TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/5 W182 2233625-1

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Veröffentlicht am 05.08.2020
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Entscheidungsdatum

05.08.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs1
BFA-VG §18 Abs2
B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a

Spruch

W182 2233625-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen die Spruchpunkte VI. bis VIII. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.06.2020, Zl. 1265369700-200510583, gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBI. I. Nr 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, § 18 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I. Nr. 87/2012 idgF und 55 Abs. 1a FPG idgF, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VI. zu lauten hat:

„Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 1 Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen.“

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige der Volksrepublik China, wurde im Bundesgebiet am 16.06.2020 im Rahmen einer Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ohne Identitätsdokumente angetroffen und festgenommen. Bei einer Befragung durch Organe der Fremdenpolizei am selben Tag nannte die BF zu ihren persönlichen Daten befragt die an zweiter Stelle im Spruch genannte Identität und gab u.a. an, sich seit Mai 2018 in Österreich aufzuhalten. Als Aufenthaltsgrund nannte sie die bessere Lebensqualität sowie, dass sie im Herkunftsland kein Geld verdienen könne.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 17.06.2020, Zl. 1265369700/200496823, wurde gegen die BF die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung verhängt. In Erledigung einer dagegen erhobenen Beschwerde der BF wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.07.2020, Zl. W171 2232727-1/5E, u.a. festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen. Diese Entscheidung wurde u.a. mit einer bestehenden Fluchtgefahr begründet. Dazu wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF aufgrund ihres Vorverhaltens (Führung mehrerer Identitäten und Täuschung der Behörden, Unterschriftsverweigerung) nicht als kooperativ oder aber als vertrauenswürdig angesehen werden könne. Zum Vorverhalten wurde beweiswürdigend dargetan, dass sich aus dem Auszug aus dem ZMR ergebe, dass die BF lediglich im PAZ eine aufrechte Meldeadresse gehabt habe. Die Feststellung der Täuschung über ihre Identität gründe sich im Wesentlichen auf die Tatsache, dass die BF erst nach konkretem Vorhalt, dass ihre Person in Österreich bereits unter einer anderen Identität bekannt sei, den Grund für die beiden von ihr geführten Namen erklärt habe. Sie habe daher nach Ansicht des Gerichts zuvor versucht, ihre wahre Identität vor den Behördenvertretern geheim zu halten. Das Gericht geht sohin diesbezüglich von einer Täuschungsabsicht der BF aus, zumal ihre Begründung für die doppelte Namensführung auch nur bedingt plausibel erscheine. Im Verfahrensakt finde sich weiters auch ein Hinweis darauf, dass die BF ihre Unterschrift auf dem Anhalteprotokoll verweigert habe. Ihre fehlende Rückkehrwilligkeit lasse sich aus ihrem bisherigen Verhalten und vor allem aus der kürzlichen Asylantragstellung ersehen. Sie sei vermögenslos und habe keinen gesicherten Wohnsitz vorweisen können. Es bestehe kein familiäres- oder sonstiges soziales Netz, das der BF Halt geben und diese vom Untertauchen erfolgreich abhalten könnte. Die BF gebe zwar vor, „freiwillig“ nach China zurückreisen zu wollen. Dabei wäre nicht von einer jederzeitigen Greifbarkeit der BF auszugehen und eine kontrollierte Ausreise nicht anzunehmen. Es ist nicht davon auszugehen, dass die BF, die in Täuschungsabsicht den Behörden gegenüber eine neue Identität angegeben hatte und so ihr evidentes Interesse daran gezeigt hatte, dass sie im Inland verbleiben will, nicht zu diesem Zwecke auch untertauchen würde. Dies, zumal sie weder sozialen Anschluss, noch einen gesicherten Wohnsitz vorweisen konnte. Es besteht daher für das Gericht kein Grund davon auszugehen, dass ein gelinderes Mittel eine ausreichende Sicherung der Abschiebung der BF bedeuten würde“.

