Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §87 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des M in N, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 5. Juni 1997, Zl. VI/1-A-1748/5-1997, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 5. Juni 1997 wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Handelsgewerbes gemäß § 124 Z. 11 GewO 1994 an einem näher bezeichneten Standort entzogen. Nach der Begründung dieses Bescheides ging der Landeshauptmann in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, mit Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 25. Jänner 1996 sei der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe zwar mit Schreiben vom 12. November 1996 bestätigt, daß der Beschwerdeführer mit ihr eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen habe, doch habe sie mit Schreiben vom 3. Juni 1997 bekanntgegeben, die abgeschlossene Zahlungsvereinbarung werde durch den Beschwerdeführer nicht eingehalten. Die Wirtschaftskammer Burgenland habe mitgeteilt, der Umlagenrückstand sei beglichen worden. Aus einer vom Bezirksgericht Eisenstadt übermittelten Liste könne entnommen werden, daß seit dem Jahr 1993 insgesamt 36 Gläubiger Exekutionsanträge gegen den Beschwerdeführer gestellt haben und diese vom Gericht auch bewilligt worden seien. Dem Beschwerdeführer sei das Ermittlungsergebnis zur Kenntnis gebracht und er aufgefordert worden, Unterlagen darüber vorzulegen, daß die weitere Gewerbeausübung im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Eine Stellungnahme sei jedoch nicht eingelangt. Da seit dem Jahr 1993 laufend Exekutionsanträge gegen den Beschwerdeführer gestellt würden, lasse dies auf eine Zahlungsmoral schließen, die nicht der eines ordentlichen Gewerbetreibenden entspreche. Es dürfe zwar nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Beschwerdeführer teilweise versuche, seine Verbindlichkeiten (z.B. durch Ratenvereinbarungen) zu begleichen, er dürfte aber dennoch nicht in der Lage sein, sämtliche Rückstände zu erfüllen, sodaß diese ständig anwüchsen. Es könne den Gläubigern auf Dauer nicht zugemutet werden, zur Erfüllung ihrer Forderungen den Klags- und Exekutionsweg zu beschreiten, zumal dieser Weg mit zum Teil sehr hohen Gerichtskosten verbunden sei. Die Gläubiger müßten eher danach trachten, den Schaden so gering wie möglich zu halten, wenn nicht schon ihre gesamten Forderungen erfüllt werden könnten. Nach Ansicht des Landeshauptmannes sei die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers nicht so beschaffen, daß erwartet werden könne, er werde den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten in Hinkunft ordnungsgemäß nachkommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der Entziehung des Gewerbes verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt er im wesentlichen vor, der Annahme der belangten Behörde, seine Zahlungsmoral entspreche nicht der eines ordentlichen Gewerbetreibenden, sei entgegenzuhalten, daß er den Behörden bereits des öfteren mitgeteilt habe, er könne auf Grund der guten Geschäftslage in den Sommermonaten seinen Zahlungsverpflichtungen in dieser Zeit nachkommen und er ersuche um entsprechende Nachsicht im restlichen Zeitraum des Jahres. Er habe sich immer bemüht, seine Rückstände so gering wie möglich zu halten und nach Möglichkeit auch zu erfüllen. Das sei ihm zum Großteil auch gelungen. Mit den Großgläubigern habe er Zahlungsvereinbarungen getroffen, welche von ihm auch strikt eingehalten würden. Auch die Sozialversicherungsbeiträge habe er abgestattet, es hafteten keine Beitragsrückstände mehr aus. Mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe er eine Zahlungsvereinbarung getroffen, um den Rückstand zu begleichen. Auch mit den anderen Gläubigern sei zum Teil eine einvernehmliche Einigung gefunden worden. Seine gesamte wirtschaftliche Situation stelle sich nach anfänglichen Schwierigkeiten dergestalt dar, daß von einem Zuwachs der Geschäftstätigkeit und somit einer Steigerung der Umsätze ausgegangen werden könne. Auf Grund seiner derzeitigen wirtschaftlichen Situation sei damit zu rechnen, daß er auch in Hinkunft seine Verbindlichkeiten abdecken könne. Daß die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei, sei evident, da bei Nichtausübung des Gewerbes die Gläubiger mit einem gänzlichen Ausfall ihrer Forderungen zu rechnen hätten. Er könnte auch nicht für seine Familie sorgen und auf Grund seines Alters und seiner Ausbildung wäre es für ihn schwer, auf dem österreichischen