Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der H GmbH in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. März 1997, Zl. WST1-BA-9678, betreffend Verfahren gemäß § 77 GewO 1994 (mitbeteiligte Parteien: 1. R in K, vertreten durch Dr. W und Dr. H, Rechtsanwälte in W, 2. A in K, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und an beide mitbeteiligte Parteien Aufwendungen in der Höhe von je S 6.370,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 30. Juli 1993 beantragte die "Firma S, Ing. R KG" die Erteilung der gewerbebehördlichen Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines Zwischenlagers.
Mit Bescheid vom 22. August 1996 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung der Beschwerdeführerin diese Genehmigung. Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Berufung.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 18. März 1997 gab der Landeshauptmann von Niederösterreich den Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge und "behob" den angefochtenen Bescheid. Zur Begründung führte der Landeshauptmann aus, die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage stelle nach § 353 GewO 1994 einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt dar. Die "Sache", über die die Behörde im Genehmigungsverfahren betreffend Betriebsanlagen zu entscheiden habe, werde insofern durch das Genehmigungsansuchen bestimmt. Aus dem Verfahrensakt gehe hervor, daß Herr Ing. R mit Schreiben vom 30. Juli 1993 bei der Gewerbebehörde erster Instanz um die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines Zwischenlagers angesucht habe. An diesen Antragsteller habe sich auch der gesamte Schriftverkehr der Erstbehörde bis zu einem Schreiben vom 13. Mai 1996 gerichtet. In diesem Schreiben werde ausgeführt, daß Herr Ing. R (nunmehr H GmbH) um die gewerbebehördliche Genehmigung angesucht habe. Im Verfahrensakt finde sich jedoch kein Antrag der Beschwerdeführerin auf gewerbebehördliche Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage. Die Genehmigung der Errichtung des Betriebes einer Betriebsanlage sei ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, der von der Behörde nicht von Amts wegen gesetzt werden dürfe. Da kein Antrag des Adressaten des erstbehördlichen Bescheides vorliege, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligten Parteien stellten in ihren Gegenschriften gleichlautende Anträge.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Erteilung der in Rede stehenden gewerbebehördlichen Genehmigung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt sie vor, im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde habe sehr wohl die Beschwerdeführerin den Antrag vom 30. Juli 1993 gestellt. Bei der Unternehmung "S Ing. R" handle es sich um die zu einer bestimmten Firmenbuchnummer des Landesgerichtes Korneuburg eingetragene Kommanditgesellschaft. Dieser Umstand sei auch von der Erstbehörde erkannt worden. Dies gehe aus der Verhandlungsschrift vom 9. September 1996 hervor, in welcher ein Unterbestandvertrag vorgelegt worden sei, wonach die Beschwerdeführerin "vormals Ing. R S" firmiert habe. Weiters gehe dies schon aus der Verhandlungsschrift vom 9. Februar 1994 hervor, wo korrekterweise von der Firma Ing. R mehrfach die Rede sei, also die Behörde erkannt habe, daß es sich nicht um eine physische Person gehandelt habe. Tatsächlich sei der Mensch Ing. R zu diesem Zeitpunkt bereits seit Jahren verstorben gewesen. Die Firma S Ing. R sei in die H V+B GmbH aufgrund eines Einbringungsvertrages vom 22. Dezember 1994 eingebracht worden. Mit weiterem Einbringungsvertrag, ebenfalls vom 22. Dezember 1994 sei nicht nur der vormalige Betrieb der genannten Kommanditgesellschaft, sondern weitere Teilbetriebe der H V+B GmbH, zusammengefaßt als Teilbetrieb "S" bezeichnet, in die Beschwerdeführerin eingebracht worden. Dies sei der belangten Behörde auch zur Kenntnis gebracht worden, als in der Verhandlung vom 9. Juni 1996 unter anderem bereits auf die Betriebsanlage der Beschwerdeführerin verwiesen worden sei und richtigerweise auch der erstinstanzliche Bescheid zugunsten der Beschwerdeführerin laute, also jener Unternehmung, in welche die ursprüngliche Gesellschaft über den Umweg der H V+B GmbH eingebracht worden sei. Die Einbringung sei jeweils mit allen Rechten und Pflichten erfolgt, die mit dem Teilbetrieb verbunden gewesen seien, darunter auch das gegenständliche Verfahren. Zwar enthalte weder das AVG noch die GewO (abgesehen von § 80 Abs. 4) eine Bestimmung über die Rechtsnachfolge in die Parteistellung, jedoch gingen Lehre und Rechtsprechung davon aus, daß eine Rechtsnachfolge dann möglich sei, wenn die zu erlassenden Bescheide dingliche Wirkung hätten. Dies treffe im vorliegenden Fall zu. Die belangte Behörde irre daher, wenn sie meine, die Beschwerdeführerin habe keinen Antrag gestellt. Die Beschwerdeführerin sei vielmehr Rechtsnachfolgerin der erloschenen Kommanditgesellschaft.
