Entscheidungsdatum
18.08.2020Norm
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1Spruch
W268 2209517-1/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Gachowetz über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2018, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall und Abs. 2 AsylG 2005 stattgegeben und wird der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) reiste noch minderjährig in Österreich ein und stellte am 13.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und wurde am selben Tag erstbefragt. Am 16.05.2017 fand zudem eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt.
2. Am 13.11.2017 wurde der BF wegen diverser Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz (§ 27 Abs. 1 Z1 achter Fall, Abs. 2a und Abs. 3 sowie § 27 Abs. 1 1. und 2.Fall SMG) zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe, davon sieben Monate bedingt, und einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.
3. Mit Bescheid vom 19.12.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwegen und Asyl (in weiterer Folge: BFA) den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab und erkannte dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 19.12.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend führte das BFA zur Gewährung des subsidiären Schutzes aus, dass in Somalia eine prekäre Versorgungslage im Zusammenhang mit der dort vorherrschenden Dürre herrsche. Weiters sei keine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben (vgl. AS 302).
Dieser Bescheid erwuchs am 17.01.2018 in Rechtskraft.
4. Am 01.02.2018 wurde der BF wegen diverser Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz (§ 27 Abs. 1 Z1 achter Fall, Abs. 2a und Abs. 3 sowie § 27 Abs. 1 1. und 2.Fall SMG) zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Probezeit zum vorhergehenden Urteil wurde auf fünf Jahre verlängert.
5. In einem Aktenvermerk vom 19.02.2018 wurde vermerkt, dass eine Prüfung zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ergeben habe, dass derzeit die Voraussetzungen gemäß §9 Abs. 1 bzw. 2 AsylG nicht vorliegen würden, weshalb das diesbezügliche Verfahren einzustellen sei.
6. Am 13.08.2018 wurde der BF im Rahmen der Einleitung eines Aberkennungsverfahrens des subsidiären Schutzes vor dem BFA einvernommen. Auf Vorhalt der Behörde, dass beabsichtigt sei, ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, weil die Umstände, die zur Zuerkennung geführt haben, weggefallen seien, gab der BF an, dass er nichts über eine geänderte Lage in seinem Herkunftsland wisse. Angesprochen auf seine strafrechtlichen Verurteilungen gab der BF an, dass er mit Suchtmittel erwischt worden sei und auch Suchtmittel für den Eigengebrauch bei sich gehabt habe. Für das Mitführen sei er verurteilt worden. Zu seinen persönlichen Beziehungen gab er an, dass er seit vier Monaten eine somalische Freundin habe und sie heiraten wollten. Sie sei in Österreich geboren. Er sei einmal beim AMS gewesen, jedoch habe man ihm mitgeteilt, dass er zuerst Deutsch lernen müsse. Er habe eine Arbeit gesucht, aber keine gefunden. Er habe sich auch mehrmals um einen Deutschkurs bemüht. In Österreich habe er keine Verwandten und er habe seit 2013 auch keinen Kontakt mehr zu seiner Familie. Es habe damals einen Sprengstoffanschlag gegeben, bei welchem er verletzt worden sei. Er sei dann in Kenia behandelt worden und es habe sich dann niemand um ihn gekümmert. Er sei dann nicht mehr nach Somalia zurückgekehrt, da er Angst gehabt habe, neuerlich bei einem Anschlag verletzt zu werden. Seine Familie habe zuletzt in Mogadischu gelebt. Sie hätten in einer Mietbaracke gelebt, aber er wisse nicht, ob sie noch heute dort seien. Seine Familie habe auch keine persönlichen Besitztümer in Somalia. Befragt zu seinen Delikten gab der BF an, dass er von Stockerau nach Wien gefahren sei, um Haschisch zu kaufen. Er habe damals wegen des Stresses geraucht, seine Familie habe ihm gefehlt. Die Polizei habe ihn gesehen und ihn festgenommen. Er habe Angst, nach Somalia zurückzukehren, da er schon einmal dort verletzt worden sei.
7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA wurde der dem BF mit Bescheid des BFA vom 19.12.2017 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.). Weiters wurde gegen den BF ein fünfjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
Folgende Feststellungen wurden im Wesentlichen dem Bescheid zugrunde gelegt:
Der BF stamme aus Somalia, sei gesund und arbeitsfähig.
Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die Situation des BF im Fall seiner Rückkehr wurde festgestellt, dass die Aberkennung aufgrund der grundlegenden Veränderungen und Verbesserungen der Versorgungs- und Sicherheitslage in seinem Herkunftsstaat Somalia, insbesondere in Mogadischu, erfolge. Die Dürresituation und Versorgungslage habe sich maßgeblich verbessert. Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF zum Entscheidungszeitpunkt im Falle seiner Rückkehr nach Somalia in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Nicht festgestellt werden könne darüber hinaus, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Somalia die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre oder er in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde. Zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbots wurde angeführt, dass die vom BF mehrfach begangenen Straftaten die Annahme rechtfertigen würden, dass sein Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde. Er sei von zwei Gerichten wegen der auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen von insgesamt 13 Monaten rechtskräftig verurteilt worden.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde hinsichtlich der Gründe für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen aus, dass keine Gründe ersichtlich seien, warum der BF nicht nach Somalia zurückkehren könne. Der BF habe mit keinem Wort angeführt, dass er aufgrund der letztmaligen Dürre und der daraus resultierenden Nahrungsmittelversorgungsunsicherheit bei einer Rückkehr in seiner körperlichen Integrität beeinträchtigt sein würde. Als der BF dazu befragt worden sei, ob er Gründe vorzubringen hätte, warum er nicht nach Somalia zurückkehren könne, habe er nur angegeben, dass sich die Behörde nicht durch Fotos täuschen lassen solle.
