Entscheidungsdatum
23.07.2020Norm
ASVG §35Spruch
L503 2213082-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Christian POSCH, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 25.10.2018, GZ: XXXX , betreffend Beitragsnachverrechnung, zu Recht erkannt:
A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 25.10.2018 sprach die Salzburger Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz: "SGKK") aus, dass die XXXX (die Beschwerdeführerin, im Folgenden kurz: "BF") als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG verpflichtet werde, die von der SGKK mit der Beitragsabrechnung vom 24.5.2018 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von EUR 111.833,00 an die SGKK zu entrichten. Die Verpflichtung werde unter Bedachtnahme auf – näher genannte – Bestimmungen des ASVG und BMSVG ausgesprochen und nehme Bezug auf die im Rahmen der Lohnabgabenprüfung (GPLA) im Betrieb der BF im Prüfungszeitraum von 1.1.2013 bis 31.12.2017 erstellte Beitragsvorschreibung vom 24.5.2018, den Prüfbericht vom 24.5.2018 sowie den Versicherungspflichtbescheid vom 25.10.2018, GZ: XXXX , welche jeweils einen integrierten Bestandteil dieses Bescheides darstellen würden.
Zur Begründung führte die SGKK zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass im Zuge einer gemäß § 41a ASVG abgeschlossenen Sozialversicherungsprüfung (Prüfzeitraum 1.1.2013 bis 31.12.2017) im Betrieb der BF Melde- und Beitragsdifferenzen das Beschäftigungsverhältnis des im Spruch des Versicherungspflichtbescheides vom 25.10.2018, GZ: XXXX , angeführten Dienstnehmers ( XXXX , im Folgenden kurz: "J.F."; Anm. des erkennenden Gerichtes) festgestellt worden seien. Mit dem genannten Versicherungspflichtbescheid sei festgestellt worden, dass der dort genannte Dienstnehmer zu den dort angegebenen Zeiten auf Grund der für den Betrieb der BF in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(Voll)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG iVm § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei. Hinsichtlich der Feststellungen zu Beginn und Ende der Beschäftigung als Dienstnehmer und der korrekten Erfassung von Beitragsgrundlagen werde vollumfänglich auf den Versicherungspflichtbescheid verwiesen. Als Beitragsgrundlagen seien die laut Buchhaltung tatsächlich getätigten Zahlungen an den Dienstnehmer herangezogen worden und anhand der jeweiligen Beitragsgruppen unter Zuhilfenahme automatisationsunterstützter Datenverarbeitung errechnet und in einer – im Bescheid nachfolgend wiedergegebenen – Tabelle zusammengefasst worden. Die festgestellten Beitragsdifferenzen seien entsprechend unter Beachtung der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 iVm § 108 Abs. 1 und 3 ASVG nachverrechnet worden. Die Details seien der Beitragsabrechnung vom 24.5.2018 sowie den Prüfberichten für den Prüfzeitraum 1.1.2013 bis 31.12.2017 zu entnehmen.
2. Mit Schriftsatz ihres rechtsfreundlichen Vertreters vom 26.11.2018 erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der SGKK vom 25.10.2018 (zugestellt am 30.10.2018). Darin brachte sie zur Beitragsnachverrechnung zusammengefasst vor, dass der angefochtene Bescheid schon deswegen grob mangelhaft sei, weil die belangte Behörde in dieser Sache die Bestimmung der Sozialversicherungspflicht von J.F. sowie die Festsetzung der daraus sich ergebenden Abgaben in zwei verschiedenen Bescheiden erlassen habe. Die Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit des J.F. sei von der GKK mit Bescheid vom 25.10.2018, GZ: XXXX , festgestellt worden. Diesen Bescheid erkläre die GKK selbst als integrierenden Bestandteil des gegenständlichen Bescheides. Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, sowohl die Festsetzung der Sozialversicherungspflicht des J.F. als auch die daraus sich ergebende Abgabenverpflichtung in einem einzigen Bescheid zu erlassen. Indem die Behörde den Bescheidinhalt in zwei voneinander getrennte Bescheide aufgespalten habe, sei das Verfahren mit einer wesentlichen Mangelhaftigkeit behaftet. Die BF könne jedenfalls gegen den gegenständlichen Bescheid dieselben Einwendungen und dasselbe Vorbringen bzw. Neuerungen erstatten, wie sie es gegen den Bescheid vom 25.10.2018, GZ: XXXX , erstattet habe und werde der Antrag gestellt, das Verfahren zu unterbrechen bzw. falls es nicht unterbrochen werde, mit diesem Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden. Die weiteren Beschwerdeausführungen richteten sich gegen die Versicherungspflicht von J.F. Weiters werde beantragt, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen; die Beschwerde sei nicht offenbar aussichtslos und sei die Einbringlichkeit der vorgeschriebenen Sozialabgaben in keiner Weise gefährdet.
