TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/11 I415 2233374-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.08.2020
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Entscheidungsdatum

11.08.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
StGB §127
StGB §129
StGB §130
StGB §229
StGB §241e
StGB §83 Abs1
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I415 2233374-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Marokko, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I.

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.

Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: BF) marokkanischer Staatsangehörigkeit reiste illegal ein und stellte am 13.09.2012 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, seine Eltern seien etwa drei Jahre zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen, er habe in seiner Heimat niemanden mehr. Er habe dort weder eine Arbeitsstelle gefunden noch staatliche Unterstützung erhalten, weswegen er gezwungen gewesen sei, seine Heimat zu verlassen.

2. Mit 23.08.2013 erging eine negative Entscheidung seitens des Bundesasylamts (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, im Folgenden kurz: belangte Behörde, BFA) sowohl hinsichtlich der Gewährung von Asyl als auch subsidiären Schutz, weiters erfolgte eine Ausweisung nach Marokko. Der Bescheid erwuchs am 10.09.2013 unangefochten in Rechtskraft.

3. Mit Bescheid vom 17.11.2015, Zl. XXXX , wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass eine Abschiebung nach Marokko zulässig sei. Weiters wurde gegen den BF ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Mit 05.12.2015 erwuchs der Bescheid unangefochten in Rechtskraft.

4. Am 29.06.2020 stellte der BF aus dem Stande der Strafhaft einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er erstbefragt angab, er habe keine anderen sozialen Kontakte, ihm gefalle es in Österreich und er möge hierbleiben.

5. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde verwies der BF hinsichtlich der Frage nach dem Grund der neuerlichen Antragstellung darauf, dass er denselben Grund habe, den er schon damals im Jahr 2012 angegeben habe.

6. Am 17.07.2020 wies die belangte Behörde mit Bescheid, Zl XXXX , zugestellt am 18.07.2020 durch Ausfolgung in der Justizanstalt XXXX , den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurück. Eine neuerliche Rückkehrentscheidung wurde nicht erlassen, da bereits eine, mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung der belangten Behörde vom 17.11.2015 bestand.

7. Mit Schreiben vom 22.07.2020 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung gegen den Bescheid der belangten Behörde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Zusammengefasst sei es nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zur Auffassung komme, dass das nunmehrige Vorbringen nicht geeignet sei, um einen neu entstandenen bzw. verfahrensrelevanten Sachverhalt festzustellen, zumal der BF durchwegs gleichbleibende und substantiierte Angaben gemacht habe. Seitens des BF seien Hinweise zur Begründung seines Antrages gegeben worden, welche die Behörde jedoch nicht näher hinterfragt habe und daher ihrer Pflicht gemäß § 18 Abs 1 AsylG nicht ausreichend nachgekommen sei. Die derzeitige Situation in Marokko setze den BF im Falle einer Rückkehr einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen aus. Es könne nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Marokko einem realen Risiko einer Verletzung von Art 2, Art 3 EMRK und der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt sein würde. Es wurde daher beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen sowie in der Sache selbst zu entscheiden und dem Antrag des BF auf internationalen Schutz Folge zu geben und dem BF den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu dem BF einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 55, 57 AsylG zu erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen sowie der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

8. Mit Schriftsatz vom 23.07.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 24.07.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.

1.1. Zur Person des BF:

Der (spätestens) am 11.09.2012 in das Bundesgebiet eingereiste BF ist volljährig, Staatsangehöriger von Marokko, sunnitischen Glaubens und leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Die Identität des BF steht nicht fest.

Im Herkunftsstaat hat der BF sieben Jahre lang die Schule besucht und als XXXX sowie als XXXX gearbeitet. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Marokko hat er Aussichten, auch hinkünftig am marokkanischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der BF wurde in Österreich achtmal rechtskräftig verurteilt:


01) LG XXXX vom 09.01.2013 RK 15.01.2013

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG

§ 27 (1) Z 1 2. Fall SMG

Datum der (letzten) Tat 10.12.2012

Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

02) LG XXXX vom 02.05.2013 RK 07.05.2013

§§ 142 (1), 143 2. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 18.12.2012

