TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/14 W256 2209881-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.08.2020
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Entscheidungsdatum

14.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W256 2209881-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA Somalia, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 22. Oktober 2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am 12. Mai 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005).

Am 12. Mai 2016 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung statt. Darin gab der Beschwerdeführer an, in XXXX geboren und Gabooye zu sein. Sein Vater, seine Mutter, seine beiden Brüder und seine drei Schwestern würden derzeit in Somalia leben. Seine Eltern hätten gewollt, dass er nach England reise, da es dort ein besseres Leben gebe. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er (wortwörtlich wiedergegeben) Folgendes an: „Ich wurde von Angehörigen eines feindlichen Clans, in meiner Heimatstadt geschlagen, weil diese ständig mit meiner Familie streiten und schlagen. Zwei Schwestern von mir wurden von diesen Leuten vergewaltigt.“

Am 8. Juli 2016 verhängte das XXXX ein Betretungsverbot gegen den Beschwerdeführer.

Der Beschwerdeführer wurde am 1. Juni 2017 durch ein Organ der belangten Behörde im Beisein seiner gesetzlichen Vertretung einvernommen. Darin gab er ergänzend an, seine Familienangehörigen würden derzeit in einem Flüchtlingslager in XXXX , Somalia leben. Seine Familie rufe ihn alle zwei Monate an. Ein Bruder lebe derzeit in Äthiopien. Zudem würden ein Onkel väterlicherseits und dessen Frau in Mogadischu aufhältig sein. Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte er aus, dass sein Vater als Regierungssoldat von den Al Shabaab gesucht und getötet worden sei. Im Zuge dessen seien die Schwestern vergewaltigt und der Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers ebenfalls ermordet worden. Der Beschwerdeführer selbst sei von den Al Shabaab entführt und in eine Art Gefängnis gebracht worden. Während seiner – ungefähr drei Monate dauernden – Inhaftierung sei er geschlagen und mit dem Umbringen bedroht worden, sollte er sich ihnen nicht anschließen. Eines Tages seien die Al Shabaab auf dem Weg zum Trainingsplatz von einer anderen Gruppe angegriffen und besiegt worden, weswegen der Beschwerdeführer freigekommen sei. Dann sei er am 5. April 2016 direkt nach Äthiopien weitergereist. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass er aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit beschimpft und geschlagen worden sei.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX wurde das Verfahren gegen den Beschwerdeführer wegen § 83 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren vorläufig eingestellt.

Mit Schreiben vom 16. April 2018 brachte die gesetzliche Vertretung des Beschwerdeführers vor, dass dieser Anfang März 2018 durch einen Freund seines Onkels väterlicherseits von dessen Tod erfahren habe. Dieser sei in Mogadischu von den Al Shabaab aufgrund des Umstandes, dass der Vater des Beschwerdeführers bei den somalischen Sicherheitskräften beschäftigt gewesen sei, als männlicher Verwandter erstochen worden. Weiters wurde näheres zur schwierigen Situation von Angehörigen der Gabooye/Midgaan/Madhiban ausgeführt.

Am 4. August 2018 verhängte das XXXX ein Betretungsverbot über den Beschwerdeführer.

Das Ermittlungsverfahren zur Zl. XXXX wegen § 83 Abs 1 StGB wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia zulässig sei. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft habe machen können. Als junger, arbeitsfähiger Mann habe er die Möglichkeit, im Fall einer Rückkehr u.a auch nach Mogadischu seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem verfüge er auch über familiäre Anknüpfungspunkte im Heimatland. Dass es Arbeitsmöglichkeiten in Mogadischu gebe, sei der Anfragebeantwortung zu Somalia vom 11. Mai 2018 zu entnehmen. Abgesehen davon, könne er durch die Hilfe u.a. seiner Familie sein Überleben sichern. Ebenso könne er Rückkehrhilfen in Anspruch nehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird auf die im Rahmen der Erstbefragung und in der Einvernahme geschilderten Probleme verwiesen. Sein Vater sei getötet worden, seine Mutter und seine Geschwister leben derzeit in einem IDP-Lager in XXXX . Zudem habe er zu diesen nur unregelmäßigen Kontakt. Aus den Länderberichten ergebe sich ein hohes Gewaltniveau in Süd-/Zentralsomalia. Die Region Lower Shabelle werde zu großen Teilen von Al Shabaab verwaltet sowie die Straßenverbindungen kontrolliert. Deswegen sei eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Heimatregion jedenfalls ausgeschlossen, selbst unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Heimatstadt des Beschwerdeführers scheinbar unter Regierungskontrolle stehe. Die Sicherheitslage in Mogadischu habe sich nur kurzfristig verbessert, Al Shabaab töte gezielt Zivilisten. Eine innerstaatliche Fluchtalternative nach Mogadischu scheide somit aufgrund der volatilen Sicherheitslage und des mangelnden sozialen Netzes aus. Weder bestehe ein gesicherter Kontakt zu seinen Angehörigen, noch könnten ihm diese helfen, zumal sie selbst IDPs seien. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht auf sein Clannetz stützen bzw. werde er aufgrund seiner Clanzugehörigkeit zu den Madhiban erschwerend diskriminiert.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Mit Schreiben vom 1. Juli 2020 wurden den Parteien das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 17. September 2019 (im Folgenden: LIB) sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 11. Mai 2018 „Humanitäre Hilfe, Arbeitsmarkt, Versorgungslage in Mogadischu“ (im Folgenden: Anfragebeantwortung vom 11. Mai 2018) durch das Bundesverwaltungsgericht zum Parteiengehör übermittelt. Dabei wurde dem Beschwerdeführer auch die Möglichkeit eingeräumt, aktuelle Angaben zu seinem Verfahren zu machen.

Dazu hat sich der Beschwerdeführer nicht geäußert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

zur Person

Der – im Spruch genannte – Beschwerdeführer besitzt die somalische Staatsangehörigkeit und ist Moslem (angefochtener Bescheid, Seite 17).

Er stammt aus XXXX , in der Region Shabeellaha Hoose (angefochtener Bescheid, Seite 17).

Der Beschwerdeführer gehört dem Clan der Gabooye, Subclan der Madhiban an (angefochtener Bescheid, Seite 17).

