TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/20 W245 2214287-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2020
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Entscheidungsdatum

20.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs2
FPG §53 Abs3
FPG §59 Abs5

Spruch

W245 2214287-4/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard SCHILDBERGER, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.07.2020, Zahl: XXXX , betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005, zu Recht:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

Zum Erstantrag auf internationalen Schutz:

I.1.    Der Beschwerdeführer XXXX (in der Folge auch „BF“), ein iranischer Staatsbürger, reiste illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2.    Im Rahmen der am 18.11.2015 erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Wesentlichen an, dass seine Ideologie nicht mit dem konform gehe, was in seinem Geburtsland verlangte werde. Er wolle seine Religion, das Christentum, offen leben und konvertieren. Würde der Nachrichtendienst davon erfahren, würde er als Ungläubiger bezeichnet und mit der Hinrichtung bestraft werden.

I.3.    Mit Verfahrensanordnung vom 17.10.2017 wurde dem BF gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet wegen Straffälligkeit (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005) mitgeteilt.

I.4.    Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge belangte Behörde, auch „bB“) am 11.06.2018 gab der BF an, dass er aufgrund seiner Fluchtgeschichte lieber einen männlichen Dolmetscher haben möchte. Daraufhin wurde diese Einvernahme von der bB abgebrochen.

I.5.    In der Folge wurde der BF am 06.07.2018 bei der bB niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF im Wesentlichen zum Fluchtgrund an, dass er zum ersten Mal im Alter von 16 Jahren von seiner Familie aufgrund seiner Religion bestraft worden sei, weil er im Ramadan nicht gefastet habe. Auch seine Frau sei aus einer religiösen Familie gewesen. Der BF habe wegen der Religion und der Gesetze immer mehr Druck verspürt, weshalb er den Iran verlassen habe. Er habe sich von seiner Ehefrau getrennt und würde ihn die Familie seiner Ex-Frau nunmehr wegen seines Abfalls vom islamischen Glauben bedrohen. Er habe sich schon als Kind für das Christentum interessiert, weil er als Kind Fußballer gesehen habe, die Kreuzzeichen gemacht hätten und ihm dies gefallen habe. In Österreich sei er dann mit dem Christentum in Berührung gekommen. Er habe schon bei seiner Ausreise die Absicht gehabt, zu konvertieren. Vom Islam habe er sich abgewandt, weil es ihm damit schlecht gegangen sei.

I.6.    Mit Bescheid der bB vom 24.07.2018, Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF vom 18.11.2015 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG hat der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 12.09.2017 verloren (Spruchpunkt IX.).

In der Begründung führte die bB aus, dass das Vorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen nicht glaubwürdig sei und es könne – selbst bei Wahrheitsunterstellung der Angaben des BF - keine konkret gegen den BF gerichtete (drohende) Verfolgung oder Gefährdung im Iran festgestellt werden. Er habe angegeben, wegen Ablehnung des Islam und wegen seiner Frau geflüchtet zu sein. Aus den Angaben des BF ergebe sich in keiner Weise ein Interesse am Christentum oder an einer Absicht der echten Konversion. Zwar sei er getauftes Mitglied der katholischen Kirche, es werde aber von einer Scheinkonversion ausgegangen. Eine missionarische Betätigung im Fall der Rückkehr in den Iran könne ausgeschlossen werden. Er sei nicht in leitender Funktion exponiert. Ihm drohe daher wegen seiner Religion keine asylrelevante Verfolgung im Iran. Die einmalige Inhaftierung im Iran wegen Essens im Ramadan liege 10 Jahre zurück und sei nicht geeignet, eine Asylgewährung zu rechtfertigen. Es werde davon ausgegangen, dass er den Iran verlassen habe, weil er mit seiner Ehefrau unzufrieden gewesen sei, da er bemängelt habe, dass er sein Sexualleben mit ihr nicht so habe ausleben können, wie er es gewollt hätte. Es liege der Verdacht nahe, dass er das Verfahren mutwillig habe verschleppen wollen. Die Probleme mit Behörden hätten sich auf ein offenes Scheidungsverfahren beschränkt. Er habe zwar angegeben, dass der Onkel seiner Ex-Frau bei der Sicherheitspolizei wäre und dieser ein religiöser Mensch wäre, er habe jedoch diesbezüglich keine Verfolgungsszenarien vorgebracht. Auch die Tatsache, dass der BF noch 10 Monate nach der Trennung von seiner Ex-Frau als Fahrer für die Müllabfuhr, im öffentlichen Dienst, tätig gewesen sei, spreche maßgeblich gegen eine Verfolgung seiner Person. Fragen nach Problemen aufgrund seines Religionsbekenntnisses habe er zwar bejaht, diesbezüglich hätten aber keine Verfolgungs- oder Bedrohungsszenarien seine Person betreffend festgestellt werden können.

Dieser Bescheid wurde dem BF am 26.07.2018 wirksam zugestellt und erwuchs am 24.08.2018 in Rechtskraft.

I.7.    Der BF verließ nach dieser Entscheidung Österreich und gelangte über Deutschland in die Niederlande.

Zum ersten Folgeantrag auf internationalen Schutz:

I.8.    Am XXXX wurde der BF nach der Dublin III-VO aus den Niederlanden rückübernommen und in Schubhaft genommen.

I.9.    Am XXXX brachte der BF erneut einen Antrag auf internationalen Schutz ein und gab dazu in der Erstbefragung an: „Die alten Gründe bleiben aufrecht“. Sein Bruder, der im Iran im Verteidigungsministerium arbeite, habe erfahren, dass er einen Asylantrag gestellt habe, weshalb seine Situation noch schlimmer sei. Bei einer Rückkehr in den Iran habe er Angst um sein Leben. Beweismaterial habe er nicht, aber man werde umgebracht, wenn man die Religion wechsle. Seit 2017 seien ihm die Änderungen der Situation/seiner Fluchtgründe bekannt.