Freiheitsstrafe 18 Monate, davon Freiheitsstrafe 16 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 13.07.2020

zu LG XXXX RK 07.05.2013

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 14.10.2013

zu LG XXXX RK 07.05.2013

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 02.05.2013

LG XXXX vom 28.10.2013

zu XXXX RK 07.05.2013

Der bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG XXXX vom 28.07.2017

03) LG XXXX vom 14.10.2013 RK 17.10.2013

§ 15 StGB §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG

Datum der (letzten) Tat 16.07.2013

Freiheitsstrafe 6 Wochen

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 17.10.2013

04) LG XXXX vom 02.12.2014 RK 04.12.2014

§ 241e (3) StGB

§ 229 (1) StGB

§§ 127, 129 Z 1 StGB

Datum der (letzten) Tat 22.05.2014

Freiheitsstrafe 12 Monate

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 03.11.2015

05) BG XXXX vom 13.03.2015 RK 17.03.2015

§ 83 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 09.11.2014

Keine Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG F.STRAFS.GRAZ 005 HV 93/2014i RK

04.12.2014

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 17.03.2015

06) LG XXXX vom 28.07.2017 RK 01.08.2017

§§ 127, 129 (1) Z 1, 130 (2) StGB

Datum der (letzten) Tat 18.03.2016

Freiheitsstrafe 2 Jahre

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 26.05.2019

07) BG XXXX vom 15.01.2018 RK 18.01.2018

§ 83 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 30.10.2017

Freiheitsstrafe 4 Wochen

08) LG XXXX vom 16.01.2020 RK 21.01.2020

§ 15 StGB § 269 (1) 3. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 01.11.2019

Freiheitsstrafe 6 Wochen

zu LG XXXX RK 21.01.2020

zu BG XXXX RK 18.01.2018

zu LG XXXX RK 01.08.2017

zu LG XXXX 07.05.2013

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 23.07.2020, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX vom 19.06.2020

Im Zeitraum vom März 2016 bis Juni 2016 war der BF in Deutschland aufhältig, von Juni 2016 bis Juni 2017 in den Niederlanden. Seit 08.06.2017 befindet sich der BF im Bundesgebiet durchgehend in Haft, derzeit im PAZ XXXX .

In Österreich verfügt der BF über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Der BF brachte in seinem gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz keine neu entstandenen Fluchtgründe vor.

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des BF in seinem nunmehrigen Folgeverfahren und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Marokko mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.3. Zur allgemeinen Situation in Marokko

Die aktuelle Situation im Herkunftsstaat (Stand 08.11.2019, letzte Information eingefügt am 09.07.2020) des BF stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:

Marokko kann grundsätzlich als stabiles Land betrachtet werden. Das französische Außenministerium rät bis auf einige Regionen zu normaler Aufmerksamkeit im Land, dem einzigen in Nordafrika, das auf diese Weise bewertet wird. In den Grenzregionen zu Algerien wird zu erhöhter Aufmerksamkeit geraten bzw. wird von Reisen abgeraten.

Im Jahr 2019 konnte Marokko sein Terrorismusrisiko weitgehend eindämmen und die Zahl der Verhaftungen im Vergleich zu 2018 verdoppeln. Das Land sah sich jedoch weiterhin sporadischen Bedrohungen ausgesetzt, die hauptsächlich von kleinen, unabhängigen Terrorzellen ausgingen, von denen die meisten angeben, sie seien vom Islamischen Staat (IS) inspiriert oder mit ihm verbunden. Im März 2019 repatriierte Marokko acht Kämpfer aus Syrien. Im Jahr 2019 wurden in Marokko keine terroristischen Vorfälle gemeldet.

Die Verfassung gewährleistet die Grundrechte und verbietet Folter und unmenschliche Behandlung oder Bestrafung. Die Sicherheitsbehörden unterliegen der effektiven Kontrolle der zivilen Behörden und die Regierung bestreitet, dass sie die Anwendung von Folter erlaubt.

