Entscheidungsdatum
20.08.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W192 2233760-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.06.2020, Zahl: 1264417008-200389342, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG i.d.g.F. ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Im Zuge einer Personenkontrolle am 06.05.2020 wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Serbiens, letztmals am 10.01.2019 ins Bundesgebiet eingereist war und somit die zulässige Dauer eines visumfreien Aufenthalts überschritten hatte.
Am 03.06.2020 wurde von der Beschwerdeführerin ein Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr nach Serbien übermittelt.
Mit Schreiben vom 05.06.2020 setzte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Beschwerdeführerin über die beabsichtigte Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und eines Einreiseverbotes in Kenntnis, da diese illegal im Bundesgebiet aufhältig sei und keine ausreichenden Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes besitze. Es wurde ihr die Möglichkeit eingeräumt, hierzu sowie zu näher aufgelisteten Fragestellungen zu ihrem Familien- und Privatleben binnen Frist eine Stellungnahme einzubringen.
Mit Eingabe vom 10.06.2020 führte die Beschwerdeführerin aus, sie sei bei ihrem namentlich bezeichneten Freund im Bundesgebiet aufhältig gewesen. Sie habe noch nie in Österreich gearbeitet und Geld von ihrem Freund und ihren Eltern erhalten; sie habe bei ihrem Freund gewohnt, welcher für die Miete aufgekommen sei. Sie werde weder strafrechtlich, noch politisch verfolgt. Die Beschwerdeführerin ersuchte, um Ausfolgung ihres Reisepasses, da sie aus Krankheitsgründen dringend in ihr Heimatland fahren wolle.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.06.2020 wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen diese gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm § 10 Abs. 2 AsylG und § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von eineinhalb Jahren befristetes Einreiseverbot gegen diese verhängt (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt V.).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte im Rahmen der Entscheidungsbegründung die Identität und Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerin sowie deren illegalen und unangemeldeten Aufenthalt im Bundesgebiet fest. Diese habe sich zum Zeitpunkt der polizeilichen Kontrolle bereits seit 16 Monaten im Bundesgebiet aufgehalten. Diese habe keinen Rechtsanspruch auf Erhaltung durch ihren Freund oder ihre Eltern und sei daher als mittellos zu erachten. Die Beschwerdeführerin habe keine wirtschaftlichen oder sozialen Bindungen zu Österreich, ginge keiner Erwerbstätigkeit nach und habe ihren Lebensmittelpunkt in Serbien. Diese habe den Wunsch geäußert, so schnell wie möglich heimzukehren. Da auch keine Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 vorliegen würden, sei gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung auszusprechen gewesen. Die Zulässigkeit einer Abschiebung in den Herkunftsstaat sei gegeben, da sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin keine relevante Gefährdung ergeben hätte. Zur Begründung des Einreiseverbotes wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Mittellosigkeit sowie der massiven Überschreitung der erlaubten Aufenthaltsdauer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.
Jener Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 13.07.2020 an ihrer Anschrift in Serbien zugestellt.
3. Gegen Spruchpunkt IV. des dargestellten Bescheides richtet sich die am 31.07.2020 durch den nunmehrigen bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin fristgerecht eingebrachte Beschwerde, zu deren Begründung ausgeführt wurde, die Beschwerdeführerin verfüge durch ihren hier lebenden Freund über schützenswerte familiäre und private Bindungen im Bundesgebiet. Die Beschwerdeführerin sei in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen, die erforderlichen Mittel zur Bestreitung des Unterhalts seinen für den Zeitraum ihres Aufenthalts dadurch gedeckt gewesen, dass sie bei ihrem Freund gelebt hätte, welcher seinen Lebensmittelpunkt in Österreich habe. Weiters habe die Beschwerdeführerin finanzielle Unterstützung seitens ihres Freundes und ihrer Eltern erhalten. Ihre Mutter sei wiederholt nach Österreich gereist und habe der Beschwerdeführerin jeweils rund EUR 1.000,- übergegeben. Vom Bundesamt sei daher zu Unrecht eine Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin festgestellt worden. Da die Beschwerdeführerin keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und ihren Lebensunterhalt nicht aus illegalen Quellen erworben hätte, wäre kein Einreiseverbot bzw. ein solches nicht in der ausgesprochenen Dauer zu erlassen gewesen, da die Beschwerdeführerin selbst unter der Annahme einer Mittellosigkeit nicht als gravierende Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit einzustufen wäre. Überdies sei diese krankheitsbedingt bereits vor Erlassung des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, nämlich am 16.06.2020, ausgereist, was durch eine anbei übermittelte Reisepasskopie bestätigt werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Serbiens und führt die im Spruch angeführten Personalien; ihre Identität steht aufgrund der Vorlage eines biometrischen serbischen Reisepasses fest.