In der rechtlichen Beurteilung stützte sich die belangte Behörde auch ausdrücklich darauf, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen würden (§ 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005). Dem BF sei aufgrund der unsicheren Sicherheits- und Versorgungslage der Status des subsidiär Schutzberechtigten gewährt worden. Die Gründe für die Erteilung des subsidiären Schutzes seien insofern nicht mehr gegeben, da den aktuellen Länderinformationen zufolge die Situation in Mogadischu nicht derartig sei, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle eine Rückkehr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre. Der BF könne auch die Hilfe von Hilfsorganisationen in Anspruch nehmen. Auch wenn seine Familie aktuell nicht mehr in Mogadischu leben sollte, sei eine finanzielle Unterstützung per Überweisung mittels Mobiltelefon seitens seiner Familie für den BF möglich. Weiters bestehe für den BF auch eine innerstaatliche Fluchtalternative, falls dieser nicht mehr in seine Heimatstadt zurückkehren könne. Der BF sei mit den sprachlichen und kulturellen Gepflogenheiten in seinem Herkunftsstaat vertraut, zumal er dort aufgewachsen sei und bis zu seiner Ausreise zusammen mit seiner Familie in Mogadischu gelebt habe. Aus der allgemeinem Lage in Somalia habe sich auch keine Gefährdung ergeben und sei demnach auch kein Abschiebungshindernis im Sinne des § 8 AsylG ersichtlich. Dem BF sei daher der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG abzuerkennen gewesen. Zudem sei der Status auch gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 abzuerkennen gewesen. In Folge wurden die zwei Verurteilungen des BF angeführt und darauf hingewiesen, dass es sich bei der Suchtmittelkriminalität um eine besonders gefährliche Form der Kriminalität handle und der BF durch sein Verhalten aufgrund der gleichen schädlichen Neigung eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Dem BF sei daher der Status des subsidiär Schutzberechtigten auch gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG abzuerkennen gewesen.
Im Hinblick auf das Einreiseverbot wurde angeführt, dass die Z1 und 4 des § 53 Abs. 3 FPG erfüllt seien und wurde auf die zwei Verurteilungen des BF verwiesen. Die Erfüllung dieser Tatbestände indiziere das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Im Fall des BF sei zu berücksichtigen, dass er wiederholt Suchtmittel verkauft habe, zumindest teilweise an öffentlich zugänglichen Orten.
9. Mit Schriftsatz vom 05.11.2018 erhob der BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des Bescheides und brachte darin im Wesentlichen vor, dass angesichts der zur Verfügung stehenden Länderinformationen nicht nachvollziehbar sei, wie die Behörde zu den Schlussfolgerungen komme. So sei die Sicherheitslage in Somalia aktuell äußerst prekär und hätten sich die Gründe, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt hätten, im Wesentlichen nicht geändert. Außerdem habe die Behörde nicht berücksichtigt, dass der BF seit über zwei Jahren in Österreich wohnt und keinen Kontakt zu seiner Familie in Somalia hat. Er habe auch angegeben, dass er seine Straftaten bereue und wolle sich bald einer Therapie unterziehen. Letztendlich habe sich die Behörde zu wenig mit der persönlichen Lage des BF und den Länderberichten befasst und seien die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Z1 AsylG nicht gegeben, da eine Abschiebung des BF nach Somalia eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK bedeuten würde.
10. Mit Schriftsatz vom 13.11.2018 (eingelangt am 15.11.2018) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
11. Mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 03.04.2019 wurde der BF zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe gemäß § 27 Abs.2a SMG verurteilt.
12. Mit Schriftsatz des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2020 wurden dem BF aktuelle Länderfeststellungen über die Lage in Somalia übermittelt und diesem die Gelegenheit gegeben, dazu binnen 2 Wochen eine Stellungnahme abzugeben.
13. Die Stellungnahme langte am 30.06.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein. In dieser wurde auf die weiterhin prekäre wirtschaftliche und humanitäre Lage verwiesen und weiters ausgeführt, dass der BF zwar ein junger, arbeitsfähiger Mann sei, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne, jedoch sei bei ihm maßgeblich zu berücksichtigen, dass er keinen Kontakt zu seiner Familie habe und nicht wisse, ob er in Somalia über irgendwelche soziale Anknüpfungspunkte verfüge. Im Falle einer Rückkehr wäre er auf sich allein gestellt und gezwungen, nach einer Arbeit und Wohnraum zu suchen. Angesichts der Länderberichte und der individuellen Lage des BF könne nicht davon ausgegangen werden, dass ihm eine Rückkehr nach Somalia zumutbar wäre. Dem Schreiben beigelegt wurden diverse Integrationsunterlagen.
14. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.08.2020 eine Strafregisterabfrage durch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Dem BF wurde mit Bescheid des BFA vom 19.12.2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Begründung zuerkannt, dass in Somalia eine prekäre Versorgungslage im Zusammenhang mit der dort vorherrschenden Dürre herrsche. Weiters sei keine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben (vgl. AS 302). Das Erkenntnis ist rechtskräftig.
1.2. Es wird festgestellt, dass sich die schwierige Versorgungssituation in Somalia im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat.
1.3. Die persönliche Situation des BF hat sich ebenso nicht wesentlich geändert. Es wird festgestellt, dass der BF über kein unterstützendes familiäres Netzwerk oder einen Bekanntenkreis in Somalia, insbesondere in Mogadischu, verfügt. Deshalb kann nicht festgestellt werden, dass er von der allgemein schlechten Lage im Falle einer Rückkehr weniger intensiv betroffen wäre.
1.4. Die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia hat sich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert.
1.5. Die Lage in Somalia hat sich auch aus anderen Gründen nicht dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert, sodass der BF im Falle seiner Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen.
1.6. Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts zur Frage der Gewährung subsidiären Schutzes ist somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten.
1.7. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 liegen weiterhin vor. Es liegt weiters kein Aberkennungsgrund gem. § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie dem Bescheid vom 19.12.2017. Die Feststellungen hinsichtlich der Lage in Somalia und möglichen Änderungen ergeben sich insbesondere aus einem Vergleich des Bescheids vom 19.12.2017 und dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 09.10.2018 zugrundeliegenden Länderberichte, nämlich der Länderinformationsblätter (in der Folge: LIB) der Staatendokumentation zu Somalia vom 25.04.2016 (aktualisiert am 13.02.2017, in der Folge LIB 2017) bzw. vom 12.01.2018 (aktualisiert am 17.09.2018, in der Folge LIB 2018) und dem LIB vom 17.09.2019.
2.1. zu 1.1. Dass bzw. aus welchen Gründen dem BF mit dem näher angeführten Bescheid der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem Bescheid vom 19.12.2017. Dass der Bescheid, mit dem dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, rechtskräftig wurde, ergibt sich daraus, dass der BF dagegen kein Rechtsmittel erhoben hat. Der Bescheid ist somit für die Parteien bindend.
2.2. zu 1.2. Die Feststellung, dass sich die schwierige Versorgungssituation in Somalia, insbesondere in Mogadischu im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich der dem Bescheid vom 19.12.2017 und dem angefochtenen Bescheid vom 09.10.2018 zugrundeliegenden Länderberichte wie oben angeführt, sowie dem den Parteien zugesandten aktualisierten Länderinformationsbericht vom 17.09.2019.
Was die Sicherheitslage in Süd- und Zentralsomalia wie auch in Mogadischu anbelangt, kann nicht von einer wesentlichen Verbesserung ausgegangen werden, weil auch die aktuellen Länderberichte zeigen, dass es kaum Schutz gegen Übergriffe gibt, der Einfluss von AMISOM häufig nur auf die Stadtzentren beschränkt ist und Gebiete auch unter der Kontrolle der al Shabaab stehen. Gerade was die Situation der Zivilisten anbelangt, zeichnen die Länderberichte ein schlechtes Bild. Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur durch al Shabaab führten 2018 zu hunderten zivilen Todesopfern und Verletzten, wobei diese als Kollateralschaden in Kauf genommen wurden. Im Zeitraum Jänner-September 2018 sind in Somalia bei Sprengstoffanschlägen mindestens 280 Menschen ums Leben gekommen, 220 wurden verletzt. 43% der Opfer waren Zivilisten. Auch kommt es vermehrt zu Luftangriffen. Eine wesentliche und nachhaltige Verbesserung der Sicherheitslage kann somit nicht festgestellt werden.
Hinzu kommt, dass Somalia von einer großen, notorisch bekannten Dürreperiode betroffen war und es zwar zwischenzeitig zu Regenfällen kam, die allgemeine Versorgungslage aber - wie sich aus den im Rahmen der Verhandlung eingeführten Länderberichten ergibt - noch nicht nachhaltig gebessert hat. Dazu wird näher ausgeführt wie folgt:
Im Kapitel "Grundversorgung/Wirtschaft" wird im LIB 2019 neu angeführt: " Generell erholt sich die somalische Wirtschaft weiterhin von der Dürre der Jahre 2016 und 2017... (S. 115). In der Folge wird aber festgehalten, dass dieses Potential die aktuelle Lage nicht reflektiert: "Das Wirtschaftswachstum ist für die meisten Somalis zu gering, als dass sich ihr Leben dadurch verbessern würde...". Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 01.01.2017; vgl. Auswärtiges Amt, Somalia - Wirtschaft, April 2017). Das Land ist also in hohem Grade von Hilfe abhängig (United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017)."