3. Am 16.1.2019 wurde der Akt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. In dem zur Beschwerdevorlage erstatteten Vorlagebericht vom 15.1.2019 bezog sich die SGKK im Wesentlichen auf die Feststellung der Versicherungspflicht von J.F. und bekräftigte ihre Ausführungen im Versicherungspflichtbescheid.
4. Mit Stellungnahme vom 19.11.2019 teilte die SGKK dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass gegen den Versicherungspflicht- sowie den Beitragspflichtbescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse betreffend den Dienstnehmer XXXX (im Folgenden kurz: "G.M.") kein Einspruch erhoben worden sei und diese Bescheide in Rechtskraft erwachsen seien. Die Feststellungen in den gegenständlichen Bescheiden würden sich auch auf die Aussage des genannten Dienstnehmers G.M. gründen.
5. Mit Ergänzung zur Stellungnahme vom 25.11.2019 teilte die SGKK dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass die BF nach Eintritt der Rechtskraft der Bescheide der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse bereits alle offenen Forderungen aus der GPLA beglichen habe.
6. Mit Schriftsatz ihres rechtsfreundlichen Vertreters vom 7.4.2020 stellte die BF den Antrag, sämtliche Eingaben der SGKK zur Stellungnahme zuzustellen. Die Angelegenheit G.M. sei keinesfalls mit der gegenständlichen Beschwerdesache ident. Es bestünden wesentliche Unterschiede zum gegenständlichen Beschwerdefall, sodass aus dem Umstand, dass die BF den Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse nicht bekämpft habe, keinerlei rechtlichen Schlüsse zum Nachteil der BF gezogen werden könnten.
7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.4.2020 wurden der Vorlagebericht, die Stellungnahme der SGKK vom 19.11.2019 sowie die Ergänzung zur Stellungnahme der SGKK vom 25.11.2019 dem rechtsfreundlichen Vertreter der BF zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
8. Mit Schriftsatz ihres rechtsfreundlichen Vertreters erstattete die BF eine Stellungnahme (OZ 8), die sich im Wesentlichen gegen die Feststellung der Versicherungspflicht in Bezug auf J.F. wendet. Ein ergänzendes Vorbringen zur gegenständlichen Beitragsnachverrechnung wurde darin nicht erstattet.
9. Am 23.7.2020 teilte die (nunmehrige) Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) dem BVwG auf Nachfragen mit, dass - als Folge der Umqualifizierung der selbständigen in eine unselbständige Tätigkeit - gegenständlich bis dato keine Beiträge seitens der (nunmehrigen) Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen an die ÖGK überwiesen wurden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die SGKK führte ab 2.10.2017 Beitragsprüfungen (Lohnsteuer-, Sozialversicherungs- und Kommunalsteuerprüfungen) mit Prüfungszeiträumen von 1.1.2013 bis 31.12.2016 und 1.1.2017 bis 31.12.2017 im Betrieb der BF durch. Im Zuge der Sozialversicherungsprüfung wurden Melde- und Beitragsdifferenzen in Bezug auf den Dienstnehmer J.F. festgestellt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden der BF entsprechend den Prüfergebnissen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 111.833,00 nachverrechnet, die sich aufgrund der Beschäftigung von J.F. als Dienstnehmer im Betrieb der BF als Dienstgeberin ergaben.
Mit Bescheid der SGKK vom 25.10.2018, GZ: XXXX wurde festgestellt, dass J.F. zumindest im Zeitraum von 1.1.2013 bis 31.12.2017 auf Grund der für die BF in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(Voll)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, GZ: L503 2213085-1, wurde die von der BF gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der SGKK und durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag betreffend die Versicherungspflicht von J.F.
Die getroffenen Feststellungen gehen unmittelbar daraus hervor.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch einen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Rechtliche Grundlagen im ASVG und BMSVG:
Gemäß § 4 Abs. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.
Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt gemäß Z 1 leg. cit. bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6.
Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Gemäß § 58 Abs. 1 erster Satz ASVG sind die allgemeinen Beiträge am letzten Tag des Kalendermonates fällig, in den das Ende des Betragszeitraumes fällt, sofern die Beiträge nicht gemäß Abs. 4 vom Träger der Krankenversicherung dem Beitragsschuldner vorgeschrieben werden. Gemäß Abs. 2 leg. cit. schuldet der Dienstgeber die auf den Versicherten und den Dienstgeber entfallenden Beiträge. Er hat diese Beiträge auf seine Gefahr und Kosten zur Gänze einzuzahlen.
Gemäß § 68 Abs. 1 ASVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.
Gemäß § 6 Abs. 1 BMSVG hat der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ab dem Beginn des Arbeitsverhältnisses einen laufenden Beitrag in Höhe von 1,53 vH des monatlichen Entgelts sowie allfälliger Sonderzahlungen an den für den Arbeitnehmer zuständigen Träger der Krankenversicherung nach Maßgabe des § 58 Abs. 1 bis 6 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zur Weiterleitung an die BV-Kasse zu überweisen, sofern das Arbeitsverhältnis länger als einen Monat dauert. Der erste Monat ist jedenfalls beitragsfrei. Wird innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten ab dem Ende eines Arbeitsverhältnisses mit dem selben Arbeitgeber erneut ein Arbeitsverhältnis geschlossen, setzt die Beitragspflicht mit dem ersten Tag dieses Arbeitsverhältnisses ein.
3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:
Mit Bescheid der SGKK vom 25.10.2018, GZ: XXXX , wurde festgestellt, dass J.F. zumindest im Zeitraum von 1.1.2013 bis 31.12.2017 auf Grund der für die BF in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(Voll)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag.
Die von der BF gegen den Versicherungspflichtbescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, GZ: L503 2213085-1, als unbegründet abgewiesen und die – gegenständlich als Vorfrage zu wertende – Versicherungspflicht von J.F. damit bestätigt.
Die Voraussetzungen für eine Beitragsnachverrechnung sind damit dem Grunde nach erfüllt.
In der Beschwerde wurden keine konkreten Einwände gegen die Höhe der Beitragsgrundlage vorgebracht und wurde auch die rechnerische Richtigkeit der daraus resultierenden Nachverrechnungsbeträge nicht substantiiert bestritten. Es sind auch sonst keine objektiven Anhaltspunkte hervorgekommen, die gegen die Richtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Beitragsnachverrechnung sprechen würden.
Im Übrigen hat die ÖGK dem BVwG am 23.7.2020 bekannt gegeben, dass (als Folge der Umqualifizierung von einer selbständigen in eine unselbständige Tätigkeit) gegenständlich bis dato keine Beiträge seitens der SVS an die ÖGK überwiesen wurden. Dies ist insofern von Bedeutung, als dem Erkenntnis des VfGH vom 27.11.2019, Zl. E 4911/2018-10, zufolge zwar allfällige Überweisungsbeträge seitens der SVS an die ÖGK im Sinne von § 41 Abs 3 GSVG zu berücksichtigen sind, wobei dies aber vom VwGH in seinem Beschluss vom 29.1.2020, Zl. Ra 2018/08/0245-4, dahingehend konkretisiert wurde, dass nur bereits erfolgte – und nicht etwa bloß hypothetische – Überweisungen bei der Beitragsnachverrechnung zu berücksichtigen sind (siehe Rz 10 des erwähnten Beschlusses des VwGH).
Der Erlassung zweier getrennter Bescheide und Verweisung des gegenständlich angefochtenen Bescheides auf den Versicherungspflichtbescheid vom 25.10.2018, mit dem die Vorfrage der Versicherungspflicht (vgl. VwGH vom 6.2.1990, 89/08/0357; vom 30.6.2010, 2010/08/0074; vom 7.4.2016, 2013/08/0261) von J.F. geklärt wurde, begegnen im konkreten Fall keinerlei rechtliche Bedenken, da es sich beim Hauptfragenabspruch über die Versicherungspflicht und jenem über die Beitragspflicht um trennbare Absprüche handelt (vgl. VwGH vom 28.6.1994, 94/08/0116; vom 23.1.1996, 95/08/02623).
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wurde damit nicht aufgezeigt.