Der Beschwerdeführer hat über mehrere Jahre eine Schule besucht (angefochtener Bescheid, Seite 3, Seite 17).

Der Beschwerdeführer verfügt über Familienangehörige in Somalia. Im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers kann er auf die finanzielle Hilfe seiner Familie zurückgreifen und für die erste Zeit bei Angehörigen in Mogadischu Unterkunft nehmen (angefochtener Bescheid, Seite 18 und Seite 87; siehe auch die Beweiswürdigung).

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig (angefochtener Bescheid, Seite 17).

Er ist seit seiner Antragsstellung im Bundesgebiet aufhältig (angefochtener Bescheid, Seite 17).

Der Beschwerdeführer wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt (angefochtener Bescheid Seite 18; Auszug aus dem Grundversorgungssystem vom 14. August 2020). Zudem ist er strafgerichtlich unbescholten (Strafregisterauszug vom 14. August 2020).

Über den Beschwerdeführer wurden zwei Wegweisungen verhängt (angefochtener Bescheid, Seite 18).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwandten und verfügt auch sonst über keine nennenswerten Bindungen im Bundesgebiet (angefochtener Bescheid, Seite 18, Seite 91).

Der Beschwerdeführer spricht etwas Deutsch (angefochtener Bescheid, Seite 18).

zur Lage in Somalia

Das Gebiet von Somalia ist faktisch zweigeteilt, nämlich in: a) die somalischen Bundesstaaten; und b) Somaliland, einen 1991 selbst ausgerufenen unabhängigen Staat, der international nicht anerkannt wird, aber als autonomer Staat mit eigener Armee und eigener Rechtsprechung funktioniert. Während Süd-/Zentralsomalia seit dem Zusammenbruch des Staates 1991 immer wieder von gewaltsamen Konflikten betroffen war und ist, hat sich der Norden des Landes unterschiedlich entwickelt (LIB, Seite 8).

Somalia ist damit zwar kein failed state mehr, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind sehr schwach, es gibt keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Regierung verfügt kaum über eine Möglichkeit, ihre Politik und von ihr beschlossene Gesetze im Land durch- bzw. umzusetzen (LIB, Seite 8).

Mogadischu:

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM. Die vormals für Verbesserungen in der Sicherheitslage verantwortliche Mogadishu Stabilization Mission (MSM) wurde nunmehr deaktiviert. Ihre Aufgaben wurden erst an die 14th October Brigade übertragen, mittlerweile aber von der wesentlich verstärkten Polizei übernommen. Letztere wird von Armee, AMISOM und Polizeikontingenten von AMISOM unterstützt. Nach wie vor reicht die in Mogadischu gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte aber nicht aus, um eine flächendeckende Präsenz sicherzustellen (LIB, Seite 28 f).

Für al Shabaab bietet die Stadt schon alleine aufgrund der dichten Präsenz von Behörden und internationalen Organisationen viele attraktive Ziele. Diesbezüglich ist es der Regierung nicht gelungen, eine erfolgreiche Strategie zur Bekämpfung von al Shabaab in der Stadt umzusetzen. Die Gruppe ist in der Lage, in weiten Teilen des Stadtgebiets Anschläge durchzuführen (LIB, Seite 29).

Im September und Oktober 2018 ging die Anzahl an Anschlägen vorübergehend zurück; dahingegen nahm in diesem Zeitraum die allgemeine Kriminalität zu. Danach hat die Zahl an größeren Anschlägen in und um Mogadischu zugenommen. Es kommt regelmäßig zu Sprengstoffanschlägen oder aber zu gezielten Tötungen. Üblicherweise zielt al Shabaab mit größeren (mitunter komplexen) Angriffen auf Offizielle, Gebäude und Fahrzeuge der Regierung, Hotels, Geschäfte, Militärfahrzeuge und –Gebäude sowie Soldaten von Armee und AMISOM. Betroffen sind Regierungseinrichtungen, Restaurants und Hotels, die von nationalen und internationalen Offiziellen frequentiert werden. Im März und April 2019 kam es zu einem signifikanten Anstieg der Aktivitäten, fast täglich war ein Anschlag mit einem improvisierten Sprengsatz zu verzeichnen. Vereinzelt kommt es zu großangelegten komplexen Angriffen durch al Shabaab, so etwa am 9.11.2018 auf das Sahafi Hotel (50 Tote, darunter sieben Angreifer). Bei einem Selbstmordanschlag im Juli 2019 kamen u.a. der Bürgermeister von Mogadischu und drei District Commissioners ums Leben (LIB, Seite 29).

Al Shabaab greift Zivilisten nicht spezifisch an. Diese leiden auf zwei Arten an der Gewalt durch al Shabaab: Einerseits sind jene einem erhöhten Risiko ausgesetzt, die in Verbindung mit der Regierung stehen oder von al Shabaab als Unterstützer der Regierung wahrgenommen werden. Andererseits besteht für Zivilisten das Risiko, bei Anschlägen zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (LIB, Seite 29).

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu zurückerlangt. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko, von der Al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Bei einem Abzug von AMISOM aus Mogadischu droht hingegen die Rückkehr von al Shabaab. Es besteht kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (LIB, Seite 29 f).

Erreichbarkeit:

Luftweg: Die sicherste Arte des Reisens in Süd-/Zentralsomalia ist das Fliegen. Mogadischu kann international (mit Ethiopian Airlines und Turkish Airlines) erreicht werden. In die Städte Kismayo, Dhobley, Baidoa, Doolow, Xudur, Belet Weyne, Guri Ceel, Cadaado und Galkacyo gelangt man mit kleineren Fluglinien, wie African Express Airways, Daallo Airlines oder Jubba Airways (LIB, Seite 110).

Minderheiten und Clans:

Mehr als 85% der Bevölkerung teilen eine ethnische Herkunft. Die somalische Bevölkerung ist aber nur auf den ersten Blick homogen. In ganz Somalia gibt es eine Zersplitterung in zahlreiche Clans, Sub-Clans und Sub-Sub-Clans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt (LIB, Seite 82).

Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalis. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt. Darum kennen Somalis üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem (LIB, Seite 82).