1.2. Zuvor hatte die BF am 19.06.2020 in Schubhaft den in Teilen gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Bei der Erstbefragung am 19.06.2020 nannte die BF zu ihrer Identität befragt den an erster Stelle im Spruch genannten Namen. Auf Vorhalt ihrer sohin völlig abweichenden Namensangaben erklärte sie, dass der an erster Stelle im Spruch genannte Name ihr von ihrem Pflegevater gegeben worden sei und dieser auch in ihrem Reisepass gestanden sei, der ihr in Österreich zu Weihnachten letzten Jahres von einem schwarzen Mann gestohlen worden sei. Der an zweiter Stelle im Spruch genannte Name sei ihr von ihren leiblichen Eltern gegeben worden. Die BF gab dazu weiters an, dass sie sich seit Oktober 2018 in Österreich aufhalte und sich hier ihren Lebensunterhalt durch „Gelegenheitsjobs in verschiedenen Chinalokalen“ finanziert habe, wobei sie bei verschiedenen Landsleuten in XXXX , XXXX und XXXX wohnen habe dürfen. Sie habe China aus rein wirtschaftlichen Gründen verlassen, ihre Familie sei sehr arm und sie fürchte dort den finanziellen Ruin.

In einer Einvernahme beim Bundesamt am 30.06.2020 gab sie auf die Frage, wo sich ihr Reisepass befinde, wiederum an, dass sie jemandem den Reisepass zur Aufbewahrung gegeben und dieser ihn verloren habe. Zu ihren unterschiedlichen Namen befragt erklärte sie, dass der an erster Stelle im Spruch genannte Name ihr Geburtsname und der an zweiter Stelle im Spruch genannte Name ihr Adoptivname sei. Im Herkunftsland würden sich ihre Eltern, ein Bruder, eine Schwester, ihr Ehegatte, sowie zwei Kinder aufhalten. Ihre Ehe sei jedoch nicht mehr glücklich gewesen, sie habe in Österreich jemanden kenngelernt, der chinesischer Staatsangehöriger sei. Auf die Frage, wie sie bisher ihren Lebensunterhalt in Österreich verdient habe, gab sie an: „Gelegenheitsarbeiten, Putzen, Reinigen, Babysitten, alles Mögliche halt. Nur so, dass ich was zu essen und eine Schlafmöglichkeit bekomme.“ Als Fluchtgründe nannte sie ausschließlich wirtschaftliche Gründe und bessere Lebensverhältnisse.

2. Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 30.06.2020 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat VR China (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in die VR China zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) und festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VIII.). Dazu wurde u.a. festgestellt, dass die Identität der BF nicht feststehe, sie spätestens im Oktober 2018 illegal ins Bundesgebiet eingereist sei, sie im fremdenrechtlichen Verfahren falsche Angaben zu ihrer Identität gemacht habe und ihren Antrag auf internationalen Schutz mit wirtschaftlichen Gründen - sohin offensichtlich aus asylfremder Motivlage – gestellt habe. Sie habe den Asylantrag offenbar mutwillig gestellt, um aus der Schubhaft entlassen zu werden. Es stehe fest, dass sie ihre Mittel zum Unterhalt nicht nachweisen könne. Ein angeblicher Lebensgefährte bzw. Freund der BF verfüge über keinen Aufenthaltstitel, sein Asylverfahren sei seit September 2018 rechtskräftig negativ abgeschlossen und halte er sich sohin illegal im Bundesgebiet auf. Das Einreiseverbot wurde im Wesentlichen mit der Mittellosigkeit der BF begründet, wobei zusätzlich ausgeführt wurde, dass der Unterhalt der BF derzeit nur durch ihre Tätigkeit aus der Schwarzarbeit gewährleistet sei, wodurch sie den österreichischen Staat finanziell massiv geschädigt habe. Die Aufhebung der aufschiebenden Wirkung wurde u.a. damit begründet, dass aufgrund ihres bisherigen Verhaltens und ihres illegalen Aufenthaltes davon auszugehen sei, dass die BF den Antrag auf internationalen Schutz missbräuchlich gestellt habe, um weiteren fremdenbehördlichen Maßnahmen zu entgehen. Die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme sei im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten. Da ihrem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden sei und auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsland drohe, sei es ihr zumutbar, den Ausgang des Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten.