Folter ist gemäß Verfassung unter Strafe gestellt. Marokko ist Vertragsstaat der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen und hat auch das Zusatzprotokoll unterzeichnet. Der CNDH (Conseil National des Droits de l'Homme / Nationaler Menschenrechtsrat) ist für den Nationalen Präventionsmechanismus gegen Folter zuständig. Die marokkanische Regierung lehnt den Einsatz von Folter ab und bemüht sich um aktive Prävention. Der Einsatz von systematischer, staatlich angeordneter Folter wird auch von NGOs nicht bestätigt. Gleichwohl berichten NGOs über Fälle von nicht gesetzeskonformer Gewaltanwendung gegenüber Inhaftierten durch Sicherheitskräfte. Die marokkanische Menschenrechtsorganisation OMDH („Organisation Marocaine des Droits de l’Homme“) geht vom Fehlverhalten einzelner Personen aus. Es kommt weiterhin zu Fällen übermäßiger Gewalt durch die Polizei und Folter in Gewahrsam. Einige der in den letzten Jahren inhaftierten Demonstranten gaben an, während der Festnahme geschlagen und verletzt worden zu sein, und einige wurden bis zur Verhandlung länger in Einzelhaft gehalten. Gefängnisse leiden häufig unter Überfüllung. Die Verurteilungen der Hirak-Rif-Demonstranten im April 2019 basierten auf durch Folter erlangten Geständnissen, die die Angeklagten während des Prozesses alle widerriefen.

Es gibt Berichte, dass Folter oder exzessive Polizeigewalt vorkommen. Der Staatsminister für Menschenrechte räumt ein, dass Folter in Einzelfällen auftritt, aber es sich nicht mehr um eine systematische Praxis handeln würde. Es besteht kein systematischer Mechanismus, Menschenrechtsverletzungen und Korruption wirksam zu untersuchen und zu bestrafen, was Straffreiheit bei Vergehen durch die Sicherheitskräfte begünstigt. Die Behörden haben es versäumt, den Vorwürfen von Folter und anderen Misshandlungen angemessen nachzugehen, was zu unfairen Gerichtsverfahren führte. In mehreren Fällen wurde eine längere Einzelhaft von Gefangenen verzeichnet, die auf Folter oder andere Misshandlungen hinausläuft. Inhaftierte Islamisten werfen dem Sicherheitsapparat, insbesondere dem Inlandsgeheimdienst DGST, vor, Methoden anzuwenden, die rechtsstaatlichen Maßstäben nicht immer genügen (z.B. lange U-Haft unter schlechten Bedingungen, kein Anwaltszugang). Die zivilgesellschaftlichen Organisationen und Medien dokumentieren diese Vorwürfe nur bruchstückhaft.

Zur Kontrolle der Gewährleistung grundlegender Menschenrechte wurde nach der Verabschiedung der neuen Verfassung im Jahr 2011 ein „Nationaler Menschenrechtsrat“ (Conseil National des droits de l’homme - CNDH) als besondere Verfassungsinstanz eingerichtet. Seine kritischen Bestandsaufnahmen und Empfehlungen zu Gesetzesentwürfen haben Gewicht und beeinflussen die Politik. Der CNDH ist sichtbar, aktiv und produktiv (Berichte über psychiatrische Anstalten, Strafvollzug, Jugendwohlfahrtseinrichtungen, Situation von Asylsuchenden und Migranten). Er legt jährlich einen Bericht vor, der dem König und dem Parlament zur Kenntnis gebracht wird und nimmt auch zu Individualfällen Stellung, bis hin zur Intervention. Menschenrechtsangelegenheiten werden somit durch den CNDH, die interministerielle Abordnung über Menschenrechte (DIDH) und die Institution des Médiateur (Ombudsmann) wahrgenommen.

Marokko verhängt weiterhin die Todesstrafe. Seit 1993 gilt jedoch ein de-facto-Moratorium, Todesurteile werden nicht mehr vollstreckt.

Die Regierungspartei PJD sowie konservative gesellschaftliche Kräfte lehnen mit Verweis auf den Koran und islamisches Recht eine vollständige Abschaffung der Todesstrafe ab. Eine breite zivilgesellschaftliche Koalition, der die wichtigsten marokkanischen NGOs und viele Abgeordnete beider Kammern des Parlaments angehören, engagiert sich für die Abschaffung der Todesstrafe. Beobachter halten eine Wiederaufnahme der Vollstreckung von Todesurteilen für unwahrscheinlich. Im Wege von Begnadigungen durch König Mohammed VI. werden immer wieder Todesstrafen in Haftstrafen umgewandelt. 2019 wurden mehr als 7 Todesurteile ausgesprochen, zum Zeitpunkt der Erhebung allerdings noch nicht vollstreckt.