Die sogenannten „noblen“ Clanfamilien können (nach eigenen Angaben) ihre Abstammung auf mythische gemeinsame Vorfahren und den Propheten Mohammed zurückverfolgen. Die meisten Minderheiten sind dazu nicht in der Lage. Somali sehen sich als Nation arabischer Abstammung, „noble“ Clanfamilien sind meist Nomaden (LIB, Seite 82):

?        Darod gliedern sich in die drei Hauptgruppen: Ogaden, Marehan und Harti sowie einige kleinere Clans. Die Harti sind eine Föderation von drei Clans: Die Majerteen sind der wichtigste Clan Puntlands, während Dulbahante und Warsangeli in den zwischen Somaliland und Puntland umstrittenen Grenzregionen leben. Die Ogaden sind der wichtigste somalische Clan in Äthiopien, haben aber auch großen Einfluss in den südsomalischen Juba-Regionen sowie im Nordosten Kenias. Die Marehan sind in Süd-/Zentralsomalia präsent.

?        Hawiye leben v.a. in Süd-/Zentralsomalia. Die wichtigsten Hawiye-Clans sind Habr Gedir und Abgaal, beide haben in und um Mogadischu großen Einfluss.

?        Dir leben im Westen Somalilands sowie in den angrenzenden Gebieten in Äthiopien und Dschibuti, außerdem in kleineren Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Die wichtigsten Dir-Clans sind Issa, Gadabursi (beide im Norden) und Biyomaal (Süd-/Zentralsomalia).

?        Isaaq sind die wichtigste Clanfamilie in Somaliland, wo sie kompakt leben. Teils werden sie zu den Dir gerechnet.

?        Rahanweyn bzw. Digil-Mirifle werden als weitere Clanfamilie gesehen (LIB, Seite 83).

Es ist nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Isaaq und Digil-Mirifle stellen je ca. 20-25% der Bevölkerung, die Dir deutlich weniger. Alle Mehrheitsclans sowie ein Teil der ethnischen Minderheiten – nicht aber die berufsständischen Gruppen – haben ihr eigenes Territorium (LIB, Seite 83).

Daneben finden sich in Somalia einige ethnische und berufsständische Minderheiten (LIB, Seite 83 ff).

Als Minderheiten werden jene Gruppen bezeichnet, die aufgrund ihrer geringeren Anzahl schwächer als die „noblen“ Mehrheitsclans sind. Dazu gehören auch Angehöriger „nobler Clans“, die nicht auf dem Territorium ihres Clans leben (LIB, Seite 83).

Ethnische Minderheiten haben eine andere Abstammung und in manchen Fällen auch eine andere Sprache als die restlichen Einwohner des somalischen Sprachraums. Die soziale Stellung der ethnischen Minderheiten ist unterschiedlich. Es gibt seit Jahren keine Berichte mehr zu (staatlicher) Repression im engeren Sinn. In Mogadischu sind Angehörige von Minderheiten nicht systematischer Gewalt ausgesetzt. Allerdings sind all jene Personen, welche nicht einem dominanten Clan der Stadt angehören, potenziell gegenüber Kriminalität vulnerabler (LIB, Seite 84).

Berufsständische Minderheiten unterscheiden sich hinsichtlich Sprache und Kultur nicht von der Mehrheitsbevölkerung. Anders als die „noblen“ Clans wird ihnen aber nachgesagt, ihre Abstammungslinie nicht auf Prophet Mohammed zurückverfolgen zu können. Ihre traditionellen Berufe werden als unrein oder unehrenhaft erachtet. Die berufsständischen Gruppen stehen auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie der somalischen Gesellschaft. Sie leben verstreut in allen Teilen des somalischen Kulturraumes, mehrheitlich aber in Städten. Ein vor allem im Norden bekannter Sammelbegriff für einige berufsständische Gruppen ist Gabooye, dieser umfasst etwa die Tumal, Madhiban, Muse Dheriyo und Yibir (LIB, Seite 85).

Diskriminierung: Für die Gabooye hat sich die Situation im Vergleich zur Jahrtausendwende, als sie nicht einmal normal die Schule besuchen konnten, gebessert. Insbesondere unter jungen Somali ist die Einstellung zu ihnen positiver geworden; mittlerweile ist es für viele Angehörige der Mehrheitsclans üblich, auch mit Angehörigen berufsständischer Gruppen zu sprechen, zu essen, zu arbeiten und Freundschaften zu unterhalten. Es gibt keine gezielten Angriffe auf oder Misshandlungen von Gabooye. In Mogadischu sind Angehörige von Minderheiten keiner systematischen Gewalt ausgesetzt. Allerdings sind all jene Personen, welche nicht einem dominanten Clan der Stadt angehören, potentiell gegenüber Kriminalität vulnerabler (LIB, Seite 85 f).

Zur Diskriminierung berufsständischer Kasten trägt bei, dass sie sich weniger strikt organisieren und sie viel ärmer sind. Daher sind sie nur in geringerem Maß in der Lage, Kompensation zu zahlen oder Blutrache anzudrohen. Insgesamt ist die soziale Stufe und die damit verbundene Armut für viele das Hauptproblem. Hinzu kommt, dass diese Minderheiten in der Regel eine tendenziell schlechtere Kenntnis des Rechtssystems haben. Der Zugang berufsständischer Gruppen zur Bildung ist erschwert, weil an ihren Wohnorten z.B. Schulen fehlen. Außerdem verlassen viele Kinder die Schule früher, um zu arbeiten. Viele Familien sind auf derartige Einkommen angewiesen. Die meist schlechtere Bildung wiederum führt zur Benachteiligung bei der Arbeitssuche, bei der die Clanzugehörigkeit ohnehin oft zu Diskriminierung führen kann. Da berufsständische Gruppen nur über eine kleine Diaspora verfügen, profitieren sie zudem in geringerem Ausmaß von Remissen als Mehrheitsclans (LIB, Seite 86).

Dennoch sind vereinzelt auch Angehörige berufsständischer Gruppen wirtschaftlich erfolgreich. Auch wenn sie weiterhin die ärmste Bevölkerungsschicht stellen, finden sich einzelne Angehörige in den Regierungen, im Parlament und in der Wirtschaft (LIB, Seite 86).