I.10.   Am 18.12.2018 wurde der BF von der bB niederschriftlich einvernommen: Er habe seit 5 oder 6 Jahren Probleme mit seiner Leber. Er habe keinerlei aktuelle Befunde. Er wisse den Namen der eingenommenen Medikamente nicht. Er sei Christ. Er sei Perser. Seine Eltern seien Türken. Er habe in Österreich im Jahr 2016 und 2017 ehrenamtlich gearbeitet. Er sei vom Staat versorgt worden. Er habe Fußball gespielt, aber in keinem Verein. Er habe einen Deutschkurs für das Niveau A1 gemacht, aber die Prüfung noch nicht abgelegt. Er spreche Farsi, Türkisch und ein wenig Deutsch. Seine gesamte Familie (Eltern, fünf Schwestern und drei Brüder) würden sich im Iran befinden. Des Weiteren habe er auch sieben Tanten väterlicherseits. Mütterlicherseits habe er vier Onkel und zwei Tanten. Im Iran habe er auch Bekannte/Freunde. Mit seiner Mutter verstehe er sich gut. Mit dem Rest seiner Familie verstehe er sich wegen seiner Religionszugehörigkeit nicht gut. Seinen Familienangehörigen gehe es nicht schlecht. Er habe nur mit seiner Mutter Kontakt, ca. fünf bis sechs Mal im Monat. In Österreich habe er keine Familienangehörigen, aber Freunde, zu denen keine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit bestehe. Er lebe mit keiner Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Er habe Österreich verlassen und sei bis vor einer Woche 3,5 Monate in den Niederlanden gewesen. Er sei in Österreich mehrmals fälschlicherweise wegen Straftaten beschuldigt worden und er sei deswegen sehr enttäuscht gewesen. Er stelle neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz, weil sein Leben im Iran weiterhin in Gefahr sei. Er hätte im Iran Arbeit gehabt, könne aber dorthin nicht zurückkehren. Sein Leben sei dort in Gefahr, obwohl seine ganze Familie dort lebe und er dort auch eine Unterkunft hätte. Er sei gezwungen im Ausland zu bleiben, weil er aus dem Iran geflüchtet und nach Europa gekommen sei. Alle seine Angehörigen hätten erfahren, dass er zum Christentum konvertiert sei, und auch mit den Familienangehörigen seiner Frau hätte er Schwierigkeiten gehabt. Das sei der Grund, weshalb er damals geflüchtet sei. Seine Frau befinde sich im Iran, sie wolle sich scheiden lassen. Sie sei schon bei Gericht gewesen. Ihm sei gedroht worden, dass er getötet werde, wenn er zurückkehre. Das hätten ihm seine Familienangehörigen angedroht. Er habe dafür keine Beweise. Seine alten Fluchtgründe seien noch aufrecht. Im Vergleich zu seinem Vorverfahren habe sich etwas verändert, weil diese Drohung ausgesprochen worden sei. Seinem Vater sei mitgeteilt worden, dass er getötet werden würde. Wenn ihm vorgehalten werde, dass es sich um ein gesteigertes Vorbringen handle, da sich zum Vorverfahren nichts Wesentliches verändert habe, gebe er an, er habe Kontakt zu seiner Familie und er habe so erfahren, dass sein Leben in Gefahr sei und die Drohung bestehe. Ihm sei mitgeteilt worden, dass diese Drohungen gegen ihn ausgesprochen worden seien. Falls die Familienangehörigen seiner Frau, ihre Brüder und die anderen Angehörigen, ihn im Iran antreffen würden, würden sie ihn töten. Diese Information habe vor ca. 2,5 Monaten erhalten, als er in den Niederlanden gewesen sei. Seine Eltern seien damals auf einer Hochzeitsfeier gewesen und hätten seine Schwäger angetroffen. Diese hätten dann die Drohung gegenüber seinem Vater ausgesprochen, hätten aber ihn damit gemeint. Sein Schwager XXXX habe auch gesagt, dass er ihn töten werde, sobald er ihn sehe. Er selbst sei nie darauf angesprochen worden. Er habe seine Telefonnummer gewechselt. Er habe auch seine Frau diesbezüglich angerufen und deshalb gesagt, dass sie ihr eigenes Leben führen solle. Er habe alles erwähnt und auch, dass die Leute weiterhin auf der Suche nach ihm seien. Zur Lage im Iran wolle er keine Stellungnahme abgeben, aber er wolle auf keinen Fall zurück. Im Fall einer negativen Entscheidung werde er eine Beschwerde dagegen einlegen, damit er noch eine Befragung habe. Sein Leben sei im Iran in Gefahr, er könne dorthin nicht zurückkehren. Er habe alles gesagt. Sie hätten seinem Vater mitgeteilt, dass Ali und die anderen Leute in seiner Heimatstadt Geld geben würden, damit er getötet werden könne. Den Dolmetscher habe er einwandfrei verstanden und er habe der Einvernahme folgen können. Er habe nach Rückübersetzung keine Einwendungen vorzubringen. Es sei alles vollständig und richtig protokolliert worden.

I.11.   Mit Bescheid vom 23.01.2019 wies die bB den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 11.12.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

Die bB traf Feststellungen zu den Verhältnissen im Iran und führte Folgendes aus: Der BF habe im Verfahren keine neuen Fluchtgründe geltend gemacht und sein neues Fluchtvorbringen auf jenes seines Vorverfahrens aufgebaut. Er habe angegeben, dass er wegen der Konvertierung verfolgt werden würde. Des Weiteren würde er von den Familienangehörigen seiner Frau verfolgt werden. Darüber hinaus habe er auch angegeben, dass seine Fluchtgründe aus seinem ersten Verfahren noch aufrecht seien. Von der erkennenden Behörde könne insgesamt kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, da die Aussagen des BF weiterhin keinen glaubhaften Kern aufwiesen. Er habe auch keine aussagekräftigen Dokumente oder sonstige Beweismittel vorlegen können, welche sein Vorbringen untermauern würden. Die Begründung des neuerlichen Asylantrages reiche nicht aus, einen neuen gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Er habe im gegenständlichen Verfahren bereits im Erstverfahren geprüfte und als nicht asylrechtfertigend beurteilte Umstände geltend gemacht. Er habe selbst angegeben, dass seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren aufrecht seien. In der Erstbefragung vom 11.12.2018 habe er angegeben, dass die letzte Änderung des Sachverhaltes im Jahr 2017 gewesen sei und seine Fluchtgründe sich verschlimmert hätten, weil sein Bruder von der Asylantragstellung in Österreich erfahren hätte und er weiterhin wegen der Konvertierung und von den Familienangehörigen seiner Frau verfolgt werden würde. Insgesamt sei die extrem vage Art und Weise, wie er den behaupteten Fluchtgrund vor der Behörde geschildert habe, völlig ungeeignet, um sein Vorbringen für glaubhaft befinden zu können. Es fehle an Hinweisen, die annehmen ließen, dass er wahre Erlebnisse schildere. Weder habe er von sich aus Details vorgebracht noch seien aus seiner Schilderung Ausführungen hervorgegangen, die als eine sich auf wahre Begebenheiten beziehende Erzählung betrachtet werden könnten. Er habe auch keinerlei Beweismittel in Vorlage bringen können. Insgesamt bediene sich der BF im aktuellen Verfahrensgang an Ereignissen, die bereits vor seiner Einreise in das Bundesgebiet stattgefunden hätten. Über seine Fluchtgründe sei bereits in seinem Erstverfahren rechtskräftig abgesprochen worden. Er habe das Bundesgebiet im August 2018 verlassen und sei in die Illegalität untergetaucht. Er habe somit im Vorverfahren seine Mitwirkungspflicht massiv verletzt. Über den Gesundheitszustand sei bereits im Vorverfahren abgesprochen worden. Hierzu werde angemerkt, dass er keinerlei Befunde in Vorlage habe bringen können. Sein Gesundheitszustand habe sich nicht verschlechtert. Es könne nicht von einer zugrundeliegenden Erkrankung ausgegangen werden. Im gegenständlichen Verfahren hätte sich kein Hinweis auf einen seit Rechtskraft des Vorverfahrens entscheidungsrelevant geänderten Sachverhalt ergeben, weder im Hinblick auf die persönliche Situation des BF noch im Hinblick auf die allgemeine Lage im Iran. Es liege sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.

