gibt keine Beweisergebnisse, aus denen sich eine maßgebliche soziale Verankerung des BF in Österreich ableiten lässt. Dies wurde auch von ihm selbst bei dem vorangegangenen Verfahren nicht ins Treffen geführt. Die beschränkten finanziellen Mittel des BF ergeben aus der Bargeldaufstellung laut der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung.

Der Gang des Verfahrens zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments für den BF wurde vom BFA schlüssig und im Einklang mit den Ausführungen in dem vorangegangenen Verfahren zur Schubhaftverhängung dargelegt. Den vorgelegten Unterlagen ist auch zu entnehmen, dass die tatsächliche Abschiebung bei Vorhandensein einer Flugverbindung innerhalb weniger Tage möglich ist.

Rechtliche Beurteilung:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom BVwG zu überprüfen. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das BVwG hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

An den Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft hat sich seit der letzten Entscheidung des BVwG darüber am 03.04.2020 nichts Entscheidungswesentliches geändert. Der BF ist ein nicht aufenthaltsberechtigter Fremder, gegen den eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht. Sein Antrag auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig abgewiesen. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (vgl. VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

In Zusammenschau mit der fehlenden sozialen Verankerung und der mangelnden Rückkehrbereitschaft liegt nach wie vor Fluchtgefahr iSd § 76 Abs 3 Z 3 und 9 FPG vor. Der Zweck der Schubhaft kann auch nicht durch Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden, zumal der BF mittellos ist, keine Unterkunftsmöglichkeit vorhanden ist und eine erhebliche Gefahr des Untertauchens besteht.

3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Fest steht, dass auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu keinem anderen Ergebnis führen würde, ging doch der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage klar hervor, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

3.4. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchteil B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Schlagworte

Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G304.2214572.3.00

Im RIS seit

19.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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