In Auslieferungsverfahren besteht die Möglichkeit, eine Bestätigung zu erhalten, dass die Todesstrafe nicht vollstreckt wird. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass eine derartige Zusage von marokkanischer Seite nicht eingehalten wird. Die marokkanischen Behörden gewähren der deutschen Botschaft den Zugang zu ausgelieferten marokkanischen Inhaftierten.

Ein Berufungsgericht hat 2019 die Todesurteile gegen die drei Hauptangeklagten für die Morde an den skandinavischen Rucksacktouristinnen bestätigt. Im Falle des vierten Angeklagten hat ein anderes Berufungsgericht die lebenslange Haftstrafe ebenfalls in eine Todesstrafe umgewandelt (BAMF 11.11.2019; vgl. NZZ 31.10.2019).

Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet, Brot, Zucker und Gas werden subventioniert. Staatliche soziale Unterstützung ist kaum vorhanden, vielfach sind religiös-karitative Organisationen tätig. Die entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger spielt nach wie vor die Familie. Staatliche und sonstige Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer gibt es nicht.

Ein gravierendes Problem bildet nach wie vor die Arbeitslosigkeit 2018 (laut IMF bei 9,8%, Dunkelziffer liegt wesentlich höher), vor allem unter der Jugend. Der Bevölkerungszuwachs in den aktiven Altersgruppen liegt deutlich höher als die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die reale Arbeitslosenquote, insbesondere bei Jugendlichen, liegt deutlich über den offiziell angegebenen ca. 10%.

Der informelle Bereich der Wirtschaft wird statistisch nicht erfasst, entfaltet aber erhebliche Absorptionskraft für den Arbeitsmarkt. Fremdsprachenkenntnisse - wie sie z.B. Heimkehrer aufweisen - sind insbesondere in der Tourismusbranche und deren Umfeld nützlich. Arbeitssuchenden steht die Internet-Plattform des nationalen Arbeitsmarktservices ANAPEC zur Verfügung (www.anapec.org), die neben aktueller Beschäftigungssuche auch Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten vermittelt. Unter 30-Jährige, die bestimmte Bildungsebenen erreicht haben, können mit Hilfe des OFPPT (www.ofppt.ma/) eine weiterführende Berufsausbildung einschlagen. Die marokkanische Regierung führt Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus. Eine staatlich garantierte Grundversorgung/arbeitsloses Basiseinkommen existiert allerdings nicht. Der Mindestlohn (SMIG) liegt bei 2.570 Dirham (ca. EUR 234). Ein Monatslohn von etwa dem Doppelten dieses Betrags gilt als durchaus bürgerliches Einkommen. Statistisch beträgt der durchschnittliche Monatslohn eines Gehaltsempfängers 4.711 Dirham, wobei allerdings die Hälfte der - zur Sozialversicherung angemeldeten - Lohnempfänger nur den Mindestlohn empfängt. Ein ungelernter Hilfsarbeiter erhält für einen Arbeitstag (10 Std.) ca. 100 Dirham, Illegale aus der Subsahara erhalten weniger.

Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet. Aus den letzten Jahren sind keine Fälle bekannt, in denen es zu einem Gerichtsurteil wegen der Stellung eines Asylantrags oder wegen des in einem Asylantrag enthaltenen Vorbringens gekommen.

Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen. Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Konfessionszugehörigkeit ergeben sich aus den diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF vor der belangten Behörde. Aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ersichtlich, zudem führte der BF selbst aus, er befinde sich nicht in ärztlicher Behandlung.

Da der BF den österreichischen Behörden auch im Folgeverfahren keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellungen zum Schulbesuch und zur Berufserfahrung als Textilfärber sowie als Landwirtschaftsarbeiter in Marokko ergeben sich aus den Aussagen des BF vor der belangten Behörde im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme im Erstverfahren.