Mit Verfahrensanordnung vom 01.07.2020 wurde der BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

3. Ausschließlich gegen die Spruchpunkte VI. – VIII. des bekämpften Bescheides wurde binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Darin wurde geltend gemacht, dass die BF keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, weshalb sowohl das Einreiseverbot iHv 2 Jahren als auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die Nicht-Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise unrechtmäßig erfolgt seien. Zum Einreiseverbot wurde insbesondere ausgeführt, dass die Erlassung desselben nicht zwingend vorgeschrieben sei und Mittellosigkeit alleine noch nicht das Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit begründe. Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, dass Gesamtverhalten der BF zu beurteilen, wobei eine entsprechende ordnungsgemäße Gefährdungsprognose den Ausführungen der Behörde nicht zu entnehmen sei. Die belangte Behörde widerspreche sich selbst, wenn sie einerseits anführe, die BF sei mittellos und andererseits, dass ihr Unterhalt durch ihre Tätigkeit aus der Schwarzarbeit gewährleistet sei. Im Fall der rechtsunkundigen BF, die bislang angegeben habe, hauptsächlich gegen Kost und Logis ausgeholfen zu haben, um sich über Wasser zu halten, sei die Verhängung des Einreiseverbotes nicht geboten. Auch aufgrund der Asylantragstellung der BF sei nicht auf eine Gefahr der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu schließen. Die rechtsunkundige BF sei vor der Asylantragstellung nicht durch eine Rechtsberatung aufgeklärt worden und sei ihr nicht bewusst gewesen, dass die Gründe, aus welchen sie China verlassen habe, keine asylrelevanten Gründe darstellen. Die BF habe mittlerweile einen Antrag auf freiwillige Ausreise gestellt. Aus diesem Grund würden auch die gegenständlichen Spruchpunkte I. bis V. des angefochtenen Bescheides auch gegenständlich nicht in Beschwerde gezogen. Des Weiteren sei auch der bloße unrechtmäßige Aufenthalt als ein lediglich geringfügiger Verstoß gegen die öffentliche Ordnung zu qualifizieren, der für sich genommen die Verhängung eines Einreiseverbotes nicht zwingend erforderlich mache. Zudem sei die BF unbescholten. In eventu sei die Dauer des Einreiseverbotes in der Höhe von zwei Jahren jedenfalls unverhältnismäßig. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei im gegenständlichen Fall rechtswidrig erfolgt, da sich die Behörde (im Gegensatz zum Spruch) in der Begründung auf die nicht mehr anzuwendende Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 stütze. Sohin erweise sich die Aberkennung als nicht ausreichend und nachvollziehbar begründet. § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG erfordere schwerwiegende Gründe, die die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Wie bereits zum Einreisverbot ausgeführt, gehe von der BF keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus, es würde auch keine schwerwiegenden Gründe vorliegen, welche diese Annahme rechtfertigen würden. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei daher zu Unrecht erfolgt. Tatsächlich hätte der BF eine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt werden müssen. Für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht beabsichtige, nicht antragsgemäß zu entscheiden, werde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung unter Einvernahme der BF in Bezug auf die anzustellende Gefährdungsprognose beantragt, zumal dem persönlichen Eindruck bei einer Gefährdungsprognose besondere Bedeutung zukomme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist Staatsangehörige der Volksrepublik China und reiste zwischen Mai und Oktober 2018 illegal ins Bundesgebiet ein. Bis zu ihrer Festnahme am 16.06.2020 hat sich die BF ohne Meldung im Bundesgebiet aufgehalten und ist Erwerbstätigkeiten gegen zumindest Sachleistungen (Kost und Logis) nachgegangen. Bei ihrer Festnahme und nachfolgenden Befragung hat sie die Behörde über ihre wahre Identität zu täuschen versucht.

Die BF befindet sich seit 18.06.2020 in Schubhaft, wobei sie in der Schubhaft bereits am 19.06.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Diesen begründete sie bislang ausschließlich mit wirtschaftlichen Gründen bzw. besseren Lebensverhältnissen.

Im Herkunftsland halten sich alle Familienangehörige der BF (zumindest Mutter, Geschwister, Gatte, Kinder) auf. Eine von der BF als Freund bzw. Lebensgefährte genannte Person ist chinesischer Staatsangehöriger, verfügt nach einem seit September 2018 rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren über keinen Aufenthaltstitel und befindet sich in Schubhaft.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.07.2020, Zl. W171 2232727-1/5E, wurde hinsichtlich der BF u.a. festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen, wobei dies im Ergebnis mit Fluchtgefahr begründet wurde.

Die BF konnte bislang keine Mittel zur Finanzierung ihres Unterhaltes in Österreich nachweisen.

Im Übrigen wird der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang der Entscheidung zugrundgelegt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, insbesondere aus den Einvernahmeprotokollen vom 16.06.2020, 19.06.2020 und 30.06.2020, sowie dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.07.2020, Zl. W171 2232727-1/5E, einer Auskunft beim Zentralen Melderegister und Anfrage beim XXXX zum Stichtag sowie der Beschwerdeschrift.