Hinsichtlich der Dürresituation wird im LIB 2019 zusätzlich Folgendes ausgeführt:
"Die ländliche Bevölkerung und IDPs befinden sich in der am meisten vulnerablen Position. Erstere verfügen kaum über Mittel, um die durch die Dürre entstandenen Verluste wieder wettzumachen. Dadurch sind sie hinsichtlich neuerlicher Katastrophen wehrlos. Hintergrund ist, dass 60% der Somali zum größten Teil von der Viehzucht abhängig sind, 23% sind Subsistenz-Landwirte. Zwei Drittel der Bevölkerung leben im ländlichen Raum. Sie sind absolut vom Regen abhängig. In den vergangenen Jahren haben Frequenz und Dauer von Dürren zugenommen. Deswegen wurde auch die Kapazität der Menschen, derartigen Katastrophen zu begegnen, reduziert. Mit jeder Dürre wurden ihre Vermögenswerte reduziert: Tiere starben oder wurden zu niedrigen Preisen verkauft, Ernten blieben aus; es fehlt das Geld, um neues Saatgut anzuschaffen. Zusätzlich verstärken Mangel an Bildung, übermäßige Abhängigkeit von einem Einkommen aus der Landwirtschaft, Arbeitslosigkeit, geringes Vermögen und eine große Personenzahl im Haushalt die Vulnerabilität im Fall eines Katastrophen (z.B. Naturkatastrophe). Bereits 2016/17 wurden im Zuge der Dürre fast eine Millionen Somali vertrieben. Nur aufgrund großangelegter und erfolgreicher humanitärer Hilfe wurde eine Hungersnot verhindert.
Zwischenzeitlich hatte sich die humanitäre Situation aufgrund guter Regenfälle im Jahr 2018 etwas entspannt. Die Sicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hatte sich verbessert- nicht zuletzt aufgrund fortgesetzter humanitärer Hilfe und aufgrund überdurchschnittlicher Regenfälle. Trotzdem blieb auch dann die Zahl der auf Hilfe angewiesenen Menschen bei 4,2 Millionen (LIB 2019, S. 122-123)."
Die aktuelle Lage in Somalia stellt sich wie folgt dar: "Somalia steht wieder vor einem großen humanitären Notfall. Am meisten betroffen sind IDPs und marginalisierte Gruppen. Das Land leidet unter den negativen Folgen unterdurchschnittlicher Regenfälle in der Gu-Regenzeit (April-Juni) 2019. Letztere hat sehr spät eingesetzt. Der gefallene Regen hat die Dürre-Bedingungen zwar etwas entspannt und den Zustand des Viehs etwas verbessert; trotzdem reichte er nicht aus, um die Landwirtschaft nachhaltig zu stärken. Am Ende ist die Gu zwar normal oder fast normal ausgefallen; doch war der Niederschlag erratisch und schlecht verteilt. Außerdem kam er um einen Monat später als normal. Bereits zuvor war die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) 2018 schlecht ausgefallen und Anfang 2019 war ungewöhnlich trocken. Mit Ausnahme der Gu im Jahr 2018 ist seit Ende 2015 jede Regenzeit unterdurchschnittlich ausgefallen. Der humanitäre Bedarf ist nach wie vor hoch, Millionen von Menschen befinden sich in einer Situation akuter Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung. In Nord- und Zentralsomalia herrschen durchgehend moderate bis große Lücken in der Versorgung. Dort wird für August/September 2019 in einigen Teilen mit IPC 3 und IPC 4 gerechnet. Das gleiche gilt für den Süden, wo aufgrund einer unterdurchschnittlichen Ernte die Lebensmittelpreise steigen werden. Der Preis für Sorghum befindet sich bereits auf einer außergewöhnlichen Höhe. Viele Menschen aus ländlichen Gebieten sind in Städte gezogen, um Zugang zu Hilfsgütern zu erhalten. Schätzungen zufolge werden bis September 2019 5,4 Millionen Menschen von Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung betroffen sein. Mit Stand September 2019 verhindert eine großangelegte humanitäre Hilfe schlimmere Zahlen. Geht die Hilfeleistung zurück, ist von einer Verschlechterung auszugehen. Und auch für den Fall, dass die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) besser ausfallen sollte, wird sich dies frühestens Ende Dezember auf die Versorgungslage auswirken."
(LIB 2019, S. 123)
Aus dem Vergleich der Länderberichte kann keine Verbesserung abgeleitet werden, es ist vielmehr ersichtlich, dass die Lage nach wie vor volatil ist. Die Prognose einer Verbesserung der Versorgungslage erreicht noch nicht das notwendige Ausmaß an Nachhaltigkeit, die für eine tatsächliche Verbesserung der Lage gegeben sein muss. Einerseits mögen die einsetzenden Regenfälle zwar dazu führen, dass die Dürre zurückgeht, andererseits führen sie auch vermehrt zu Überschwemmungen, was wiederum die Versorgungslage beeinträchtigt. Jedenfalls kann aufgrund dieser Berichte nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich die Versorgungslage wesentlich und nachhaltig geändert hat, und hat die belangte Behörde eine wesentliche Verbesserung auch sonst nicht näher begründet oder nachgewiesen.
Im Fall des BF tritt noch hinzu, dass er selbst schon vor seiner Ausreise Opfer eines Sprengstoffanschlages war, bei welchem er schwer verletzt und mehrere Monate im Krankenhaus behandelt wurde, weshalb auch aus diesem Grund seine Furcht durchaus als berechtigt erscheint.