I.12.   Dagegen erhob der BF fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und brachte im Wesentlichen Folgendes vor:

Als neue Gründe im Zuge seines Folgeantrages habe der BF angegeben, dass seine Familienangehörigen von seiner Konversion erfahren hätten. Im Falle der Rückkehr fürchte er strafrechtliche Verfolgung bzw. die Verhängung der Todesstrafe. Aufgrund seiner Konvertierung sei er der realen Gefahr seitens der iranischen Regierung und seitens seiner Familie ausgesetzt. Bei seinen Gründen handle es sich um neue Asylgründe. Soweit durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen werde, müsse die Behörde eine Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK vornehmen, welche die Behörde jedoch unterlassen habe. Die Behörde habe nämlich den Folgeantrag zurückgewiesen, ohne zu überprüfen, welcher Gefahr der BF im Falle der Rückkehr ausgesetzt wäre. Der BF wies auf seine Integrationsbemühungen hin. Zu seinen strafbaren Handlungen gab er an, dass er dies sehr bereue und ein anständiges Leben führen wolle.

I.13.   Mit Eingabe vom 13.02.2019 übermittelte der BF dem Bundesverwaltungsgericht (n der Folge auch „BVwG“) eine Abschrift seiner Scheidungsurkunde samt Übersetzung, wonach die Ehe am 02.05.2016 als geschieden eingetragen wurde, sowie eine - nach Angabe des BF - Unterhaltsklage. Der BF gab ergänzend an, dass sich seine Frau aufgrund seiner Konversion zum Christentum habe scheiden lassen und dies der Familie des BF sowie der Behörde mitgeteilt habe.

I.14.   Das BVwG wies diese Beschwerde mit Erkenntnis vom 20.02.2019, W108 2214287-1/3E, gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet ab.

I.15.   In der Folge hielt sich der BF in der Bundesrepublik Deutschland auf.

Zum zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz:

I.16.   Am 02.04.2019 stellte er BF in Deutschland einen weiteren Asylantrag. Österreich erklärte sich aufgrund europarechtlichen Bestimmungen dazu bereit, den BF zu übernehmen. Er wurde am XXXX nach Österreich überstellt.

I.17.   Am XXXX stellte der BF einen dritten Asylantrag. Bei seiner Einvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er an, er habe Österreich vor drei Monaten und zehn Tagen (also jedenfalls nachdem über seinen zweiten Asylantrag entschieden worden war; tatsächlich hatte er bereits am 02.04.2019 in Deutschland einen Asylantrag gestellt) verlassen und sich in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Auf die Frage, was sich seit der Rechtskraft der Entscheidung über seinen früheren Asylantrag („seit der Rechtskraft konkret gegenüber Ihrem bereits entschiedenen Verfahren“) verändert habe, gab er an, er habe keine neuen Asylgründe, seine alten Gründe blieben natürlich aufrecht. Außerdem hätten ihn seine ehemaligen Schwiegereltern im Iran angezeigt, weil er 2015 zum Christentum konvertiert sei. Dies habe er aber dem Bundesamt schon 2018 erklärt.

I.18.   Bei seiner Einvernahme bei der bB am 20.08.2019 gab der BF an, dass seine ganze Familie im Iran lebe und er keine Angehörigen in Österreich habe. Auf den Vorhalt, es sei beabsichtigt, seinen Asylantrag zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben, gab er an, er habe neue Beweise aus dem Iran. Im Iran habe es einen Streit zwischen seiner Mutter und der Familie seiner Frau gegeben. Im Zuge dieses Streits sei eine Verwandte des BF verletzt worden. Die Familie seiner Frau habe seine Familie bedroht und auch ihn selbst mit Mord bedroht. Auf die Frage nach Beweisen gab der BF an, er habe einige Dokumente mit, ein Dokument sei die Scheidungsurkunde, das sei 2016 gewesen. Er habe auch Dokumente bzw. Bescheide vom Gericht. Es gebe auch Beweise über seinen Religionswechsel. Die Frage, ob es sich um neue Beweise handle, bejahte der BF. Auf die weitere Frage, ob er diese Beweise in seinen Vorverfahren bereits vorgelegt habe, gab er an, er habe sie in seinem „dritten Interview“ bereits vorgelegt, das sei in Wien gewesen. Weitere Beweise, die er in den Vorverfahren noch nicht vorgelegt habe, habe er nicht. Die Frage, ob die Fluchtgründe aus seinen vorangegangenen Verfahren aufrecht seien, bejahte der BF; es gebe aber zusätzlich den Streit zwischen seiner Familie und jener seiner Frau, er bestehe seit etwa drei Monaten. Seit Rechtskraft der Entscheidung in seinem Vorverfahren habe sich nichts geändert, „außer diesem Streit“. Zu diesem Streit gab der BF an, er habe mit seinen Eltern telefoniert, sie hätten ihm erzählt, was geschehen sei. Auf einer Trauerfeier habe sein Schwager seine Mutter getroffen und angefangen, sie zu beschimpfen. Der Vetter des BF habe sich eingemischt und sei dann von seinem Schwager geschlagen worden, dann sei die Polizei gekommen und habe die Parteien getrennt. Der Streit sei entstanden, weil sich der BF und seine Frau getrennt hätten, die Familie seiner früheren Frau nutze es aus, dass er seine Religion gewechselt habe, und wolle Rache nehmen. Sie wisse, dass er nicht zurückkehren könne. Die Frage, ob dieser Streit in Zusammenhang mit den behaupteten Fluchtgründen stehe, bejahte der BF. Zu dem Streit sei es vor etwa drei Monaten gekommen, allerdings habe es auch 2018 Streit gegeben, als die Familie seiner Frau ihre Sachen abgeholt habe. (Bei der Rückübersetzung gab der BF dann an, er wisse nicht genau, wann sich dieser Vorfall zugetragen habe, da er nicht dort gewesen sei.)