In der Beschwerdeschrift wurde zudem kein neuer Sachverhalt dargetan bzw. die Feststellungen im bekämpften Bescheid bestritten, sondern lediglich die Schlussfolgerungen der Behörde und deren rechtliche Beurteilung bemängelt.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“

Zu Spruchteil A):

2. Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des bekämpften Bescheides (Einreiseverbot)

2.1. Das Bundesamt stützte die Entscheidung über das Einreisverbot in der rechtlichen Begründung des bekämpften Bescheides auf § 53 Abs. 2 Z 6 FPG.

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG idgF kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG idgF ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist u.a. insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige etwa (Z 6) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG idgF beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

Hinsichtlich des Tatbestandes der Mittellosigkeit nach § 53 Abs. 2 Z 6 FPG 2005 stellte der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.12.2018, Zl. Ra 2018/20/0309, klar, dass ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen hat, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. „Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12)“.

Gemäß § 3 Abs. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG),BGBl. Nr. 218/1975 idgF, darf ein Ausländer, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige "Rot-Weiß-Rot – Karte", "Blaue Karte EU" oder "Aufenthaltsbewilligung – Künstler" oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus", eine "Aufenthaltsberechtigung plus", einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" oder "Daueraufenthalt – EU" besitzt. Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt gemäß § 2 Abs. 1 AuslBG, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Als Arbeitsverhältnis gilt gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG u.a. die Verwendung (lit. a) in einem Arbeitsverhältnis oder (lit. b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (zur Voraussetzung eines Aufenthaltstitels für unselbstständige Erwerbstätigkeiten vgl. insbesondere § 32 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 24 FPG idgF).

Hinsichtlich der BF, die sich seit zumindest Oktober 2018 ohne Aufenthaltsberechtigung völlig illegal im Bundesgebiet aufgehalten hat, ist festzustellen, dass diese bis zu ihrer Festnahme im Juni 2020 in Österreich ihren Lebensunterhalt laut eigenen Angaben durch „Gelegenheitsjobs in verschiedenen Chinalokalen“ (vgl. Erstbefragungsprotokoll vom 20.06.2020, S. 7, As 41) bzw. „Gelegenheitsarbeiten, Putzen, Reinigen, Babysitten, alles Mögliche halt“ (vgl. Einvernahmeprotokoll vom 25.06.2020, S. 5, As 73) bestritten hat. Daraus ergibt sich aber, dass sich die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen im Fall der BF, die auch keine hinreichenden Mittel zur Bestreitung ihres Unterhalts nachweisen konnte, nicht nur drohen würde, sondern sich bereits wiederholt verwirklicht hat.

Daran ändern auch die Ausführungen in der Beschwerdeschrift nichts, wonach die BF diese Tätigkeiten nur „gegen Kost und Logis“ ausgeführt hat. So stellt auch die Bereitstellung von Quartier und Verpflegung eine Gegenleistung in einem Dienstverhältnis dar (vgl. dazu etwa VwGH 04.06.2009, Zl. 2009/18/0175). Es trifft auch nicht zu, dass dem in § 53 Abs. 2 Z 6 FPG enthaltenen Tatbestand kein eigenständiger Bedeutungsgehalt beizumessen wäre. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt. Dies gilt auch für ein in einem Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz erlassenes Einreiseverbot (vgl. VwGH 12.07.2019, Zl. Ra 2018/14/0282, Rz 12).

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230). Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes ist von der Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 anzunehmen (VwGH 16.11.2012, Zl 2012/21/0080).

Hinsichtlich des bisherigen Verhaltens der BF ist zweifelsfrei festzustellen, dass sich diese zumindest von Oktober 2014 weg über eineinhalb Jahre bis zum Juni 2020 nicht nur illegal, sondern auch ohne Meldeadresse im Bundegebiet aufgehalten hat. Sie hat zudem ihren Unterhalt durch illegale Beschäftigungen bestritten und offensichtlich versucht, die Behörden über ihre Identität zu täuschen. Sie hat zudem im Stande der Schubhaft einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dies alles wurde in der Beschwerde auch nicht erkennbar bestritten und ist auch bereits das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 13.07.2020, Zl. W171 2232727-1/5E, davon ausgegangen. Ihr Fehlverhalten lässt sich sohin auch nicht auf einen bloß unrechtmäßigen Aufenthalt und Mittellosigkeit reduzieren. Angesichts des dargetanen Fehlverhaltens der BF ist sohin in einer Gesamtbetrachtung der Einschätzung des Bundesamtes, dass der Aufenthalt der BF im Sinne von § 52 Abs. 2 FPG die öffentliche Ordnung gefährdet, nicht entgegenzutreten.