Die somalische Verfassung bekennt sich zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung. Sowohl Regierung als auch Parlament sind entlang der sogenannten „4.5 Lösung“ organisiert, das bedeutet, dass für jeden Sitz, den ein Vertreter der großen Clans in Regierung bzw. Parlament innehat, ein halber Sitz einem Vertreter der kleineren Clans bzw. Minderheitenclans zufällt. So blieben die Clans der entscheidende Faktor in der somalischen und somaliländischen Politik. Gegen oder ohne sie lässt sich kein Staat aufbauen. Die vier größten Clans (Darood, Hawiye, Dir und Digil-Mirifle) dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft (LIB, Seite 80 f).

Einzelne Minderheiten leben unter besonders schwierigen sozialen Bedingungen in tiefer Armut und leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion. Sie sehen sich in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung – nicht aber systematisch von staatlichen Stellen – wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (LIB, Seite 81).

zur Versorgungslage

Die humanitäre Krise in Somalia bleibt eine der komplexesten und am längsten dauernden weltweit. Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln ist in weiten Teilen nicht gewährleistet. Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia zum Land mit dem fünftgrößten Bedarf an internationaler Nothilfe weltweit (LIB, Seite 122).

Große Teile der Bevölkerung sind hinsichtlich Armut und Nahrungsversorgung vulnerabel. Eine Schätzung besagt, dass rund 77 % der Bevölkerung mit weniger als 1,9 US Dollar pro Tag auskommen müssen und daher als extrem arm gelten – insbesondere in ländlichen Gebieten und IDP Lagern. Nach anderen Angaben leben 69 % der Bevölkerung in Armut. Dabei finden sich die höchsten Raten bei IDPs, in ländlichen Gebieten und Nomaden. Es gibt viele IDPs und Kinder, die auf der Straße leben und arbeiten. Die ländliche Bevölkerung und IDPs verfügen kaum über Mittel, um die durch die Dürre entstandenen Verluste wieder wett zu machen (LIB, Seite 122).

60 % der Somali leben zum größten Teil von der Viehzucht. Zwei Drittel der Bevölkerung leben im ländlichen Raum. Sie sind absolut vom Regen abhängig. In den vergangenen Jahren haben die Frequenzen und Dauer von Dürre zugenommen. Deswegen wurden auch die Kapazitäten der Menschen, derartigen Katastrophen zu begegnen, reduziert. Zusätzlich verstärken Mangel an Bildung, übermäßige Abhängigkeit von einem Einkommen aus der Landwirtschaft, Arbeitslosigkeit, geringes Vermögen und eine große Personenanzahl in einem Haushalt die Vulnerabilität im Fall einer Katastrophe. Bereits 2016/2017 wurden im Zuge der Dürre fast eine Million Somali vertrieben. Nur aufgrund groß angelegter und erfolgreicher humanitärer Hilfe wurde eine Hungersnot verhindert (LIB, Seite 122).

Zwischenzeitlich hatte sich die humanitäre Situation aufgrund guter Regenfälle im Jahr 2018 etwas entspannt. Die Sicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hatte sich verbessert – nicht zuletzt aufgrund fortgesetzter humanitärer Hilfe und aufgrund überdurchschnittlicher Regenfälle (LIB, Seite 123).

Somalia steht nunmehr wieder vor einem großen humanitären Notfall. Am meisten betroffen sind IDPs und marginalisierte Gruppen. Das Land leidet unter den negativen Folgen unterdurchschnittlicher Regenfälle in der Gu- Regenzeit (April-Juni) 2019. Letztere hat sehr spät eingesetzt. Der gefallene Regen hat die Dürre-Bedingungen zwar etwas entspannt und den Zustand des Viehs verbessert. Trotzdem reichte er nicht aus, um die Landwirtschaft nachhaltig zu stärken. Am Ende ist die Gu zwar normal oder fast normal ausgefallen; doch war der Niederschlag erratisch und schlecht verteilt. Außerdem kam er um einen Monat später als normal (LIB, Seite 123).

zur Versorgungslage in Mogadischu

Die Stadt Mogadischu wird als IPC-1 Kategorie bewertet [IPC: Integrated Phase Classification for Food Security ; 1-moderat bis 5-Hungersnot] (LIB, Seite 123 ff).

Die Bundesregierung und Hilfsorganisationen haben einen Drought Impact Response Plan (DIRP) auf die Beine gestellt, damit soll 4,5 Millionen Menschen kritisch notwendige lebenserhaltende Unterstützung zukommen. Mit der Umsetzung wurde bereits begonnen. Die Kosten werden bis Dezember 2019 mit 686 Millionen US-Dollar beziffert. Insgesamt sind die Hilfsprogramme aber unterfinanziert, manche Agenturen müssen ihre Maßnahmen sogar zurückfahren. Im September 2019 war der DIRP nur zu 50% ausfinanziert. So wurden z.B. im Juni 2019 nur 1,4 Millionen Menschen mit Nahrungsmittelhilfe erreicht, angepeilt wurden hingegen 2,2 Millionen. Hilfsprojekte von internationalen Organisationen oder NGOs erreichen in der Regel nicht alle Bedürftigen (LIB, Seite 126 f).

Al Shabaab und andere nichtstaatliche Akteure behindern die Leistung humanitärer Hilfe und die Lieferung von Hilfsgütern an vulnerable Bevölkerungsteile – speziell in Süd-/Zentralsomalia. In den Gebieten unter Kontrolle der Gruppe wurden Aktivitäten humanitärer Organisationen gänzlich verboten. Nach anderen Angaben erlaubt al Shabaab Hilfsorganisationen zunehmend, auf ihrem Gebiet tätig zu sein (LIB, Seite 127 f).