Auf die Frage, wann er mit seinen Eltern telefoniert und von diesem Streit erfahren habe, gab der BF an, er sei damals in Deutschland gewesen; der Vorfall habe sich vor etwa drei Monaten bei der Trauerzeremonie für einen Verwandten zugetragen. Die Frage, ob es seit diesem Streit zu weiteren Zwischenfällen gekommen sei, verneinte der BF, ergänzte aber, es sei (bereits) das dritte Mal gewesen, dass es Streit gegeben habe. Sein Stamm und jener seiner ehemaligen Frau hätten sich geeinigt, dass sie die Sache bezüglich dieses Problems selbst lösten; dieses Problem mit dem BF würden sie selbst lösen, die Familien hätten sich so geeinigt. Auf die Frage, weshalb er diesen Streit in der Befragung am 06.08.2019 nicht angegeben habe – er habe dort angegeben, dass es nichts Neues gebe und sich nichts geändert habe – antwortete der BF, er habe gesagt, dass es Streit gegeben habe, er habe auch die Dokumente gezeigt. Man habe ihm aber gesagt, dass das nicht interessiere; man sei im Dublin-Verfahren und nicht zuständig. Bei der Rückübersetzung gab der BF dann an, er habe die Angaben bezüglich des Dublin-Verfahrens mit Deutschland verwechselt. Im Zuge der Erstbefragung sei ihm mitgeteilt worden, dass er genauere Angaben zu seinem Fluchtvorbringen während des Asylverfahrens machen könne.

Dem BF wurde vorgehalten, er sei bereits seit Juni 2016 geschieden, und er wurde gefragt, weshalb es erst jetzt, drei Jahre danach, zu Streitigkeiten kommen sollte. Er gab an, es sei normal, „sie“ hätten eine Anzeige gemacht, dieses Verfahren sei noch offen. Auf die Frage, wann diese Anzeige gemacht worden sei, antwortete der BF – dem zunächst nicht klar war, von welcher Anzeige die Rede war –, sie sei wegen seiner Flucht aus dem Iran erstattet worden. Auf die neuerliche Frage nach dem Zeitpunkt erklärte er, dies sei 2016 gewesen, seine Frau habe sich im Juni 2016 von ihm getrennt. Dem BF wurde vorgehalten, er habe in der Befragung am 6.8.2019 angegeben, dass diese Anzeige bereits 2015 erstattet worden sei; er antwortete, sie hätten sich 2014 verlobt und 2015 geheiratet. Dem BF wurde nochmals vorgehalten, er habe in der Befragung angegeben, dass die Anzeige 2015 erstattet worden sei, gebe aber nun an, es sei 2016 gewesen. Der BF wiederholte, er habe 2015 geheiratet, 2016 habe seine Frau sich von ihm getrennt. Nachdem die Frage nochmals wiederholt und erläutert worden war, räumte der BF ein, dass er gesagt habe, es sei 2015 gewesen. „Offiziell“ sei er 2015 angezeigt worden, seine Frau habe sich 2016 von ihm getrennt, es habe mehrere Streitigkeiten gegeben, einmal 2018; es habe auch eine Gerichtsverhandlung gegeben, „sie“ hätten dann seine Familie in Ruhe gelassen und wollten das Problem mit ihm lösen.

Die Frage, ob dies alle Fluchtgründe seien, bejahte der BF und ergänzte, sein älterer Bruder arbeite im Verteidigungsministerium im Iran. Er habe ihm gesagt, dass die iranischen Behörden über seinen Asylantrag in Österreich Bescheid wüssten. Dort hätten ihm die Kollegen gesagt, dass es für ihn Probleme geben werde. Das sei ein Grund. Dass er zum Christentum konvertiert sei, werde im Iran auch ein Problem sein.

Auf die Frage, warum er, nachdem zwei Asylanträge negativ entschieden worden seien, einen weiteren stelle, gab der BF an, sein Leben sei im Iran in Gefahr.

I.19.   Im Anschluss an diese Einvernahme verkündete der Organwalter der bB, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wird. Mit Beschluss des BVwG vom 23.08.2019, W199 2214287-2/3E wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes bestätigt.

I.20.   Mit dem Bescheid vom 27.12.2019 wies die bB den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.08.2019 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF aufgetragen von 06.08.2019 bis 17.12.2019 im Quartier AlBE Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).

Der gegenständliche Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich der Kern seines Vorbringens auf seine als nicht glaubhaft erachteten Fluchtgründe aus dem Erstverfahren stützen würde. Sein ergänzendes Vorbringen im gegenständlichen Verfahren werde als nicht glaubhaft erachtet. In Österreich verfüge er über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe nicht. Weder dem Erst- oder Zweitverfahren noch dem gegenständlichen Folgeverfahren sei ein über das unglaubwürdige Vorbringen hinausgehender Anhaltspunkt zu entnehmen, warum dem BF persönlich bei einer Rückkehr in den Iran Gefahr drohen solle. Seine nunmehrigen ergänzenden Behauptungen, wonach es seinetwegen zu einem Streit zwischen seiner Familie und der Familie seiner Ex- Frau gekommen sei, seien als nicht glaubhaft zu qualifizieren. Der gegenständliche Antrag stütze sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den zuletzt inhaltlich entschiedenen Asylantrag verwirklichten Sachverhalt. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels würden nicht vorliegen. Ein schützenswertes Familien- oder Privatlebend es BF in Österreich liege ebenfalls nicht vor. Zudem wurde die Abschiebung für zulässig erklärt und bestehe im Falle einer zurückweisenden Entscheidung keine Frist für die freiwillige Ausreise. Das Einreiseverbot im Ausmaß von 4 Jahren wurde mit Art. 11 der Statusrichtlinie begründet sowie dem Umstand, dass der BF mittellos sei.

I.21.   Gegen diesen wurde fristgerecht Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. und VII. erhoben und zusammengefasst ausgeführt, dass der BF in den Einvernahmen vor der bB die Gründe geschildert habe, weshalb er neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe und warum er nicht in den Iran zurückkehren könne. Der BF sei der Meinung, dass die Erstbehörde es verabsäumt habe, den vorgebrachten Angaben von Amts wegen weiter nachzugehen. Deswegen halte der BF seine Aussagen zu seinen Fluchtgründen, die er in der Einvernahme vor der bB gemacht habe, aufrecht und fechte den genannten Bescheid an. Betreffend das erlassene Einreiseverbot wolle der BF angeben, dass in seinem Fall nicht von einer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auszugehen sei, weil er der Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachgekommen sei. Hauptgrund für die Nichteinhaltung der Ausreise sei die Verfolgungsgefahr seiner Person im Iran. Weiters lebe der BF seit 4 Jahren in Österreich und habe sich bemüht, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Zudem bereue er sein schlechtes Verhalten in Bezug auf seine Straftaten.