2.3. zu 1.3. Die Feststellung, dass der BF über kein unterstützendes familiäres Netzwerk in Somalia verfügt, ergibt sich aus der Aussage des BF in seiner Stellungnahme vom 30.06.2020. Diese Aussage deckt sich auch mit seiner früheren Aussage in der Einvernahme vom 13.08.2018.
Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführt, dass davon auszugehen sei, dass eine finanzielle Unterstützung per Überweisung mittels Mobiltelefon seitens der Familie des BF für die BF möglich wäre, falls diese aktuell nicht mehr in Mogadischu leben sollte, so ist ihr hierbei zu widersprechen. Der BF hat keinen Kontakt zu seiner Familie, er weiß nichts über deren Aufenthaltsort. Der BF gab zu Protokoll, dass seine Eltern und Geschwister im Zeitpunkt seiner Ausreise noch in Somalia aufhältig gewesen seien. Dies sei jedoch im Jahr 2013 gewesen. Seit diesem Zeitpunkt habe der BF keinen Kontakt mehr zu seiner Familie. Weiters gab der BF im Rahmen dieser Einvernahme auch an, dass die finanzielle Lage der Familie auch schon vor seiner Ausreise prekär gewesen sei, sie in einer Mietbaracke gelebt hätten und somit auch aus diesem Grund nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Verwandten des BF in der Lage wären, diesen zu unterstützen, falls ihm die Kontaktaufnahme gelingen würde. In Zusammenschau dieser durchwegs glaubhaften Aussagen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der BF in Somalia über ein Netzwerk verfügt, da über den Verbleib seiner Angehörigen nur spekuliert werden kann und dadurch keine gesicherten und fundierten Feststellungen getroffen werden können.
Aus der Einvernahme vor dem BFA oder der Beschwerde ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass andere Verwandte zum Unterhalt des BF beitragen könnten.
Das LIB 2019 weist für Mogadischu für zuziehende, vermögenslose und alleinstehende Personen ohne soziale Anbindung vor Ort eine nach wie vor akute Unterversorgung mit Nahrungsmitteln als Folge der vorangegangenen Dürreperiode aus. Dezidiert wird ausgeführt, dass zuziehende Personen sich keinen Lebensunterhalt werden sichern können, die in der Stadt weder über eine Kern- noch über eine erweiterte Familie mit entsprechenden Ressourcen verfügen; solche Personen würden gezwungen sein, sich in Lagern für Binnenvertriebene niederzulassen. Gerade die Nahrungsmittelversorgung solcher Personen in Mogadischu beschreiben die Länderberichte als nach wie vor kritisch.
Wenn das Bundesamt in seinem Bescheid auf die Arbeitsmöglichkeiten des BF Bezug nimmt, so ist darauf zu verweisen, dass das Bundesamt auch damit keine Änderung der Voraussetzungen, unter denen dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, darstellt, schließlich wurde die Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung über den subsidiären Schutz nicht in Frage gestellt. Indem die belangte Behörde eine abweichende Beweiswürdigung dieses Umstandes vornimmt, versucht sie vielmehr die Rechtskraft des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides zu durchbrechen, um eine abweichende Rechtsauffassung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes durchzusetzen.
Eine Änderung der persönlichen Situation des BF ist insofern nicht eingetreten, als der BF weiterhin, wie bereits bei der Zuerkennung des subsidiären Schutzes, keine Angehörigen in Somalia hat und ihm auch aufgrund der prekären Versorgungslage im ganzen Land keine innerstaatliche Fluchtalternative in einen anderen Teil Somalias zukommt. Auch sind sonst keine Umstände hervorgekommen, welche zu einer maßgeblich verbesserten Situation des BF im Fall einer Rückkehr führen würden.
2.4. zu 1.4. Die Feststellung, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich des Kapitels "Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge" des LIB 2018 und des LIB 2019, das in dieser Hinsicht nicht wesentlich geändert wurde und jedenfalls nicht darauf schließen lässt, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia wesentlich und nachhaltig gebessert hätte. Vielmehr wurde es um die Informationen ergänzt, dass Al Shabaab mitverantwortlich dafür ist, dass von der Dürre betroffene Personen aus ihrer Heimat fliehen mussten, da die Gruppe humanitäre Hilfe behindert und Blockaden betreibt (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017), es vor allem in Mogadischu weiterhin zur Vertreibung bzw. Zwangsräumung von IDPs kommt (Amnesty International, Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia 22.02.2017) und IDPs in Somalia zu den am meisten gefährdeten Personengruppen gehören (Ministerie von Buitenlandse Zaken, Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië November 2017), sowie dass IDPs über die Maßen von der Dürre betroffen sind (International Crisis Group, Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, 09.05.2017). (LIB 2018, S. 120f.) Die aktuellen Länderberichte lassen einen solchen Schluss also nicht zu und wurde eine solche Änderung von der belangten Behörde auch nicht vorgebracht.