1.2. Die Beschwerdeführerin wurde am 06.05.2020 einer Personenkontrolle im Bundesgebiet unterzogen, anlässlich derer festgestellt wurde, dass sie sich seit der letztmaligen Einreise am 10.01.2019 durchgehend unangemeldet im Bundesgebiet aufgehalten hatte.
Sie besitzt keinen österreichischen Aufenthaltstitel und hat einen solchen noch nie beantragt. Die Beschwerdeführerin war in Österreich zu keinem Zeitpunkt sozialversichert.
Die Beschwerdeführerin lebte während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet im Haushalt ihres Freundes, welcher für die Mietkosten aufkam und die Beschwerdeführerin zusätzlich finanziell unterstützte. Zudem erhielt die Beschwerdeführerin regelmäßige finanzielle Zuwendungen durch ihre Mutter, sodass nicht die Gefahr bestand, diese werde ihren Lebensunterhalt aus illegalen Quellen finanzieren.
1.3. Die in Österreich strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführerin ist mit einem in Österreich lebenden serbischen Staatsangehörigen liiert, kinderlos und spricht muttersprachlich Serbisch. Ihre Eltern leben in Serbien. Die Beschwerdeführerin hat mit Ausnahme ihres Freundes keine familiären oder sonstigen engen sozialen Bindungen in Österreich, diese ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und erbrachte keinen Nachweis über vorhandene Deutschkenntnisse. Eine Integration im österreichischen Bundesgebiet wurde nicht behauptet.
Die Beschwerdeführerin ist am 16.06.2020 selbständig in den Herkunftsstaat ausgereist.
1.4. Die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, die gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG ausgesprochene Rückkehrentscheidung, die gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. erfolgte Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien, die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise sowie die gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ausgesprochene Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sind infolge insofern ungenutzten Ablaufs der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin gründen auf den im Verwaltungsakt in Kopie einliegenden serbischen Reisepass der Beschwerdeführerin, aus welchem sich auch das Datum ihrer letzten Einreise sowie ihrer Ausreise am 16.06.2020 ergibt.
Die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Inhalt der entsprechenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.
2.2. Die Feststellungen über die privaten und familiären Verhältnisse der Beschwerdeführerin in Österreich und im Raum Europas beruhen auf ihren Angaben im Verfahren.
2.3. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin in Österreich ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister. Die Feststellungen über die zuletzt nicht vorgelegene behördliche Meldung ergeben sich der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.
2.4. Die Feststellungen über die Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin und darüber, wie sie ihren Aufenthalt in Österreich im Hinblick auf Unterkunft und Lebensunterhalt gestaltet hat, ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin, deren Glaubwürdigkeit im angefochtenen Bescheid nicht bestritten worden ist.
2.5. Die Feststellung, dass fallgegenständlich lediglich das ausgesprochene Einreiseverbot in Beschwerde gezogen wurde und die übrigen Spruchteile unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Beschwerdeschriftsatzes vom 29.07.2020.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
3.1.2. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde richtet sich ausdrücklich ausschließlich gegen das in Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides für die Dauer von eineinhalb Jahren gegen die Beschwerdeführerin ausgesprochene Einreiseverbot. Die übrigen Spruchteile (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005, Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG, Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG, Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG) erwuchsen demnach mit insofern ungenutztem Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist in Rechtskraft, sodass sich die folgenden Ausführungen auf die Frage der Rechtmäßigkeit des gegen die Beschwerdeführerin verhängten Einreiseverbotes (vgl. zur Trennbarkeit dieser Spruchpunkte VwGH 15.5.2012, 2012/18/0029 u.a.; 22.5.2013, 2011/18/0259; 24.5.2018, Ra 2017/19/0311) zu beschränken haben.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
3.2. Zum Einreiseverbot:
3.2.1. Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG i.d.g.F. lautet auszugsweise:
„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
[…]
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
[...]“
3.2.2. Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, dass die Beschwerdeführerin sich unrechtmäßig in Österreich aufgehalten habe und die nötigen Mittel zur Sicherung ihres Unterhaltes nicht nachzuweisen vermochte, sodass aufgrund des Gesamtverhaltens der Beschwerdeführerin diese als eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung anzusehen sei.
Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesem zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).
3.2.3. Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309 mwN).
Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FPG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12; 12.7.2019, Ra 2018/14/0282).