I.22.   Die gegenständliche Beschwerde und der bezugshabende Verwaltungsakt wurden dem BVwG am 09.01.2020 von der bB vorgelegt.

I.23.   Das BVwG wies diese Beschwerde mit Erkenntnis vom 17.01.2020, W259 2214287-3/3E als unbegründet ab. Die Entscheidung des BVwG wurde dem Vertreter des BF am 17.01.2020 zugestellt.

Zum dritten Folgeantrag auf internationalen Schutz bzw. zum gegenständlichen Verfahren:

I.24.   Am XXXX stellte der BF neuerlich einen Folgeantrag.

I.25.   Im Rahmen der am 07.06.2020 erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, dass seine bisher angegebenen Fluchtgründe aufrecht bleiben. Sein neuer Fluchtgrund sei, dass er im Dezember 2019 in Wien an einer Demonstration teilgenommen habe. Es sei gegen die jetzige iranische Regierung demonstriert worden. Er habe ein Selfie gemacht und dies auf Instagram gepostet. Auch seien andere Fotos gepostet worden. Diese Fotos hätten die Behörden auch im Iran gesehen. Der BF sei auch von seinem eigenen Bruder bedroht worden. Der Bruder sei für das iranische Militär tätig. Deshalb könne der BF nicht in den Iran zurückkehren, er würde getötet werden. Bei einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben. Er habe alle Fluchtgründe genannt. Weitere Fluchtgründe habe er nicht.

Als Beweis für sein Vorbringen legte der BF Fotos vor: Vier Fotos würden die Teilnahme des BF an einer Demonstration vor der iranischen Botschaft belegen. Auf einem dieser Fotos sei der BF mit dem politischen Aktivisten XXXX abgebildet. Zwei weitere Fotos würden die Teilnahme des BF an einer Demonstration vor der amerikanischen Botschaft belegen.

I.26.   Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 und § 15a AsylG 2005 vom 16.06.2020 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen. Ebenso wurde mit Verfahrensanordnung vom 16.06.2020 ein Rückkehrberatungsgespräch gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG angeordnet. Ferner wurden mit Schreiben vom 16.06.2020 das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Iran dem BF ausgefolgt. Die Übernahme der Verfahrensanordnungen sowie der Länderinformationen wurden vom BF am 17.06.2020 bestätigt.

I.27.   Bei der Einvernahme bei der bB am 06.07.2020 gab der BF an, dass er Ende 2019, vor Weihnachten, an einer Demonstration gegenüber der iranischen Botschaft in Wien teilgenommen habe. Der BF habe als „normaler“ Demonstrant teilgenommen. Er habe auch eine monarchische Flagge in der Hand gehabt. Der Grund für die Demonstration sei eine Massendemonstration im Iran gewesen, wo viele unschuldige Menschen erschossen worden seien. Im Ian sei gegen die Regierung demonstriert worden. Die Regierung im Iran würde seit 40 Jahren herrschen und die Bevölkerung sei „satt“ davon. In Wien hätten sie für Gerechtigkeit demonstriert. Weltweit sei gegen die iranischen Behörden demonstriert worden.

Auf der Demonstration seien sie fotografiert worden und sie hätten sich auch selbst fotografiert. Auf einem Foto sei der BF mit einem politischen Aktivisten XXXX , namens XXXX abgebildet. Seit einer Woche vor der Demonstration sei der BF auf Instagram mit XXXX befreundet. Persönlich habe der BF mit XXXX nur einmal bei der Demonstration Kontakt gehabt, sie hätten sich auf der Demonstration kennengelernt, sie würden sich ein wenig kennen.

Das Foto des BF mit XXXX sei auf Instagram und Facebook veröffentlicht worden. Die Behörden im Iran hätten mitbekommen, dass der BF mit XXXX in Kontakt sei. XXXX sei ein sehr bekannter Aktivist. Man könne auch auf YouTube weitere Informationen über XXXX finden. XXXX habe große Probleme mit den Behörden im Iran, weil dieser den Koran zerrissen habe. Jeder der mit XXXX Kontakt habe, würde bestraft werden.

Der schwedische Aktivist habe das Foto zwei oder drei Tage nach der Demonstration gepostet. Es sei auf dem Account des schwedischen Aktivisten und einem anderen politischen Aktivisten gepostet worden. Der zweite politische Aktivist heiße XXXX . Dieser lebe in Österreich. Der BF habe mit XXXX telefoniert und ihn darum gebeten, das Foto wieder zu löschen. Es sei jedoch zu spät gewesen. Ein Freund des BF, namens XXXX habe gesagt, dass er das Foto des BF auf Facebook gesehen habe. Darüber befragt, ob der BF auf diesem Foto noch – in sozialen Medien – zu sehen sei, gab der BF an, dass er sich nicht sicher sei. Auf Instagram sei der Account von XXXX unter dessen Namen zu finden. Dazu erklärte der anwesende Rechtsberater, dass der Name auf Instagram „ XXXX laute und das auf diesem Account Beiträge erst ab dem 15.03.2020 zu finden seien. Der BF teilte mit, dass sein Account auf Instagram „ XXXX “ laute.

Bei den veröffentlichen Fotos sei der Name des BF nicht sichtbar gewesen. Man habe nur „Iraner die in Österreich leben“ gesehen. Der BF habe mehrere Fotos auf seinem Account gehabt; nach dem Gespräch mit seinem Bruder habe er diese wieder gelöscht. Der BF habe auch eine Videoaufnahme auf seinem Handy gehabt, dieses habe er leider verloren.

Bei der Demonstration hätten mehrere Leute mit Handys und Kameras fotografiert. Der BF wisse nicht wer diese Personen gewesen seien. Es seien auch viele andere Leute auf Facebook und soziale Medien zu sehen gewesen.

Vor der Demonstration vor der iranischen Botschaft habe der BF auch an einer Demonstration vor der amerikanischen Botschaft teilgenommen. Sie hätten dort demonstriert um Hilfe zu bekommen. Der Sohn von XXXX lebe in den USA. Dieser sei der Sohn der Anführer der Monarchen. Die Demonstration sei ein paar Tage nach der Demonstration vor der iranischen Botschaft gewesen; es sei ungefähr in „vor“ derselben Wochen gewesen.