Die BF verfügt auch über keine familiären oder sonstigen Bindungen zu Verwandten in Österreich. Ihre Familienangehörigen halten sich alle in China auf. Sie hat auch keine intensive Bindung zu in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration der BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind weder erkennbar, noch wurde dies behauptet. Die BF konnte sohin auch keine besonderen konkreten Umstände der privaten Lebenssituation dartun, in die durch das Einreiseverbot schwerwiegend eingegriffen werden würde.

Wenn die belangte Behörde daher zum Ergebnis gelangte, dass von einem maßgeblichen Eingriff in das Privat- und Familienleben der BF in Österreich durch das Einreiseverbot nicht ausgegangen werden könne, erweist sich dies somit nicht als rechtswidrig.

Folglich war die Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot dem Grund nach abzuweisen.

2.2. Was nunmehr die vom Bundesamt verhängte Dauer des Einreiseverbots betrifft, wurde diese im Spruch mit zwei Jahren festgesetzt.

Abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Drittstaatsangehörigen ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes iSd bisherigen Judikatur zu § 63 FPG 2005 alt (vgl. VwGH 08.11.2006 2006/18/0323; VwGH 18.02.2009, 2008/21/0048) darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung prognostiziert ist; außerdem ist auch auf die privaten und familiären Interessen des Drittstaatsangehörigen Bedacht zu nehmen. Der Verwaltungsgerichtshof wies in seiner Entscheidung vom 22.05.2013, Zl. 2011/18/0259, jedoch darauf hin, dass das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen darf, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 8 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt. Eine einzelfallbezogene Bemessung ist vielmehr unabdingbar. „Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) - oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes - hat allerdings regelmäßig nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht. Das wird verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige "bloß" einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 FPG erfüllt. Ist dagegen davon auszugehen, dass es sich um einen Drittstaatsangehörigen handelt, von dessen Aufenthalt im Sinn des § 53 Abs. 3 FPG eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht, so wird in aller Regel - freilich abhängig von den sonstigen Umständen des Einzelfalles - ein längerfristiges Einreiseverbot zu verhängen sein“ (VwGH 24.05.2018, Zl. Ra 2018/19/0125, mit Verweis auf VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207).

Das dargelegte Fehlverhalten der BF, das zudem auch die Verhängung einer Schubhaft erforderlich machte, konnte sohin nicht ohne weiteres als bloß geringfügig bewertet werden. Wie bereits dargetan, sind auch keine gewichtigen Anhaltspunkte für eine maßgebliche Beeinträchtigung der privaten und familiären Interessen der BF durch das Einreiseverbot hervorgekommen, noch wurden solche in der Beschwerde behauptet. Im Hinblick auf das bereits angeführte Fehlverhalten der BF wird dieses aber bereits insofern ein wenig abgeschwächt, als die BF auch keine Grundversorgung bezogen hat und sich die illegale Erwerbstätigkeit auf Kost und Logis beschränkt hat. Hinzu kommt, dass sie im Hinblick auf ihre Fluchtgründe nicht nur nicht versucht hat, asylrelevante Gründe zu konstruieren, sondern – offenbar wahrheitsgemäß – lediglich wirtschaftliche Gründe geltend gemacht hat, sondern die diesbezügliche Entscheidung des Bundesamtes zudem – gerade auch im Bezug auf die Rückkehrentscheidung - akzeptiert und nicht – allenfalls in Absicht einer Verfahrensverschleppung - weiter bekämpft hat.

In der Zusammenschau und Abwägung aller entscheidungsrelevanten Anknüpfungspunkte erscheint das vom Bundesamt verhängte Einreisverbot von zwei Jahren in der vorliegenden Konstellation in Summe nicht verhältnismäßig und war daher auf die Dauer von 1 Jahr herabzusetzen (vgl. dazu etwa auch VwGH 05.05.2020, Zl. Ra 2019/19/0528; VwGH 05.05.2020, Zl. Ra 2020/21/0036).