2.5. zu 1.5. Die Feststellung, dass sich auch aus sonstigen Gründen die Lage in Somalia im Vergleich nicht dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert hat, sodass der BF im Falle seiner Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen, ergibt sich daraus, dass sich solche Gründe aus den aktuellen Länderberichten (LIB der Staatendokumentation zu Somalia, 17.09.2019) nicht ergeben und auch sonst nicht hervorgekommen sind. Schließlich weist auch die Staatendokumentation selbst in ihrer dem inhaltlichen Teil des Länderinformationsblatts zu Somalia vorangehenden "vergleichenden länderkundlichen Analyse i.S. § 3 Abs. 4a AsylG" darauf hin, dass es zu keinen wie im § 3 Abs. 4a AsylG beschriebenen Verbesserungen in Somalia gekommen ist.
2.6. zu 1.6. Die Feststellung, dass eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten ist, ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben angeführten Beweiswürdigung. Weder ein Vergleich der herangezogenen Länderberichte, noch das Vorbringen des BF in der Einvernahme am 13.08.2018, das für die Entscheidung herangezogen wurde, lassen einen solchen Schluss zu. Auch die belangte Behörde hat eine Änderung von diesem Ausmaß in ihrem Bescheid in keinster Weise nachgewiesen, sondern lediglich unsubstantiiert behauptet, die Lage habe sich verbessert, oder sich auf Prognosen und Stehsätze beschränkt. Der Umstand, dass heftige Regenfälle zu den schlimmsten Überflutungen seit 60 Jahren führen (was zwar im Vergleich zur langjährigen Dürre als Veränderung, jedoch keinesfalls als Verbesserung der Lage gesehen werden kann) lässt nicht darauf schließen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF nicht mehr vorliegen; andere Gründe sind weder hervorgekommen, noch wurden solche (substantiiert) vorgebracht.
2.7. zu 1.7. Die Feststellung, wonach kein Aberkennungsgrund gem. § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt, ergibt sich daraus, dass trotz der vorhandenen strafrechtlichen Verurteilungen des BF kein Tatbestand des § 9 Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Spruchpunkt I-II:
3.1.1. Einleitend wird festgehalten, dass sich die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 09.10.2018 bezüglich des Aberkennungstatbestandes im Spruch explizit auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG gestützt hat und begründend ausführt, dass die Gründe für die Erteilung des subsidiären Schutzes nicht mehr vorliegen. Aus der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides ergibt sich weiters, dass es sich um die Anwendung des zweiten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG handelt (vgl. AS 581 ff.: "Die Gründe für die Erteilung des subsidiären Schutzes sind insofern nicht mehr gegeben,…“).
Lediglich in der rechtlichen Beurteilung wurde alternativ auch auf § 9 Abs. 2 Z2 AsylG verwiesen und die Straftaten des BF zitiert, ohne dies jedoch einer näheren Begründung zuzuführen.
3.1.2. Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (1. Fall) oder nicht mehr (2. Fall) vorliegen.
3.1.3. Zur richtlinienkonformen Interpretation:
Artikel 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 (in der Folge: Status-RL), über das Erlöschen des subsidiären Schutzes lauten:
"(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.
(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden."
Art. 19 Abs. 1 und 4 lauten:
"(1) Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.
(4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat."
In Anlehnung an Art. 16 der Status-RL bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend, lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder des 6. bzw. 13. ZPEMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).
3.1.4. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Status-RL) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:
Mit rechtskräftigem Bescheid des BFA vom 19.12.2017 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia zuerkannt. Die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde dabei im Wesentlichen damit begründet, dass in Somalia eine prekäre Versorgungslage im Zusammenhang mit der dort vorherrschenden Dürre herrsche. Weiters sei keine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben (vgl. AS 302).
Soweit die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 damit begründet, es könne nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr nach Somalia in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ist festzuhalten, dass den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur Lage in Somalia keine grundlegenden Veränderungen im Herkunftsstaat seit Gewährung des subsidiären Schutzes zu entnehmen sind. Vielmehr hat sich neben der Sicherheitslage auch die Versorgungslage durch die unmittelbar auslaufende Dürreperiode verschlechtert. Auch eine wesentliche Änderung im Hinblick auf die individuelle Situation des BF wurde von der belangten Behörde nicht schlüssig dargetan. Die Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des BF ist weiterhin als volatil anzusehen, und kommt entgegen der Annahme im angefochtenen Bescheid auch weiterhin eine innerstaatliche Fluchtalternative des BF in andere Gebiete Somalias mangels Vorliegen eines familiären Unterstützungsnetzwerkes respektive einer Unterstützung durch das Clansystem nicht in Betracht.
Das Bundesamt hat somit auf Grundlage eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts eine andere Beweiswürdigung vorgenommen bzw. andere (rechtliche) Schlüsse gezogen als das BFA mit rechtskräftigem Bescheid vom 19.12.2017.
Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.
3.1.5. Es liegen somit gegenständlich keine Hinweise vor, dass der BF einen der Aberkennungstatbestände gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 verwirklicht hätte, welche jenen des Abs. 2 leg.cit. vorgehen. Es ist im Folgenden daher näher zu prüfen, ob bzw. welcher Teil von Abs. 2 im konkreten Fall anzuwenden ist:
Vorweg ist festzuhalten, dass bei Hinzutreten neuer Umstände (nach der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung) im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einbezogen werden dürfen, selbst wenn sie sich vor der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ereignet haben (siehe dazu VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, Rz 99 und 102).
Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in mittlerweile ständiger Rechtsprechung, dass das Verwaltungsgericht prinzipiell nicht nur die gegen einen verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen hat, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war (vgl. etwa VwGH 30.01.2019, Ra 2018/03/0131, mwN; siehe jüngst auch VwGH 17.10.2019, Ro 2019/18/0005). "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. VwGH 09.09.2015, Ro 2015/03/0032, mwN). Angesichts der historischen Entwicklung des § 9 AsylG 2005, die gesetzlich vorgesehene Verpflichtung, bei Straffälligkeit des subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls ein Aberkennungsverfahren einzuleiten und die in den § 9 Abs. 1 und 2 AsylG 2005 festgelegten Prüfschritte, die dabei vorzunehmen sind, hielt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17.10.2019, Ro 2019/18/0005, fest, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in dem diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Fall nicht bloß das Fortbestehen der Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes im Sinne des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 zu überprüfen hatte. Der Verwaltungsgerichtshof führte weiters aus, die zu entscheidende Angelegenheit ist die Aberkennung des subsidiären Schutzstatus an sich und damit sämtliche in § 9 Abs. 1 und 2 AsylG 2005 vorgesehenen Prüfschritte und Aussprüche. Dementsprechend ist die "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht nur die Klärung der Frage, ob die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angenommene Änderung der Umstände nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 tatsächlich vorliegt, sondern sie umfasst sämtliche Prüfschritte und Aussprüche, die im Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 9 Abs. 1 und 2 AsylG 2005 vorzunehmen sind (siehe dazu VwGH 17.10.2019, Ro 2019/18/0005, Rz 23 ff).
In Hinblick auf die oben aufgezeigte jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die zu entscheidende Angelegenheit die Aberkennung des subsidiären Schutzstatus an sich und damit sämtliche in § 9 Abs. 1 und 2 AsylG 2005 vorgesehenen Prüfschritte und Aussprüche ist, stellt sich im vorliegenden Fall somit die Rechtsfrage, ob dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 2 Z 2 leg.cit. abzuerkennen war.
Nach § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 hat eine Aberkennung des subsidiären Schutzes bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 leg.cit. zu erfolgen, wenn der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt. Entsprechende Vorschriften sehen auch Art. 19 Abs. 3 lit. a iVm Art. 17 Abs. 1 lit. d Statusrichtlinie vor, die mit der zitierten nationalen Regelung umgesetzt worden sind.
Abweichend von der in § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 geforderten formalen Grenze des "Verbrechens (§ 17 StGB)", kann der Aberkennungstatbestand der Z 2 leg.cit. auch dann erfüllt sein, wenn mehrere minderschwere Straftaten vorliegen, welche für sich das Kriterium der Ziffer 3 nicht erfüllen (vgl. ErläutRV 330 BlgNR 24. GP 9).
Ob der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, erfordert eine Gefährdungsprognose. Dabei ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und in Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich dar. Strafgerichtliche Verurteilungen des Fremden sind daraufhin zu überprüfen, inwieweit sich daraus nach der Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und der Tatumstände der Schluss auf die Gefährlichkeit des Fremden für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich ziehen lässt (vgl. VwGH 14.03.2019, Ra 2018/20/0387, Rz 13, mwN).
Der Verfassungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 13.12.2011, U 1907/19 (VfSlg. 19591), aus, dass eine Gefahr für die Sicherheit und Allgemeinheit eines Landes nur dann gegeben sei, wenn die Existenz oder territoriale Integrität eines Staates gefährdet sei oder wenn besonders qualifizierte strafrechtliche Verstöße (z.B. Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Drogenhandel, bewaffneter Raub) vorlägen. Zur Begründung verwies er darauf, dass § 9 Abs. 2 (Z 2) AsylG 2005 in Umsetzung der Statusrichtlinie ergangen sei und daher richtlinienkonform interpretiert werden müsse. Gemäß Art. 17 Abs. 1 der Statusrichtlinie seien Personen vom Genuss des subsidiären Schutzes auszuschließen, die Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit (lit. a) bzw. schwere Straftaten (lit. b) begangen hätten oder sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen (lit. c). Angesichts der schweren Natur dieser Ausschluss- bzw. Aberkennungstatbestände könne nach dem Grundsatz der richtlinienkonformen Interpretation Art. 17 Abs. 1 lit. d leg. cit. (Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit eines Landes) nur dahingehend verstanden werden, dass zur Verwirklichung dieser Bestimmung zumindest die Begehung einer Straftat von vergleichbarer Schwere wie die in lit. a bis c der Statusrichtlinie genannten Handlungen vorliegen müsse. Diese Sicht werde auch dadurch bestätigt, dass die Statusrichtlinie selbst bzw. die Materialien zur Statusrichtlinie auf die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) Bezug nehmen würden und sich aus der zu den einschlägigen Bestimmungen der GFK ergangenen Judikatur bzw. Literatur ergebe, dass eine "Gefahr für die Sicherheit oder für die Allgemeinheit eines Landes" nur dann gegeben sei, wenn die Existenz oder territoriale Integrität eines Staates gefährdet sei oder wenn besonders qualifizierte strafrechtliche Verstöße (z.B. Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Drogenhandel, bewaffneter Raub) vorlägen (vgl. auch VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0155, Rz 19).