Wenn der BF in sein Heimatland zurückkehren müsste, würde er in Haft genommen werden. Der BF sei auch von seinem eigenen Bruder bedroht worden, weil sein Bruder für das Innenministerium im Iran arbeite. Von dieser Bedrohung habe der BF während eines Telefonats mit seiner Mutter erfahren. Bei diesem Telefonat sei auch sein Bruder dabei gewesen. Der Bruder des BF habe gesagt, dass der BF einen „Scheiß“ (gemeint gemeinsames Foto mit XXXX , s.u.) gemacht habe. Der Bruder des BF werde von den iranischen Behörden unter Druck gesetzt, dies wolle dieser nicht. Wenn der BF zurückkehre, werde der Bruder den BF persönlich an die iranischen Behörden weitergeben.

Zur Bedrohung nachgefragt erklärte der BF, dass ein Bewohner in seinem Heimatdorf das Foto gesehen habe und er dieses seinem Bruder gezeigt habe. Der BF wisse nicht, welcher Dorfbewohner das Foto seinem Bruder gezeigt habe. Zudem habe der Bruder dem BF mitgeteilt, dass die iranischen Behörden herausgefunden hätten, dass er auf dem Foto mit XXXX zu sehen sei. Der BF wisse aber nicht, wie die iranischen Behörden draufgekommen seien. Als der BF den Iran verlassen habe, habe der BF im Jahr 2016 mit seinem Bruder telefoniert. Da hätten die iranischen Behörden den Bruder gefragt, wo der BF sei. Der Bruder des BF habe gesagt, das der BF in der Türkei auf Urlaub sei. Da hätten die iranischen Behörden gesagt, dass dies nicht stimmen würde. Sie hätten dem Bruder des BF mitgeteilt, dass der BF in Österreich einen Asylantrag gestellt habe. Der BF wisse nicht, wie die iranischen Behörden mitbekommen hätten, dass er in Österreich sei.

Dahingehend befragt, warum der BF die erwähnten Probleme nicht schon im Vorverfahren vor dem BVwG (siehe oben Punkt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. und Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.) angegeben habe, erklärte der BF, dass eine mündliche Verhandlung vor den Weihnachten, also vor den Demonstrationen, stattgefunden habe. Er habe an den Demonstrationen erst nach der mündlichen Verhandlung teilgenommen. Zudem sei ihm gesagt worden, dass eine Mitarbeiterin der bB in XXXX vor fünf oder sechs Monaten gesagt habe, dass er warten müsse. Eine Mitarbeiterin der XXXX habe in der Betreuungsstelle in XXXX gesagt, dass der BF in den Iran zurückkehren oder einen neuen Antrag stellen müsse. Auf Vorhalt, dass über den Antrag des BF vom BVwG im Jänner entschieden wurde, erklärte der BF, dass er in der Betreuungsstelle zu einem Betreuer gegangen sei. Dieser habe gesagt, dass er die Entscheidung des BVwG abwarten müsse. Auf den weiteren Vorhalt, warum er sich nicht an seinen Rechtsberater gewandt habe, erklärte der BF, dass er einen privaten Anwalt hätte nehmen müssen. Dafür habe er kein Geld gehabt. Zudem habe in XXXX der Rechtsberater gesagt, dass er nur für die Rückkehr zuständig sei.

Schließlich führte der BF bei der Einvernahme bei der bB aus, dass er in Österreich keine Verwandte oder Angehörige habe und auch keine Lebensgemeinschaft führe. Er gehe keiner Erwerbstätigkeit in Österreich nach, sei kein Mitglied von Vereinen oder Organisationen und lebe in Österreich von der Grundversorgung. Er verfüge über keine Barmittel. Er sei in Österreich straffällig geworden, dies würde ihm leidtun. Dies werde in Zukunft nicht mehr geschehen.

Bei einer neuerlichen negativen Entscheidung würde er nicht freiwillig in den Iran zurückkehren.

I.28.   Mit dem Bescheid vom 15.07.2020 wies die bB den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.06.2020 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die bB aus, dass es unbestritten sei, dass der BF durch die vorgelegten Fotos belegen könne, dass er auf einer Demonstration in Österreich gegen Iran teilgenommen habe. Warum dies jedoch zu einer Bedrohung im Iran führen solle, sei für die bB nicht schlüssig nachvollziehbar. Bei dem BF handle es sich um keinen politischen Aktivisten, er habe bei den Demonstrationen keine spezielle Funktion gehabt und habe lediglich an zwei Demonstrationen teilgenommen. Auch habe der BF keinen intensiven Kontakt zu den politischen Aktivisten gehabt, welche auch an den Demonstrationen teilgenommen hätten. Er sei mit diesen ausschließlich über soziale Medien „befreundet“ und es auch zu keinen weiteren Treffen gekommen. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass der BF wegen Fotos, welche auf sozialen Medien veröffentlicht worden sei, in das Visier der iranischen Behörden kommen sollte. In diesem Zusammenhang sei der BF auf diesem Foto nicht namentlich erwähnt worden, sondern es sei auf dem Foto nur die Bezeichnung „Iraner die in Österreich leben“ gestanden. Auch ist zu beachten, dass selbst bei Nachschau durch die Rechtsberatung das Foto nicht mehr auffindbar gewesen ist. Zudem sei auch das Instagram-Account unter dem BF angegebenen Profilnamen nicht auffindbar. Vor dem Hintergrund, dass der BF bereits seinen vierten Asylantrag stellte und ihm die Bedeutung von Beweismitteln im Asylverfahren bekannt seien sollten, sei nicht nachvollziehbar, warum der BF ein Foto auf seinem privaten Account lösche, ohne davon eine Kopie mittels Screenshot oder einer ähnlichen Methoden zu machen. Es würde wohl jede bedrohte Person, die um Schutz ansucht, solche Beweismittel nicht ohne vorherige Sicherung löschen.

Weiters sei zu beachten, dass der BF bezüglich der Bedrohung durch seinen Bruder widersprüchliche und ungenaue Angaben gemacht habe. Zuerst führte der BF aus, dass der Bruder durch die iranischen Behörden wegen dem veröffentlichten Foto unter Druck gesetzt werde; später habe der BF erklärt, dass irgendein Dorfbewohner das Foto gesehen und es dem Bruder des BF gezeigt habe.

Ferner habe der BF keine genauen Zeitangaben machen können, wann die Demonstrationen stattgefunden haben, noch wann die Fotos veröffentlicht worden seien oder wann das Telefongespräch mit seinem Bruder stattgefunden habe. Es könne angenommen werden, dass sich eine bedrohte Person wohl ziemlich genau erinnern könne, wann sie erfährt, dass sie von den Behörden des Herkunftsstaates gesucht werde, noch dazu, wenn diese Bedrohung erst wenige Monate zurückliege.