Die Feststellungen zu den acht strafrechtlichen Verurteilungen des BF ergeben sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 06.08.2020.

Betreffend den Aufenthalt des BF in Deutschland sowie anschließend in den Niederlanden ist auf die Ausführungen des BF im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde zu verweisen. Aus einer Abfrage aus dem Zentralen Melderegister wird ersichtlich, dass der BF seit mittlerweile 08.06.2017 durchgehend in unterschiedlichen Justizanstalten untergebracht war und derzeit im PAZ XXXX aufhältig ist.

Ein maßgebliches Privat- und Familienleben in Österreich im Sinne des Art 8 EMRK bringt der BF in seiner Beschwerde gar nicht erst vor. Da der BF im Zeitraum von März 2016 bis Juni 2017 auch nicht im Bundesgebiet aufhältig war, sondern seine Zeit in Deutschland und den Niederlanden verbracht hat und er sich in Österreich ab Juni 2016 durchgehend in Haft befunden hat, konnte realistischerweise ein entsprechendes Privat- und Familienleben auch nicht stattfinden.

2.3. Zum Vorbringen des BF:

Vom Bundesverwaltungsgericht ist im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 23.08.2013 und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 17.07.2020 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.

Eine solche wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage ist nicht erkennbar.

Im Zuge seiner Erstantragstellung brachte der BF vor, seine Eltern seien etwa drei Jahre zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen, er habe in seiner Heimat niemanden mehr. Er habe dort weder eine Arbeitsstelle gefunden noch staatliche Unterstützung erhalten, weswegen er gezwungen gewesen sei, seine Heimat zu verlassen.

In Zusammenhang mit seinem Folgeantrag vom 29.06.2020 führte der BF an, er habe keine anderen sozialen Kontakte, Österreich gefalle ihm und er möge bleiben. Vor der belangten Behörde befragt nach seiner neuerlichen Antragstellung verwies der BF ausschließlich auf seine Fluchtgründe entsprechend dem Antrag vom 13.09.2012.

Somit steht fest, dass der BF in seinem gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz keine neu entstandenen Fluchtgründe vorgebracht hat.

Auch in der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurden diesbezüglich keinerlei substantiierte Argumente vorgebracht. Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, der BF habe durchwegs gleichbleibende und substantiierte Angaben gemacht, so ist dem zwar insoweit zuzustimmen, dass der BF tatsächlich gleichbleibende Angaben vorbracht hat, jedoch diese bereits auch schon zum Zeitpunkt der Erstentscheidung keinerlei Asylrelevanz entfaltetet haben. Inwieweit seitens des BF „Hinweise zur Begründung seines Antrages“ gegeben wurden, welche die Behörde nicht näher hinterfragt habe, wird in der Beschwerde nicht entsprechend ausgeführt und erschließt sich auch dem erkennenden Gericht nicht.

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Eine wesentliche Änderung der Situation in Marokko wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet und entspricht dies auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Marokko kann grundsätzlich als stabiles Land betrachtet werden. Es sind – entgegen der in Beschwerde vertretenen Ansicht – keine Umstände bekannt, dass in ganz Marokko gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefahr im Sinn der Art 2 oder 3 EMRK ausgesetzt ist, und es besteht auch nicht auf dem gesamten Staatsgebiet Marokkos ein innerstaatlicher oder internationaler Konflikt, durch den mit einem Aufenthalt in Marokko für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre. Es sind auch keine wesentlichen in der Person des BF liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa eine schwere Erkrankung oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließe. Es ist letztlich davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten würde, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten sollte, zumal er jung und arbeitsfähig ist sowie auch über Arbeitserfahrung verfügt, weswegen er jedenfalls in der Lage sein sollte, sich eine neue Existenz aufzubauen.

Eine neue umfassende inhaltliche Prüfung wird vom Bundesverwaltungsgericht aus diesen Gründen nicht für notwendig erachtet.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko vom 08.11.2019, letzte Information eingefügt am 09.07.2020, samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität dieser Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Zwar wurde im angefochtenen Bescheid jener Länderinformationsbericht mit letzten Informationen, eingefügt am 07.04.2020, herangezogen, jedoch haben sich dabei im Vergleich zum Länderinformationsbericht mit letzten Informationen, eingefügt am 09.07.2020, keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen ergeben, weswegen diese in der gegenständlichen Entscheidung bedenkenlos herangezogen werden konnten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes – nicht bloß von Nebenumständen – kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913).