Im gegenständlichen Fall war auch nicht vom Eintritt der Feststellungsverjährung auszugehen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Dauer der anzuwendenden Verjährungsfrist vom Verschulden des Meldepflichtigen an der Meldepflichtverletzung ab. Es liegt am Meldepflichtigen darzutun, aus welchem besonderen Grund ihn ausnahmsweise kein Verschulden an der Meldepflichtverletzung trifft. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Partei als Dienstgeber gemäß § 68 Abs. 1 dritter Satz ASVG die Unrichtigkeit ihrer Angaben bei gehöriger Sorgfalt hätte erkennen müssen, ist davon auszugehen, dass sich ein Meldepflichtiger alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung notwendigen Kenntnisse verschaffen muss und den Mangel im Falle einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zu vertreten hat. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Meldepflichtiger, der nicht über die genannten Kenntnisse verfügt, nicht schon deshalb im Sinne des § 68 Abs. 1 dritter Satz ASVG exkulpiert ist, weil er sich mit der strittigen Frage ohnedies, wenn auch nur auf Grund seiner eingeschränkten Kenntnisse, auseinandergesetzt hat und dementsprechend vorgegangen ist. Ihn trifft vielmehr eine Erkundigungspflicht, sofern er seine – objektiv unrichtige – Rechtsauffassung z.B. über seine Eigenschaft als Dienstgeber zum Zeitpunkt der Unterlassung der Meldung nicht etwa auf höchstgerichtliche (und erst später geänderte) Rechtsprechung oder – bei Fehlen einer solchen – auf eine ständige Verwaltungsübung zu stützen vermag. Die bloße "Nichtbeanstandung" beitragsfreier Zahlungen in der Vergangenheit stellt noch keine Verwaltungsübung dar, auf die ein Meldepflichtiger vertrauen dürfte. Insbesondere geht die Erkundigungspflicht dahin, sich über die Vertretbarkeit seiner Rechtauffassung bei der Behörde und/oder einer zur berufungsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle Gewissheit zu verschaffen und sich bei dabei zu Tage tretenden widersprüchlichen Rechtsauffassungen mit Gewissenhaftigkeit mit dem Für und Wider eingehend auseinanderzusetzen (vgl. VwGH vom 15.7.2019, Ra 2019/08/0107).
Der Dienstnehmer J.F. wurde in Verletzung der Meldepflicht nach § 33 Abs. 1 AVG von der BF als Dienstgeberin nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Die BF hat in der Beschwerde nicht dargelegt, aus welchen Gründen sie ausnahmsweise kein Verschulden an der Meldepflicht treffe; insbesondere hat sie nicht vorgebracht, dass sie ihrer Erkundigungspflicht nachgekommen wäre. Soweit die BF darauf verweist, dass die Tätigkeit von J.F. im Zuge von Abgabenprüfungen bisher nicht beanstandet worden sei, so ist dem zu entgegnen, dass sich daraus nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch keine Verwaltungsübung ableiten lässt, auf die ein Meldepflichtiger vertrauen dürfte.
Von der beantragten Aussetzung bzw. Verbindung des gegenständlichen Verfahrens mit jenem über die Versicherungspflicht von J.F. konnte Abstand genommen werden. Aufgrund der inhaltlichen Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht war auch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde nicht mehr zu entscheiden. Im Übrigen wird auf die Bestimmung des § 13 VwGVG hingewiesen; die aufschiebende Wirkung der Beschwerde wurde von der belangten Behörde nicht ausgeschlossen.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Beitragsnachverrechnung beruht auf klaren gesetzlichen Regelungen, die keinerlei Anlass zu Zweifeln geben. Zu den vorliegenden Rechtsfragen besteht bereits eine umfassende und einheitliche – auszugsweise auch zitierte – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der die gegenständliche Entscheidung auch nicht abweicht.
Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 [GRC] entgegenstehen.
Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art. 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art. 6 EMRK für Art. 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 14.03.2012, U466/11; 27.06.2013, B823/2012; 21.02.2014, B1446/2012; VwGH 23.01.2013, 2010/15/0196; 24.01.2013, 2012/21/0224).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH vom 10.8.2000, 2000/07/0083, und vom 14.5.2003, 2000/08/0072). Der Gerichtshof hat darüber hinaus bekräftigt, dass die systematische Durchführung mündlicher Verhandlungen die notwendige Sorgfalt bei der Erledigung dort beeinträchtigten kann, wo es – wie etwa in Sozialversicherungssachen – allgemein um eher technische Fragen geht, die in einem schriftlichen Verfahren besser gelöst werden können (vgl. das Urteil vom 18.7.2013, Fall Schädler-Eberle, Zl. 56.422/09; vgl. VwGH vom 3.11.2015, 2013/08/0153).
Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten ist. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest.
Schlagworte
Beitragsnachverrechnung Meldepflicht Rechtskraft Verjährungsfrist VersicherungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L503.2213082.1.00Im RIS seit
19.11.2020Zuletzt aktualisiert am
19.11.2020