Es gibt kein öffentliches Wohlfahrtssystem, keinen sozialen Wohnraum und keine Sozialhilfe. In Mogadischu muss für jede Dienstleistung bezahlt werden, es gibt keine öffentlichen Leistungen. Soziale Unterstützung erfolgt entweder über islamische Wohltätigkeitsorganisationen, NGOs oder den Clan. Wohnungs- und Arbeitsmarkt sowie Armutsminderung liegen im privaten Sektor. Das eigentliche soziale Sicherungsnetz für Personen, deren Unterhalt und Überleben in Gefahr ist, bilden (Sub-)Clan, erweiterte Familie und Remissen aus dem Ausland. Während Krisenzeiten (etwa Hungersnot 2011 und Dürre 2016/17) helfen neben Familie und Clan auch andere soziale Verbindungen – seien es Freunde, geschlechtsspezifische oder Jugendgruppen, Bekannte, Berufsgruppen oder religiöse Bünde. Meist ist die Unterstützung wechselseitig. Über diese sozialen Netzwerke können auch Verbindungen zwischen Gemeinschaften und Instanzen aufgebaut werden, welche Nahrungsmittel, medizinische Versorgung oder andere Formen von Unterstützung bieten. Auch für IDPs stellen solche Netzwerke die Hauptinformationsquelle dar, wo sie z.B. Unterkunft und Nahrung finden können (LIB, Seite 128).

Generell stellt in (persönlichen) Krisenzeiten die Hilfe durch Freunde oder Verwandte die am meisten effiziente und verwendete Bewältigungsstrategie dar. 22% der bei einer Studie befragten IDP-Familien haben Kinder bei Verwandten, 28% bei institutionellen Pflegeeinrichtungen (7%) untergebracht. Weitere 28% schicken Kinder zum Essen zu Nachbarn. In der somalischen Gesellschaft – auch bei den Bantu – ist die Tradition des Austauschs von Geschenken tief verwurzelt. Mit dem traditionellen Teilen werden in dieser Kultur der Gegenseitigkeit bzw. Reziprozität Verbindungen gestärkt. Folglich wurden auch im Rahmen der Dürre 2016/17 die über Geldtransfers zur Verfügung gestellten Mittel und Remissen mit Nachbarn, Verwandten oder Freunden geteilt – wie es die Tradition des Teilens vorsah (LIB, Seite 128).

Die hohe Anzahl an IDPs zeigt aber, dass manche Clans nicht in der Lage sind, der Armut ihrer Mitglieder entsprechend zu begegnen. Vor allem, wenn Menschen in weit von ihrer eigentlichen Clan-Heimat entfernte Gebiete fliehen, verlieren sie zunehmend an Rückhalt und setzen sich größeren Risiken aus. Eine Ausnahme davon bilden Migranten, die ihren Familien und Freunden mit Remissen helfen können (LIB, Seite 128).

Andererseits liegen keine Informationen vor, wonach es gesunden jungen Männern im arbeitsfähigen Alter (15-29 Jahre; 14 % der Gesamtbevölkerung Somalias) an einer Existenzgrundlage mangeln würde, oder dass alle diese Männer keine Unterkunft haben würden (LIB, Seite 129).

In Mogadischu sind 28% der Bevölkerung arbeitssuchend. 6% der Jugendlichen sind arbeitssuchend (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite 19).

Es gibt in Mogadischu bessere Job-Aussichten als in den meisten anderen Teilen Somalias, auch für Jugendliche ohne Bildung und Arbeitserfahrung. Während in Somalia die meisten Menschen in der Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei arbeiten, arbeiten in Mogadischu die meisten Menschen im Handel bzw. im Dienstleistungssektor oder in höheren bildungsabhängigen Berufen (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite 21).

Das Auswahlverfahren im Arbeitsleben basiert oft auf Clanbasis, gleichzeitig werden aber viele Arbeitsplätze an Rückkehrer aus der Diaspora vergeben. Es gibt auch Beschäftigungsmöglichkeiten, die von vielen Somaliern nicht in Anspruch genommen werden, da diese Arbeit als minderwertig erachtet wird, z.B. Friseur, Kellner oder Reinigungsarbeiten (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite 22).

Die somalische Wirtschaft zeigt eine positive Entwicklung. Die Schaffung an Arbeitsplätzen bleibt jedoch unter den Bedürfnissen. Trotzdem gibt es in Mogadischu aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs zahlreiche Möglichkeiten. Das Durchschnittseinkommen für Jugendliche beträgt 190 USD im Monat. In Mogadischu beträgt das Durchschnittseinkommen 360 USD im Monat. Fast 10% der Jugendlichen in Mogadischu verdienen mehr als 400 USD im Monat (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite 23 ff).

Rückkehrer:

Der Jilib [Anm.: in etwa die unterste Ebene des Clansystems] ist u. a. dafür verantwortlich, Mitglieder in schwierigen finanziellen Situationen zu unterstützen. Das traditionelle Recht (Xeer) bildet hier ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie). Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration kann in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person abhängig sein. Für Rückkehrer ohne Netzwerk oder Geld gestaltet sich die Situation schwierig. Im herausfordernden Umfeld von Mogadischu sind entweder ein funktionierendes Netzwerk oder aber genügend Eigenressourcen notwendig, um ein Auslangen finden zu können. Ein Netzwerk ist z.B. hinsichtlich Arbeitssuche wichtig. Eine andere Quelle gibt an, dass ein Netzwerk aus Familie, Freunden und Clan-Angehörigen für einen Rückkehrer insbesondere auf dem Land von Bedeutung sein wird, während dieses soziale Sicherheitsnetz in der Stadt weniger wichtig ist (LIB, Seite 130).

Außerdem haben Rückkehrer nach Mogadischu dort üblicherweise einen guten Zugang zu Geld- oder sonstiger Hilfe von Hilfsagenturen. Hinzu kommen Remissen von Verwandten im Ausland. Hingegen erhalten IDPs vergleichsweise weniger Remissen. Bei Ankunft in Somalia bekommt jede Person eine Einmalzahlung von 200 US-Dollar, danach folgt eine monatliche Unterstützung von 200 US-Dollar pro Haushalt und Monat für ein halbes Jahr. Das World Food Programm gewährleistet für ein halbes Jahr eine Versorgung mit Nahrungsmitteln. Für Schulkosten werden 25 US-Dollar pro Monat und Schulkind ausbezahlt. Bei Erfüllung bestimmter Kriterien wird für die Unterkunft pro Haushalt eine Summe von 1.000 US-Dollar zur Verfügung gestellt, die etwa zur Organisation einer Unterkunft dienen können. Deutschland unterstützt in Jubaland ein Vorhaben, das der Vorbereitung der aufnehmenden Gemeinden für freiwillige Rückkehrer dient (LIB, Seite 130).