Gemäß § 353 Einleitungssatz GewO sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage die im folgenden angeführten Unterlagen anzuschließen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ergibt sich aus dieser Bestimmung die Qualifikation der Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage als antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Solche Verwaltungsakte stehen nur dann mit dem Gesetz im Einklang, wenn ein auf ihre Setzung gerichteter, von einer hiezu legitimierten Partei gestellter Antrag vorliegt. Legitimiert zum Antrag auf Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage oder auf Änderung einer solchen ist deren Inhaber. Tritt im Zuge es Verfahrens über einen Antrag auf Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage bzw. deren Änderung ein Wechsel in der Person des Inhabers der Betriebsanlage ein, so kann der neue Inhaber in das noch nicht zu Ende geführte Genehmigungsverfahren eintreten. Es bedarf allerdings einer ausdrücklichen Erklärung der eintretenden Rechtsperson, durch welche das Genehmigungsansuchen in Ansehung der Person des Konsenswerbers geändert wird. Unterbleibt eine derartige Eintrittserklärung, so ist das Verwaltungsverfahren weiterhin mit dem ursprünglichen Antragsteller zu führen und dessen Ansuchen mit dem abschließenden Bescheid zu erledigen. Da aber zum Antrag auf Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage bzw. auf deren Änderung nur der Inhaber des Standortes der geplanten Betriebsanlage bzw. der bereits errichteten Betriebsanlage legitimiert ist, kann in einem solchen Fall die Erledigung des Antrages nur in dessen Abweisung bestehen, weil in dem allein maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des (letztinstanzlichen) Bescheides die Legitimation zur Antragstellung nicht (mehr) gegeben war (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1993, Zl. 93/04/0055).
Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, daß entgegen der Annahme der belangten Behörde der Antrag vom 30. Juli 1973 auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb der in Rede stehenden Betriebsanlage nicht von der natürlichen Person Ing. R, sondern, wie sich aus der darin enthaltenen diesbezüglichen Erklärung eindeutig ergibt, von der "S, Ing. R KG" gestellt wurde. Damit ist aber für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen, weil dieser Umstand nichts daran zu ändern vermag, daß dieser Antrag nicht von ihr gestellt wurde und ihr dieser Antrag daher auch nicht zugerechnet werden kann. Daß sie, wie in der Beschwerde behauptet wird, Rechtsnachfolgerin dieser Kommanditgesellschaft ist, hätte sie zwar entsprechend der oben dargestellten Rechtslage zum Eintritt in das laufende Genehmigungsverfahren durch entsprechende ausdrückliche Erklärung berechtigt, doch hat sie, wie auch die Beschwerdeführerin nicht in Zweifel zieht, eine derartige Erklärung nicht abgegeben.
Ausgehend von der oben dargestellten Rechtslage hätte die belangte Behörde bei der gegebenen Sachlage im angefochtenen Bescheid richtigerweise den Antrag der "S, Ing. R KG" abzuweisen gehabt. Dadurch, daß sie statt dessen lediglich den erstbehördlichen Bescheid ersatzlos behob, werden aber subjektive öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin nicht berührt. Diese dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit kann daher nicht zu seiner Aufhebung führen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff insbesondere § 49 Abs. 6 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997040082.X00Im RIS seit
20.11.2000