Arbeitsmarkt eine entsprechende Beschäftigung zu bekommen. Seine prekäre finanzielle Situation gehe vor allem auf Geschäfte zurück, die er vor mehreren Jahren in Tschechien getätigt habe und die ohne sein Verschulden zu einem beträchtlich finanziellen Verlust geführt hätten. Er sei auch weiterhin bemüht und bereit, seinen Zahlungsverpflichtungen vereinbarungsgemäß nachzukommen. Die belangte Behörde hätte auch feststellen müssen, daß sich seine gesamte wirtschaftliche Situation gebessert habe und eine positive Entwicklung seines Unternehmens zu erwarten sei. Die belangte Behörde habe ihm mitgeteilt, daß von der Kammer für Arbeiter und Angestellte, dem Finanzamt Eisenstadt, der Burgenländischen Gebietskrankenkasse und dem Kreditschutzverband von 1870 keine Stellungnahmen abgegeben worden seien, obwohl darauf hingewiesen worden sei, daß bei nicht rechtzeitiger Äußerung angenommen werde, die weitere Gewerbeausübung liege nicht in deren Interesse. Es könne ihm nun nicht zum Nachteil gereichen, daß diese Behörden bzw. Ämter keine Stellungnahme abgegeben hätten. Es könne aus der Nichtabgabe einer Stellungnahme keineswegs darauf geschlossen werden, daß die weitere Gewerbeausübung nicht in deren Interesse liege. Die belangte Behörde hätte daher weitere Ermittlungen durchführen müssen, um diesen Sachverhalt entsprechend aufzuklären. Das gegenständliche Verfahren sei weder öffentlich geführt, noch die Entscheidung öffentlich verkündet worden. Er halte dies für einen Widerspruch zu Art. 6 EMRK, weshalb er beantrage, im gegenständlichen Verfahren eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und die Entscheidung öffentlich zu verkünden.
Mit diesem Vorbringen bestreitet der Beschwerdeführer nicht das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 GewO 1994. Auch die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegende Aktenlage bietet keinen Anhaltspunkt für eine gegenteilige Annahme.
Der Beschwerdeführer bekämpft allerdings die Rechtsansicht der belangten Behörde, es seien nicht die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. gegeben. Nach dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Zur Erfüllung dieses Tatbestandselementes genügt es nicht, wenn der Gewerbetreibende trotz Vorhandenseins älterer fälliger Zahlungsverpflichtungen seinen aus der laufenden Gewerbeausübung entstehenden neuen Zahlungsverpflichtungen nachkommt und gleichzeitig Beiträge zur Verringerung der bereits vorhandenen Forderungen leistet. Denn in einer solchen Situation kann es z.B. durch die Exekutionsführung eines "Altgläubigers" leicht dazu kommen, daß trotz entgegenstehender Absicht des Gewerbetreibenden die Erfüllung der aus der laufenden Geschäftsführung entstandenen Verbindlichkeiten verhindert wird. Die Erfüllung des Tatbestandselementes des vorwiegenden Interesses der Gläubiger im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfordert daher, daß der Gewerbetreibende hinsichtlich aller gegen ihn bereits bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diese auch pünktlich erfüllt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, Zl. 96/04/0098).
Im vorliegenden Fall durfte die belangte Behörde schon deshalb ohne Rechtsirrtum davon ausgehen, daß die weitere Gewerbeausübung nicht im Interesse der Gläubiger gelegen ist, weil sie - vom Beschwerdeführer unbestritten - festgestellt hat, daß er seine Zahlungsvereinbarung mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft nicht eingehalten hat. Davon abgesehen räumt der Beschwerdeführer mit seinem Beschwerdevorbringen, wonach es ihm "zum Großteil" gelungen sei, mit den "Großgläubigern" Zahlungsvereinbarungen zu treffen, ein, daß daneben weiterhin fällige (d.h. nicht durch eine Zahlungsvereinbarung geregelte) Forderungen gegen ihn offen sind.
Bei dieser Sachlage war es für die von der belangten Behörde zu treffenden Entscheidung bedeutungslos, ob und welche Gläubiger der Meinung sind, die Fortführung des Gewerbes durch den Beschwerdeführer liege nicht oder schon in ihrem Interesse. Die Unterlassung der Klärung dieser Frage durch die belangte Behörde bildet daher keinen zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensverstoß.
Mit dem eine Gefährdung seiner und seiner Familie Existenz betreffenden Vorbringen vermag der Beschwerdeführer schließlich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht darzustellen, weil diese Umstände nach dem Gesetz keinen Grund darstellen, von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997040130.X00Im RIS seit
20.11.2000