In Zusammenschau könne die bB nur zum Schluss kommen, dass das Vorbringen des BF unglaubhaft sei und keinen glaubhaften Kern aufweise. Insgesamt habe sich für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit der Rechtskraft der Vorverfahren nicht geändert.

Der Bescheid wurde vom BF am 15.07.2020 übernommen.

I.29.   Mit Verfahrensanordnung vom 15.07.2020 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG XXXX , als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt. Ebenso wurde der BF über eine freiwillige Ausreise informiert.

I.30.   Gegen den Bescheid der bB richtete sich die am 28.07.2020 fristgerecht erhobene Beschwerde. In der Beschwerdebegründung wurde unter anderem ausgeführt, dass der BF an Demonstrationen gegen das iranische Regime, vor der iranischen Botschaft in Wien, teilgenommen habe. Dabei seien Fotos gemacht worden, welche veröffentlicht worden seien. Die iranische Regierung habe überall seine Spione und die Furcht sei sehr wohl nachvollziehbar. Für die iranische Regierung müsse man nicht eine bekannte Person sein oder eine Funktion innehaben, um ins Visier der Behörden zukommen. Aus Sicht des BF liege ein asylrelevanter Grund vor. Er werde im Iran verfolgt, da er als Demonstrant gegen die Regierung politisch aktiv gewesen sei und seit fünf Jahren sich nicht mehr im Iran aufgehalten habe. Nach einem so langen Aufenthalt im Ausland habe man bei der Rückkehr gleich Probleme. Der BF sei deshalb verfolgt oder bedroht.

I.31.   Die gegenständliche Beschwerde und der bezugshabende Verwaltungsakt wurden dem BVwG am 05.08.2020 von der bB vorgelegt und schließlich am 14.08.2020 der Gerichtsabteilung W245 zugewiesen.

II.      Das BVwG hat erwogen:

II.1.   Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

II.1.1. Zum sozialen Hintergrund des BF:

Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Iran, Angehöriger der Volksgruppe der Türken an. Der BF spricht Farsi, Türkisch und ein wenig Deutsch.

Der BF ist im erwerbsfähigen Alter. Er ist arbeitsfähig und gesund.

Der BF gehört keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an.

Er ist geschieden. Seine geschiedene Ehefrau und seine Herkunftsfamilie (Eltern, fünf Schwestern, drei Brüder) leben im Iran. Der BF hat Kontakt zu seiner Familie im Iran.

Der BF hat im Iran eine siebenjährige Schulbildung erfahren, verfügt über Berufserfahrungen als Dachdecker, PKW-Fahrer und Fahrer bei der Müllabfuhr.

II.1.2. Zum Leben des BF in Österreich:

Der BF hält sich seit November 2015 in Österreich auf.

Der BF ist zurzeit im XXXX aufhältig.

Der BF hat keine Familienangehörigen in Österreich und lebt auch in keiner Lebensgemeinschaft.

Der BF geht in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, lebt in der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Der BF ist in Österreich nicht in ärztlicher Behandlung und nimmt auch keine Medikamente ein.

Der BF ist strafgerichtlich verurteilt. Der BF wurde am 21.07.2017 vom XXXX wegen § 107a (1 und 2) Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, wobei die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Diese Probezeit wurde mit Urteil des XXXX vom 21.11.2019 auf fünf Jahre verlängert.

Weiters wurde der BF am 21.11.2019 vom XXXX wegen § 127 StGB § 12 3. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt, wobei die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

II.1.3. Zu den Verfahren des BF in Österreich:

Mit Bescheid der bB vom 24.07.2018, Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF vom 18.11.2015 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG hat der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 12.09.2017 verloren (Spruchpunkt IX.). Diese Entscheidung erwuchs am 24.08.2018 in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 23.01.2019 wies die bB den ersten Folgeantrag vom des BF auf internationalen Schutz vom 11.12.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Das BVwG wies diese Beschwerde mit Erkenntnis vom 20.02.2019, W108 2214287-1/3E, gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet ab.

Mit dem Bescheid vom 27.12.2019 wies die bB den zweiten Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.08.2019 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF aufgetragen von 06.08.2019 bis 17.12.2019 im Quartier AlBE Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.). Das BVwG wies diese Beschwerde mit Erkenntnis vom 17.01.2020, W259 2214287-3/3E als unbegründet ab.

Mit dem Bescheid vom 15.07.2020 wies die bB den dritten Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.06.2020 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht die gegenständliche Beschwerde.

II.1.4. Zur maßgeblichen Änderung der asyl- und abschieberelevanten Lage:

Der BF stellte am 07.06.2020 stellte der BF einen Folgeantrag auf internationalen Schutz in Österreich. Diesen Antrag begründete der BF im Wesentlichen damit, dass er aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen in Österreich und dem Posten von Bildern auf sozialen Medien in das Visier der Behörden seines Herkunftsstaates geraten ist.

Als Vergleichsentscheidung zur Beurteilung der maßgeblichen Änderung der asyl- und abschieberelevanten Lage ist die Entscheidung der bB vom 24.07.2018, Zl. XXXX heranzuziehen.

Es ergab sich zwischenzeitig weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die den BF betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat noch in sonstigen, in der Person des BF gelegenen Umständen.

Der BF hat keine neuen Gründe und keine neuen Gründe, denen ein "glaubwürdiger Kern" innewohnen würde, vorgebracht noch hat der BF im gegenständlich (vierten) Verfahren im Vergleich zu seinem ersten Verfahren keinen wesentlich geänderten Sachverhalt glaubhaft gemacht.

Insgesamt liegt eine maßgebliche Änderung hinsichtlich der asyl- und abschieberelevanten Lage im Herkunftsstaat des BF seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz (Vergleichsentscheidung) des BF ebensowenig vor, wie zur Frage des Vorliegens einer maßgeblichen Bedrohung des BF im Iran. Die anzuwendenden Rechtsvorschriften haben sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des vorhergehenden Asylverfahrens (Vergleichsentscheidung) nicht geändert.

II.1.5. Zur maßgeblichen Situation im Iran:

II.1.5.1. Sicherheitslage (LIB, Kapitel 3):

Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken.

Latente Spannungen im Land haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten bisweilen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018.

Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. Am 22. September 2018 forderte ein Attentat auf eine Militärparade in Ahvaz (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte. Am 7. Juni 2017 wurden in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt. Sie haben über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen. In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht. Im ganzen Land, besonders außerhalb von Teheran, kann es immer wieder zu politisch motivierten Kundgebungen mit einem hohen Aufgebot an Sicherheitskräften kommen.