Der Immobilienmarkt in Mogadischu boomt, die Preise sind gestiegen. Die Zurverfügungstellung von Unterkunft und Arbeit ist bei der Rückkehrunterstützung nicht inbegriffen und wird von den Rückkehrern selbst in die Hand genommen. Diesbezüglich auftretende Probleme können durch ein vorhandenes Netzwerk abgefedert werden. Es gibt keine eigenen Lager für Rückkehrer, daher siedeln sich manche von ihnen in IDP-Lagern an. Vom Returnee Management Office (RMO) der somalischen Immigrationsbehörde kann gegebenenfalls eine Unterkunft und ein innersomalischer Weiterflug organisiert und bezahlt werden, die Rechnung ist vom rückführenden Staat zu begleichen. Generell mahnen Menschenrechtsorganisationen, dass sich Rückkehrer in einer prekären Situation befinden (LIB, Seite 131).

Die sicherste Arte des Reisens in Süd-/Zentralsomalia ist das Fliegen. Mogadischu kann international (mit Ethiopian Airlines und Turkish Airlines) erreicht werden (LIB, Seite 110).

Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft. Medizinische Grunddienste stehen nicht ausreichend zur Verfügung, de facto ist nur eine Primärversorgung verfügbar (LIB, Seite 131).

Die öffentlichen Krankenhäuser sind mangelhaft ausgestattet, was Ausrüstung/medizinische Geräte, Medikamente, ausgebildete Kräfte und Finanzierung angeht. Der Standard von Spitälern außerhalb Mogadischus ist erheblich schlechter. In Mogadischu gibt es mindestens zwei Spitäler, die für jedermann zugänglich sind (LIB, Seite 132).

Die Primärversorgung wird oftmals von internationalen Organisationen bereitgestellt und ist für Patienten kostenfrei. Allerdings muss manchmal für Medikamente bezahlt werden. Private Einrichtungen, die spezielle Leistungen anbieten, sind sehr teuer (LIB, Seite 132).

2. Beweiswürdigung:

Die einzelnen Feststellungen beruhen jeweils auf den im angefochtenen Bescheid (teilweise disloziert) getroffenen Feststellungen. Es bestehen von Seiten des erkennenden Gerichts keine Gründe, diese Feststellungen der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen, zumal sie vom Beschwerdeführer auch (in seiner Beschwerde) nicht bzw. nicht substantiiert beanstandet wurden.

Die Feststellungen zu seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit und seiner Teilnahme an der Grundversorgung ergeben sich auch aus einer Einsichtnahme in das Strafregister und das Grundversorgungsinformationssystem.

Die vom Beschwerdeführer behauptete konkret seine Person betreffende Bedrohung in Somalia durch Al Shabaab konnte – der Beweiswürdigung der belangten Behörde folgend – nicht glaubhaft gemacht werden, weshalb dazu auch keine Feststellungen getroffen werden konnten.

Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde hat sich die belangte Behörde mit seinem Fluchtvorbringen ausführlich auseinandergesetzt und in weiterer Folge dieses Vorbringen als nicht glaubhaft befunden. Dabei hat sie insbesondere – in ihrer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung – auf seine widersprüchlichen und nicht plausiblen Angaben hingewiesen. Dabei ist von Seiten des Gerichts insbesondere der – von der belangten Behörde auch aufgezeigte – eklatant widersprüchliche Umstand hervorzuheben, dass der Beschwerdeführer seinen Vater im Zuge der Erstbefragung noch als in Somalia lebend, im weiteren Verfahren jedoch gerade dessen Tod als für seine Ausreise aus Somalia verantwortlich gemacht hat (angefochtener Bescheid, Seite 81: „Ihr persönlicher Eindruck bei der Einvernahme war nicht geeignet, das gesamte Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen. Ihr gezeigtes Aussageverhalten, welches keinerlei emotionale Regung aufwies, deutet in Bezug auf das Fluchtvorbringen nicht auf tatsächlich Erlebtes hin. Ihr Vorbringen ist grundsätzlich oberflächlich, widersprüchlich, nicht plausibel und wurde im Laufe des Verfahrens gesteigert bzw. abgeändert. Sie brachten als fluchtauslösendes Ereigniss im Wesentlichen vor, dass Sie aufgrund der Tatsache, dass ihr Vater Berufssoldat war und aufgrund dessen von Al-Shabbab Mitgliedern ermordet wurde. Es hätte einen Vorfall gegeben, bei dem Ihr Vater ERSCHOSSEN wurde, ihr Onkel mütterlicherseits ebenso und ihre zwei Schwestern vergewaltig worden wären. Letztendlich steigerten Sie ihr Vorbringen dahingehend, dass sie nach diesem Vorfall entführt und 3 Monate lang inhaftiert gewesen wären. Hierzu ist auszuführen, dass Sie bei der Erstbefragung lediglich ausführten, dass sie deshalb Somalia verlassen hätten, weil Angehörige von feindlichen Clans Sie immer wieder geschlagen und benachteiligt hätten. Es hätte immer wieder Streit mit der Familie gegeben und ihre BEIDEN Schwestern wären vergewaltigt worden. Auch war ihr Vater zum Zeitpunkt der Erstbefragung noch am Leben. Mit keinem Wort wird eine Ermordung des Vaters, des Onkels und ihre Entführung behauptet. Diesbezüglich ist auch noch auszuführen, dass sie in der Erstbefragung meinten, dass ihre BEIDEN Schwestern vergewaltigt wurden, um in der inhaltlichen Einvernahme zu Protokoll zu geben, dass nur EINE Schwester vergewaltigt worden wäre. Aufgrund des Umstandes, dass Sie selbst bei der Erstbefragung ausführten, dass ihr Vater noch am Leben ist, um erst ein Jahr später zu Protokoll zu geben, dass er verstorben ist bzw. auch nicht in der Lage waren, genau und nachvollziehbar zu erklären, wie der Vorfall – bei dem sie angeblich persönlich anwesend waren – sich tatsächlich ereignet hat bzw. auch die Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die Vergewaltigungen ist davon auszugehen, dass der gesamte Vorfall durch die Al-Shaabab kurz vor Ihrer Ausreise niemals stattgefunden hat.“).