Auch der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seiner Rechtsprechung erkannt, dass nur ein Flüchtling, der wegen einer "besonders schweren Straftat" rechtskräftig verurteilt wurde, als eine "Gefahr für die Allgemeinheit eines Mitgliedstaats" angesehen werden könne (EuGH vom 24.06.2015, C-373/13, H.T. gegen Land Baden-Württemberg, ECLI:EU:C:2015:413).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich diesen zitierten rechtlichen Erwägungen angeschlossen, wonach ein Fremder jedenfalls dann eine Gefahr für die Allgemeinheit im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 darstellt, wenn sich diese aufgrund besonders qualifizierter strafrechtlicher Verstöße prognostizieren lässt. Als derartige Verstöße kommen insbesondere qualifizierte Formen der Suchtgiftdelinquenz (wie sie beispielsweise in § 28a SMG unter Strafe gestellt werden) in Betracht, zumal an der Verhinderung des Suchtgifthandels ein besonderes öffentliches Interesse besteht (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0155 mit Verweis auf VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556).
Unter Berücksichtigung der Rechtskraftwirkungen der Zuerkennungsentscheidung wäre es zwar nicht zulässig, die Aberkennung nach § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 auszusprechen, obwohl sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. der erfolgten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 (die nur im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung erteilt werden darf) nicht geändert hat. Soweit aber neue Sachverhaltselemente hinzutreten, die für die Gefährdungsprognose nach § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 von Bedeutung sein können, hat die Behörde eine neue Beurteilung des Gesamtverhaltens des Fremden vorzunehmen und nachvollziehbar darzulegen, warum sie davon ausgeht, dass der subsidiär Schutzberechtigte nun eine Gefahr für die Allgemeinheit (oder für die Sicherheit des Staates) darstellt. Dabei ist es ihr nicht verwehrt, auch vor der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. vor Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung begangene Straftaten in ihre Gesamtbeurteilung einfließen zu lassen (siehe VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0155, Rz 25).
Im vorliegenden Fall weist der BF drei rechtskräftige Verurteilungen auf. Die begangenen strafbaren Handlungen des BF waren allesamt Vergehen. Eine besonders schwere Straftat ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Suchtgiftdelikte sind im kleinkriminellen Bereich anzusiedeln und dienten teilweise nur dem persönlichen Gebrauch. Bei den ersten beiden Verurteilungen war der BF geständig. Beim ersten und beim letzten Delikt ist es teilweise beim Versuch geblieben. Angesichts dieser Umstände kann auch in Zusammenschau aller Delikte inklusive des letzten Delikts – nicht erkannt werden, dass sich diese als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erwiesen. So wurde der BF jeweils nur auf der unteren Schwelle des möglichen Strafrahmens und bei der ersten Verurteilung auch großteils (sieben von acht Monaten) bedingt verurteilt. Auch die letzte Verurteilung, welche einen Strafrahmen von bis zu zwei Jahren für das am schwersten bestrafte Delikt (§ 27 Abs. 2a SMG) vorsieht, siedelt sich im Hinblick auf die Verurteilung des BF zu acht Monaten Freiheitsstrafe im unteren Bereich des möglichen Strafrahmens an, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Verurteilung für mehrere begangene Delikte erfolgte und der BF die Tat teilweise auch zum persönlichen Gebrauch beging. Zudem ist sich der BF des Unrechts seiner Taten bewusst und wurde in der Beschwerde auch angeführt, dass ihm die Straftaten leid tun würden. Eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik kann in Anbetracht des geforderten hohen Unrechtsmaßstabes daher gerade noch nicht erkannt werden.
Weiters ist festzustellen, dass auch das BFA offenbar der Ansicht war, dass die vom BF begangenen Straftaten nicht ausreichten für eine Aberkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 und 2 AsylG, wie aus dem Aktenvermerk vom 19.02.2018 hervorgeht. Es kommt zwar nunmehr hinzu, dass der BF nach der Erlassung des Bescheides vom 09.10.2018, mit welchem ihm der subsidiäre Schutz aberkannt wurde, neuerlich straffällig wurde und dies somit in die Gesamtbeurteilung einfließen musste, jedoch stellt auch die letzte Straftat des BF ein Drogendelikt im kleinkriminellen Bereich dar und ist zu berücksichtigen, dass der BF bei Begehung der letzten Tat noch unter 21 Jahre alt war.
3.1.6. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 und 2 AsylG 2005 stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben war.
3.2. Beschwerde gegen Spruchpunkt III
Der BF befindet sich seit dem Jahr 2016 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt war nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.
3.3. Beschwerde gegen Spruchpunkte IV., V., VI., VII des angefochtenen Bescheides
Im gegenständlichen Fall ist dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia weiterhin zuzuerkennen, aus diesem Grund sind die Spruchpunkt IV. bis VII. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben (vgl. dazu auch VfGH 13.09.2013, U 370/2012; VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162). Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor, und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen ist die Rechtslage als eindeutig zu bezeichnen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053), weshalb auch aus diesem Grund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schließlich war auch eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W268.2209517.1.00Im RIS seit
19.11.2020Zuletzt aktualisiert am
19.11.2020