3.2.4. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die Beschwerdeführerin die erlaubte visumfreie Aufenthaltsdauer nicht nur geringfügig überschritten hat und für mehr als ein Jahr illegal und unangemeldet im Bundesgebiet aufhältig gewesen ist. Insofern ist der Beschwerdeführerin ein Verstoß gegen fremdenrechtliche Normen anzulasten.
Hingegen liegen nach der Aktenlage keine ausreichenden Hinweise dahingehend vor, dass ein weiterer Aufenthalt der Beschwerdeführerin aufgrund einer Mittellosigkeit zu einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit geführt hätte. Die Beschwerdeführerin hat im Verfahren dargelegt, während der Dauer ihres Aufenthalts im Bundesgebiet im Haushalt ihres in Österreich wohnhaften Freundes gelebt zu haben, welcher für die Wohnkosten aufgekommen sei und die Beschwerdeführerin zusätzlich finanziell unterstützt hätte. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin laut ihrem Vorbringen regelmäßig Bargeldbeträge von ihrer Mutter erhalten, sodass die Finanzierung ihres Lebensunterhaltes während ihrer Aufenthaltsdauer gedeckt gewesen sei; die Behörde hat diese Angaben der Beschwerdeführerin zu ihren Lebensumständen in Österreich nicht in Abrede gestellt und pauschal auf eine angesichts einer Mittellosigkeit von der Beschwerdeführerin ausgehende Gefährdung öffentlicher Interessen verwiesen. Eine individuelle Gefährdungsprognose, weshalb im konkreten Fall der Beschwerdeführerin von einer derartigen Gefahr einer finanziellen Belastung von Gebietskörperschaften oder der Beschaffung von Einkünften aus illegalen Quellen auszugehen wäre, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid jedoch nicht aufgezeigt.
Die Beschwerdeführerin ist unbescholten, hat ihren Lebensunterhalt im Bundesgebiet auf die dargestellte Weise durch Unterstützung ihres Freundes und ihrer Eltern finanziert und ist noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides selbständig und auf eigene Kosten in den Herkunftsstaat zurückgereist.
Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine maßgebliche künftige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften zum Schutz eines geordneten Fremdenwesens (vgl. VwGH 19.5.2004, 2001/18/0074), sowie der Hintanhaltung der illegalen Beschaffung von Unterhaltsmitteln (vgl. VwGH 12.7.2019, Ra 2018/14/0282; 19.12.2018, Ra 2018/20/0309; 20.9.2018, Ra 2018/20/0349) im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.
Aufgrund der im Akt dokumentierten bisherigen Lebensumstände ist, wenn auch deren Verstöße gegen Bestimmungen des Fremden- und Meldegesetzes nicht verkannt werden, nicht davon auszugehen, die Beschwerdeführerin würde künftig Einkünfte aus illegaler Beschäftigung oder der Begehung von Straftaten erzielen oder eine finanzielle Belastung von Gebietskörperschaften verursachen.
Da auch im angefochtenen Bescheid nicht einzelfallbezogen dargelegt worden ist, weshalb ein weiterer Aufenthalt der Beschwerdeführerin zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen würde, kann von der Erlassung eines Einreiseverbots Abstand genommen werden. Die allfällige Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin erfordert (auch in Verbindung mit ihrem unrechtmäßigen Aufenthalt) angesichts ihrer sonstigen straf- und verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht die Erlassung eines Einreiseverbots zusätzlich zur Rückkehrentscheidung, zumal die Beschwerdeführerin bereits in ihre Heimat zurückkehrte und sich die mit einer Mittellosigkeit verbunden Gefahren noch nicht realisiert haben.
3.2.5. Daher ist das in Spruchpunk IV. des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Einreiseverbot in Stattgabe der Beschwerde ersatzlos aufzuheben.
4. Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Ist der Beschwerdeführer nicht zur Einreise nach Österreich berechtigt, kann gemäß § 9 Abs. 5 FPG eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, wenn der Sachverhalt abschließend feststeht.
Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12.11.2014, Ra 2014/20/0029, vom 02.09.2015, Ra 2014/19/0127, vom 15.03.2016, Ra 2015/19/0180, vom 18.05.2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20.06.2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person der Beschwerdeführerin auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht ansatzweise substanziiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Da auch der angefochtene Bescheid keine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose aufgezeigt hat und bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der Bescheid im angefochtenen Umfang zu beheben war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose LebensunterhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W192.2233760.1.00Im RIS seit
19.11.2020Zuletzt aktualisiert am
19.11.2020