Es bestehen von Seiten des erkennenden Gerichts keine Gründe, an dieser Beweiswürdigung zu zweifeln, zumal – wie von der belangten Behörde auch aufgezeigt – der Beschwerdeführer im Zuge der Erstbefragung ein gänzlich anderes Fluchtvorbringen erstattet hat.

Dabei wird von der erkennenden Richterin nicht verkannt, dass sich die Erstbefragung nicht in erster Linie auf die Fluchtgründe bezieht und diese daher nur in aller Kürze angegeben und protokolliert wurden. Dass der Beschwerdeführer allerdings die eigentlich seine Flucht auslösende Tötung seines Vaters und seines Onkels sowie seine daran anschließende Entführung durch Al Shabaab nicht einmal ansatzweise erwähnte, sondern seinen Fluchtgrund auf eine Diskriminierung durch Angehörige eines feindlichen Clans beschränkte, ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle auch anzumerken, dass seiner restlichen Familie, insbesondere seinem Bruder seit der Flucht des Beschwerdeführers ein weiterer Verbleib in Somalia möglich (gewesen) ist, weshalb die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohung aufgrund seiner Eigenschaft als (männlicher) Verwandter seines Vaters auch aus diesem Grund nicht nachvollzogen werden kann. Die im Zuge der Stellungnahme vom 16. April 2018 erstmalig aufgestellte und im Übrigen (im Rahmen seiner Beschwerde) nicht weiterverfolgte Behauptung, sein Onkel sei wegen seiner Eigenschaft als männlicher Verwandter des Vaters Anfang März 2018 von Al Shabaab getötet worden, kann daher auch aus diesen Erwägungen nicht nachempfunden werden, zumal eine solche Bedrohung zwei Jahre (!) nach der Ausreise des Beschwerdeführers auch aufgrund des zeitlichen Aspekts eine ernsthafte Bedrohung wegen einer Tätigkeit des Vaters ohnedies nicht geeignet darzustellen vermag.

Es bestehen daher schon allein aufgrund dieser – von der belangten Behörde u.a. auch aufgezeigten – Umstände insgesamt keine Gründe, die Beweiswürdigung der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen, zumal diese vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auch gar nicht (zumindest nicht substantiiert) in Abrede gestellt worden ist. Der bloße Verweis des Beschwerdeführers, er habe Somalia „aus den in der Erstbefragung und in der Einvernahme beschriebenen Problemen verlassen“, ist für sich allein jedenfalls nicht geeignet, die vorliegende Beweiswürdigung und damit den (nicht)festgestellten Sachverhalt ausreichend in Zweifel zu ziehen (siehe dazu u.a. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 2016, Ra 2016/09/0104).

Dabei wird nicht verkannt, dass – aufgrund der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Ereignisses und auch im Zuge der Befragung – Unstimmigkeiten im Aussageverhalten bzw. Lücken und Unschärfen des Erinnerungsvermögens vorliegen können und auch hinzunehmen sind (siehe dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2014, 2014/19/0020.). Diesem Umstand Rechnung tragend wurde (von der belangten Behörde) in der vorliegenden Beweiswürdigung auf bestehende Widersprüchlichkeiten in der Erzählung in Bezug auf Detailfragen des Beschwerdeführers nicht eingegangen, sondern alleine die Plausibilität des Kerninhaltes seiner Erzählung herangezogen.

Sonstige Anhaltspunkte, die für eine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung in Somalia sprechen würden, liegen nicht vor und wurden solche auch vom Beschwerdeführer nicht substantiiert dargelegt, weshalb dazu auch keine Feststellungen getroffen werden konnten.

Auch bestehen von Seiten des erkennenden Gerichts keine Gründe, die Feststellungen der belangten Behörde zu seinen Familienangehörigen und ihrer Unterstützungsmöglichkeit zu übernehmen. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde selbst angegeben, mit seiner in Somalia lebenden Familie, darunter auch einem Bruder in Kontakt zu stehen und auch über familiäre Anknüpfungspunkte in Mogadischu zu verfügen (angefochtener Bescheid, Seite 6). Zudem verfüge er auch über eine Tante in Äthiopien, welche seine Ausreise aus Somalia finanziert habe (angefochtener Bescheid, Seite 8). Es kann aufgrund dieser eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers von einer (finanziellen) Unterstützungsmöglichkeit, auch in Bezug auf eine Unterkunft durch seine Familie ausgegangen ist und wurde dies im Übrigen vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auch gar nicht bzw. nicht substantiiert bestritten.

zu den Feststellungen zur Lage in Somalia

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten – den Parteien übermittelten – Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der – auch in Übereinstimmung mit den von der belangten Behörde herangezogenen – Länderfeststellungen zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer dazu auch gar nichts – zumindest substantiiert – Gegenteiliges vorgebracht hat. Dass die Sicherheits- und Versorgungslage insgesamt in Somalia – wie vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde angeführt – angespannt ist, kann mit den oben getroffenen Feststellungen jedenfalls nicht in Widerspruch gebracht werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 3 Abs 1 Asylgesetz 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2019/53 (im Folgenden: AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1955/55 idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78 (im Folgenden: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art 9 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl L 2011/337, 9 [im Folgenden: Statusrichtlinie] verweist).

Flüchtling iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78) – deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“

Unter "Verfolgung" im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl bspw VwGH 5.9.2016, Ra 2016/19/0074 uva).

§ 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 der Statusrichtlinie, worunter – unter anderem – Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl 1958/210 idF BGBl III 2018/139 (im Folgenden: EMRK) keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter (vgl VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0083).

Im vorliegenden Fall ist eine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung – der Beweiswürdigung der belangten Behörde folgend – nicht hervorgekommen.

Auch eine den Beschwerdeführer treffende Verfolgung aufgrund bestimmter Eigenschaften kann nicht erkannt werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung nämlich nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten (siehe dazu zuletzt VwGH 23.2.2017, Ra 2016/20/0089 uvm).

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, werden Angehörige des Clans der Gabooye bzw. der Madhiban zwar zweifelsohne nach wie vor gesellschaftlichen Diskriminierungen ausgesetzt, deren Lage hat sich allerdings insgesamt verbessert. In Mogadischu sind Angehörige von Minderheiten nicht systematischer Gewalt ausgesetzt. Von einer systematischen Vertreibung oder massiv diskriminierenden Benachteiligung und damit von einer asylrechtlichen (Gruppen-)Verfolgung im oben beschriebenen Sinn kann daher nicht ausgegangen werden, weshalb das Vorliegen einer Gruppenverfolgung zu verneinen war.