3.3. Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. und VIII. des bekämpften Bescheides (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung)

Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1.       der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2.       schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3.       der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4.       der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5.       das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6.       gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7.       der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

Nach § 18 Abs. 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1.       die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.       der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3.       Fluchtgefahr besteht.

Das Bundesamt hat seine Entscheidung auf § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG gestützt. Ob das Bundesamt zum Entscheidungszeitpunkt eine „schwerwiegende“ Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinne von § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG annehmen durfte, mag insofern dahingestellt bleiben, als die BF unabhängig davon bereits damals zweifelsfrei auch die Voraussetzungen nach § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG erfüllt hat. Sie hat ihren Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich auf wirtschaftliche Gründe gestützt, die bereits abstrakt nicht geeignet erscheinen, eine Verfolgung im Sinne der GFK oder eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention darzutun. Der Gesetzgeber geht hierbei davon aus, dass das Rechtsschutzinteresse eines Antragstellers, der keine Verfolgungsgründe geltend gemacht hat, geringer ausfällt (vgl. RV 2144 BlgNR XXIV. GP 13). In Zusammenschau mit der Rechtschutzmöglichkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 BFA-VG kann auch nicht erkannt werden, dass die Anwendbarkeit dieser Bestimmung im vorliegenden Fall vor dem unionsrechtlichen Hintergrund nicht rechtmäßig wäre (vgl. etwa VwGH 21.05.2019, Zl. Ra 2018/19/0466; VwGH 13.12.2018, Zl. Ro 2018/18/0008 mit Hinweis auf EuGH, 19.06.2018, Gnandi, Zl. C- 181/16, und EuGH 05.07.2018, C., J., und S., Zl. C-269/18 PPU). Es sind in diesem Zusammenhang aber auch im Hinblick auf die privaten oder familiären Interessen der BF keine gewichtigen Umstände hervorgekommen oder geltend gemacht worden, die eine Entscheidung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG unverhältnismäßig erscheinen hätten lassen.

Hinzu kommt, dass sich die BF zum Entscheidungspunkt des Bundesamtes bereits in Schubhaft befunden hat. Das Bundesamt ist sohin vom Vorliegen einer Fluchtgefahr ausgegangen. Diese Annahme wurde letztlich auch durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.07.2020, Zl. W171 2232727-1/5E, bestätigt. Sohin waren aber auch schon zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes jedenfalls auch die Voraussetzungen nach § 18 Abs. 2 Z 3 BFA-VG erfüllt, wobei diese Bestimmung im Gegensatz zu Abs. 1 kein Ermessen zulässt. Diesbezüglich liegen auch keine Anhaltspunkte für eine entscheidungswesentliche Änderung der Umstände vor. Die BF befindet sich auch nach wie vor in Schubhaft.

Da gemäß § 51 Abs. 1a FPG für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht, war die Beschwerde auch hinsichtlich der bekämpften Spruchpunkte VII. und VIII. sohin als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen (zu den beachtlichen Kriterien vgl. etwa VwGH

28.05.2014, Zl. 2014/20/0017).

In der Beschwerde wurde ein Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

Was das Vorbringen der BF in der Beschwerde betrifft, beschränkt sich dieses im Wesentlichen auf eine andere (rechtliche) Bewertung des bereits vom Bundesamt festgestellten Verhaltens der BF im Hinblick auf das verhängte Einreiseverbot und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung. Auch sonst steht der Sachverhalt eindeutig fest. Vor dem Hintergrund ihres Fehlverhaltens ist bei Berücksichtigung aller zugunsten der BF sprechenden Fakten kein günstigeres Ergebnis für sie zu erwarten, umso mehr als das Einreiseverbot deutlich herabgesetzt wurde (vgl. dazu etwa VwGH 24.05.2018, Zl. Ra 2018/19/0125). Von der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden (vgl. etwa VwGH 18.06.2020, Zl. Ra 2020/01/0162). Auch sonst hat sich kein Hinweis ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit der BF im Rahmen einer Verhandlung zu erörtern. Unter diesen Umständen geht das Gericht davon aus, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMR, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Ausreise Dauer Einreiseverbot Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährlichkeitsprognose Herabsetzung illegale Beschäftigung illegaler Aufenthalt Mittellosigkeit öffentliche Ordnung Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W182.2233625.1.00

Im RIS seit

18.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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