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend – bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache – entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des BF zu Recht gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, d.h. eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da die Entscheidung der belangten Behörde vom 23.08.2013, Zl. 12 12.585-BAE, über den Antrag des BF vom 14.09.2012 auf internationalen Schutz in formelle Rechtskraft erwachsen ist.

Die belangte Behörde hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des BF im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann, da sich der BF ausschließlich auf den Erstantrag und das dortige Vorbringen bezogen hat.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des BF gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Der angefochtene Spruchpunkt I. und II. war sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 FPG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ein Aufenthaltstitel gem. § 57 von Amts wegen nicht zu erteilen ist. Diese Bestimmungen sind grundsätzlich auch bei der Zurückweisung eines Folgeantrags nach § 68 Abs. 1 AVG anzuwenden, da weiterhin eine rechtskräftige abweisende Entscheidung nach §§ 3 und 8 AsylG vorliegt (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082). Dies gilt jedoch nur, sofern keine mit einem Einreiseverbot verbundene aufrechte Rückkehrentscheidung vorliegt oder neue Tatsachen im Hinblick auf ein Einreiseverbot hervorkommen oder entstehen.

Wie von der belangten Behörde richtigerweise ausgeführt, liegt gegenüber dem BF seit dem Bescheid des BFA vom 17.11.2015, Zl. XXXX , eine mit einem zehnjährigen Einreiseverbot verbundene aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor. Aus diesem Grund war eine neuerliche Rückkehrentscheidung - die eine Prüfung der Voraussetzungen nach Art. 8 EMRK indiziert - nicht zu erlassen und war somit auch jegliche inhaltliche Auseinandersetzung zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers und zu seiner Integration in Österreich unberücksichtigt zu lassen.

Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes (vgl. VwGH 22.03.2018, Ra 2017/01/0287-7). Besteht nämlich gegen einen Drittstaatsangehörigen bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung, so bedarf es gemäß § 59 Abs. 5 FPG bei allen nachfolgenden Verfahrenshandlungen nach dem 7., 8. und 11. Hauptstück des FPG oder dem AsylG 2005 keiner neuerlichen Rückkehrentscheidung, es sei denn, es sind neue Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG hervorgekommen, also wenn dem Bundesamt neue Tatsachen bekannt werden, die eine neuerliche Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes erfordern.

Derartige neue, unter die Tatbestände des § 53 Abs. 2 und 3 FPG subsumierbare Tatsachen sind im gegenständlichen Fall nicht hervorgekommen.

Dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 57 Asylgesetz 2005 kommt fallbezogen keine Relevanz zu, weil einer Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß §§ 55-57 AsylG 2005 jedenfalls § 60 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 entgegensteht. Nach dieser Bestimmung dürfen einem Drittstaatsangehörigen Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht. (vgl. VwGH 11.09.2017, Ra 2017/18/0183).

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).

Da der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 VwGVG unterbleiben. Der für die Zurückweisung maßgebliche Sachverhalt war zudem auf Grund der Aktenlage klar.

5. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

In der Beschwerde wurde vom BF die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Dabei wird übersehen, dass § 17 BFA-VG - anders als § 13 Abs 3 und 4 und § 22 Abs 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs 2 VwGG (vgl. VwGH 16.03.2016, Ra 2016/21/0081) - keine Rechtsgrundlage für einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung darstellt: Neben dem Rechtsschutz der amtswegigen Prüfung im Beschwerdeverfahren ist ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 17 BFA-VG gesetzlich nicht vorgesehen. Es kann dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 17 BFA-VG, wie ihn der BF vorliegend gestellt hat, ist somit unzulässig. Das Bundesverwaltungsgericht ist verpflichtet, über einen unzulässigen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Form einer Zurückweisung zu entscheiden (VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung entschiedene Sache Folgeantrag Identität der Sache Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt unzulässiger Antrag Wiederholungstaten Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I415.2233374.1.00

Im RIS seit

19.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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