Sonstige Anhaltspunkte für eine asylrelevante gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung sind nicht hervorgekommen und wurden solche vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet. Sohin kann insgesamt nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG 2005 droht, weshalb im Ergebnis die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen war.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nach Abs 3 dieser Bestimmung sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.

§ 11 Abs 1 AsylG 2005 ordnet an, dass Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Nach Abs 2 dieser Bestimmung ist bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ra 2019/19/0006-3, ausgesprochen, dass aus dem Wortlaut des § 8 Abs 1 AsylG ableitbar ist, dass für die Gewährung subsidiären Schutzes bereits jegliche Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 3 EMRK an sich, und zwar unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht.

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 19.6.2017, Ra 2017/19/0095).

Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht (§ 11 AsylG 2005). Ihre Inanspruchnahme muss dem Fremden zumutbar sein (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort). Dass das mögliche Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative auch bei der Prüfung des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 AsylG 2005, wonach sich die innerstaatliche Fluchtalternative, die als ein Kriterium u.a. die Zumutbarkeit des Aufenthalts in einem bestimmten Teil des Staatsgebietes vorsieht, auf den "Antrag auf internationalen Schutz" und somit auch auf jenen auf Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten bezieht (vgl. hierzu auch VwGH 23.2.2016, Ra 2015/20/0233).

Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, reicht es nicht aus, dem Asylwerber entgegen zu halten, dass er in diesem Gebiet keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat; es muss ihm vielmehr möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härte zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können (VwGH 23.01.2018, Ra2018/18/0001). Dabei handelt es sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0118, mwN).

Vor diesem Hintergrund kann es im vorliegenden Fall daher dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine Heimatregion möglich ist oder nicht, weil ihm – wie auch von der belangten Behörde ausgeführt – eine Ansiedelung jedenfalls in Mogadischu und damit eine (ihm auch zumutbare) innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht.

Zwar wird nicht verkannt, dass die Sicherheitslage (auch) in der Stadt Mogadischu nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die somalische Regierung bzw. AMISOM die Kontrolle über Mogadischu hat. Darüber hinaus ist Mogadischu eine über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens sicher erreichbare Stadt.

Aus den Länderfeststellungen geht hervor, dass Anschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in Mogadischu nicht auszuschließen sind und in regelmäßigen Abständen auch stattfinden. Diese vorwiegend der Terrororganisation Al Shabaab zuzuschreibenden Anschläge richten sich aber überwiegend gegen die Regierung. Die Stadtbewohner sind nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind. Die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen vermag für sich allein betrachtet aber nicht die Schlussfolgerung zu tragen, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre.

Gleiches gilt auch in Bezug auf die Versorgunglage, welche zwar – wie festgestellt – insgesamt nur sehr eingeschränkt möglich, aber dennoch grundlegend gesichert ist. Der aktuellen Berichtslage ist insbesondere eine bestehende (oder unmittelbar drohende) Hungersnot in Mogadischu nicht bekannt.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen, gesunden, jungen Mann, der über eine Schulbildung verfügt. Hinzu kommt, dass er in einem somalischen Familienverband aufgewachsen und sozialisiert wurde und damit nicht nur mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates, sondern auch mit der Landessprache vertraut ist.

Zudem ist die Versorgung des Beschwerdeführers in Mogadischu abgesichert, da er auf die (finanzielle) Unterstützung seiner Familie zurückgreifen kann. Da er überdies in Mogadischu über eine Wohnmöglichkeit bei Angehörigen und damit außerhalb eines IDP-Camps verfügt, ist für das Gericht nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in einem IDP Lager ansiedeln müsste. Außerdem kann der Beschwerdeführer übergangsweise Rückkehrhilfen in Anspruch nehmen; deshalb ist auch – und zwar unabhängig vom Bestehen eines Netzes in Mogadischu – nicht zu befürchten, dass der Beschwerdeführer bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten würde.

Es ist daher anzunehmen, dass der Beschwerdeführer in Mogadischu in der Lage sein wird, sich ein ausreichendes Einkommen zu sichern und ein "relativ normales Leben" ohne unangemessene Härten zu führen, wie es auch anderen Landsleuten möglich ist. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existenzieller Bedürfnisse in eine Notlage geraten würde, liegen keine Hinweise vor und wurden solche vom Beschwerdeführer auch nicht substantiiert behauptet. Dass der Beschwerdeführer allein aufgrund einer (behaupteten) Zugehörigkeit zu einem Minderheitenclan in eine existenzbedrohende Lage geraten würde, kann angesichts der vorliegenden Berichtslage nicht angenommen werden. Zwar wird darin ausgeführt, dass eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person abhängig sein kann. Dass der (unbestritten über Unterstützung durch seine Familie verfügende) aus Mogadischu stammende Beschwerdeführer im konkreten Fall nicht in der Lage wäre, sich in Mogadischu eine Existenzgrundlage zu sichern, ist daraus allerdings nicht zu entnehmen.

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung daher nicht zu erkennen, dass er im Falle einer Abschiebung nach Somalia und einer Rückkehr in die Stadt Mogadischu in eine auswegslose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Schließlich ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer auch an keinen schwerwiegenden Krankheiten leidet, die ihn im Hinblick auf seine Existenzsicherung, aber auch in Hinblick auf die derzeitige weltweit herrschende Covid-19-Pandemiesituation als besonders vulnerabel erscheinen ließen. Dass die derzeitige COVID-19-Pandemie in Bezug auf Somalia der Rückkehr des Beschwerdeführers konkret entgegenstehen soll, wurde vom Beschwerdeführer im Übrigen aber auch gar nicht behauptet.

zur Beschwerde gegen die Spruchpunkt III. bis V. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird (§ 10 Abs 1 AsylG 2005). Dies ist von Amts wegen zu prüfen (§ 58 Abs 1 Z 2 AsylG 2005).

Gemäß § 57 Abs 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung beson

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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