TE Vwgh Beschluss 1997/9/30 97/01/0803

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Veröffentlicht am 30.09.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/01/0804

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, 1.) über den Antrag des Mahir Blakaj in Neunkirchen, geboren am 7. November 1969, vertreten durch Dr. Gertrud Hofmann, Rechtsanwalt in Wien I, Habsburgergasse 5, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. April 1997, Zl. 4.332.766/8-III/13/97, betreffend Asylgewährung, und 2.) in dieser Beschwerdesache den Beschluß gefaßt:

Spruch

1.) Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben.

2.) Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Jugosl. Föderation", richtete folgendes Schreiben vom 8. Juli 1997 an den Verwaltungsgerichtshof:

"Mir wurde Verfahrenshilfe im Asylverfahren einmal gewährt. Zahl. VH 1994/01/0163-2. Ich habe am 22.02.97 ein Schreiben vom Bundesministerium für Inneres bekommen. Da wurde mir die Möglichkeit geboten binnen zwei Wochen schriftlich Stellung zu nehmen. Betreff: Änderung der Verhältnisse in meinem Heimatland. Ich war bei Frau Dr. Hofmann Gertraud 1010 Wien

1. Habsburgerg. 5 um eine Stellungnahme zu schreiben. Ich habe eine Vollmacht für die Frau Dr. Hofmann unterschrieben, und sie hat das friestgerecht an Bundesministerium für Inneres gebracht. Am 13.06.97 bekamm ich eine Ladung von Fremdepolizei B.H. Neunkirchen mit Begründung: Abschluß meines Asylverfahrens - weitere Aufenthalt in Österreich. Ich habe dann am 16.06.97 in der Kanzlei von Frau Dr. Hofmann angerufen und nachgefragt was für ein Bescheid gekommen ist. Die Sekreterin hat mir gesagt: Es ist ein Negativ-Bescheid gekommen und die Frau Dr. Hofmann hat gesagt: "Da ist nichts mehr zu machen" und dafür hat sie den Bescheid nicht weiter zu mir geschickt. Ich habe verlangt das sie den Bescheid sofort schieckt. Vergeblich. Ich habe wider angerufen, war niemand zu sprechen. Ich habe den Bescheid am 27.06.97 bekommen. Ich schiecke den originalen Brief den ich von Frau Dr. Hofmann bekommen habe. Ich habe von jugoslawische Arme desertiert obwohl ein Amnestiegesetz in Jugoslawien ist. Es werden noch immer Deserteure maltretiert und verhaftet und vor Militärgericht geschtelt. Ich schiecke ein Bericht von Menschenrechtorganisationen. Ich bin bewußt daß ich zur Einbringung einer Verwaltungs- bzw. Verfassungsgerichtshofbeschwerde nur 6 Wochen ab der Zustellung des Bescheid des Bundesministeriums für Inneres Frist habe. Da das nicht durch meine Verschuldung pasiert ist bitte ich um Hilfe und beantrage Verfahrenshilfe im Asylverfahren gegen den Bescheid von Bundesministerium für Inneres."

Im beiliegenden Vermögensbekenntnis gab der Beschwerdeführer an, der angefochtene Bescheid sei seiner Vertreterin Dr. Hofmann am 8. April 1997 zugestellt worden. Dieses Datum findet sich durch den Einlaufstempel der Kanzlei Dr. Hofmann auf der vom Beschwerdeführer beigelegten Kopie des angefochtenen Bescheides bestätigt. Der Kopie angeheftet war ein Vordruck von Rechtsanwalt Dr. Hofmann, datiert mit "Wien, den 23.6.1997", mit dem die Kopie des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdeführer von seiner Vertreterin zur Kenntnis bzw. Stellungnahme übersendet wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof ersuchte mit Verfügung vom 17. Juli 1997 die Vertreterin des Beschwerdeführers um Stellungnahme zur Eingabe des Beschwerdeführers vom 8. Juli 1997. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer durch seine Vertreterin mit Schriftsatz vom 13. August 1997 den Antrag auf Wiedereinsetzung in der vorigen Stand und erhob unter einem Beschwerde. Er begründete den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand folgendermaßen:

"Gegen den Bescheid der Republik Österreich, Bundesministerium für Inneres vom 1. April 1997, Zl. 4.332.766/8-III/13/97 wäre das Rechtsmittel der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bis 20.5.1997 offen gewesen, wurde jedoch nicht verfaßt, da meine Anwältin sich wenige Tage vorher mit der Rettung in das Krankenhaus begeben hat. Sie hat daher auch eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nicht verfaßt bzw. wäre gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, eine solche einzubringen.

Sie befand sich vom 1.4.1997 mit einer 1-wöchtigen Unterbrechung, dauernd in der Behandlung des Evangelischen Krankenhauses Wien-Währing, 1180 Wien, Hans Sachs-Gasse 10-12, wegen eines Herzleidens.

Sie erledigte die dringenden Angelegenheiten mittels Diktates, jedoch übersah sie, den Bescheid vom 1.4.1997 mir zuzustellen. Meine Anwältin erfuhr von ihrem Versäumnis erst durch die Zustellung der Aufforderung zur Äußerung, sohin am 4.8.1997.

Beweis: Anfrage an das Evangelische Krankenhaus Wien-Währing

1180 Wien, Hans Sachs-Gasse 10-12.

Mit einem derartigen Vorkommnis konnte ich nicht rechnen, sodaß ein Wiedereinsetzungsgrund vorliegt.

Ich ersuche daher, mir die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid vom 1.4.1997, zu gewähren."

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch eine Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.

Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, daß der angefochtene Bescheid der ausgewiesenen Vertreterin des Beschwerdeführers am 8. April 1997 in deren Kanzlei zugestellt wurde. Der Beschwerdeführer gibt selbst an, am 13. Juni 1997 von der fremdenpolizeilichen Abteilung der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom Abschluß seines Asylverfahrens erfahren zu haben. Konkret erfuhr der Beschwerdeführer von der Sekretärin seiner Vertreterin am 16. Juni 1997 von der Zustellung des angefochtenen Bescheides an seine Vertreterin. An diesem Tag war die sechswöchige Beschwerdefrist, welche mit der rechtmäßigen Zustellung an die Vertreterin des Beschwerdeführers am 8. April 1997 zu laufen begonnen und somit am 20. Mai 1997 geendet hatte, bereits abgelaufen.

Die Kenntnis von der Zustellung spätestens mit 16. Juni 1997 bewirkte jedoch, daß das vom Beschwerdeführer als solches behauptete Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG aufhörte.

Denn die bloße Unkenntnis der Partei vom Inhalt eines Bescheides stellt im Sinne des § 46 VwGG kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar. Der Beschwerdeführer hätte durch Aufsuchen der Kanzlei seiner Vertreterin, aber auch durch Einsichtnahme in den Behördenakt samt Anfertigung einer Bescheidkopie sich mit dem Inhalt des rechtmäßig an seine Vertreterin zugestellten Bescheides vertraut machen können. Der Beschwerdeführer übersieht, daß fristwahrend im Hinblick auf die Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch die Stellung eines Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist, zu dessen Stellung eine Partei keines Vertreters bedarf (§ 61 Abs. 1 VwGG).

Da das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG somit spätestens am 16. Juni 1997 aufhörte, endete die Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages mit Ablauf des 30. Juni 1997. Selbst wenn man den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe vom 8. Juli 1997 auch als Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist wertete, erfolgte der Antrag verspätet. Auf das Verhalten der Vertreterin des Beschwerdeführers bzw. die Gründe, welche in ihrer Person lagen, kommt es daher im konkreten Fall nicht an.

Bei diesem Ergebnis war die am 13. August 1997 datierte und am selben Tag beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG durch Beschluß ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997010803.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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