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region. Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie haben wiederholt Anschläge verübt und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen.

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen und Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt bewaffnete Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Separatistenorganisationen wie PJAK und DPIK, mit Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK im September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen. Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte in Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen und den Sicherheitskräften. Bisweilen kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften. Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind.

II.1.5.2. Allgemeine Menschenrechtslage (LIB, Kapitel 10):

Die iranische Verfassung vom 15. November 1979 enthält einen umfassenden Grundrechtskatalog. Der Generalvorbehalt des Einklangs mit islamischen Prinzipien des Art. 4 IRV lässt jedoch erhebliche Einschränkungen zu. Der im Jahr 2001 geschaffene „Hohe Rat für Menschenrechte“ untersteht unmittelbar der Justiz. Das Gremium erfüllt allerdings nicht die Voraussetzungen der 1993 von der UN-Generalversammlung verabschiedeten „Pariser Prinzipien“.

Iran hat folgende UN-Menschenrechtsabkommen ratifiziert:

?        Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

?        Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte

?        Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung

?        Übereinkommen über die Rechte des Kindes (unter Vorbehalt des Einklangs mit islamischen Recht)

?        Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes

?        UNESCO Konvention gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen

?        Konvention über die Rechte behinderter Menschen

?        UN-Apartheit-Konvention

?        Internationales Übereinkommen gegen Apartheid im Sport

Iran hat folgende UN-Menschenrechtsabkommen nicht ratifiziert:

?        Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe

?        Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

?        Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen.

Der Iran zählt zu den Ländern mit einer anhaltend beunruhigenden Lage der Menschenrechte, die jedoch besser ist als in der Mehrzahl der Nachbarländer. Die Menschenrechtsbilanz der Regierung bleibt schlecht und verschlechterte sich in mehreren Schlüsselbereichen. Zu den Menschenrechtsfragen gehören Hinrichtungen für Verbrechen, die nicht dem internationalen Rechtsstandard der "schwersten Verbrechen" entsprechen, zahlreiche Berichte über rechtswidrige oder willkürliche Tötungen, Verschwindenlassen und Folter durch Regierungsbeamte, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, systematische Inhaftierungen einschließlich Hunderter von politischen Gefangenen. Weiters unrechtmäßige Eingriffe in die Privatsphäre, Beschränkungen der freien Meinungsäußerung, der Presse und des Internets, einschließlich Zensur, Blockieren von Webseiten und Kriminalisierung von Verleumdungen; erhebliche Eingriffe in das Recht auf friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit, wie z.B. die restriktiven Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGO); Einschränkungen der Religionsfreiheit, Beschränkungen der politischen Beteiligung, weit verbreitete Korruption auf allen Regierungsebenen, rechtswidrige Rekrutierung von Kindersoldaten durch Regierungsakteure zur Unterstützung des Assad-Regimes in Syrien, Menschenhandel, strenge staatliche Beschränkungen der Rechte von Frauen und Minderheiten, Kriminalisierung von sexuellen Minderheiten, Verbrechen, die Gewalt oder Gewaltdrohungen gegen LGBTI-Personen beinhalten, und schließlich das Verbot unabhängiger Gewerkschaften. Die Regierung unternahm wenige Schritte um verantwortliche Beamte zur Rechenschaft zu ziehen. Viele dieser Missstände sind im Rahmen der Regierungspolitik zu verantworten. Straffreiheit ist auf allen Ebenen der Regierung und der Sicherheitskräfte weit verbreitet.

Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze in Frage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weit gefasste Straftatbestände (vgl. Art. 279 bis 288 iStGB sowie Staatsschutzdelikte insbesondere Art. 1 bis 18 des 5. Buches des iStGB). Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, können der Spionage beschuldigt werden. Besonders unter Druck stehen Mitglieder bzw. Gründer von Menschenrechtsorganisationen (zumeist Strafverteidiger bzw. Menschenrechtsanwälte), wie etwa des „Defenders of Human Rights Center“, deren Gründungsmitglieder nahezu allesamt wegen ihrer Tätigkeit hohe Haftstrafen verbüßen. Zum Teil wurden auch Körperstrafen sowie Berufs- und Reiseverbote über sie verhängt. Es ist davon auszugehen, dass sie in Haftanstalten physischer und schwerer psychischer Folter ausgesetzt sind. Oft werden auch Familienmitglieder und Freunde von Strafverteidigern unter Druck gesetzt (verhört oder verhaftet). Die Tätigkeit als Frauen- und Menschenrechtsaktivist wird regelmäßig strafrechtlich verfolgt (Vorwurf der Propaganda gegen das Regime o.ä.) und hat oft die Verurteilung zu Haft- oder auch Körperstrafen zur Folge.

Die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit sind weiterhin stark eingeschränkt. Die Behörden inhaftierten zahlreiche Personen, die friedlich Kritik geäußert hatten. Die Gerichtsverfahren waren in aller Regel unfair. Folter und andere Misshandlungen von Gefangenen sind noch immer an der Tagesordnung und bleiben straflos. Es werden weiterhin Auspeitschungen, Amputationen und andere grausame Körperstrafen vollstreckt. Die Behörden billigten, dass Menschen wegen ihres Geschlechts, ihres Glaubens, ihrer politischen Überzeugung, ethnischen Zugehörigkeit, sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder einer Behinderung in starkem Maße diskriminiert und Opfer von Gewalt wurden. Hunderte Menschen wurden hingerichtet, einige von ihnen in der Öffentlichkeit. Tausende saßen weiterhin in den Todeszellen, darunter Personen, die zur Tatzeit noch minderjährig waren. Ende Dezember 2017 gingen Tausende Menschen auf die Straße, um gegen Armut, Korruption und politische Unterdrückung zu protestieren. Es waren die größten Kundgebungen gegen die iranische Führung seit 2009. Bei diesen landesweiten Protesten wurden ca. 4.900 Personen verhaftet und mindestens 21 Personen wurden bei Auseinandersetzungen mit den Sicherheitsbehörden während der Demonstrationen getötet. Human Rights Watch spricht von 30 Getöteten, einschließlich Sicherheitskräften. Glaubwürdige Untersuchungen in Bezug auf die getöteten Demonstranten oder in Bezug auf die übermäßige Gewaltanwendung wurden nicht unternommen. Die Behörden wendeten sich verstärkt dem friedlichen Aktivismus zu und nahmen Anwälte und Menschenrechtsverteidiger fest, die nun mit Anklagen konfrontiert sind, die zu langen Gefängnisstrafen führen können.

Wie

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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